Verwaltungsrecht

Kein internationaler Schutz für einen homosexuellen Iraner

Aktenzeichen  Au 5 K 18.31314

Datum:
4.12.2018
Rechtsgebiet:
Fundstelle:
BeckRS – 2018, 33078
Gerichtsart:
VG
Gerichtsort:
Augsburg
Rechtsweg:
Verwaltungsgerichtsbarkeit
Normen:
AsylG § 3b Abs. 1 Nr. 4

 

Leitsatz

1 Im Iran ist die Homosexualität im Gegensatz zur Transsexualität nicht legalisiert. Die Homosexualität stellt eine Todsünde dar. Die Transsexualität ist im Iran hingegen eine Krankheit. (Rn. 27) (redaktioneller Leitsatz)
2 Homosexuelle bilden aufgrund ihrer sexuellen Orientierung und ihrer deutlich abgegrenzten sexuellen Identität eine bestimmte soziale Gruppe (EuGH BeckRS 2013, 82115). (Rn. 28) (redaktioneller Leitsatz)

Tenor

I. Die Klage wird abgewiesen.
II. Der Kläger hat die Kosten des Verfahrens zu tragen. Gerichtskosten werden nicht erhoben.
III. Das Urteil ist hinsichtlich der Kosten vorläufig vollstreckbar.

