Verwaltungsrecht

Kein Anspruch auf Zuerkennung der Flüchtlingseigenschaft – Keine Rückkehrgefährdung in Georgien

Aktenzeichen  B 1 K 16.31483

Datum:
10.2.2017
Rechtsgebiet:
Gerichtsart:
VG
Gerichtsort:
Bayreuth
Rechtsweg:
Verwaltungsgerichtsbarkeit
Normen:
AufenthG AufenthG § 60 Abs. 5, Abs. 7 S. 1
AslyG § 3, § 74 Abs. 2

 

Leitsatz

1. Nach dem jüngsten Lagebericht des Auswärtigen Amtes vom 11. November 2016 gibt es keine Hinweise auf offene, wiederholte oder gar Gesundheit und Leben gefährdende Diskriminierungen von Personen oder Personengruppen wegen ihrer (zugeschriebenen) Rasse, Religion, Nationalität oder politischen Überzeugung in den staatlichen Exekutivorganen/der Verwaltung Georgiens.  (Rn. 18) (redaktioneller Leitsatz)
2. In der Vergangenheit liegende Beeinträchtigungen durch georgische Flüchtlinge bzw. die gegen Südosseten gerichtete allgemeine Stimmung in Georgien begründen nicht bereits eine erhebliche konkrete Gefahr für Leib, Leben oder Freiheit und führen mithin nicht zu einem Abschiebungsverbot nach § 60 Abs. 5 bzw. § 60 Abs. 7 S. 1 AufenthG. (Rn. 29) (redaktioneller Leitsatz)

Tenor

1. Die Klagen werden abgewiesen.
2. Die Kläger haben die Kosten des gerichtskostenfreien Verfahrens als Gesamtschuldner zu tragen.
3. Die Kostenentscheidung ist vorläufig vollstreckbar.

