Verwaltungsrecht

Kein eigenständiges Aufenthaltsrecht nach Trennung von Ehegatten

Aktenzeichen  AN 11 E 20.00136

Datum:
30.1.2020
Rechtsgebiet:
Fundstelle:
BeckRS – 2020, 2782
Gerichtsart:
VG
Gerichtsort:
Ansbach
Rechtsweg:
Verwaltungsgerichtsbarkeit
Normen:
AufenthG § 4 Abs. 1, § 6 Abs. 3, § 28 Abs. 1 S. 1 Nr. 1, § 31 Abs. 1 S. 1 Nr. 1, Abs. 2, § 81 Abs. 3, Abs. 4
VwGO § 80 Abs. 5 S. 1, § 123 Abs. 1

 

Leitsatz

1. Allein aufgrund des Umstandes, dass der Antragstellerin zunächst bis zu einer Prüfung der Sach- und Rechtslage eine sogenannte Fiktionsbescheinigung ausgestellt worden ist, kann nicht auf den Willen der Ausländerbehörde geschlossen werden, dass sie die Fortgeltungswirkung anordnen wollte. (Rn. 14) (redaktioneller Leitsatz)
2. Allein das formale Band der Ehe für sich genommen reicht nicht aus, um aufenthaltsrechtliche Wirkungen zu entfalten. (Rn. 19) (redaktioneller Leitsatz)
3. Ein gemäß § 6 Abs. 3 AufenthG erteiltes Visum zum Zwecke des Ehegattennachzugs stellt keine Aufenthaltserlaubnis des Ehegatten im Sinne von § 31 Abs. 1 Satz 1 AufenthG dar. (Rn. 23) (redaktioneller Leitsatz)

Tenor

1. Der Antrag wird abgelehnt.
2. Die Antragstellerin hat die Kosten des Verfahrens zu tragen.
3. Der Streitwert wird auf 2.500,00 EUR festgesetzt.
4. Der Antrag auf Bewilligung von Prozesskostenhilfe unter Beiordnung von Herrn Rechtsanwalt …, …, wird abgelehnt.