Gründe

Das Gericht konnte trotz Ausbleibens der Beklagten in der mündlichen Verhandlung am 3. Dezember 2018 verhandeln und über die Klage des Klägers entscheiden, da die Beklagte mit der Ladung auf diese Möglichkeit hingewiesen worden ist (§ 102 Abs. 2 Verwaltungsgerichtsordnung – VwGO).
Die Klage, über die aufgrund des Übertragungsbeschlusses der Kammer vom 23. Oktober 2018 gemäß § 76 Abs. 1 AsylG der Einzelrichter zu entscheiden hat, bleibt ohne Erfolg. Der mit der Klage angegriffene Bescheid des Bundesamtes vom 13. Juli 2018 ist rechtmäßig und verletzt den Kläger daher nicht in seinen Rechten. Der Kläger hat weder einen Anspruch auf die Anerkennung als Asylberechtigter (1.) noch die Zuerkennung der Flüchtlingseigenschaft (2.) oder die Zuerkennung subsidiären Schutzes (3.), ebenso wenig auf die hilfsweise begehrte Feststellung von nationalen Abschiebungshindernissen nach § 60 Abs. 5 und Abs. 7 Satz 1 AufenthG (4.). Der Kläger wird durch die Ablehnung sowie die Abschiebungsandrohung daher nicht in seinen Rechten verletzt, § 113 Abs. 1, Abs. 5 Satz 1 VwGO.
1. Der Kläger hat keinen Anspruch auf Anerkennung als Asylberechtigter gemäß Art. 16a Grundgesetz (GG). Einem Anspruch des Klägers steht insoweit bereits dessen Einreise auf dem Landweg in die Bundesrepublik Deutschland entgegen, § 26a Abs. 1 Satz 1 AsylG. Gemäß § 26a Abs. 1 Satz 1 AsylG kann sich ein Ausländer, der aus einem Drittstaat im Sinne des Art. 16a Abs. 2 Satz 1 GG (sicherer Drittstaat) eingereist ist, nicht auf Art. 16a Abs. 1 GG berufen. § 26a Abs. 1 Satz 2 AsylG schließt insoweit eine Anerkennung als Asylberechtigter aus. Auf den genauen Reiseweg kommt es in diesen Fällen nicht an. Insoweit scheidet eine Anerkennung als Asylberechtigter auf der Grundlage des Art. 16a Abs. 1 GG aus.
2. Der Kläger hat auch keinen Anspruch auf die Zuerkennung der Flüchtlingseigenschaft gemäß § 3 Abs. 1, § 3b AsylG. Nach § 3 Abs. 1 AsylG ist ein Ausländer insbesondere Flüchtling im Sinne des Abkommens vom 28. Juli 1951 über die Rechtsstellung der Flüchtlinge (BGBl. 1953 II S. 559, 560), wenn er sich aus begründeter Furcht vor Verfolgung wegen seiner Rasse, Religion, Nationalität, politischen Überzeugung oder Zugehörigkeit zu einer bestimmten sozialen Gruppe außerhalb des Landes (Herkunftsland) befindet, dessen Staatsangehörigkeit er besitzt und dessen Schutz er nicht in Anspruch nehmen kann oder wegen dieser Furcht nicht in Anspruch nehmen will.
Eine derartige Verfolgung im Sinne des § 3 Abs. 1, 3b AsylG liegt vor, wenn der Asylsuchende bei einen Verbleib in seiner Heimat oder bei einer Rückkehr dorthin in Anknüpfung an seine politische Überzeugung, seine Volkszugehörigkeit, seine religiöse Grundentscheidung oder für ihn unverfügbare Merkmale, die sein Anderssein prägen, Verfolgungsmaßnahmen zu erwarten hat, die ihn in ihrer Intensität nach aus der staatlichen Einheit ausgrenzen. Die Verfolgung muss dabei zielgerichtet sein. Ob die Verfolgung wegen eines Asylmerkmals erfolgt ist, ist anhand ihres inhaltlichen Charakters nach der erkennbaren Gerichtetheit der Maßnahme selbst zu beurteilen, nicht aber nach den subjektiven Gründen oder Motiven, die den Verfolgenden dabei leiten (BVerfG, B.v. 10.7.1989 – 2 BvR 502/86 – BVerwGE 80, 315, 335).