Gründe

1. Die zulässigen Klagen haben in der Sache keinen Erfolg. Der Bescheid des … vom … ist rechtmäßig und verletzt die Kläger nicht in ihren Rechten (§ 113 Abs. 1 Satz 1, Abs. 5 Satz 1 VwGO). Diese haben weder einen Anspruch auf Zuerkennung der Flüchtlingseigenschaft nach § 3 AsylG noch auf Asylanerkennung noch Gewährung subsidiären Schutzes gemäß § 4 AsylG bzw. auf die Feststellung eines Abschiebungsverbots nach § 60 Abs. 5, Abs. 7 Satz 1 AufenthG. Das Gericht verweist zunächst zur Vermeidung von Wiederholungen gemäß § 77 Abs. 2 AsylG auf die zutreffende Begründung in dem angefochtenen Bescheid vom 18. Oktober 2016.
Ergänzend ist zum Vorbringen der Kläger im gerichtlichen Verfahren Folgendes auszuführen:
a. Ein Anspruch auf Zuerkennung der Flüchtlingseigenschaft gemäß § 3 Abs. 4, Abs. 1 AsylG ist nicht gegeben.
Nach § 3 Abs. 4 i.V.m. Abs. 1 AsylG besteht ein Anspruch auf Zuerkennung der Flüchtlingseigenschaft dann, wenn sich der Ausländer aus begründeter Furcht vor Verfolgung wegen seiner Rasse, Religion, Nationalität, politischen Überzeugung oder Zugehörigkeit zu einer bestimmten sozialen Gruppe außerhalb des Landes (Herkunftsland) befindet, dessen Staatsangehörigkeit er besitzt oder dessen Schutz er nicht in Anspruch nehmen kann oder wegen dieser Furcht nicht in Anspruch nehmen will und er keine Ausschlusstatbestände erfüllt. Eine solche Verfolgung kann nicht nur vom Staat ausgehen (§ 3c Nr. 1 AsylG), sondern auch von Parteien oder Organisationen, die den Staat oder einen wesentlichen Teil des Staatsgebiets beherrschen (§ 3c Nr. 2 AsylG) oder nichtstaatlichen Akteuren, sofern die in Nummern 1 und 2 genannten Akteure einschließlich internationaler Organisationen erwiesenermaßen nicht in der Lage oder nicht willens sind, im Sinne des § 3d AsylG Schutz vor Verfolgung zu bieten, und dies unabhängig davon, ob in dem Land eine staatliche Herrschaftsmacht vorhanden ist oder nicht (§ 3c Nr. 3 AsylG). Allerdings wird dem Ausländer die Flüchtlingseigenschaft dann nicht zuerkannt, wenn er in einem Teil seines Herkunftslandes keine begründete Furcht vor Verfolgung oder Zugang zu Schutz vor Verfolgung nach § 3d AsylG hat und sicher und legal in diesen Landesteil reisen kann, dort aufgenommen wird und vernünftigerweise erwartet werden kann, dass er sich dort niederlässt (§ 3e Abs. 1 AsylG). Dabei ist sowohl bei der Prüfung des Flüchtlingsschutzes (§ 60 Abs. 1 AufenthG, § 3 Abs. 1 AsylG) als auch des subsidiären Schutzes durch die unionsrechtlichen Abschiebungsverbote als Prognosemaßstab einheitlich der Maßstab der beachtlichen Wahrscheinlichkeit anzulegen. Die Tatsache, dass ein Antragsteller bereits verfolgt wurde oder einen sonstigen ernsthaften Schaden erlitten hat bzw. von solcher Verfolgung oder einem solchen Schaden unmittelbar bedroht war, ist ein ernsthafter Hinweis darauf, dass die Furcht des Antragstellers vor Verfolgung begründet ist, bzw. dass er tatsächlich Gefahr läuft, ernsthaften Schaden zu erleiden, es sei denn, stichhaltige Gründe sprechen dagegen, dass der Antragsteller erneut von solcher Verfolgung oder einem solchen Schaden bedroht wird (Art. 4 Abs. 4 RL 2004/83/EG). Danach besteht bei vorverfolgt Ausgereisten die tatsächliche Vermutung, dass sich frühere Handlungen und Bedrohungen bei einer Rückkehr in das Herkunftsland wiederholen werden. Die Vorschrift misst den in der Vergangenheit liegenden Umständen Beweiskraft für ihre Wiederholung in der Zukunft bei. Diese Vermutung kann aber widerlegt werden. Hierfür ist erforderlich, dass stichhaltige Gründe die Wiederholungsträchtigkeit solcher Verfolgung bzw. des Eintritts eines solchen Schadens entkräften. Diese Beurteilung obliegt tatrichterlicher Würdigung im Rahmen freier Beweiswürdigung (hierzu: BVerwG, U. v. 27. April 2010, Az. 10 C-5/09).