Gründe

I.
Die Antragstellerin begehrt im Wege der einstweiligen Anordnung die Verpflichtung der Antragsgegnerin, von aufenthaltsbeendenden Maßnahmen bis zur Entscheidung in der Hauptsache abzusehen.
Die 1977 geborene Antragstellerin ist mosambikanische Staatsangehörige und am 3. August 2017 mit nationalem Visum zum Zwecke der Eheschließung, gültig für die Dauer von 90 Tagen (im Zeitraum vom 31.7.2017 bis 28.10.2017), in das Bundesgebiet eingereist. In der Akte ist eine Bescheinigung über die Anmeldung der Eheschließung des Standesamtes … (v. …2017) mit dem deutschen Staatsangehörigen …  … enthalten. Als Tag der Eheschließung ist darin der … 2017 vorgesehen. Am 5. November 2017 war es zu einem Polizeieinsatz in der ehelichen Wohnung wegen häuslicher Gewalt gekommen. Der Antragstellerin wurde am 9. November 2017 von Stadt … eine Fiktionsbescheinigung gemäß § 81 Abs. 4 AufenthG ausgestellt. Laut Aktenvermerk erklärte die Antragstellerin am 23. November 2017, dass die eheliche Lebensgemeinschaft weitergeführt werde und eine Scheidung nicht beabsichtigt sei. Am 19. Dezember 2017 kam es in der gemeinsamen Wohnung zu einem erneuten Polizeieinsatz wegen häuslicher Gewalt. Die Antragstellerin zog am 23. Dezember 2017 ohne ihren Ehemann nach … und beantragte für den Zeitraum vom 9. Februar 2018 bis 8. Februar 2022 bei der Antragsgegnerin die Verlängerung bzw. Erteilung einer Aufenthaltserlaubnis und gab zum Aufenthaltszweck an, „Ehe, inzwischen Trennung vom Ehemann nach Polizeieinsatz siehe Dokumentation von der Polizei.“ Laut Aktenlage erhält die Antragstellerin Leistungen des Jobcenters zur Sicherung des Lebensunterhalts. Der Bevollmächtigte der Antragstellerin beantragte mit Schreiben vom 11. Juni 2018 und 11. Oktober 2018 die Erteilung einer Aufenthaltserlaubnis unter Geltendmachung eines Härtefalls nach § 31 Abs. 2 AufenthG. Zuletzt wurde der Antragstellerin am 4. Dezember 2019 die Fiktionsbescheinigung gemäß § 81 Abs. 4 AufenthG gültig bis 4. März 2020 erteilt bzw. verlängert. Mit mehreren Schreiben an die Ausländerbehörde und die Polizei (v. 28.6.2018, v. 6.5.2019 und v. 4.1.2020) schilderte der Ehemann u.a., wie sich die Ereignisse aus seiner Sicht darstellten. Darin wirft er der Antragstellerin „Ehe- und Wirtschaftsbetrug“ vor.
Mit Bescheid vom 18. Dezember 2019 lehnte die Antragsgegnerin – nach vorheriger Anhörung – die Erteilung bzw. Verlängerung eines Aufenthaltstitels ab (Ziffer I.) setzte der Antragstellerin eine Ausreisefrist bis spätestens 17. Januar 2020 (Ziffer II.), drohte die zwangsweise Abschiebung nach Mosambik an (Ziffer III.) und erließ ein auf die Dauer von drei Jahren befristetes Einreise- und Aufenthaltsverbot (Ziffer IV.). Zur Begründung wurde im Wesentlichen ausgeführt, dass die Erteilung einer Aufenthaltserlaubnis zum Ehegattennachzug nach § 28 Abs. 1 Satz 1 Nr. 1 AufenthG ausscheide, da die Antragstellerin seit ihrem Zuzug nach … am 23. Dezember 2017 und damit dem Zeitpunkt der Trennung von ihrem Ehemann mit diesem keine eheliche Lebensgemeinschaft mehr führe. Alleine das formale Band der Ehe reiche nicht aus, um aufenthaltsrechtliche Wirkungen zugunsten des ausländischen Ehegatten abzuleiten. Eine