Dem Asylbewerber obliegt es dabei, von sich aus umfassende Gründe für das verfolgungsbedingte Verlassen seiner Heimat substantiiert, unter Angabe genauer Einzelheiten und sich stimmig darzulegen. Sein Vortrag, insbesondere zu den in seine eigene Sphäre fallenden Ereignissen, muss geeignet sein, den Asylanspruch lückenlos zu tragen (BVerwG, U.v. 24.3.1987 – BVerfG 9 C 321.85 – Buchholz 402.25 § 1 AsylVfG Nr. 64). Unauflösbare Widersprüche und erhebliche Steigerungen des Vorbringens sind hiermit unvereinbar und können dazu führen, dass der Vortrag im Ganzen nicht geglaubt werden kann, es sei denn, die Widersprüche und Unstimmigkeiten können überzeugen aufgelöst werden (BVerwG, B.v. 21.7.1989 – BVerfG 9 B 239.89 – InfAuslR 1989, 349). Die Zuerkennung der Flüchtlingseigenschaft setzt dabei voraus, dass sich das Gericht in vollem Umfang die Überzeugung von der Wahrheit des von dem Ausländer behaupteten individuellen Verfolgungsschicksals verschafft, wobei allerdings der typische Beweisnotstand hinsichtlich der vorigen Herkunftsland bei der Auswahl der Beweismittel und der Würdigung des Vortrags und der Beweise angemessen zu berücksichtigen ist (BVerwG, U.v. 12.11.1985 – BVerfG 9 C 27.85 – Buchholz 402.25 § 1 AsylVfG Nr. 41).
Gemessen hieran hat das Gericht keine Überzeugung davon gewinnen können, dass der Kläger den Iran vorverfolgt verlassen hat. Das Gericht folgt insoweit gemäß § 77 Abs. 2 AsylG den überzeugenden Gründen des angegriffenen Bescheides des Bundesamtes vom 13. Juli 2018 und führt ergänzend aus.
Im Iran ist die Homosexualität im Gegensatz zur Transsexualität nicht legalisiert. Die Homosexualität stellt eine Todsünde dar. Die Transsexualität ist im Iran hingegen eine Krankheit (vgl. VG Würzburg, U.v. 23.12.2015 – W 6 K 15.30648 – juris Rn. 35). Das iranische Strafgesetzbuch sieht für sexuelle Handlungen zwischen Männern die Todesstrafe vor. Allerdings sind die Beweisanforderungen hierfür sehr hoch (vier männliche Zeugen). Bei Minderjähren, in weniger schwerwiegenden Fällen sowie bei sexuellen Handlungen, die die Beweisanforderung für die Todesstrafe nicht erfüllen, sind Peitschenhiebe vorgesehen (auch hierfür sind zwei männliche Zeugen erforderlich). Aussagen darüber, in welchem Umfang und mit welcher Intensität strafrechtliche Ermittlungen wegen Homosexualität betrieben werden, sind wegen der mangelnden Transparenz des iranischen Gerichtswesens nicht möglich. Häufig wird der Vorwurf der Sexualität zusätzlich zu anderen Delikten erhoben, um die Verhafteten moralisch zu diskreditieren (vgl. Auswärtiges Amt, Bericht über die asyl- und abschiebungsrelevante Lage in der islamischen Republik Iran vom 2. März 2018, Stand: Dezember 2017, Seite 14). Nach Auffassung des UNHCR ist es nicht angebracht, nur von einer theoretischen Gefährdung auszugehen. Diskriminierende Gesetze und entsprechendes politisches Vorgehen gegen Homosexuelle und andere sexuelle Minderheiten im Iran erhöhen das Risiko, Opfer von Belästigungen oder sogar tödlicher Gewalt zu werden (vgl. VG Würzburg, U.v. 23.12.2015 – W 6 K 15.30648 – juris Rn. 36; VG Bayreuth, U.v. 5.3.2012 – B 3 K 11.30113 – juris). Sexuelle Minderheiten werden im öffentlichen Raum häufig Opfer von verbalen, gewalttätigen oder gar sexuellen Übergriffen durch Polizisten oder Sicherheitskräfte sowie von Familienmitglieder oder anderen Privatpersonen.
Die vorbezeichnete Auskunftslage belegt, dass offen gelebte Homosexualität – insbesondere von Männern – im Iran ein erhebliches Gefährdungspotenzial und sich dieses Potenzial im Einzelfall zu einer beachtlichen Wahrscheinlichkeit asyl- bzw. flüchtlingsrelevanter Bedrohung verdichten kann (vgl. VG Würzburg U.v. 14.11.2012 – W 6 K 12.30072 – juris; VG Würzburg, U.v. 15.2.2017 W 6 K 16.31039 – juris; VG Lüneburg, U.v. 17.8.2015 – 5 A 218/14 – juris). Von daher bilden Homosexuelle aufgrund ihrer sexuellen Orientierung und ihrer deutlich abgegrenzten