Verwaltungsrecht

kein Gehörsverstoß wegen Nichtgewährung von Akteneinsicht

Aktenzeichen  6 ZB 20.980

Datum:
15.6.2020
Rechtsgebiet:
Fundstelle:
BeckRS – 2020, 14706
Gerichtsart:
VGH
Gerichtsort:
München
Rechtsweg:
Verwaltungsgerichtsbarkeit
Normen:
VwGO § 100, § 124 Abs. 2 Nr. 5
GG Art. 103 Abs. 1
BayKAG Art. 19 Abs. 7, Abs. 8

 

Leitsatz

1. Der Anspruch auf Gewährung rechtlichen Gehörs ist nicht verletzt, wenn ein Beteiligter es versäumt, eine ihm durch das Prozessrecht eröffnete, zumutbare Möglichkeit zu nutzen, um sich Gehör zu verschaffen.  (Rn. 17) (redaktioneller Leitsatz)
2. Die Prozessförderungspflicht sowie die den Beteiligten obliegende Mitwirkungspflicht erfordert es, so rechtzeitig vor der mündlichen Verhandlung Akteneinsicht zu nehmen, dass sich der Betreffende gegebenenfalls noch zu ihrem Inhalt äußern kann, ohne das Verfahren zu verzögern.  (Rn. 20) (redaktioneller Leitsatz)

Verfahrensgang

AN 3 K 19.510 2020-02-20 Urt VGANSBACH VG Ansbach

Tenor

I. Der Antrag des Klägers auf Zulassung der Berufung gegen das Urteil des Verwaltungsgerichts Ansbach vom 20. Februar 2020 – AN 3 K 19.00510 – wird abgelehnt.
II. Der Kläger trägt die Kosten des Antragsverfahrens.
III. Der Streitwert wird für das Antragsverfahren auf 4.066,67 € festgesetzt.