rechtswirksame Eheschließung durch das Standesamt … am … 2017 sei ebenso wie einfache deutsche Sprachkenntnisse nicht nachgewiesen worden. Die beantragte Erteilung einer Aufenthaltserlaubnis auf der Grundlage der Vorschrift des § 31 Abs. 2 AufenthG sei abzulehnen, da keine belastbaren Nachweise einer besonderen Härte im Sinne des § 31 Abs. 2 AufenthG vorlägen. Darauf komme es entscheidungserheblich aber nicht an. Maßgeblich sei, dass die Ausländerbehörde durch die Vorschriften des § 31 AufenthG keinesfalls zu einer erstmaligen Erteilung einer Aufenthaltserlaubnis ermächtigt werde, da es sich ausschließlich um Regelungen zur Verlängerung von Aufenthaltserlaubnissen der Ehegatten unter bestimmten Voraussetzungen handele. Da die Antragstellerin nicht im Besitz einer Aufenthaltserlaubnis sondern lediglich eines Visums und einer darauf begründeten Fiktionsbescheinigung sei, könne sie die Regelung des § 31 AufenthG nicht in Anspruch nehmen. Nach Aktenlage beziehe die Antragstellerin Leistungen des Jobcenters für die Sicherung des Lebensunterhalts und erfülle deshalb die Regelerteilungsvoraussetzungen des § 5 Abs. 1 Nr. 1 AufenthG nicht, weshalb auch deshalb der Antrag abzulehnen sei. Für die Erteilung einer Aufenthaltserlaubnis im Sinne des § 7 Abs. 1 Satz 3 AufenthG seien keine Anhaltspunkte ersichtlich.
Hiergegen ließ die Antragstellerin mit Schriftsatz vom 19. Dezember 2019, eingegangen bei Gericht am 27. Dezember 2019, Klage erheben, die unter dem Aktenzeichen AN 11 K 19.02597 anhängig ist.
Mit Schriftsatz vom 24. Januar 2020, bei Gericht eingegangen am gleichen Tag, stellte der Bevollmächtigte der Antragstellerin einen Eilantrag und beantragte,
Die Antragsgegnerin wird im Wege der einstweiligen Anordnung gemäß § 123 VwGO verpflichtet, von einer Abschiebung der Antragstellerin bis zu einer Entscheidung im Hauptsacheverfahren (AN 11 K 19.02597) abzusehen.
Des Weiteren wurde für beide Verfahren Prozesskostenhilfe unter Anwaltsbeiordnung beantragt.
Zur Begründung wurde im Wesentlichen angeführt, dass die beim Verwaltungsgericht Ansbach anhängige Klage keine aufschiebende Wirkung habe und eine Abschiebung der Antragstellerin nach Mosambik nach Ablauf des 17. Januar 2020 jederzeit möglich sei. Die der Antragstellerin am 4. September 2019 ausgestellte und bis 4. März 2020 gültige Fiktionsbescheinigung ist mit Zustellung des Bescheids vom 18. Dezember 2019 erloschen. Die Antragsgegnerin brauche nach den gesetzlichen Regelungen eine Abschiebung nicht anzukündigen. Damit sei Anordnungsgrund gegeben. Eine besondere Härte im Sinne von § 31 Abs. 2 Satz 2, letzte Alternative AufenthG läge vor, da die Antragstellerin Opfer häuslicher Gewalt geworden sei. Laut polizeilicher Dokumentation habe der getrennt lebende Ehemann der Antragstellerin gegenüber der Polizei angegeben, dass seine Frau mehrere Tage weg gewesen, fremdgegangen oder sogar der Prostitution nachgegangen sei. Dem subjektiven Empfinden der Polizeibeamten nach, sei diese Einschätzung einzig aus Eifersucht geschehen. Der getrennt lebende Ehemann habe von den Beamten verlangt, seine Frau aus der Wohnung zu werfen. Belehrt über die Unmöglichkeit dieses Vorgehens