sexuellen Identität eine bestimmte soziale Gruppe (vgl. EuGH, U.v.7.11.2013 – C-199/12 bis C-2017/12 – NVwZ 2014,132). Im Rahmen der vom Gericht vorzunehmenden prognostischen Einschätzung der dem Asylbewerber aufgrund seiner Homosexualität drohenden Verfolgungsgefahr ist jedoch weiter zu prüfen, ob die zu erwartende homosexuelle Betätigung bei einer Rückkehr in das Herkunftsland den iranischen Behörden mit beachtlicher Wahrscheinlichkeit bekannt werden würde (vgl. BVerwG, U.v. 17.10.1989 – 9 C 25/89 – NVwZ – RR 1990, 375 f.; BayVGH, B.v. 12.9.2002 – 14 ZB 02.31362 – juris Rn. 2).
Diese Erkenntnislage zugrunde gelegt, hat das Gericht bei der gebotenen freien richterlichen Beweiswürdigung aus dem Gesamtergebnis des Verfahrens nicht die notwendige Überzeugung davon gewinnen können, dass der Kläger aufgrund seiner angeführten homosexuellen Veranlagung sein Heimatland vorverfolgt verlassen hat und die von ihm behaupteten homosexuellen Handlungen bei einer Rückkehr des Klägers in den Iran zu einer asylerheblichen Verfolgung im Sinne der §§ 3, 3b AsylG führen würden. Das Vorbringen des Klägers beim Bundesamt und in der mündlichen Verhandlung insbesondere in Bezug auf die für seine Ausreise relevanten Umstände erweist sich als unglaubwürdig und widersprüchlich. Das Gericht schenkt dem Vortrag des Klägers, seine Homosexualität sei bei einer Hausparty unter gleichgeschlechtlichen Partnern „erwischt“ bzw. entdeckt worden, keinen Glauben. Nach Auffassung des Gerichts sind die diesbezüglichen Schilderungen des Klägers frei erfunden. Das gesamte vom Kläger geschilderte Geschehen wirkt auswendig gelernt, stereotyp und in sich unschlüssig. So ist beispielsweise auffällig, dass der Kläger in der mündlichen Verhandlung vorgetragen hat, dass der Vater seines gleichgeschlechtlichen Partners „…“ bei einer besagten Veranstaltung den Kläger massiv geschlagen habe. Dennoch sei es diesem gelungen barfuß das Haus zu verlassen und vor der Polizei zu fliehen. Der Kläger hat in der mündlichen Verhandlung ausweislich der Niederschrift aber gleichzeitig erklärt, dass er nicht in der Lage gewesen sei, aufgrund der Schläge zu fliehen. Ebenfalls unglaubwürdig ist, dass der Kläger nach seinen eigenen Angaben 200 Meter auf einem Motorrad mitgenommen worden sei, dann aber der Motorradfahrer erklärt habe, er könne den Kläger nicht weiter mitnehmen. Wie es sein kann, innerhalb einer Strecke von lediglich 200 Meter dem Fahrer des Motorrades die Lebensgeschichte bzw. Fluchtgeschichte zu erzählen, dass für diesen eine Fortsetzung der Mitnahme des Klägers ausgeschlossen wäre, ist für das Gericht nicht nachvollziehbar. Widersprüchlich sind auch die Angaben des Klägers zum Verlassen seines Heimatlandes. Das Gericht ist aufgrund all dieser Unstimmigkeiten der Auffassung, dass der Kläger sowohl beim Bundesamt als auch in der mündlichen Verhandlung vom 3. Dezember 2018 nicht von persönlich Erlebten berichtet, sondern dass es sich um eine ausgedachte, konstruierte Fluchtgeschichte handelt, um die Ausreise des Klägers aus dem Iran zu rechtfertigen. Hierfür spricht auch die Tatsache, dass der Kläger wiederholt behauptet hat, dass der Vater von „…“ beim Etelaat beschäftigt gewesen sei. Nach Überzeugung des Gerichts ist dies dem Umstand geschuldet, darzulegen, dass die Homosexualität des Klägers den iranischen Behörden bekannt gewesen sei. Wenn dem Vater seines Partners „…“ die Partnerschaft seines Sohnes zum Kläger bekannt gewesen sein sollte – wie es der Kläger behauptet – wäre es bei einer Tätigkeit für den Etelaat ein Leichtes gewesen, früher auf den Kläger Zugriff zu nehmen. Auch dies spricht für eine frei erfundene Fluchtgeschichte.