Gemessen an diesen Grundsätzen haben die Kläger keinen Anspruch auf Zuerkennung der Flüchtlingseigenschaft. Ihnen droht bei einer Rückkehr nach Georgien nicht mit beachtlicher Wahrscheinlichkeit eine unmittelbare individuelle oder kollektive Verfolgung aufgrund einer der in § 3 AsylG genannten Verfolgungsgründe.
Die Stellung von Minderheiten stellt sich in Georgien wie folgt dar:
Nach dem jüngsten Lagebericht des Auswärtigen Amtes vom 11. November 2016 gibt es keine Hinweise auf offene, wiederholte oder gar Gesundheit und Leben gefährdende Diskriminierungen von Personen oder Personengruppen wegen ihrer (zugeschriebenen) Rasse, Religion, Nationalität oder politischen Überzeugung in den staatlichen Exekutivorganen/Verwaltung. Proteste oder Beschwerden wegen Ungleichbehandlung von Angehörigen nicht georgisch (-orthodoxer) ethnischer oder religiöser Gruppen durch Exekutivorgane konnten bislang nicht festgestellt werden. Auch Strafverfahren zeigen keine diskriminierenden Tendenzen. Eine gesellschaftliche Gleichstellung von Minderheiten kann allerdings auch staatlicherseits nicht ausreichend gewährleistet werden. Traditionelle Vorbehalte in der Bevölkerung sind weit verbreitet, die der Toleranz in der Gesellschaft in einigen Bereichen enge Grenzen setzen. Die in der Gesellschaft bestehende Intoleranz und ggf. Diskriminierung von Minderheiten und Andersdenkenden ist im gesamten Land anzutreffen, aber nicht flächendeckend und nicht stets präsent. In den urbanen Zentren, insbesondere der Hauptstadt Tiflis, sind moderne, liberal geprägte Wertebilder und tolerante Verhaltensmuster anteilig stärker vorhanden als in den ländlichen Regionen des Landes. Rechtliche Hindernisse gegen ein Umziehen zwecks Ausweichen etwaiger unmittelbar erfahrener Diskriminierung bestehen nicht (S. 5 ff.). Insgesamt gesehen ist es für Binnenflüchtlinge schwer, eine Beschäftigung und angemessenen Wohnraum zu finden. Sie werden als wirtschaftlich und sozial insgesamt benachteiligt angesehen trotz der in den letzten Jahren erreichten Verbesserungen (Auswärtiges Amt vom 15. Oktober 2013 an das OVG Nordrhein-Westfalen). Nach diesen Schilderungen erscheint es durchaus möglich, dass sich Aggressionen – wie von den Klägern in Bezug auf den Sohn in 2011 geschildert -entwickeln können.
Problematisch ist nach wie vor, dass staatliche Maßnahmen der Prävention, Ahndung und Sanktionierung bislang kaum erfolgt sind. Mit Unterstützung internationaler Partner soll eine Stärkung der Achtung der Menschenrechte und der Gleichstellung von Minderheiten durch staatliche Stellen umgesetzt werden. Die Behörde des Ombudsmannes ist jedoch äußerst aktiv. Er greift Einzelfälle auf und spricht Missstände aller Art regelmäßig öffentlich an. Fortschritte sind insbesondere im Justizwesen und Strafvollzug zu erkennen (Lagebericht, S. 2).
Für die Kläger ergibt sich in Bezug auf eine asylrechtlich erhebliche Rückkehrgefährdung Folgendes:
Zunächst ist festzustellen, dass die von den Klägern geschilderten Vorfälle für sich betrachtet, die Schwelle einer asylrechtlich erheblichen Verfolgung nicht erreicht haben, auch nicht, wenn man als Maßstab § 3a Abs. 1 Nr. 2 (Kumulierung unterschiedlicher Maßnahmen) AsylG heranzieht.
