Verwaltungsrecht

Kein “isolierter” Anspruch auf Begründung erfolgloser Aufstiegsprüfung

Aktenzeichen  M 21 K 17.257

Datum:
27.6.2017
Rechtsgebiet:
Fundstelle:
BeckRS – 2017, 118845
Gerichtsart:
VG
Gerichtsort:
München
Rechtsweg:
Verwaltungsgerichtsbarkeit
Normen:
VwGO § 44a, § 75 S. 1, § 102 Abs. 2, § 117 Abs. 3 S. 2
VwVfG § 2 Abs. 3 Nr. 2

 

Leitsatz

1 Das isolierte Begehren der nachträglichen Begründung des Ergebnisses einer Aufstiegsprüfung für die Laufbahn des höheren nichttechnischen Dienstes ist mangels Rechtsschutzbedürfnis unzulässig, wenn nicht auch das Nichtbestehen der Aufstiegsprüfung selbst angegriffen wird. (Rn. 18 und 19) (redaktioneller Leitsatz)
2 Bei Aufstiegsprüfungen besteht kein Anspruch des Beamten auf Erläuterung der Prüfungsergebnisse, weil nach Maßgabe von § 2 Abs. 3 Nr. 2 VwVfG hinsichtlich der Tätigkeit der Behörden bei Leistungs-, Eignungs- und ähnlichen Prüfungen die Begründungspflicht ausgeschlossen ist. (Rn. 22) (redaktioneller Leitsatz)

Tenor

I. Die Klage wird abgewiesen.
II. Die Klägerin hat die Kosten des Verfahrens zu tragen.
III. Die Kostenentscheidung ist vorläufig vollstreckbar.