Auffällig erscheint auch, dass der Kläger sich in der mündlichen Verhandlung dahingehend eingelassen hat, dass er aufgrund seiner gleichgeschlechtlichen Beziehungen bereits mehrfach vorbestraft gewesen sei. Unterlagen hierzu hat der Kläger weder im Verfahren beim Bundesamt noch im gerichtlichen Verfahren vorgelegt. Insoweit schenkt das Gericht dem Kläger auch diesbezüglich keinen Glauben. Gleiches gilt bezüglich der vom Kläger erhobenen Behauptung, dass er von seiner Mutter erfahren habe, dass „…“ zwischenzeitlich hingerichtet worden sei. Beim Bundesamt hat der Kläger noch gesagt, dass er über seine Freunde erfahren habe, dass „…“ zum Wehrdienst gegangen sei. Auch dies erscheint fragwürdig, sofern man davon ausgeht, dass … homosexuell gewesen ist. All dies spricht aus Sicht des Gerichts letztlich dafür, dass es sich um einen frei erfundenen Sachverhalt handelt. Das gesamte Vorbringen des Klägers in Bezug auf die fluchtauslösenden Ereignisse wirkt konstruiert, um eine Ausreise des Klägers aus dem Iran zu rechtfertigen. Dies gilt insbesondere in Bezug auf die vom Kläger geschilderten Erkenntnisse, die er nach seiner Flucht aus dem Iran erlangt haben will bezüglich des weiteren Schicksals von „…“ bzw. des Bekanntwerdens von vermeintlichen Fotos auf dem Handy des Klägers in Bezug auf gleichgeschlechtliche Handlungen. Auch dies erscheint unglaubwürdig, zumal der Kläger selbst vorgetragen hat, den Iran bereits vor zwei Jahren verlassen zu haben.
Gesamtbetrachtend hat das Gericht in der mündlichen Verhandlung vom Kläger den Eindruck gewonnen, dass dieser den Iran wegen der gesellschaftlichen Ächtung von homosexuellen bzw. transsexuellen Personen verlassen hat. Dass der Kläger den Iran vorverfolgt im Sinne von §§ 3, 3b AsylG verlassen hat, ist für den Kläger aufgrund von dessen unglaubwürdigen, widersprüchlichen Sachverhaltsschilderungen jedoch auszuschließen. Für diese Sichtweise spricht letztlich auch, dass der Kläger sich dahingehend eingelassen hat, dass sein Zugang zudem von ihm beabsichtigten Studium letztlich aufgrund seines Aussehens, seiner Kleidung, dem Schnitt seiner Augenbrauen und seines Verhaltens abgelehnt worden sei. Diesen Ausführungen ist zu entnehmen, dass sich der Kläger im Wesentlichen gegen die gesellschaftliche Haltung im Iran gegenüber homosexuellen bzw. transsexuellen Personen wendet. Eine Vorverfolgung mit der insoweit erforderlichen Intensität im Sinne der §§ 3, 3b AsylG ist hingegen nicht festzustellen. Aufgrund des diesbezüglich unglaubwürdigen und widersprüchlichen Sachvortrags des Klägers beim Bundesamt und in der mündlichen Verhandlung erscheint auch eine (erneute) Verfolgung des Klägers als nicht hinreichend beachtlich. Vor dem Hintergrund des insgesamt unglaubwürdigen Vorbringen des Klägers beim Bundesamt und in der mündlichen Verhandlung ist nicht mit hinreichender Wahrscheinlichkeit zu erwarten, dass die eventuellen homosexuellen Betätigungen, wie sie der Kläger vor seiner Ausreise aus dem Iran praktiziert hat, den iranischen Behörden auch bekannt werden würden und zu relevanten strafrechtlichen Maßnahmen gegen den Kläger führen würden.
Die Zuerkennung der Flüchtlingseigenschaft gemäß §§ 3, 3b AsylG war daher aus den dargestellten Gründen abzulehnen.
3. Der Kläger besitzt auch keinen Anspruch auf die Anerkennung als subsidiär Schutzberechtigter im Sinne von § 4 Abs. 1 AsylG.