Die geschilderte Auseinandersetzung des älteren Sohnes der Kläger zu 1 und 2 fand bereits im Jahr 2011 statt. Die Kläger selbst waren davon nicht betroffen. Seither bis zur Ausreise berichten die Kläger über verbale Anfeindungen, schlechte wirtschaftliche Bedingungen und Ende 2014 über eine Sachbeschädigung (Auto) und Schmierereien an der Wohnungstür (einmalig) – wobei die letzten beiden Vorfälle erst in der mündlichen Verhandlung vorgetragen wurden. Die Kläger haben weder um behördlichen Schutz nachgesucht noch versucht, in einen anderen Stadtteil oder Landesteil zu ziehen um den angegebenen Anfeindungen zu entgehen. Nur schwer in Übereinstimmung zu bringen ist der klägerische Vortrag beim Bundesamt, dass im Jahre 2011 ein Flüchtlingsheim für Flüchtlinge aus Gori eingerichtet worden sei (Gori liegt nicht in Ossetien, wurde aber in dem Konflikt von russischer Seite angegriffen – demgegenüber tragen die Kläger nunmehr vor, die Flüchtlinge stammten aus Tskhinvali), dass die Kläger von den Flüchtlingen erkannt worden seien und dass deshalb die Probleme begonnen hätten.
Das Gericht ist auch nicht davon überzeugt, dass die Situation der Kläger ursächlich damit zusammenhängt, dass – ihrem Sachvortrag nach – Verwandte von ihnen auf ossetischer Seite gekämpft haben. Unabhängig davon, ob die Kläger tatsächlich mit den von ihnen genannten Personen (Bestaev, Pliev) verwandt sind, haben ihrem eigenen Vorbringen nach die Schwierigkeiten erst 2011 mit der Errichtung des Flüchtlingsheims begonnen. Das heißt aber auch, dass sie bis dahin unbehelligt in ihrer Wohnung in Tiflis gewohnt haben, obwohl ihrem Vorbringen nach insbesondere der Kämpfer Bestaev schon seit Ausbruch der Auseinandersetzungen in Georgien landesweit gesucht wird. Daraus folgt zugleich, dass die – unterstellten – verwandtschaftlichen Beziehungen nur in direktem Kontakt mit den in nächster Nähe ihrer Wohnung sich aufhaltenden georgischen Flüchtlingen eine Rolle gespielt haben könnten, denn vorher gab es offensichtlich keine Probleme. Sie haben keine einzige glaubhafte Situation vorgetragen, der sich entnehmen ließe, dass ihre angegebenen verwandtschaftlichen Beziehungen eine Rolle gespielt hätten. Der erstmals in der mündlichen Verhandlung vorgetragene Verdacht, sie würden von den Behörden abgehört, hat offensichtlich keine Rolle gespielt, da sie mit Polizei und Behörden keine Probleme hatten.
Zu berücksichtigen ist im Hinblick auf die Glaubwürdigkeit der Kläger, dass sie beim Bundesamt zu ihren Verfolgungsgründen lediglich auf die Auseinandersetzung des älteren Sohnes und die allgemeinen alltäglichen Schwierigkeiten wegen ihrer ossetischen Volkszugehörigkeit verwiesen haben. Weder die Sachbeschädigungen noch ein Abhören durch die Behörden wurde zumindest ansatzweise angegeben. Die verwandtschaftlichen Beziehungen wurden zwar erwähnt, jedoch erst am Tag der mündlichen Verhandlung als so herausragend dargestellt, dass sich bereits hierdurch für die Kläger eine landesweite Verfolgung ergeben soll. Den Klägern kann nicht geglaubt werden, dass sie beim … keine Gelegenheit zum Vortrag gehabt hatten. Wenn es für ihr Verfolgungsschicksal in ihren Augen so wesentlich gewesen wäre, wäre von ihnen zu erwarten gewesen, dass sie diese Beziehung nicht nur in einem Nebensatz erwähnen. Nachdem sie – trotz anwaltlicher Vertretung – auch nicht innerhalb der gesetzlichen Frist des § 74 Abs. 2 AsylG und auch nicht innerhalb der weiteren vom Gericht gesetzten Frist detailliert vorgetragen haben, ist dies nur als gesteigertes Vorbringen zu deuten mit dem Ziel, eine gerichtliche Entscheidung zu verzögern.
