Verwaltungsrecht

Kein Anspruch auf Zuerkennung der Flüchtlingseigenschaft

Aktenzeichen  Au 4 K 18.31322

Datum:
7.2.2020
Rechtsgebiet:
Fundstelle:
BeckRS – 2020, 9705
Gerichtsart:
VG
Gerichtsort:
Augsburg
Rechtsweg:
Verwaltungsgerichtsbarkeit
Normen:
AsylG § 3 Abs. 1, § 4, § 38 Abs. 1 S. 1
AufenthG § 60

 

Leitsatz

Tenor

I. Die Klage wird abgewiesen.
II. Der Kläger hat die Kosten des Verfahrens zu tragen.
III. Das Urteil ist hinsichtlich der Kosten vorläufig vollstreckbar.

Gründe

Das Gericht konnte trotz Ausbleibens des Klägers sowie eines Vertreters der Beklagten in der mündlichen Verhandlung über die Klage entscheiden, da die Ladung den Hinweis nach § 102 Abs. 2 VwGO enthielt.
Die zulässige Klage ist unbegründet.
Der Kläger hat zum maßgeblichen Zeitpunkt der gerichtlichen Entscheidung (§ 77 Abs. 1 Satz 1 AsylG) keinen Anspruch auf die Zuerkennung der Flüchtlingseigenschaft bzw. auf Gewährung subsidiären Schutzes. Auch Abschiebungsverbote nach § 60 Abs. 5 und Abs. 7 Satz 1 AufenthG liegen in der Person des Klägers nicht vor (§ 113 Abs. 1 und 5 VwGO). Der angegriffene Bescheid des Bundesamtes ist insgesamt rechtmäßig und verletzt den Kläger nicht in seinen Rechten.
Das Gericht ist der Überzeugung, dass das Vorbringen des Klägers vor dem Bundesamt sowie die Situation in Sierra Leone, insbesondere im Hinblick auf politische, wirtschaftliche und humanitäre Aspekte auch die Folgen für den Kläger bei einer Rückkehr in dem streitgegenständlichen Bescheid zutreffend dargestellt, gewürdigt und beurteilt wurden. Das Gericht nimmt daher Bezug auf die Begründung des angefochtenen Bescheids, folgt ihr und sieht insoweit von einer Darstellung der Entscheidungsgründe ab (§ 77 Abs. 2 AsylG).
Ergänzend wird ausgeführt:
1. Der Kläger hat keinen Anspruch auf die Zuerkennung der Flüchtlingseigenschaft nach § 3 Abs. 1 AsylG. Zu Recht hat das Bundesamt in dem angefochtenen Bescheid ausgeführt, dass die geltend gemachten Ursachen für die Ausreise aus Sierra Leone nicht an ein flüchtlingsrelevantes Merkmal nach § 3 Abs. 1 Nr. 1 AsylG anknüpfen. Dies gilt zum einen bezüglich des Vortrags, seine Familienangehörigen seien an Ebola gestorben bzw. sein Vater infolge einer Überschwemmung. Dies gilt aber auch im Hinblick auf die Tatsache, dass er einen Unfall verursacht haben will, bei dem ein Mensch ums Leben gekommen ist. Von staatlicher Seite aus hatte der Kläger nach eigenem Vortrag nichts (mehr) zu befürchten, nachdem er angehört aber nach einer Woche von der Polizei wegen Minderjährigkeit wieder freigelassen wurde.
2. Der Antrag auf Gewährung subsidiären Abschiebungsschutzes bleibt nach § 4 AsylG ebenfalls ohne Erfolg.
Nach § 4 Abs. 1 Satz 1 AsylG ist ein Ausländer subsidiär Schutzberechtigter, wenn er stichhaltige Gründe für die Annahme vorgebracht hat, dass ihm in seinem Herkunftsland ein ernsthafter Schaden droht. Als ernsthafter Schaden gilt dabei auch die Gefahr der Folter oder unmenschlicher oder erniedrigender Behandlung oder Bestrafung (§ 4 Abs. 1 Satz 2 Nr. 2 AsylG). Die Art der Behandlung oder Bestrafung muss eine Schwere erreichen, die dem Schutzbereich des Art. 3 EMRK zuzuordnen ist und für den Fall, dass die Schlechtbehandlung von nichtstaatlichen Akteuren ausgeht, muss der Staat erwiesenermaßen nicht in der Lage oder nicht willens sein, Schutz zu gewähren (§ 4 Abs. 3 Satz 1 AsylG i.V.m. § 3 c Nr. 3 AsylG).
Es bestehen bereits erhebliche Zweifel, dass der Vortrag, der Kläger habe einen tödlichen Unfall verursacht, tatsächlich der Wahrheit entspricht. Insoweit erscheint es in keiner Weise glaubhaft, dass er zunächst bei seinem Freund geblieben sein will, obwohl die Familie des getöteten Mannes dies gewusst habe und ihn dort auch gesucht hat, der Freund aber gesagt habe, dass er abgehauen sei.
Selbst wenn man allerdings das vom Kläger behauptete Unfallgeschehen als wahr unterstellt sowie darüber hinaus die Bedrohungen durch dessen Familie, so hätte der Kläger jedenfalls die Möglichkeit, sich in einem anderen Landesteil von Sierra Leone anzusiedeln, ihm stünde insoweit eine interne Fluchtalternative zur Verfügung (§ 3e AsylG). Der Kläger kann sich in allen Landesteilen ansiedeln, beispielsweise in * oder, wo er aufgrund der hohen Bevölkerungszahl von der Familie des angeblich bei dem Unfall getöteten Mannes unentdeckt leben könnte. Gleiches gilt für die Stadt, mit schätzungsweise knapp 175.000 Einwohnern oder auch erst recht die *. Als jungem, arbeitsfähigem und gesundem Mann ist es ihm zuzumuten und wird es ihm auch möglich sein, in anderen Landesteilen seine Existenz zu sichern. Der Kläger hat selbst in der Anhörung vor dem Bundesamt angegeben, dass er beispielsweise in Algerien in der Landwirtschaft gearbeitet hat (dort S. 2 Niederschrift, Bl. 46 Bundesamtsakte).
3. Der Kläger hat keinen Anspruch auf die Feststellung von Abschiebungsverboten nach § 60 Abs. 5 und Abs. 7 Satz 1 AufenthG.
Insoweit wird wiederum zunächst Bezug genommen auf die Ausführungen im angefochtenen Bescheid (dort S. 5 ff). Dem Kläger ist die Rückkehr als jungem und arbeitsfähigem und gesundem Mann zumutbar. Er kann sich in Sierra Leone ein Existenzminimum erwirtschaften – wenn auch unter Mühen und ggf. unter Rückgriff auf Subsistenzwirtschaft. Es ist dem alleinstehenden Kläger zuzumuten, in seine Heimat zurückzukehren, auch wenn dies mit Schwierigkeiten verbunden sein wird.
4. Die auf § 34 Abs. 1 AsylG i.V.m. § 59 AufenthG gestützte Abschiebungsandro hung ist ebenfalls rechtmäßig, da die Voraussetzungen dieser Bestimmungen vorliegen. Die Ausreisefrist von 30 Tagen ergibt sich aus § 38 Abs. 1 Satz 1 AsylG.
Die Klage war daher mit der Kostenfolge aus § 154 Abs. 1 VwGO abzuweisen. Gerichtskosten werden nicht erhoben (§ 83b AsylG).
Die Entscheidung über die vorläufige Vollstreckbarkeit folgt aus § 167 Abs. 2 VwGO i.V.m. §§ 708 ff. ZPO.


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