Gründe

Der Antrag auf Zulassung der Berufung bleibt ohne Erfolg.
Der Kläger wurde von der Beklagten für die Baumaßnahmen an der Fahrbahn sowie der Straßenentwässerung der Erschließungsanlage „Neutormauer, A Straße und Füll zwischen Radbrunnengasse und A2. Platz“ mit Bescheiden vom 30. November 2017 für die in seinem Eigentum stehenden Grundstücke FlNrn. 434 und 435 zu Straßenausbaubeiträgen in Höhe von insgesamt 4.066,67 € herangezogen. Die hiergegen erhobenen Klagen hat das Verwaltungsgericht abgewiesen. Die Beitragsforderungen seien dem Grunde wie der Höhe nach rechtmäßig.
Die gegen das erstinstanzliche Urteil fristgerecht dargelegten Zulassungsgründe nach § 124 Abs. 2 Nrn. 1 und 5 VwGO, auf deren Prüfung der Senat beschränkt ist (§ 124a Abs. 5 Satz 2 VwGO), liegen nicht vor.
1. Es bestehen keine ernstlichen Zweifel an der Richtigkeit des erstinstanzlichen Urteils (§ 124 Abs. 2 Nr. 1 VwGO).
Dieser Zulassungsgrund läge vor, wenn vom Rechtsmittelführer ein einzelner tragender Rechtssatz oder eine erhebliche Tatsachenfeststellung des Verwaltungsgerichts mit schlüssigen Argumenten in Frage gestellt würden (vgl. zu diesem Maßstab BVerfG, B.v. 10.9.2009 – 1 BvR 814/09 – NJW 2009, 3642 m.w.N). Das ist hier nicht der Fall.
Das Verwaltungsgericht hat ausgeführt‚ dass die Beklagte den Kläger zu Recht mit Bescheiden vom 30. November 2017 als Eigentümer der Anliegergrundstücke FlNrn. 434 und 435 zu einem Straßenausbaubeitrag in Höhe von 4.066‚67 Euro für die Erneuerung und Verbesserung der A1. Straße herangezogen hat. Den überzeugenden Erwägungen des Verwaltungsgerichts hält der Kläger in der Antragsbegründung nichts Stichhaltiges entgegen‚ das weiterer Prüfungen in einem Berufungsverfahren bedürfte.
a) Soweit der Kläger „letztendlich nochmals Verjährung einwendet“, weckt er keine ernstlichen Zweifel an der Richtigkeit des angefochtenen Urteils. Es ist schon nicht nachvollziehbar, worauf sich dieser Einwand bezieht, nachdem weder die Widersprüche noch die Klage begründet worden sind. Sollte damit sinngemäß die lediglich im Rahmen der Verfahren des einstweiligen Rechtsschutzes vorgetragene Auffassung wiederholt werden, der Erlass der streitgegenständlichen Bescheide sei rechtswidrig gewesen, da die entsprechende Rechtsgrundlage ab dem 1. Januar 2018 weggefallen und die Übergangsregelung verfassungswidrig sei, ist dem nicht zu folgen. In Übereinstimmung mit der ständigen Senatsrechtsprechung (vgl. z.B. BayVGH, B.v. 19.7.2019 – 6 ZB 18.2370 – juris; B.v. 25.11.2019 – 6 ZB 19.525 – juris) hat das Verwaltungsgericht hierzu ausgeführt, dass es für Beiträge, die bis zum 31. Dezember 2017 durch Bescheid festgesetzt worden sind, nach Maßgabe der verfassungsrechtlich nicht zu beanstandenden Übergangsvorschriften in Art. 19 Abs. 7 und 8 KAG in der Fassung vom 26. Juni 2018 bei der früheren, bis 31. Dezember 2017 geltenden Rechtslage verbleibt. Danach ist eine Beitragserhebung durch Erlass eines Bescheides bis zum Stichtag 31. Dezember 2017 nach altem Recht zu beurteilen.
b) Zu Unrecht rügt der Kläger weiter, der Ausbau sei entgegen der Auffassung des Verwaltungsgerichts eine bloße Instandsetzung und keine Verbesserung im Sinn von Art. 5 Abs. 1 Satz 3 KAG a.F. gewesen.