Insgesamt gesehen ist zu statuieren, dass die vor der Ausreise liegenden, von den Klägern geschilderten Ereignisse ausschließlich von Privatpersonen ausgingen. Die Kläger haben sich nicht an staatliche Behörden gewandt. Sie haben auch nicht versucht, in einen anderen Landesteil zu ziehen, obwohl ihnen dies möglich gewesen wäre und damit einer Konfrontation mit den Flüchtlingen zu entgehen. Eine mit beachtlicher Wahrscheinlichkeit bestehende landesweite Rückkehrgefährdung liegt damit nicht vor. Selbst wenn der Kläger zu 1 es nach seinen Angaben „damals“ für nutzlos gehalten hat, sich an die Polizei zu wenden („In dieser Zeit hätten die georgischen Flüchtlinge Recht bekommen und wir nicht.“) ist es ihm zuzumuten, bei relevanten Angriffen auf seine Person, die bislang offensichtlich nicht vorgelegen haben, und auf Sachwerte, die Hilfe der Behörden in Anspruch zu nehmen. Das Gericht verkennt nicht, dass dies nicht immer erfolgreich sein könnte (was es bei unbekannten Tätern auch in Deutschland nicht ist), zumal offensichtlich georgische Behörden oftmals sehr zögerlich vorgehen, jedoch steht als „letzte Instanz“ immer noch die Beschwerde beim Ombudsmann zur Verfügung, wenn die Vermutung besteht, dass sich in dem Verhalten der Behörden eine Diskriminierung aufgrund der ossetischen Volkszugehörigkeit widerspiegelt.
Im Ergebnis bleibt festzuhalten, dass die Kläger unverfolgt ausgereist sind und bei einer Rückkehr nicht mit beachtlicher Wahrscheinlichkeit asylrechtlich relevante Verfolgung befürchten müssen bzw. ihnen durch ein Ausweichen auf andere Teile Georgiens, in denen sie nicht Gefahr laufen, von Flüchtlingen aus dem Heimatgebiet der Klägerin zu 2 erkannt zu werden, eine hinreichende Alternative i.S.V. § 3e AsylG zur Verfügung steht.
b. Aus den unter a. dargestellten Gründen ist auch ein Anspruch auf Anerkennung als Asylberechtigte nicht gegeben.
c. Aus obigen Ausführungen ergibt sich zudem, dass ein Anspruch auf die Gewährung subsidiären Schutzes nach § 4 AsylG nicht besteht. Denn es sind keinerlei Anhaltspunkte dafür ersichtlich, dass den Klägern bei einer Rückkehr nach Georgien die Verhängung oder Vollstreckung der Todesstrafe (§ 4 Abs. 1 S. 2 Nr. 1 AsylG) oder Folter oder eine unmenschliche oder erniedrigende Behandlung oder Bestrafung (§ 4 Abs. 1 Satz 2 Nr. 2 AsylG) droht. Auch ein internationaler bzw. innerstaatlicher Konflikt, der zur Gewährung subsidiären Schutzes führen könnte, liegt nicht vor.
d. Abschiebungsverbote nach § 60 Abs. 5 bzw. § 60 Abs. 7 Satz 1 AufenthG sind nicht vorgetragen worden noch sonst ersichtlich. Soweit die Kläger auf die in der Vergangenheit liegenden Beeinträchtigungen durch georgische Flüchtlinge bzw. die gegen Südosseten gerichtete allgemeine Stimmung in Georgien abstellt, ist hierin nicht bereits eine erhebliche konkrete Gefahr für Leib, Leben oder Freiheit zu sehen. Auf die unter a. gemachten Ausführungen wird insoweit verwiesen.
