Verwaltungsrecht

Kein Rechtsschutzbedürfnis für geänderte Beurteilung nach bestandskräftiger Entlassung aus dem Beamtenverhältnis

Aktenzeichen  3 ZB 17.2128

Datum:
5.12.2017
Rechtsgebiet:
Fundstelle:
BeckRS – 2017, 136976
Gerichtsart:
VGH
Gerichtsort:
München
Rechtsweg:
Verwaltungsgerichtsbarkeit
Normen:
VwGO § 124 Abs. 2 Nr. 1-3
BayBG Art. 72
LlbG Art. 12 Abs. 5
BeamtStG § 23 Abs. 3 S. 1 Nr. 2

 

Leitsatz

1. Lässt ein Beamter seine Entlassung aus dem Beamtenverhältnis auf Probe unanfechtbar werden, hat er kein Rechtsschutzbedürfnis mehr für eine Klage gegen die Probezeitbeurteilung. (redaktioneller Leitsatz)
2. Auch wenn eine Beurteilung neben Personalentscheidungen noch anderen Zwecken dienen mag, ist sie jedenfalls nicht dazu bestimmt, Beamten den Übergang in ein Arbeitsverhältnis zu erleichtern. Diesem Zweck dient vielmehr die Erstellung eines Dienstzeugnisses (ebenso HessVGH BeckRS 2016, 44391). (redaktioneller Leitsatz)

Verfahrensgang

AN 1 K 17.1633 2017-09-19 Urt VGANSBACH VG Ansbach

Tenor

I. Der Antrag auf Zulassung der Berufung wird abgelehnt.
II. Die Klägerin trägt die Kosten des Antragsverfahrens.
III. Der Streitwert für das Antragsverfahren wird auf 5.000,- € festgesetzt.