Von einer beitragsfähigen Verbesserung ist immer dann auszugehen, wenn sich der Zustand der Anlage nach dem Ausbau in irgendeiner Hinsicht (z.B. räumliche Ausdehnung, funktionale Aufteilung der Gesamtfläche, Art der Befestigung) von dem ursprünglichen Zustand im Zeitpunkt der erstmaligen Herstellung in einer Weise unterscheidet, die positiven Einfluss auf ihre Benutzbarkeit hat. Unter einer beitragsfähigen Erneuerung ist die – über eine bloße Instandsetzung hinausgehende – Ersetzung einer infolge bestimmungsgemäßer Nutzung nach Ablauf der üblichen Nutzungszeit abgenutzten Orts straße durch eine gleichsam „neue“ Orts straße von gleicher räumlicher Ausdehnung, gleicher funktioneller Aufteilung der Fläche und gleichwertiger Befestigungsart zu verstehen, also eine Maßnahme, durch die eine erneuerungsbedürftige Straße bzw. Teileinrichtung nach Ablauf der für sie üblichen Nutzungsdauer in einen Zustand versetzt wird, der mit ihrem ursprünglichen Zustand im Wesentlichen vergleichbar ist. Nach ständiger Rechtsprechung beträgt die übliche Nutzungsdauer von Straßen 20 bis 25 Jahre (ständige Rechtsprechung, vgl. BayVGH, B.v. 18.5.2017 – 6 BV 16.2345 – juris Rn. 15; U.v. 6.2.2020 – 6 B 19.1260 – juris Rn. 23 f.). Nicht beitragsfähig sind dagegen kleinere Unterhaltungs- und Instandsetzungsarbeiten an einer Straße, wie etwa die Behebung kleiner oder begrenzter Schäden, z.B. das Ausbessern von Schlaglöchern, Frostaufbrüchen und dergleichen (vgl. BayVGH, U.v. 11.12.2003 – 6 ZB 99.1271 – juris).
Gemessen an diesen Grundsätzen ist nicht zweifelhaft, dass es sich bei den Ausbauarbeiten an der abgerechneten Verkehrsanlage „Neutormauer, A1. Straße und Füll zwischen Radbrunnengasse und A2. D. Platz“ um eine beitragsfähige Erneuerung, jedenfalls aber um eine beitragsfähige Verbesserung handelt. Das ist schon deshalb anzunehmen, weil die spätestens 1958 erstmals hergestellte A1. Straße einen vorher nicht vorhandenen modernen Regelaufbau mit frostsicherem, verstärktem Unterbau erhalten hat, der zu einer weitaus geringeren Reparaturanfälligkeit führt. Auch der Austausch des teilweise noch vorhandenen, sehr porösen Bergsteinpflasters durch das heute übliche einheitliche Granitgroßsteinpflaster sowie die Regulierung der verdrückten Regenrinnen haben ohne Zweifel einen positiven Einfluss auf die Benutzbarkeit der Anlage.
c) Ebenfalls nicht überzeugen kann der Einwand des Klägers, das Verwaltungsgericht habe die A1. Straße zu Unrecht als Anlieger straße eingestuft.
Bei der Einordnung einer Straße in die Kategorien der Ausbaubeitragssatzung ist nach ständiger Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofs ausgehend von den Definitionen der Satzung auf die Zweckbestimmung abzustellen, wie sie sich aus einer Gesamtbewertung von Art und Größe der Gemeinde, deren weiterreichenden Verkehrsplanungen, der Lage und Führung der Straße im gemeindlichen Straßennetz und dem gewählten Ausbauprofil ergibt. Lediglich daneben, gewissermaßen als Bestätigungsmerkmal, können auch die tatsächlichen Verkehrsverhältnisse von Bedeutung sein (BayVGH, B.v. 9.3.2015 – 6 ZB 14.124 – Rn. 6).
Danach ist das Verwaltungsgericht zu Recht zu dem Ergebnis gelangt, dass die A1. Straße überwiegend der Erschließung der anliegenden Grundstücke dient, da sie überwiegend von dem Verkehr geprägt wird, der zu den angrenzenden Grundstücken hin- bzw. wegführt. Keine andere Straße ist auf sie angewiesen, um eine Verbindung zum sonstigen Verkehrsnetz zu erhalten. Aufgrund ihrer Lage im Burgviertel und angesichts ihrer relativ geringen Breite ist die A1. Straße ersichtlich nicht darauf ausgerichtet, innerörtlichen oder gar überörtlichen Verkehr in nennenswertem Umfang aufzunehmen. Die der Einstufung als Anlieger straße gemäß § 4 Abs. 3 Nr. 1 ABS zugrundeliegenden Erwägungen des Verwaltungsgerichts sind daher nicht zu beanstanden.