Gemäß § 4 Abs. 1 Satz 1 AsylG ist ein Ausländer subsidiär Schutzberechtigter, wenn er stichhaltige Gründe für die Annahme vorgebracht hat, dass ihm in seinem Herkunftsland ein ernsthafter Schaden droht. Als ernsthafter Schaden gilt u.a. die Verhängung oder Vollstreckung der Todesstrafe (§ 4 Abs. 1 Satz 2 Nr. 1 AsylG) sowie Folter oder unmenschliche oder erniedrigende Behandlung oder Bestrafung (§ 4 Abs. 1 Satz 2 Nr. 2 AsylG).
Aufgrund des unglaubhaften Vortrags des Klägers beim Bundesamt und in der mündlichen Verhandlung vom 3. Dezember 2018 ist auch unter Berücksichtigung der in das Verfahren eingeführten Erkenntnisquellen und des Inhalts der beigezogenen Behördenakte festzustellen, dass dem Kläger bei einer Rückkehr in den Iran nicht mit beachtlicher Wahrscheinlichkeit Verfolgung im Sinne des § 4 Abs. 1 Satz 1 AsylG droht.
Der Maßstab der beachtlichen Wahrscheinlichkeit setzt voraus, dass bei einer zusammenfassenden Würdigung des zur Prüfung gestellten Lebenssachverhalts die für eine Verfolgung sprechenden Umstände ein größeres Gewicht besitzen und deshalb gegenüber den dagegen sprechenden Tatsachen überwiegen (BVerwG, U.v. 20.2.2013 – 10 C 23/12 – juris Rn. 32). Dabei ist eine „qualifizierende“ Betrachtungsweise im Sinne einer Gewichtung und Abwägung aller festgestellten Umstände in ihrer Bedeutung anzulegen. Es kommt darauf an, ob in Anbetracht dieser Umstände bei einem vernünftig denkenden, besonnenen Menschen in der Lage des Betroffenen Furcht vor Verfolgung hervorgerufen werden kann (vgl. BVerwG, U.v. 1.6.2011 – 10 C 25/10 – BVerfGE 140, 22 ff.).
Aus den bereits unter Nr. 2 dargestellten Gründen ist das Gericht nach Würdigung der informatorischen Befragung des Klägers in der mündlichen Verhandlung vom 3. Dezember 2018 und dem Vorbringen des Klägers beim Bundesamt der Überzeugung, dass dem Kläger bei einer Rückkehr in sein Herkunftsland keine Verfolgung im Sinne des § 4 Abs. 1 Satz 2 Nr. 1 und 2 AsylG mit der erforderlichen beachtlichen Wahrscheinlichkeit droht. Das Gericht zieht vielmehr die Glaubhaftigkeit des klägerischen Vortrags insgesamt ernsthaft und nachhaltig in Zweifel. Das Gericht hat insbesondere aus dem Vortrag des Klägers in der mündlichen Verhandlung zu den letztlich fluchtauslösenden Ereignissen im Jahr 2016/2017 den Eindruck gewonnen, dass der Kläger nicht von tatsächlich Erlebtem berichtet, sondern lediglich eine vorab festgelegte, frei erfundene Geschichte erzählt hat, die seine Ausreise aus dem Iran rechtfertigt.
4. Auch Abschiebungsverbote im Sinne von § 60 Abs. 5 bzw. Abs. 7 Satz 1 AufenthG sind zugunsten des Klägers nicht zu erkennen. Insoweit kann auf die zutreffenden Ausführungen im Bescheid des Bundesamtes vom 13. Juli 2018 verwiesen werden. Über dies fehlt es an hinreichend substantiiert geltend gemachten Anhaltspunkten für das Vorliegen von nationalen Abschiebungshindernissen im vorliegenden Fall.
Damit erweist sich aber auch die mit dem Bescheid des Bundesamtes vom 13. Juli 2018 erlassene Abschiebungsandrohung auf der Grundlage des § 34 Abs. 1 Satz 1 AsylG als rechtmäßig. Qualifizierte Einwände gegen das auf der Grundlage von § 11 Abs. 1 AufenthG erlassene Einreiseund Aufenthaltsverbot wurden nicht geltend gemacht. Die Beklagte hat das ihr insoweit zustehende Ermessen erkannt und beanstandungsfrei ausgeübt (§ 114 VwGO).
5. Die Klage war nach alle dem mit der Kostenfolge aus § 154 Abs. 1 VwGO abzuweisen. Als dem Verfahren unterlegen hat der Kläger die Kosten des Verfahrens zu tragen. Die Gerichtskostenfreiheit erfolgt aus § 83b AsylG.
Die Entscheidung über die vorläufige Vollstreckbarkeit der Kostenentscheidung beruht auf § 167 Abs. 2 VwGO.


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