Verwaltungsrecht

Keine Abschiebungsverbot wegen Hepatitis-C-Erkrankung

Aktenzeichen  W 6 K 20.30244

Datum:
24.9.2020
Rechtsgebiet:
Fundstelle:
BeckRS – 2020, 25100
Gerichtsart:
VG
Gerichtsort:
Würzburg
Rechtsweg:
Verwaltungsgerichtsbarkeit
Normen:
EMRK Art. 3
AsylG § 3 Abs. 1 Nr. 1, § 3a Abs. 3, § 4 Abs. 1 S. 1, § 77 Abs. 2
AufenthG § 60 Abs. 5, Abs. 7 S. 1

 

Leitsatz

Tenor

I. Die Klage wird abgewiesen.
II. Der Kläger hat die Kosten des Verfahrens zu tragen. Gerichtskosten werden nicht erhoben.

Gründe

Die zulässige Klage ist unbegründet, da der Bescheid des Bundesamts vom 30. Januar 2020 nicht rechtswidrig ist und der Kläger dadurch (schon deswegen) nicht in seinen Rechten verletzt ist (§ 113 Abs. 5 VwGO). Denn der Kläger hat weder Anspruch auf Zuerkennung der Flüchtlingseigenschaft nach § 3 Abs. 1 AsylG (1.) noch auf Zuerkennung des subsidiären Schutzes nach § 4 AsylG (2.). Ebenso wenig hat er Anspruch auf die Feststellung, dass Abschiebungsverbote nach § 60 Abs. 5 bzw. Abs. 7 Satz 1 AufenthG vorliegen (3.).
1. Der Kläger hat keinen Anspruch auf Zuerkennung der Eigenschaft eines Flüchtlings im Sinne von § 3 AsylG und § 60 Abs. 1 AufenthG. Das Gericht verweist hier zunächst auf die Ausführungen im angefochtenen Bescheid, § 77 Abs. 2 AsylG. Im Übrigen ist Folgendes auszuführen:
Gemäß § 3 Abs. 1 AsylG ist ein Ausländer Flüchtling im Sinne des Abkommens vom 28. Juli 1951 über die Rechtsstellung der Flüchtlinge (BGBl 1953 II S. 559, 560), wenn er sich (1.) aus begründeter Furcht vor Verfolgung wegen seiner Rasse, Religion, Nationalität, politischen Überzeugung oder Zugehörigkeit zu einer bestimmten sozialen Gruppe (2.) außerhalb des Landes (Herkunftsland) befindet, (a) dessen Staatsangehörigkeit er besitzt und dessen Schutz er nicht in Anspruch nehmen kann oder wegen dieser Furcht nicht in Anspruch nehmen will oder (b) in dem er als Staatenloser seinen vorherigen gewöhnlichen Aufenthalt hatte und in das er nicht zurückkehren kann oder wegen dieser Furcht nicht zurückkehren will. Nach § 3c AsylG kann eine solche Verfolgung ausgehen von (1.) dem Staat, (2.) Parteien oder Organisationen, die den Staat oder einen wesentlichen Teil des Staatsgebiets beherrschen, oder (3.) nichtstaatlichen Akteuren, sofern die in den Nrn. 1 und 2 genannten Akteure einschließlich internationaler Organisationen erwiesenermaßen nicht in der Lage oder nicht willens sind, im Sinne des § 3d AsylG Schutz vor Verfolgung zu bieten, und dies unabhängig davon, ob in dem Land eine staatliche Herrschaftsmacht vorhanden ist oder nicht. Aus § 3a AsylG ergibt sich, welche Handlungen als Verfolgung im Sinne des § 3 Abs. 1 AsylG gelten. Zwischen derartigen Handlungen und den in § 3b AsylG näher definierten Verfolgungsgründen muss eine Verknüpfung bestehen (§ 3a Abs. 3 AsylG).
Die Furcht vor Verfolgung ist begründet (§ 3 Abs. 1 Nr. 1 AsylG), wenn dem Ausländer die vorgenannten Gefahren aufgrund der in seinem Herkunftsland gegebenen Umstände in Anbetracht seiner individuellen Lage tatsächlich, d.h. mit beachtlicher Wahrscheinlichkeit drohen (BVerwG, U.v. 20.2.2013 – 10 C 23/12 – juris; BVerwG, U.v. 5.11.1991 – 9 C 118/90 -, BVerwGE 1989, 162 f.; BVerwG, U.v. 15.3.1988 – 9 C 278/86 -, BVerwGE 1979, 143 f.).