d) Auch aus dem Umstand, dass der Kläger es nicht für nachvollziehbar hält, warum das Verwaltungsgericht den Beitragssatz „unverändert übernommen“ hat, ergeben sich keine ernstlichen Zweifel an der Richtigkeit des angefochtenen Urteils. Anhaltspunkte dafür, dass der Beitragssatz fehlerhaft ermittelt worden sein könnte, hat der Kläger nicht dargelegt und sind auch nicht ersichtlich.
2. Die Berufung ist nicht wegen eines Verfahrensmangels‚ auf dem die Entscheidung beruhen kann‚ zuzulassen (§ 124 Abs. 2 Nr. 5 VwGO).
a) Der Kläger macht zunächst geltend, der Anspruch auf rechtliches Gehör sei verletzt, weil ihm keine Akteneinsicht in die Verwaltungsvorgänge der Beklagten und die Gerichtsakten gewährt worden sei. Sein Bevollmächtigter habe sowohl im Verfahren als auch in der mündlichen Verhandlung Einsicht in die beim Verwaltungsgericht geführten Akten beantragt. Das Gericht habe lediglich darauf verwiesen, dass die Behördenakten unschwer bereits bei der Beklagten hätten eingesehen werden können. Allerdings könne die Einsichtnahme in die Gerichtsakte nicht durch einen solchen Verweis ersetzt werden, da diese nicht die maßgeblichen Verfahrensakten darstellten. Mit diesem Vorbringen wird eine Gehörsverletzung nicht dargetan.
Das in § 100 VwGO geregelte Recht auf Akteneinsichtnahme ist ein wesentlicher Teil der Parteiöffentlichkeit des Verfahrens und dient insbesondere der Verwirklichung des durch Art. 103 Abs. 1 GG verfassungsrechtlich garantierten Anspruchs auf Gewährung des rechtlichen Gehörs im Verwaltungsprozess (vgl. BVerwG, U.v. 3.11.1987 – 9 C 235.86 – juris Rn. 12). Es soll den Beteiligten die – jedenfalls nach ihrer Auffassung – für ihre Rechtsverfolgung erforderlichen Unterlagen sichern und ihnen die Akteneinsicht sowie die Durchdringung und Aufbereitung des Prozeßstoffs erleichtern. Allerdings begründet nicht jede Nichtgewährung einer beantragten Akteneinsicht aus sich heraus – gewissermaßen automatisch – eine Verletzung des rechtlichen Gehörs; ob dies der Fall ist, bemisst sich vielmehr nach den Umständen des Einzelfalls (vgl. BVerwG, B.v. 8.6.2011 – 9 B 23.11 – juris; B.v. 10.10.1989 – 9 B 268.89 – juris; U.v. 3.11.1987 – 9 C 235.86 – juris). Der Anspruch auf Gewährung rechtlichen Gehörs ist insbesondere dann nicht verletzt, wenn ein Beteiligter es versäumt, eine ihm durch das Prozessrecht eröffnete, zumutbare Möglichkeit zu nutzen, um sich Gehör zu verschaffen (vgl. BayVGH, B.v. 28.3.2006 – 1 ZB 06.30348 – juris). So sind die Beteiligten etwa im Interesse der Prozessökonomie gehalten, rechtzeitig vor der mündlichen Verhandlung Akteneinsicht zu nehmen und alle sich hierzu bietenden zumutbaren Möglichkeiten zu nutzen. Kommt ein Beteiligter dieser Mitwirkungslast nicht nach, kann sein Antrag auf Akteneinsicht jedenfalls dann ohne Verletzung des rechtlichen Gehörs abgelehnt werden, wenn bei einer Stattgabe die Erledigung des Rechtsstreits verzögert würde. Ferner kann ein Einsichtsgesuch abgelehnt werden, wenn Anhaltspunkte für eine rechtsmissbräuchliche Ausübung des Akteneinsichtsrechts bestehen (vgl. BVerwG, U.v. 3.11.1987 a.a.O.).