durch die Polizeibeamten habe er geäußert, dass er seiner Frau eine Frist bis 20:00 Uhr setze, andernfalls werde er sie verprügeln, damit sie endgültig aus der Wohnung raus und von ihm weggehen würde. Auf die mehrfache Weisung der Polizeibeamten diese angekündigte Straftat zu unterlassen, habe er angegeben, dass ihm das völlig egal sei. Er würde seine Frau nachher zusammenschlagen. Während der weiteren Sachverhaltsaufnahme sei der getrennt lebende Ehemann plötzlich aggressiv gegenüber den Polizeibeamten geworden und habe im Streifenwagen um sich getreten. Er habe mit Handfesseln fixiert werden und in Polizeigewahrsam verbracht werden müssen. Die Antragstellerin habe große Angst vor ihrem getrennt lebenden Ehemann und sich in den Schutz eines Frauenhauses begeben. Unter Ziffer 6 zur Gefahrenprognose in der polizeilichen Dokumentation werde unter anderem ausgeführt, dass der getrennt lebende Ehemann mehrfach glaubhaft angegeben habe, er werde seine Frau verprügeln. Auch die Polizeibeamten seien davon ausgegangen, dass er ohne Trennung seiner Frau körperlichen Schaden zufügen würde. Die Voraussetzungen einer besonderen Härte lägen damit vor. Dass der Antragstellerin gemäß § 6 Abs. 3 AufenthG erteilte Visum zum Zwecke des Familiennachzugs sei nach der Legaldefinition des § 4 Abs. 1 Satz 2 Nr. 1 AufenthG ein ordnungsgemäßer Aufenthaltstitel und damit eine Aufenthaltserlaubnis des Ehegatten im Sinne von § 31 Abs. 1 Satz 1 AufenthG. Nachdem die Antragstellerin rechtzeitig vor Ablauf dieses Visums die Erteilung eines dem gleichen Aufenthaltszwecks entsprechenden Aufenthaltstitels beantragt habe, habe der bisherige Aufenthaltstitel, also das Visum zum Zwecke der Familienzusammenführung gemäß § 81 Abs. 4 Satz 1 AufenthG als bis zur Entscheidung der Ausländerbehörde fortbestehend gegolten. Dem Hinweis der Antragsgegnerin auf die fehlende Sicherung des Lebensunterhalts sei § 31 Abs. 4 Satz 1 AufenthG entgegenzuhalten, wonach die Inanspruchnahme von Sozialhilfeleistungen der Verlängerung des Aufenthaltstitels nicht entgegenstehe.
Mit Schriftsatz vom 27. Januar 2020 beantragte die Antragsgegnerin, den Antrag als unbegründet abzulehnen.
In der Antragserwiderung wurde im Wesentlichen ausgeführt, dass die Antragstellerin unzutreffend davon ausgehe, dass ein Visum die Tatbestandsvoraussetzungen des § 31 Abs. 1 AufenthG erfülle. Da der Antragstellerin während ihres gesamten bisherigen Aufenthalts im Bundesgebiet noch keine Aufenthaltserlaubnis erteilt worden sei, stelle sich naturgemäß die Frage einer Verlängerung der Aufenthaltserlaubnis, insbesondere nach § 31 Abs. 1 AufenthG, nicht. Deshalb seien vorliegend auch die Tatbestandsmerkmale des § 31 Abs. 1 AufenthG, wie auch die Tatbestandsmerkmale für Ausnahmefälle des § 31 Abs. 2 AufenthG, dabei vor allem die Umstände einer besonderen Härte, unerheblich. Im Übrigen wird auf die Antragserwiderung Bezug genommen.
Hinsichtlich der weiteren Einzelheiten wird auf die Gerichts- und Behördenakten Bezug genommen.
II.
Der Antrag auf einstweiligen Rechtsschutz, mit dem die Antragstellerin einstweilen ihren weiteren Verbleib im Bundesgebiet sichern will, ist zwar zulässig, jedoch unbegründet.