Das Gericht muss dabei die volle Überzeugung von der Wahrheit des vom Asylsuchenden behaupteten individuellen Schicksals und hinsichtlich der zu treffenden Prognose, dass dieses die Gefahr politischer Verfolgung begründet, erlangen. Angesichts des sachtypischen Beweisnotstandes, in dem sich Asylsuchende insbesondere hinsichtlich asylbegründender Vorgänge im Verfolgerland befinden, kommt dabei dem persönlichen Vorbringen des Asylsuchenden und dessen Würdigung für die Überzeugungsbildung eine gesteigerte Bedeutung zu (BVerwG, U.v. 16.4.1985 – 9 C 109/84 -, Buchholz 402.25, § 1 AsylVfG Nr. 32). Demgemäß setzt ein Asyl- oder Flüchtlingsanspruch voraus, dass der Schutzsuchende den Sachverhalt, der seine Verfolgungsfurcht begründen soll, schlüssig darlegt. Dabei obliegt es ihm, unter genauer Angabe von Einzelheiten und gegebenenfalls unter Ausräumung von Widersprüchen und Unstimmigkeiten einen in sich stimmigen Sachverhalt zu schildern, der geeignet ist, das Asyl- bzw. Flüchtlingsbegehren lückenlos zu tragen (BVerwG, U.v. 8.5.1984 – 9 C 141/83 -, Buchholz, § 108 VwGO Nr. 147).
Diese Voraussetzungen liegen nicht vor. Weder aus dem Vorbringen des Klägers gegenüber dem Bundesamt noch aus seinen Ausführungen in der mündlichen Verhandlung ergibt sich mit beachtlicher Wahrscheinlichkeit eine unmittelbare individuelle oder kollektive Verfolgung des Klägers, die an die genannten Merkmale der religiösen Grundentscheidung oder der Zugehörigkeit zur Volksgruppe der Roma anknüpfen würde. Der Kläger konnte keine Vorfälle benennen, aus der sich eine begründete Furcht vor Verfolgung ergeben könnte, so dass es bereits an einer Verfolgungshandlung fehlt. Soweit es um seine Religionszugehörigkeit zu den Zeugen Jehovas geht, berichtete der Kläger ausschließlich von Problemen innerhalb der Familie; so habe sein Bruder diese Religion abgelehnt. Als der Kläger beim Bundesamt im Rahmen der Anhörung nach Problemen aufgrund seiner Zugehörigkeit zum Volk der Roma befragt wurde, bestand seine Antwort lediglich aus unsubstantiierten Allgemeinplätzen. Auch auf Nachfrage konnte er keinen Vorfall benennen, der ihn selbst betraf.
Soweit der Kläger nunmehr in der mündlichen Verhandlung zum ersten Mal vorbrachte, er sei zusammen mit einem Freund ca. ein Jahr vor seiner Ausreise von Soldaten auf der Straße angehalten, auf das Revier mitgenommen und zusammengeschlagen worden, weil er Roma ist, erachtet das Gericht dies für unglaubhaft. Es handelt sich hierbei um eine erhebliche Steigerung des Vortrags und es leuchtet nicht ein, weshalb der Kläger diesen konkreten Vorfall nicht bereits beim Bundesamt erzählt hatte, obwohl er ausdrücklich nach Problemen wegen seiner Volkszugehörigkeit gefragt wurde (Anhörungsniederschrift S. 5, Bl. 85 d.A.). Soweit der Kläger dies in der Verhandlung damit versuchte zu erklären, dass er beim Bundesamt allgemeine Probleme als Roma genannt hatte, ist dies unplausibel, da es sich bei diesem Erlebnis um einen gravierenden Vorfall handeln würde und es sich aus der Antwort des Klägers beim Bundesamt auch in keinster Weise ableiten lässt (Anhörungsniederschrift S. 5, Bl. 85 d.A.: „Unsere Rechte wurden eingeschränkt. Es fällt uns schwer eine Arbeit zu finden, man gibt uns nichts. Außerdem kam es seit dem Kriegsausbruch und der Ausrufung des Kriegsrechts vor, dass Roma von den Militärs versklavt und unbezahlt für irgendwelche Hilfsarbeiten eingesetzt wurden.“). Nachdem der Kläger ausdrücklich bei seiner Anhörung gefragt wurde, ob er selbst Probleme mit den Militärs gehabt habe, was er aber verneinte, stellt dies einen unlösbaren Widerspruch dar, sodass dieses Vorbringen als unglaubhaft gewertet wird. Sonstige Vorfälle wurden nicht genannt.