Gemessen daran lässt die Zulassungsschrift keinen Verstoß gegen das rechtliche Gehör erkennen. Ausweislich der Akten hat das Verwaltungsgericht dem Bevollmächtigten des Klägers auf dessen mit Schriftsatz vom 1. Juli 2019 geäußerte Bitte um Einsicht in die bei der Stadt Nürnberg geführten Akten zur Fertigung einer Begründung der am 8. März 2019 zunächst lediglich fristwahrend erhobenen Klage mitgeteilt, dass die Behördenakten erst nach Vorlage der Klagebegründung angefordert würden. Der Klägerbevollmächtigte wurde deshalb gebeten, die Akteneinsicht direkt bei der Beklagten zu nehmen. Sollte dies nicht möglich sein, wurde um entsprechende Mitteilung gebeten. Eine solche Mitteilung an das Gericht erging jedoch nicht.
Am 26. November 2019 hatte der Kläger darüber hinaus die Anordnung der aufschiebenden Wirkung seiner Widersprüche gegen die Beitragsbescheide der Beklagten beantragt. In diesen Verfahren wurden dem Verwaltungsgericht die Behördenakten vorgelegt. Die entsprechenden Schriftsätze der Beklagten und der Regierung von Mittelfranken vom 27./28. November 2019 wurden dem Klägerbevollmächtigten mit gerichtlichem Schreiben vom 2. Dezember 2019 zur Kenntnis übersandt. Trotz der Ladung vom 28. November 2019 zur mündlichen Verhandlung am 20. Februar 2020 erfolgte in der Folgezeit weder eine erneute Bitte um Ermöglichung der Akteneinsichtnahme noch die mehrfach angemahnte Klagebegründung. Erst am 19. Februar 2020, also einen Tag vor der mündlichen Verhandlung, wies der Klägerbevollmächtigte in einem Telefonat mit der Berichterstatterin darauf hin, dass er die Akten für zwei Wochen in seine Kanzlei übermittelt haben wolle. Die Sitzung könne dennoch stattfinden, er werde in der Sitzung gegebenenfalls auf diesem Wunsch bestehen.
Der in der mündlichen Verhandlung nach Erörterung der Sach- und Rechtslage tatsächlich erneut geäußerten Bitte des Klägerbevollmächtigten um zweiwöchige Überlassung der Akten zur Einsicht und Einräumung einer Stellungnahmefrist musste das Verwaltungsgericht nicht entsprechen. Unter den gegebenen Umständen hätte der Prozeßbevollmächtigte des Klägers nach seinem – ausdrücklich allein auf die Behördenakten bezogenen – Akteneinsichtsantrag vom 1. Juli 2019 nicht untätig zuwarten dürfen, sondern sich gegebenenfalls rechtzeitig erneut um Akteneinsicht bemühen müssen, nachdem er die ihm seitens des Gerichts aufgezeigte Möglichkeit der Akteneinsichtnahme bei der Beklagten nicht wahrgenommen hatte. Die Prozessförderungspflicht sowie die den Beteiligten obliegende Mitwirkungspflicht erfordert es, so rechtzeitig vor der mündlichen Verhandlung Akteneinsicht zu nehmen, dass sich der Betreffende gegebenenfalls noch zu ihrem Inhalt äußern kann, ohne das Verfahren zu verzögern (vgl. BayVGH, B.v. 2.9.2010 – 14 ZB 10.1461 – juris Rn. 15). Von der Vorlage der Behördenakten bei Gericht war der Klägerbevollmächtigte gut 2 ½ Monate vor dem Termin zur mündlichen Verhandlung unterrichtet worden. Er hatte daher ausreichend Zeit, um sowohl diese als auch die Gerichtsakte bei Gericht einzusehen oder um kurzfristige Überlassung der Akten nachzusuchen. Der Zulassungsantrag zeigt nicht auf, weshalb in dieser ausreichend langen Zeitspanne etwa keine zumutbare Gelegenheit zur Akteneinsicht bestanden haben sollte. Vielmehr hat der Bevollmächtigte des Klägers unter Verletzung seiner prozessualen Pflichten ersichtlich nicht das ihm Zumutbare unternommen, um das Recht des Klägers auf Akteneinsicht zu gewährleisten und damit den Anspruch auf rechtliches Gehör wahrzunehmen.