Gründe

Über die Klage konnte aufgrund der mündlichen Verhandlung vom 23. Juni 2017 entschieden werden, obwohl außer der Klagepartei kein weiterer Beteiligter erschienen ist. Denn in der Ladung wurde darauf hingewiesen, dass bei Ausbleiben eines Beteiligten auch ohne ihn verhandelt und entschieden werden kann (§ 102 Abs. 2 VwGO).
Die erhobene Untätigkeitsklage mit dem zu Beginn des Verfahrens skizzierten Ziel, das Ergebnis der erfolglos abgelegten Aufstiegsprüfung anzufechten, ist zulässig, weil das BAPersBw über den von der Klägerin am 1. Juni 2016 eingelegten Widerspruch gegen den Bescheid vom 18. Mai 2016 innerhalb der dreimonatigen, am 1. September 2016 abgelaufenen Sperrfrist des § 75 Satz 2 VwGO ohne zureichenden Grund nicht durch Erlass eines Widerspruchsbescheids entschieden hat (§ 75 Satz 1 VwGO).
Die Klage scheitert jedoch aus anderen Gründen.
Bei verständiger Würdigung des Rechtsschutzziels am Maßstab des § 88 VwGO geht es der Klägerin entgegen dem ausdrücklichen Wortlaut ihres Klageantrags nicht um die Verpflichtung der Beklagten zur Begründung des Bescheides vom 18. Mai 2016 unmittelbar. Dieser Bescheid ist bereits mit der erschöpfenden Begründung versehen, dass er bezwecke, der Klägerin mitzuteilen, dass sie das Auswahlverfahren nicht erfolgreich abgeschlossen habe, weil die Bewertung (ihrer Prüfung) durch die Auswahlkommission ergeben habe, dass sie die Mindestpunktzahl von 3,49 Punkten nicht erreicht habe. Tatsächlich geht es der Klägerin um die Erläuterung (Begründung) des Ergebnisses der von ihr abgelegten Aufstiegsprüfung. Ähnlich der Mitteilung des Ergebnisses einer Auswahlentscheidung an Beamte des Inhalts, dass z.B. ihre Bewerbung auf einen Beförderungsdienstposten keinen Erfolg gehabt habe, ist auch der hier ergangene der Bescheid vom 18. Mai 2016 ein belastender Verwaltungsakt, dessen Anfechtung im Verwaltungsstreitverfahren darauf abzielt, zur gerichtlichen Überprüfung der ihm zugrunde liegenden Prüfungsentscheidung zu führen (vgl. BVerwG vom 25.08.1988 – 2 C 62.85 – BVerwGE 80, 127 = NVwZ 1989, 158 = DVBl 1989, 197 = DÖV 1989, 164 = DRiZ 1989, 141 = RiA 1989, 159 = BayVBl 1989, 439 = ZBR 1989, 280 = DÖD 1989, 267= Buchholz 237.6 § 8 NdsLBG Nr. 4). Denn nicht der anzufechtende Bescheid selbst, sondern die ihm zugrundeliegende und mit ihm nur mitgeteilte Prüfungsentscheidung enthält die eigentliche materielle Beschwer. Er kann dann keinen Bestand mehr haben und ist aufzuheben, wenn die gerichtliche Überprüfung der Prüfungsentscheidung zu dem Ergebnis gelangt, dass die Prüfung wegen formeller Fehler im Prüfungsablauf oder einer materiell rechtswidrigen Bewertung der Prüfungsleistungen nicht als „nicht bestanden“ gewertet werden darf, sondern dazu, dass die Prüfung unter Beachtung der Rechtsauffassung des Gerichts fehlerfrei zu wiederholen oder erneut zu bewerten sei.
Das demnach hier einen Sinn ergebene zulässige Klageziel, den Bescheid vom 18. Mai 2016 aufzuheben und die Beklagte zu verpflichten, über die im Auswahlverfahren abgelegte Aufstiegsprüfung unter Beachtung der Rechtsauffassung des Gerichts erneut zu entscheiden, wurde indessen am Schluss der mündlichen Verhandlung nicht mehr verfolgt. Vielmehr verfolgt die Klägerin nach der überraschenden und geradezu apodiktisch in das Verfahren schriftlich eingeführten Antragstellung vom 23. Juni 2017 alleine das Klageziel, die Beklagte zu verpflichten, die Gründe – nicht für den Bescheid vom 18. Mai 2016, sondern, wie sich aus dem weiteren Wortlaut des Klageantrags unmissverständlich ergibt – für das Prüfungsergebnis konkret zu erläutern.
Mit diesem (alleinigen) Ziel ist die Klage unzulässig. Für den geltend gemachten Anspruch ist kein Rechtsschutzinteresse ersichtlich.