2. Der Kläger kann sich auch nicht mit Erfolg auf subsidiären Schutz berufen. Nach § 4 Abs. 1 Satz 1 AsylG ist ein Ausländer subsidiär Schutzberechtigter, wenn er stichhaltige Gründe für die Annahme vorgebracht hat, dass ihm in seinem Herkunftsland ein ernsthafter Schaden droht. Als ernsthafter Schaden gilt nach § 4 Abs. 1 Satz 2 AsylG die Verhängung oder Vollstreckung der Todesstrafe (Nr. 1), Folter oder unmenschliche oder erniedrigende Behandlung oder Bestrafung (Nr. 2) oder eine ernsthafte individuelle Bedrohung des Lebens oder der Unversehrtheit einer Zivilperson infolge willkürlicher Gewalt im Rahmen eines internationalen oder innerstaatlichen bewaffneten Konflikts (Nr. 3). Voraussetzung ist, dass dem Betroffenen mit beachtlicher Wahrscheinlichkeit ein Schaden an den geschützten Rechtsgütern droht (vgl. BVerwG, U.v. 17.11.2011 – 10 C 13.10 – juris Rn. 20).
Gemessen daran hat der Kläger nichts vorbringen können, woraus sich im Falle der Rückkehr in die Ukraine ein drohender Schaden ergeben könnte und ein solcher ist auch nicht ersichtlich. Dass dem Kläger in seinem Heimatland Folter oder eine unmenschliche oder erniedrigende Behandlung oder Bestrafung (§ 4 Abs. 1 Satz 2 Nr. 2 AsylG) drohen, ist weder mit Blick auf das vorgetragene individuelle Verfolgungsschicksal noch mit Blick auf die allgemeine Lage in der Ukraine anzunehmen. Ein mit beachtlicher Wahrscheinlichkeit drohender ernsthafter Schaden ist weder ersichtlich noch vorgetragen, insbesondere fehlt es an den vom Gesetz geforderten stichhaltigen Gründen für eine konkrete individuelle Rechtsgutsverletzung. Das Gericht übersieht nicht, dass der Kläger aus dem Konfliktgebiet im Osten der Ukraine stammt, die Stadt Slavyansk liegt im Oblast Donezk. Jedoch ist nach Angaben des Klägers Frontlinie mittlerweile in ca. 100 km Entfernung von seinem Heimatort, man sehe nur noch ab und zu Militärs (Anhörungsniederschrift S. 5, Bl. 85 d.A.). Überdies hat der Kläger zur Überzeugung des Gerichts die Möglichkeit, internen Schutz nach § 3e Abs. 1 AsylG in den von der ukrainischen Regierung kontrollierten Gebieten wahrzunehmen.
Das Gericht ist unter Heranziehung der ihm zur Verfügung stehenden Erkenntnismittel überzeugt, dass es dem Kläger bei einer Rückkehr möglich sein wird, für ein menschenwürdiges Existenzminimum sorgen zu können. So ist zum einen der Kläger auf die Unterstützung durch seine beiden Schwestern, die in der Ukraine leben, ebenfalls den Zeugen Jehovas angehören sowie solche Männer geheiratet haben und sich damit aus dem Familienclan herausgelöst haben, zu verweisen. Darüber hinaus können ihm seine Schwestern, andere Glaubenszugehörige der Zeugen Jehovas oder ggf. andere Roma behilflich sein, sich um den Erhalt von Sozialleistungen und ggf. eines Obdachs zu kümmern. Da der Kläger aus dem Gebiet der Ost-Ukraine stammt und dort auch gemeldet ist, hat er Anspruch auf und auch Zugang zu Sozialleistungen. Soweit der Kläger vorbringt, als Roma-Volkszugehöriger würde er keinerlei Sozialleistungen erhalten, ist zunächst anzumerken, dass er dies selbst nie versucht hat, sondern es sich dabei nur um seine Meinung handelt. Zudem liegen ausweislich der Erkenntnismittel keine Erkenntnisse über eine staatliche Diskriminierung von Roma vor. In der Ukraine gibt es nach offizieller Zählung 48.000 Roma, nach Schätzungen von Roma-Nichtregierungsorganisationen sollen es sogar 400.000 sein. Prägend sind Probleme nicht-registrierter und auch staatenloser Roma (Auswärtiges Amt, Lagebericht Ukraine v. 29.2.2020, S. 10). Diese Problemstellung betrifft vorliegend aber nicht den Kläger, denn er hat im Verfahren nicht nur eine Geburtsurkunde, sondern auch einen Inlandspass vorgelegt, sodass er ein registrierter Staatsbürger der Ukraine ist. Offenkundig wurde der Kläger von den Behörden entgegen seines Vorbringens in der mündlichen Verhandlung auch nicht benachteiligt, denn offenkundig waren ihm Behördengänge möglich; einen Inlandspass muss man bei der Behörde erst beantragen. Ebenso konnte der Kläger eine Freistellung vom Wehrdienst aus gesundheitlichen Gründen vorlegen, was wiederum gegen die behauptete Diskriminierung von Roma spricht.