1. Der Antrag auf Erlass einer einstweiligen Anordnung nach § 123 Abs. 1 VwGO ist gemäß § 123 Abs. 5 VwGO statthaft. Ein Fall des § 80 Abs. 5 VwGO liegt nicht vor.
Grundsätzlich bestimmt sich der vorläufige Rechtsschutz nach der Ablehnung einer beantragten Aufenthaltserlaubnis nach § 80 Abs. 5 VwGO, wenn der Antrag zuvor eine gesetzliche Fiktion nach § 81 Abs. 3 AufenthG oder nach § 81 Abs. 4 AufenthG ausgelöst hat (vgl. BayVGH, B.v. 31.8.2006 – 24 C 06.954 – juris Rn. 11).
Im vorliegenden Fall ist allerdings der Antrag auf Erteilung einer Aufenthaltserlaubnis verspätet gestellt worden. Nach § 81 Abs. 4 Satz 1 AufenthG gilt der bisherige Aufenthaltstitel vom Zeitpunkt seines Ablaufs bis zur Entscheidung der Ausländerbehörde nur dann als fortbestehend, wenn der Ausländer vor Ablauf seines Aufenthaltstitels dessen Verlängerung beantragt. Das der Antragstellerin erteilte Visum zur Eheschließung (§ 6 Abs. 3 Satz 1 AufenthG) stellt gemäß § 4 Abs. 1 Satz 2 Nr. 1 AufenthG einen Aufenthaltstitel dar. Dieses Visum war gültig für den Zeitraum vom 31. Juli 2017 bis 28. Oktober 2017 (Bl. 50 d. Behördenakte). Nach Aktenlage stellte die zum damaligen Zeitpunkt zuständige Ausländerbehörde der Antragstellerin am 9. November 2017 eine Fiktionsbescheinigung nach § 81 Abs. 4 AufenthG aus. Ein auf diesen Zeitpunkt datierter Antrag auf Erteilung einer Aufenthaltserlaubnis ist in der Behördenakte aber nicht enthalten. Unabhängig von der Frage, ob zu diesem Zeitpunkt tatsächlich ein Antrag auf Erteilung einer Aufenthaltserlaubnis gestellt wurde, wäre dieser jedoch aufgrund des Ablaufs der Gültigkeit des Visums zum 28. Oktober 2017 bereits verspätet erfolgt. Dieser Umstand ist von der damals zuständigen Ausländerbehörde unberücksichtigt geblieben.
Anhaltspunkte dafür, dass die Ausländerbehörde gemäß § 81 Abs. 4 Satz 3 AufenthG im Ermessenswege die Fortgeltungswirkung angeordnet hätte, lassen sich der Behördenakte nicht entnehmen. Nach dieser Vorschrift kann die Ausländerbehörde, wenn der Antrag auf Verlängerung eines Aufenthaltstitels verspätet gestellt wurde, zur Vermeidung einer unbilligen Härte die Fortgeltungswirkung anordnen. Allein aufgrund des Umstandes, dass der Antragstellerin zunächst bis zu einer Prüfung der Sach- und Rechtslage eine sogenannte Fiktionsbescheinigung ausgestellt worden ist, kann nach Auffassung des Gerichts nicht auf den Willen der Ausländerbehörde geschlossen werden, dass sie die Fortgeltungswirkung anordnen wollte (vgl. VG Aachen, B.v. 24.5.2016 – 8 L 1025/15 – juris Rn. 6). Vielmehr ist in einem solchen Fall unter Berücksichtigung aller Einzelfallumstände durch Auslegung zu ermitteln, ob die Ausländerbehörde tatsächlich eine Anordnung nach § 81 Abs. 4 Satz 3 AufenthG getroffen hat. Dies ist vorliegend nicht der Fall. Maßgeblich ist insoweit der erklärte Wille der die Bescheinigung erteilenden Ausländerbehörde, wie ihn der Empfänger bei objektiver Würdigung verstehen konnte (§§ 133, 157 BGB entsprechend; vgl. BayVGH, B.v. 17.7.2019 – 10 CS 19.1212 – juris Rn. 6 m.w.N.). Auch die seitens der Antragsgegnerin verlängerten bzw. ausgestellten Fiktionsbescheinigungen haben lediglich deklaratorische Wirkung und vermögen