Gründe

Der auf die Zulassungsgründe des § 124 Abs. 2 Nr. 1 VwGO (ernstliche Zweifel an der Richtigkeit des verwaltungsgerichtlichen Urteils), des § 124 Abs. 2 Nr. 2 VwGO (besondere tatsächliche oder rechtliche Schwierigkeiten) und des § 124 Abs. 2 Nr. 3 VwGO (grundsätzliche Bedeutung der Rechtssache) gestützte Antrag bleibt ohne Erfolg.
1. Ernstliche Zweifel an der Richtigkeit des Urteils des Verwaltungsgerichts i.S.v. § 124 Abs. 2 Nr. 1 VwGO bestehen auf der Grundlage des Zulassungsvorbringens nicht. Solche sind zu bejahen, wenn ein einzelner tragender Rechtssatz oder eine einzelne erhebliche Tatsachenfeststellung mit schlüssigen Gegenargumenten in Frage gestellt wird und die Zweifel an der Richtigkeit einzelner Begründungselemente auf das Ergebnis durchschlagen. Dies ist vorliegend nicht der Fall.
Das Verwaltungsgericht hat die Klage, den Beklagten unter Aufhebung der Probezeitbeurteilung vom 19. September 2012 und des Widerspruchsbescheids vom 30. Juni 2015 zu verpflichten, der Klägerin eine neue Probezeitbeurteilung unter Berücksichtigung der Rechtsauffassung des Gerichts zu erteilen, zu Recht mangels Rechtsschutzinteresse als unzulässig abgewiesen. Die Klägerin, die bis 31. März 2013 als Studienrätin z.A. im Förderschuldienst des Beklagten stand und die mit Bescheid der Regierung von M. vom 4. Dezember 2012 aufgrund fehlender Bewährung (§ 23 Abs. 3 Satz 1 Nr. 2 BeamtStG) aus dem Beamtenverhältnis auf Probe entlassen wurde (Art. 12 Abs. 5 LlbG), kann kein Rechtsschutzbedürfnis für eine Klage gegen die Probezeitbeurteilung geltend machen, nachdem sie ihre Entlassung aus dem Beamtenverhältnis auf Probe unanfechtbar hat werden lassen.
1.1 Wie der Senat in seinem Beschluss vom 25. April 2017 (3 C 17.460) ausgeführt hat, hat die dienstliche Beurteilung vom 19. September 2012, mit der die Klägerin für die Übernahme in das Beamtenverhältnis auf Lebenszeit als „nicht geeignet“ beurteilt worden ist, schon vor Klageerhebung mit der seit 14. Juli 2013 bestandskräftigen Entlassung der Klägerin aus dem Beamtenverhältnis auf Probe zum 31. März 2013 ihre rechtliche Bedeutung verloren. Der für die Gewährung von gerichtlichem Rechtsschutz maßgebende Zweck der dienstlichen Beurteilung, Grundlage für am Leistungsprinzip orientierte Personalentscheidungen des Dienstherrn zu sein, entfällt grundsätzlich mit der Beendigung des bestehenden Beamtenverhältnisses. Die auf Abänderung der dienstlichen Beurteilung gerichtete Klage kann somit ihren Zweck nicht mehr erfüllen und ist daher mangels Rechtsschutzbedürfnis’ abzuweisen (BVerwG, U.v. 13.6.1985 – 2 C 6.83 – juris Rn. 16 m.w.N.).
Daran ändert auch nichts, dass sich die Klägerin nach ihrer Entlassung 2013/2014 und 2014/2015 vergeblich um eine Einstellung als Lehrerin im Angestelltenverhältnis im Förderschuldienst des Beklagten beworben hat, wobei ihre Bewerbungen mit der Begründung abgelehnt worden seien, dass sie in der Probezeitbeurteilung hierfür als nicht geeignet angesehen worden sei. Die dienstliche Beurteilung dient nämlich nicht dazu, dem Beamten nach Beendigung des Beamtenverhältnisses die Anstellung in einem Arbeitsverhältnis zu ermöglichen (OVG LSA, U.v. 26.11.1997 – A 3 S 169/96 – juris Rn. 30). Zu diesem Zweck hätte die Klägerin vielmehr die Erstellung eines qualifizierten Dienstzeugnisses gemäß Art. 72 Satz 2 BayBG beantragen können, das neben Angaben über Art und Dauer des von ihr bekleideten Amtes (Art. 72 Satz 1 BayBG) auf Verlangen auch Auskunft über die von ihr ausgeübte Tätigkeit, ihre Führung und ihre Leistungen geben muss (BVerwG, U.v. 23.11.1995 – 2 A 2.94 – juris Rn. 15). Daher fehlt der Klage gegen die Beurteilung auch unter diesem Aspekt das Rechtsschutzbedürfnis (HessVGH, B.v. 24.2.2016 – 1 A 929/14.Z – juris Rn. 13).
Im Übrigen hat die Klägerin es auch vorwerfbar unterlassen, gegen ihre auf eine mangelnde Bewährung in der Probezeit i.S.d. § 23 Abs. 3 Satz 1 Nr. 2 BeamtStG gestützte Entlassung aus dem Probebeamtenverhältnis vorzugehen, sondern die Entlassungsverfügung bestandskräftig werden lassen. Die der Entlassung zugrunde liegende Bewertung als nicht geeignet kann sie durch nachträgliche Abänderung ihrer Probezeitbeurteilung nicht beseitigen, so dass auch aus diesem Grund das Rechtschutzbedürfnis für eine isolierte Klage gegen die Probezeitbeurteilung fehlt.