Zur Vermeidung von Wiederholungen wird im Übrigen auf die Ausführungen des angefochtenen Bescheids verwiesen, denen sich das Gericht anschließt, § 77 Abs. 2 AsylG.
3. Ebenso wenig hat der Kläger einen Anspruch auf die Feststellung, dass Abschiebungsverbote nach § 60 Abs. 5 und Abs. 7 Satz 1 AufenthG vorliegen. Auch hier verweist das Gericht zunächst auf die Ausführungen im angefochtenen Bescheid, § 77 Abs. 2 AsylG.
Nach § 60 Abs. 5 AufenthG darf ein Ausländer nicht abgeschoben werden, soweit sich aus der Anwendung der im deutschen Recht im Rang eines Bundesgesetzes geltenden EMRK ergibt, dass die Abschiebung unzulässig ist. Allerdings erstreckt sich die Prüfbefugnis des BAMF nur auf zielstaatsbezogene Abschiebungsverbote und Abschiebungshindernisse. Einschlägig wäre hier alleine Art. 3 EMRK, wonach niemand der Folter oder unmenschlicher oder erniedrigender Behandlung oder Strafe unterworfen werden darf. Die Reichweite der Schutznorm des § 60 Abs. 5 AufenthG i.V.m. Art. 3 EMRK ist in der höchstrichterlichen Rechtsprechung geklärt. Es ist nicht ersichtlich und wurde auch nicht dargelegt, dass ein entsprechend hohes Gefährdungsniveau beim Kläger im Falle ihrer Rückkehr in die Ukraine vorliegen könnte. Es ist aus denselben Gründen wie bereits unter (2.) geschildert nicht davon auszugehen, dass der Kläger tatsächlich Gefahr laufen könnte, einer Art. 3 EMRK widersprechenden Behandlung ausgesetzt zu werden.
Soweit vorgetragen wird, dass der Kläger aufgrund seiner chronischen Hepatitis-C-Erkrankung behandelt werden muss, führt dies nicht zu einer konkreten individuellen extremen Gefahr für Leib und Leben im Sinne des § 60 Abs. 7 Satz 1 AufenthG.
Eine solche Gefahr kann zwar bei einer lebensbedrohlichen Krankheit vorliegen, die sich alsbald nach der Rückführung erheblich verschlimmern und zum Tode führen würde (BVerwG, B.v. 24.5.2006 – 1 B 118.05, NVwZ 2007, 345/346 a.E.). Ob eine erhebliche konkrete Gefahr besteht, muss anhand des gleichen Wahrscheinlichkeitsmaßstabs wie im Asylrecht, nämlich demjenigen der „beachtlichen Wahrscheinlichkeit“, beurteilt werden (vgl. BVerwG, U.v. 17.10.1995 – 9 C 9.95 – BVerwGE 99, S. 324/330). Eine krankheitsbedingte zielstaatsbezogene Gefahr im Sinne des § 60 Abs. 7 AufenthG kann sich im Einzelfall auch daraus ergeben, dass der erkrankte Ausländer eine an sich im Zielstaat verfügbare medizinische Behandlung tatsächlich nicht erlangen kann. Dies kann zum einen der Fall sein, wenn im Herkunftsstaat des Ausländers eine notwendige ärztliche Behandlung oder Medikation für die betreffende Krankheit wegen des geringeren Versorgungsstandards generell nicht verfügbar ist. Zum anderen kann sich ein zielstaatsbezogenes Abschiebungshindernis darüber hinaus trotz an sich verfügbarer medikamentöser und ärztlicher Behandlung auch aus sonstigen Umständen im Zielstaat ergeben, die dazu führen, dass der betroffene Ausländer diese medizinische Versorgung tatsächlich nicht erlangen kann, z.B. wenn eine notwendige Behandlung oder Medikation zwar allgemein zur Verfügung steht, dem betroffenen Ausländer individuell jedoch aus finanziellen oder sonstigen Gründen nicht zugänglich