Die Klägerin macht insoweit das bisherige Begehren einer unselbständigen behördlichen Verfahrenshandlung – die nachträgliche Begründung der angefochtenen Prüfung – zu einem isolierten Haupt-Verpflichtungsbegehren. Im Anwendungsbereich des § 44a VwGO, wonach Rechtsbehelfe gegen behördliche Verfahrenshandlungen nur gleichzeitig mit den gegen die Sachentscheidung zulässigen Rechtsbehelfen geltend gemacht werden können, ist anerkannt, dass es derartige, zur Unanwendbarkeit der genannten Vorschrift führende Konstellationen geben kann (vgl. die Kommentierung von Geiger in Eyermann, VwGO, 14. Aufl. 2014, zu § 44a, Rn. 6a u. 8; BVerwG vom 30.06.1983 – 2 C 76.81 – ZBR 1984, 43 = DVBl 1984, 53 = Buchholz 237.0 § 113 LBG BW Nr. 1). Gibt es etwa von vornherein kein auf ein bestimmtes Ziel gerichtetes Behördenverfahren, in welches sich eine der Vorbereitung dieser Entscheidung dienende behördliche Verfahrenshandlung unselbständig einfügen könnte, wie es etwa der Fall ist, wenn der Dienstherr einen Beamten zu einer medizinischen Untersuchung auffordert, ohne sich bereits schlüssig zu sein, ob das Ergebnis in ein Verfahren zur Feststellung der Dienstunfähigkeit einmünden könnte, oder hat sich das den Rahmen für die unselbständige Verfahrenshandlung bildende Behördenverfahren anderweitig erledigt (so in dem eben zitierten Fall, vgl. BVerwG vom 30.06.1983, a.a.O.), so kann in der Tat ein Begehren, Behördenakten offenzulegen oder eine bisher nicht gegebene Begründung nachzuholen, zur Hauptsache werden.
Im vorliegenden Fall allerdings ist der verfahrensrechtliche Rahmen für das Begründungs- bzw. „Erläuterungs“-Begehren ursprünglich vorhanden gewesen und aus freien Stücken sowie ohne Not durch die auf die Begründungsfrage reduzierte Antragstellung am Schluss der mündlichen Verhandlung aufgegeben worden. Mit dieser Erklärung hat sich die Klägerin gleichzeitig (im Sinne einer Klageteilrücknahme) darauf festgelegt, dass sie an der Anfechtung ihres Prüfungsergebnisses und ihrem Anspruch auf dessen gerichtlicher Überprüfung nicht mehr festhält. Damit entfiel nach Auffassung des Gerichts jegliches Rechtsschutzinteresse nicht nur an der gerichtlichen Überprüfung des Prüfungsergebnisses, sondern auch an der begehrten Erläuterung. Denn – im Unterschied zu den oben beschriebenen Konstellationen – ist hier nicht ersichtlich, welches Interesse an einer nachträglichen Prüfungsbegründung die Klägerin nach Aufgabe ihres vormaligen Rechtsschutzziels, die Aufstiegsprüfung auf formelle und materielle Rechtmäßigkeit überprüfen zu lassen, noch bestehen kann. Dieses Begehren kann kein Selbstzweck sein. Ist das Nichtbestehen der Prüfung erst einmal unanfechtbar zulasten der Klägerin geklärt, so kann sie mit der begehrten Erläuterung nichts mehr anfangen – außer vielleicht aus gemachten Fehlern zu lernen. Mit der Aufrechterhaltung dieses Begehrens kann sie jedoch ihre Rechtsstellung nicht mehr verbessern.
Die Klage war nach alledem ohne Entscheidung zur Sache durch Prozessurteil mit der Kostenfolge des § 154 Abs. 1 VwGO abzuweisen.
Sie wäre freilich auch dann, wenn sie mit dem am Schluss der mündlichen Verhandlung gestellten Klageziel entgegen der hier vertretenen Auffassung zulässig sein sollte, nicht erfolgreich, sondern als unbegründet abzuweisen. Denn nach der Rechtsprechung des Bundesverwaltungsgerichts (Urteil vom 27. Mai 1982 – BVerwG 2 A 1.79 – ZBR 1983, 182 = Buchholz 232.1 § 33 BLV Nr. 1), der sich die Kammer mit dem Urteil vom 21. Dezember 2011 (Az. M 21 K 10.4901) angeschlossen hat, besteht bei Aufstiegsprüfungen kein Anspruch des Beamten auf Erläuterung (= Begründung) der Prüfungsergebnisse, weil nach Maßgabe von § 2 Abs. 3 Nr. 2 VwVfG hinsichtlich der Tätigkeit der Behörden bei Leistungs-, Eignungs- und ähnlichen Prüfungen von Personen die in § 39 VwVfG normierte Begründungspflicht von Verwaltungsakten ausdrücklich ausgeschlossen ist. Dies wurde in der mündlichen Verhandlung ausführlich besprochen, bevor die Klägerin durch ihren Bevollmächtigten den Sachantrag stellte.
Der Ausspruch über die vorläufige Vollstreckbarkeit der Kostenentscheidung beruht auf § 167 VwGO i.V.m. §§ 708 ff. ZPO.


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