demgemäß den damit bestätigten Rechtsstatus nicht zu begründen (vgl. BayVGH, B.v. 17.7.2019 – 10 CS 19.1212 – juris Rn. 6; Samel in Bergmann/Dienelt, Ausländerrecht, 12. Aufl. 2018, AufenthG § 81 Rn. 41 m.w.N.). Denn auch diese wurden erkennbar routinemäßig ausgestellt; Feststellungen zum Vorliegen einer unbilligen Härte oder gar Ermessenserwägungen sind in der Behördenakte nicht dokumentiert, auch sonstige Anhaltspunkte dafür, dass die Antragsgegnerin hier die gesetzlich nicht eintretende Fortgeltungswirkung anordnen wollte, fehlen. Im Übrigen wurde von Seiten der Antragstellerin weder geltend gemacht, dass die Fortgeltungsanordnung zur Vermeidung einer unbilligen Härte erforderlich wäre noch sind Gründe für das Vorliegen eine unbilligen Härte ersichtlich.
Mithin ist der Antrag nach § 123 Abs. 1 VwGO der statthafte Eilrechtsbehelf.
2. Gemäß § 123 Abs. 1 VwGO kann das Gericht eine einstweilige Anordnung in Bezug auf den Streitgegenstand treffen, wenn die Gefahr besteht, dass durch eine Veränderung des bestehenden Zustands die Verwirklichung eines Rechts des Antragstellers vereitelt oder wesentlich erschwert werden könnte. Einstweilige Anordnungen sind auch zur Regelung eines vorläufigen Zustands in Bezug auf ein streitiges Rechtsverhältnis zulässig, wenn diese Regelung, vor allem bei dauernden Rechtsverhältnissen, um wesentliche Nachteile abzuwenden oder drohende Gewalt zu verhindern oder aus anderen Gründen nötig erscheint. Dabei hat die Antragstellerin sowohl die Notwendigkeit einer vorläufigen Regelung, den Anordnungsgrund, als auch das Bestehen eines zu sichernden Rechts, den Anordnungsanspruch, glaubhaft zu machen (§ 123 Abs. 3 VwGO i.V.m. § 920 Abs. 2 ZPO).
a) Die Antragstellerin hat bereits den für den Erlass einer einstweiligen Anordnung nach § 123 Abs. 1 VwGO erforderlichen Anspruch nicht glaubhaft gemacht. Der Anspruch auf Erteilung einer Aufenthaltserlaubnis für den die Antragstellerin vorläufigen Rechtsschutz begehrt, steht ihr nach der im einstweiligen Rechtsschutz gebotenen summarischen Prüfung nicht zu, noch sind sonstige Gründe ersichtlich, aus denen eine Abschiebung der Antragstellerin nach § 60a Abs. 2 Satz 1 AufenthG tatsächlich oder rechtlich unmöglich ist.
Zur Vermeidung von Wiederholungen wird auf die zutreffende Begründung des angefochtenen Bescheids vom 18. Dezember 2019, der das Gericht folgt, verwiesen (§ 117 Abs. 5 VwGO analog). Ergänzend wird dazu Folgendes ausgeführt:
Die Erteilung einer Aufenthaltserlaubnis nach § 28 Abs. 1 Satz 1 Nr. 1 AufenthG kommt nicht in Betracht, da die Antragstellerin seit ihrem Umzug nach … im Dezember 2017 von ihrem Ehemann getrennt ist, was auch dem von der Antragstellerin auf ihrem Antrag auf Erteilung einer Aufenthaltserlaubnis getätigten Hinweis „Ehe, inzwischen Trennung vom Ehemann nach Polizeieinsatz […]“ entnommen werden kann. Die für § 28 Abs. 1 Satz 1 Nr. 1 AufenthG erforderliche eheliche Lebensgemeinschaft besteht damit nicht. Allein das formale Band der Ehe für sich genommen reicht nicht aus, um aufenthaltsrechtliche Wirkungen zu entfalten (vgl. BVerwG, B.v. 22.5.2013 – 1 B 25.12 – juris Rn. 4)