ist (vgl. BVerwG, U.v. 29.10.2002 – 1 C 1/02 -, DVBl 2003, S. 463). Konkret ist die durch eine Krankheit verursachte Gefahr, wenn die Verschlechterung des Gesundheitszustandes alsbald nach der Rückkehr in das Heimatland eintreten würde, weil eine adäquate Behandlung dort nicht möglich ist (BVerwGE 127, 33 Rn. 15 m.w.N.). Es ist aber nicht erforderlich, dass die medizinische Versorgung im Zielstaat mit der Versorgung in der Bundesrepublik Deutschland gleichwertig ist, § 60 Abs. 7 Satz 3 AufenthG (vgl. dazu Thym NVwZ 2016, 409 (412), der auf BVerfGE 54, 341 (357) verweist).
Aus den vom Kläger vorgelegten ärztlichen Attesten vom 12. Mai 2020 sowie 24. Juni 2020 ergibt sich nicht, dass ihm bei einer Rückkehr der alsbaldige Tod drohen könnte. Zwar liegt beim Kläger eine Indikation zur Therapie und somit eine Behandlungsbedürftigkeit vor. Jedoch besteht eine akute und unaufschiebbare Behandlungsbedürftigkeit nicht. Zudem seien die Werte des Klägers derzeit gut und die Therapie könne in jedem beliebigen Land durchgeführt werden (vgl. Bescheid d. LRA Miltenberg v. 31.8.2020). Nach dem Vortrag des Klägers war es ihm in der Vergangenheit mehrfach möglich, sich in eine mehrtägige Behandlung zu begeben, jedoch musste er diese selbst bezahlen. Folglich ist festzuhalten, dass der Kläger grundsätzlich Zugang zu medizinischer und damit fachärztlicher Behandlung hat. Ausweislich der Erkenntnismittel ist die medizinische Gesundheitsversorgung in der Ukraine flächendeckend und kostenlos; mittlerweile wurde sogar zum 1. Juli 2018 der Nationale Gesundheitsdienst (NGD) geschaffen, der die Funktion einer staatlichen, budgetfinanzierten Einheitskrankenversicherung übernommen hat (Auswärtiges Amt, Lagebericht Ukraine v. 29.2.2020, S. 19). Soweit der Kläger dem entgegenhält, er habe immer selbst alles bezahlt und keinen Anspruch auf kostenlose Behandlung, ist anzumerken, dass er sich nach seinen Angaben im Gebiet Donezk, d.h. außerhalb der staatlichen Kontrolle der Ukraine aufgehalten hat. Dass die selbst proklamierten Volksrepubliken Donezk und Luhansk nicht dieselben Sozialleistungen anbieten können wie die Ukraine, ist naheliegend. Ausweislich des Lageberichts zur Ukraine (a.a.O.) bestehen im Gesundheitsbereich in den von den Separatisten besetzten Teilen der Gebiete Luhansk und Donezk substantielle und z.T. gravierende Defizite. Dem Kläger ist es jedoch zuzumuten, sich zu seiner Behandlung in die Teile der Ukraine zu begeben, wo sie ihm kostenlos zur Verfügung gestellt wird. Für die Behauptung, dass der Kläger als Zugehöriger zur Volksgruppe der Roma keinen Zugang zu fachärztlicher Behandlung hätte, hat der Kläger keine Nachweise vorgelegt, die die Angaben in den herangezogenen Erkenntnismitteln – dass es keine Erkenntnisse über die staatliche Diskriminierung von Roma gibt – in Zweifel ziehen könnte. Ebenso entbehrt die Behauptung, dass der NGD nicht in der Praxis funktioniere, jeglicher weiteren Darlegungen. Zur Überzeugung des Gerichts ist es dem Kläger in der Ukraine möglich, eine medizinische Behandlung seiner Hepatitis C zu erhalten.
4. Daher sind auch die Ausreiseaufforderung und die Abschiebungsandrohung in die Ukraine rechtmäßig. Auch gegen die Befristung des gesetzlichen Einreise- und Aufenthaltsverbots gemäß § 11 Abs. 1 AufenthG auf 30 Monate ab dem Tag der Abschiebung bestehen keine Bedenken. Ermessensfehler sind nicht ersichtlich.
5. Die Kostenentscheidung beruht auf § 154 Abs. 1 VwGO. Gerichtskosten werden nicht erhoben (§ 83b AsylG).


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