Hinsichtlich der vorgetragenen eingeschränkten wirtschaftlichen Betätigungsmöglichkeit ist festzuhalten, dass der Kläger zu 1 selbst vorträgt, als Gelegenheitsarbeiter im Baugewerbe und im Autohandel tätig gewesen zu sein. Er sei seit 2001 mindestens 5 bis 6 Mal jährlich nach Deutschland gereist (Schriftsatz vom 6. Februar 2017). In der mündlichen Verhandlung, hat er angegeben, sein letzter Auftrag durch seine bisherigen Auftraggeber sei im Dezember 2014 gewesen. Danach sei er noch drei Mal in Eigenregie nach Deutschland gereist und habe die überführten Autos mit einem kleinen Gewinn verkauft. Die Vermutung des Klägers, seine Geschäftskontakte seien wegen der ossetischen Volkszugehörigkeit und der auf ossetischer Seite kämpfenden Verwandten beendet worden, ist eine bloße Vermutung, die bereits aufgrund des zeitlichen Ablaufs so nicht plausibel erscheint, denn der Kläger trägt selbst vor, dass jedermann seine ossetische Volkszugehörigkeit kannte (also bereits seit 2001, dem aber auch nach Ausbruch des georgisch-ossetischen Konflikts offensichtlich keine Bedeutung beigemessen hat) und auch insbesondere der Bestaev bereits seit Ausbruch des Konflikts als ossetischer Kämpfer bekannt war und gesucht wurde. Da der Kläger weiter angibt, die Probleme hätten 2011 mit den Flüchtlingen begonnen, er aber andererseits nach seinen Angaben noch weitere drei Jahre mit Aufträgen eingedeckt wurde, erschließt sich der vom Kläger gemachte Zusammenhang nicht. Wenn die verwandtschaftliche Beziehung schon vorher bekannt gewesen wäre, hätte der Kläger nach seiner Argumentation bereits damals keine Aufträge bekommen dürfen, wenn sie erst durch die Flüchtlinge aufgedeckt worden sein soll, hätte es ab 2011 auch keine Aufträge mehr geben dürfen. Es spricht daher nichts für den vom Kläger hergestellten Zusammenhang. Im Übrigen wäre dies auch deshalb unerheblich, weil der Kläger nach eigenem Vortrag auch nach 2014 noch auf Eigenregie im Autohandel tätig gewesen und so zum Familieneinkommen hat beitragen können. Offensichtlich gab es doch Auftraggeber, die mit ihm zusammengearbeitet haben. Die Vermutung der Klägerin zu 2, ihre Arbeitslosigkeit hänge mit ihrer ossetischen Volkszugehörigkeit und den auf ossetischer Seite kämpfenden Verwandten zusammen, bleibt ebenfalls eine bloße Vermutung. Ein anderer Grund könnte auch sein, dass es keine freien Stellen gab (Georgien hat eine sehr hohe Arbeitslosigkeit, vgl. IOM Länderinformationsblatt Georgien, Juni 2014, S. 3f. und Dezember 2015, S. 2) oder dass allgemein Lehrer für die russische Sprache nicht mehr gebraucht wurden (die Klägerin gibt selbst an, dass die russischen Schulen geschlossen worden sind). Einen unmittelbaren Zusammenhang hat die Klägerin zu 2 nicht zur Überzeugung des Gerichts darlegen können.
e. Der Bescheid des … gibt schließlich hinsichtlich der Ziffer 5, wonach die Kläger unter Androhung der Abschiebung zur Ausreise aufgefordert worden sind, keinen Anlass zu Bedenken. Zum Zeitpunkt der gerichtlichen Entscheidung, auf den gemäß § 77 Abs. 1 AsylG abzustellen ist, sind Gründe, die dem Vollzug aufenthaltsbeendender Maßnahmen gegenüber den Klägern entgegenstünden, nicht ersichtlich.
f. Die Entscheidung des …, das gesetzliche Einreise- und Aufenthaltsverbot nach § 11 Abs. 1 bis 3 AufenthG auf 30 Monate zu befristen, gibt im Rahmen der dem Gericht möglichen Überprüfung (vgl. § 114 VwGO) keinen Anlass zur Beanstandung (vgl. hierzu auch BayVGH, B.v. 28.11.2016 – 11 ZB 16.30463).
2. Die Kostenentscheidung beruht auf § 154 Abs. 1 und § 159 Satz 2 VwGO. Gerichtskosten werden gemäß § 83b AsylG nicht erhoben.
3. Der Ausspruch über die vorläufige Vollstreckbarkeit der Kostenentscheidung beruht auf § 167 Abs. 2 VwGO i.V.m. §§ 708 ff. ZPO.


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