Wie die Antragsgegnerin zutreffend feststellt, wurde zudem eine rechtswirksame Eheschließung durch die Antragstellerin nicht glaubhaft gemacht. In der Behördenakte ist diesbezüglich nur eine Bescheinigung über die Anmeldung der Eheschließung des Standesamtes … vom … … 2017 enthalten.
Darüber hinaus sind die Voraussetzungen für ein eigenständiges Aufenthaltsrecht der Antragstellerin gemäß § 31 AufenthG nicht gegeben. Nach § 31 Abs. 1 Satz 1 Nr. 1 AufenthG wird die Aufenthaltserlaubnis des Ehegatten im Falle der Aufhebung der ehelichen Lebensgemeinschaft als eigenständiges, vom Zweck des Familiennachzugs unabhängiges Aufenthaltsrecht für ein Jahr verlängert, wenn die eheliche Lebensgemeinschaft seit mindestens drei Jahren rechtmäßig im Bundesgebiet bestanden hat und der Ausländer bis dahin im Besitz einer Aufenthaltserlaubnis, Niederlassungserlaubnis oder Erlaubnis zum Daueraufenthalt – EU war, es sei denn, er konnte die Verlängerung aus von ihm nicht zu vertretenden Gründen nicht rechtzeitig beantragen. Die danach erforderliche Mindestdauer des Bestehens der ehelichen Lebensgemeinschaft im Bundesgebiet von drei Jahren wurden vorliegend unstreitig nicht erfüllt (Eheschließung am …2017, Trennung im Dezember 2017).
Entgegen der Auffassung des Bevollmächtigten greift auch nicht die Regelung des § 31 Abs. 2 AufenthG. Danach ist von der Voraussetzung des dreijährigen rechtmäßigen Bestandes der ehelichen Lebensgemeinschaft im Bundesgebiet nach Absatz 1 Satz 1 Nr. 1 abzusehen, soweit es zur Vermeidung einer besonderen Härte erforderlich ist, dem Ehegatten den weiteren Aufenthalt zu ermöglichen, es sei denn, für den Ausländer ist die Verlängerung der Aufenthaltserlaubnis ausgeschlossen. Eine besondere Härte liegt u. a. insbesondere vor, wenn dem Ehegatten wegen der Beeinträchtigung seiner schutzwürdigen Belange das weitere Festhalten an der ehelichen Lebensgemeinschaft unzumutbar ist; dies ist insbesondere anzunehmen, wenn der Ehegatte Opfer häuslicher Gewalt ist. Unabhängig von der Frage des Vorliegens einer besonderen Härte, fehlt es bereits an der erforderlichen Aufenthaltserlaubnis, die als eigenständiges Aufenthaltsrecht verlängert werden könnte. Wie die Antragsgegnerin zutreffend ausführt, war die Klägerin während ihres bisherigen Aufenthalts im Bundesgebiet nicht im Besitz einer verlängerungsfähigen Aufenthaltserlaubnis, an die ein eigenständiges, vom Zweck des Familiennachzugs unabhängiges Aufenthaltsrecht anknüpfen könnte.
Das der Antragstellerin gemäß § 6 Abs. 3 AufenhtG erteilte nationale Visum zum Zwecke des Ehegattennachzugs stellt – entgegen dem Vorbringen des Bevollmächtigten – keine Aufenthaltserlaubnis des Ehegatten im Sinne von § 31 Absatz 1 Satz 1 AufenthG dar (vgl. Bergmann/Dienelt/Dienelt, 12. Aufl. 2018, AufenthG § 31 Rn. 33). Der eindeutige Wortlaut des § 31 Abs. 1 AufenthG verlangt – neben den Varianten der Niederlassungserlaubnis und der Erlaubnis zum Daueraufenthalt-EU – ausdrücklich eine Aufenthaltserlaubnis. Aufenthaltserlaubnis und Visum sind nach der Konzeption des Aufenthaltsgesetzes indes jeweils eigenständige Aufenthaltstitel. Dies folgt aus § 4 Abs. 1 Satz 2 AufenthG. Danach werden die Aufenthaltstitel als Visum (§ 6 AufenthG), Aufenthaltserlaubnis (§ 7 AufenthG), Blaue Karte EU (§ 19a AufenthG), ICT-Karte (§ 19b), Mobiler-ICT-Karte (§ 19d AufenthG), Niederlassungserlaubnis (§ 9 AufenthG) oder Erlaubnis zum Daueraufenthalt-EU (§ 9a AufenthG) erteilt. Mit der Neukonzeption des Visaregimes in § 6 AufenthG ist der Gesetzgeber bewusst von der früheren ausländerrechtlichen Systematik abgerückt, welche das Visum nicht als eigenständigen Aufenthaltstitel, sondern als eine besondere Form der jeweiligen Aufenthaltsgenehmigung ausgestaltet hat, die vor der Einreise einzuholen war, § 3 Abs. 3 Satz 1 AuslG. Vor diesem Hintergrund wäre demnach zu erwarten gewesen, dass der Gesetzgeber das Visum als Tatbestandsvoraussetzung ausdrücklich in § 31 Abs. 1 AufenthG erwähnt hätte, wenn er die Verlängerbarkeit auch auf diese Fallgestaltung hätte erstrecken wollen. Da dies jedoch nicht erfolgt ist, kann eine verlängerungsfähige Aufenthaltserlaubnis des Ehegatten im Sinne des § 31 Abs. 1 AufenthG nur eine zum Zwecke des Ehegattennachzugs erteilte Aufenthaltserlaubnis sein (vgl. OVG NW, B.v. 1.7.2019 – 18 B 643/19 – juris Rn. 4 f.; HessVGH, B.v. 14.10.2019 – 3 B 2012/18 – juris Rn. 17 ff.).
Im Übrigen bestehen aufgrund der Gesamtumstände, insbesondere der Schreiben des Ehemannes der Antragstellerin (v. 28.6.2018, v. 6.5.2019 und v. 4.1.2020) an die Ausländerbehörde und die Polizei, in welchen er die Ereignisse aus seiner Sicht schildert und der Antragstellerin „Ehe- und Wirtschaftsbetrug“ vorwirft, Zweifel daran, ob es sich vorliegend nicht vielmehr um eine Scheinehe handelt. Mit Blick darauf ist wohl auch keine besondere Härte gegeben bzw. nicht glaubhaft gemacht.
Demnach hat die Antragstellerin keinen Anspruch auf ein eigenständiges Aufenthaltsrecht gemäß § 31 Abs. 2 AufenthG i.V.m. § 31 Abs. 1 Satz 1 Nr. 1 AufenthG.
Sich aus anderen Rechtgrundlagen ergebende Ansprüche auf Erteilung einer Aufenthaltserlaubnis sind weder ersichtlich noch wurden diese beantragt.
3. Die Antragstellerin hat die Kosten des Verfahrens zu tragen, § 154 Abs. 1 VwGO.
Die Höhe des festgesetzten Streitwerts folgt aus §§ 52 Abs. 2, 53 Abs. 2 Nr. 1 GKG i.V.m. Nr. 1.5 und 8.1 des Streitwertkatalogs für die Verwaltungsgerichtsbarkeit (2013).
4. Der Antrag auf Bewilligung von Prozesskostenhilfe ist für das Antragsverfahren abzulehnen, da die beabsichtigte Rechtsverfolgung aus den vorgenannten Gründen keine hinreichende Aussicht auf Erfolg bietet (§ 166 VwGO i.V.m. §§ 114 ff. ZPO). Damit besteht auch keine Grundlage für eine Beiordnung des benannten Rechtsanwalts gemäß § 166 Abs. 1 Satz 1 i.V.m. § 121 ZPO.
Bezüglich der Ziffern 1. bis 3. dieses Beschlusses gilt folgende


Ähnliche Artikel

Bankrecht

Schadensersatz, Schadensersatzanspruch, Sittenwidrigkeit, KapMuG, Anlageentscheidung, Aktien, Versicherung, Kenntnis, Schadensberechnung, Feststellungsziele, Verfahren, Aussetzung, Schutzgesetz, Berufungsverfahren, von Amts wegen
Mehr lesen

IT- und Medienrecht

Abtretung, Mietobjekt, Vertragsschluss, Kaufpreis, Beendigung, Vermieter, Zeitpunkt, Frist, Glaubhaftmachung, betrug, Auskunftsanspruch, Vertragsurkunde, Auskunft, Anlage, Sinn und Zweck, Vorwegnahme der Hauptsache, kein Anspruch
Mehr lesen


Nach oben