1.2 Die hiergegen von der Klägerin innerhalb der Frist des § 124a Abs. 4 Satz 4 VwGO vorgebrachten Rügen begründen keine ernstlichen Zweifel an der Richtigkeit des erstinstanzlichen Urteils. Das Zulassungsvorbringen setzt sich nicht mit der das Urteil tragenden obergerichtlichen Rechtsprechung auseinander und genügt bereits deshalb nicht den Anforderungen an die Darlegung ernstlicher Zweifel i.S.d. § 124 Abs. 2 Nr. 1 VwGO. Soweit die Klägerin meint, das Verwaltungsgericht habe rechtsfehlerhaft nur auf die rechtliche Bedeutung der Probezeitbeurteilung abgestellt und es versäumt zu prüfen, ob und inwieweit diese auch tatsächliche Auswirkungen auf die Einstellung der Klägerin als Angestellte in den staatlichen Schuldienst oder auf die Ausstellung eines Dienstzeugnisses hätte haben können, sind solche – lediglich behaupteten, aber nicht substantiiert dargelegten – faktischen Folgen nicht geeignet, ein Rechtsschutzbedürfnis für eine Klage gegen die Beurteilung zu begründen (BVerwG, U.v. 13.6.1985 a.a.O.). Hieran ändert der Wunsch der Klägerin nichts, als Lehrerin im staatlichen Förderschuldienst angestellt zu werden, mag dies auch die einzige Möglichkeit darstellen, mit ihrer Qualifikation eine Anstellung zu erhalten. Auch wenn eine Beurteilung neben Personalentscheidungen noch anderen Zwecken dienen mag, ist sie jedenfalls nicht dazu bestimmt, Beamten den Übergang in ein Arbeitsverhältnis zu erleichtern. Diesem Zweck dient vielmehr die Erstellung eines Dienstzeugnisses (OVG LSA, U.v. 26.11.1997 a.a.O.; HessVGH, B.v. 24.2.2016 a.a.O.). Es trifft auch nicht zu, dass die Beurteilung Grundlage für die Erstellung des Dienstzeugnisses wäre. Sinn eines Dienstzeugnisses ist, dem ehemaligen Beamten den Anschluss in eine künftige berufliche Tätigkeit zu vermitteln. In diesem Rahmen hat der Dienstherr die Tätigkeit des Beamten, seine Führung und seine Leistungen anzugeben, wobei er die Wahrheitspflicht sowie die Wohlwollensverpflichtung zu beachten hat (BVerwG, U.v. 23.11.1995 a.a.O.). Sofern der ehemalige Beamte damit nicht einverstanden sein sollte, kann er direkt gegen das Dienstzeugnis vorgehen; hierzu bedarf es keiner vorherigen Änderung einer ggf. vorhandenen Beurteilung. Wenn die Klägerin insoweit rügt, das Verwaltungsgericht habe nicht ermittelt, ob ihre Bewerbungen unter Berufung auf die Probezeitbeurteilung abgelehnt worden seien, war dies deshalb nicht entscheidungserheblich. Zudem hat die anwaltlich vertretene Klägerin auch keinen entsprechenden Beweisantrag gestellt, so dass sie sich nicht auf eine Verletzung der Amtsermittlungspflicht berufen kann. Im Übrigen kann die behauptete Tatsache auch als wahr unterstellt werden, ohne dass dies etwas daran ändern würde, dass die Klägerin diesbezüglich auf die Möglichkeit verwiesen wäre, Antrag auf Erteilung eines Dienstzeugnisses zu stellen.
1.3 Selbst wenn man aber von einem Rechtsschutzbedürfnis für eine Klage gegen die Probezeitbeurteilung der Klägerin ausgehen wollte, hat diese nicht in einer den Anforderungen des § 124a Abs. 4 Satz 4 VwGO genügenden Weise dargelegt, dass die zulässige Klage auch begründet wäre. Die Bezugnahme auf das erstinstanzliche schriftsätzliche Vorbringen genügt hierfür nicht. Auch der unsubstantiierte Hinweis darauf, die Probezeitbeurteilung beruhe auf einer benachteiligenden Grundlage, reicht hierfür nicht aus.
2. Besondere tatsächliche oder rechtliche Schwierigkeiten werden mit der bloßen Behauptung, dass das Verwaltungsgericht nicht darauf eingegangen sei, ob eine Probezeitbeurteilung Auswirkungen auf ein etwaiges Dienstzeugnis haben könne und daher ein Rechtsschutzbedürfnis für die Klage gegeben sei, nicht in einer dem Darlegungserfordernis des § 124 Abs. 2 Nr. 2 VwGO genügenden Weise geltend gemacht. Darüber hinaus ist nach dem unter 1. Ausgeführten in der Rechtsprechung geklärt, dass dies nicht der Fall ist.
3. Auch mit der von der Klägerin aufgeworfenen Frage, ob eine Probezeitbeurteilung Auswirkungen auf ein etwaiges Dienstzeugnis haben könne sowie ob es auch Zweck einer Probezeitbeurteilung sei, Grundlage für ein späteres Dienstzeugnis zu sein, wird keine grundsätzliche Bedeutung der Rechtssache i.S.d. § 124 Abs. 2 Nr. 3 VwGO dargelegt. Im Übrigen ist diese Frage nach dem unter 1. Ausgeführten in der Rechtsprechung geklärt und zu verneinen.
4. Der Zulassungsantrag war daher mit der Kostenfolge des § 154 Abs. 2 VwGO abzulehnen. Die Streitwertfestsetzung beruht auf § 47 Abs. 1 und 3, § 52 Abs. 2 GKG (wie Vorinstanz).
Mit der Ablehnung des Antrags auf Zulassung der Berufung wird die Entscheidung des Verwaltungsgerichts rechtskräftig (§ 124a Abs. 5 Satz 4 VwGO).


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