Daher kann von einem rechtlich relevanten Verstoß gegen das Gebot der Gewährung rechtlichen Gehörs nicht gesprochen werden. Im Übrigen bestanden nach den auch insoweit nicht zu beanstandenden Feststellungen des Verwaltungsgerichts Anhaltspunkte dafür, dass das Recht auf Akteneinsicht rechtsmissbräuchlich gehandhabt wurde, um sich dadurch ausreichend Zeit für die bis dahin nicht erfolgte Klagebegründung zu verschaffen. Es war daher sachgerecht, das erst einen Tag vor der mündlichen Verhandlung geäußerte Verlangen nach zweiwöchiger Überlassung der Akten zurückzuweisen.
b) Soweit der Kläger rügt, das Verwaltungsgericht sei seinen Sachverhaltsermittlungsobliegenheiten nicht nachgekommen, sondern habe unkritisch ohne weitere eigene Ermittlungen oder Überprüfungen den Vortrag der Beklagten übernommen, wird ein Verfahrensmangel in Form der Aufklärungsrüge (§ 86 Abs. 1 VwGO) nicht dargetan.
Für die Darlegung einer Aufklärungsrüge muss der Beteiligte dartun, dass bereits im Verfahren vor dem Verwaltungsgericht, insbesondere in der mündlichen Verhandlung, entweder auf die Vornahme der Sachverhaltsaufklärung, deren Unterbleiben nunmehr gerügt wird, hingewirkt worden ist oder dass sich dem Gericht die bezeichneten Ermittlungen auch ohne ein solches Hinwirken von sich aus hätten aufdrängen müssen. Denn die Aufklärungsrüge stellt kein Mittel dar, um Versäumnisse eines Verfahrensbeteiligten in der Tatsacheninstanz, vor allem das Unterlassen der Stellung von Beweisanträgen, zu kompensieren (u.a. BVerwG, B.v. 5.12.2018 – 5 B 30.18 – juris Rn. 7 m.w.N.; B.v. 16.4.2012 – 4 B 29.11 – juris Rn. 5; BayVGH, B.v. 30.7.2019 – 6 ZB 19.538 – juris Rn. 18; BayVGH, B.v. 4.9.2017 – 6 ZB 17.1325 – juris Rn. 6). Diesen Anforderungen hat der Zulassungsantrag in keiner Weise Rechnung getragen.
Wann sich eine weitere Sachverhaltsaufklärung aufdrängt, hängt von der jeweiligen Prozesssituation ab. Als allgemeine Regel lässt sich aus der entsprechenden Judikatur ableiten, dass sich eine Sachaufklärung auch ohne förmlichen Beweisantrag desto eher aufdrängt, je substantiierter die Partei dem tatsächlichen Vorbringen ihres Prozessgegners widerspricht. Dies ist die dem Prozessbevollmächtigten zukommende Aufgabe. Auch wenn er keinen förmlichen Beweisantrag stellt, so darf er sich doch keinesfalls darauf verlassen, dass hinreichende Zweifel am Vortrag des Prozessgegners sich allein aus dem Inhalt der Akten ergeben, vielmehr ist er mit sorgfältiger Arbeit am Sachverhalt gefordert (vgl. BVerwG, U.v. 28.7.2011 – 2 C 28.10 – juris Rn. 25; Maidowski, jM 2014, 112/114). Daran fehlt es vorliegend. Weder Widerspruch noch Klage wurden begründet. Der anwaltlich vertretene Kläger ist dem Vortrag der Beklagten ausweislich des Protokolls auch in der mündlichen Verhandlung nicht substantiiert entgegengetreten und hat weder Beweisanregungen vorgebracht, noch einen förmlichen Beweisantrag im Sinn des § 86 Abs. 2 VwGO gestellt (vgl. § 105 VwGO i.V.m. § 160 Abs. 3 Nr. 2 ZPO). Substantiiertes Vorbringen, warum sich dem Verwaltungsgericht auch ohne entsprechenden Antrag weitere Ermittlungen hätten aufdrängen müssen, enthält auch die Antragsbegründung nicht. Es ist daher nicht zu beanstanden, dass das Verwaltungsgericht vorliegend ohne weiteren Nachweis seiner Entscheidung den schlüssigen und glaubwürdigen Vortrag des Beklagtenvertreters zugrunde gelegt hat.
3. Die Kostenentscheidung folgt aus § 154 Abs. 2 VwGO. Die Streitwertfestsetzung beruht auf § 47‚ § 52 Abs. 3 Satz 1 GKG.
Dieser Beschluss ist unanfechtbar (§ 152 Abs. 1 VwGO). Mit ihm wird das Urteil des Verwaltungsgerichts rechtskräftig (§ 124a Abs. 5 Satz 4 VwGO).


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