Verwaltungsrecht

Keine Anordnung einer Kontrollbetreuung beim Bestehen einer Vorsorgevollmacht

Aktenzeichen  710 XVII 2302/18

Datum:
13.6.2018
Rechtsgebiet:
Fundstelle:
BeckRS – 2018, 38715
Gerichtsart:
AG
Gerichtsort:
München
Rechtsweg:
Ordentliche Gerichtsbarkeit
Normen:
BGB § 1896

 

Leitsatz

Die Voraussetzungen einer Kontrollbetreuung gemäß der §§ 1896 ff. BGB liegen nur vor, wenn ein konkreter, d.h. durch hinreichende tatsächliche Anhaltspunkte begründeter Verdacht besteht, dass mit der Vollmacht dem Betreuungsbedarf nicht Genüge getan wird. (Rn. 1 – 12) (redaktioneller Leitsatz)

Tenor

Das Verfahren wegen Anordnung einer Kontrollbetreuung wird eingestellt.
Eine Kontrollbetreuung wird nicht angeordnet.

Gründe

Die Ermittlungen haben ergeben, dass die Anordnung einer Betreuung gemäß §§ 1896 ff. BGB nicht erforderlich ist.
Die Betroffene hat ihrer Tochter … am 02.08.2010 eine umfassende notarielle General- und Vorsorgevollmacht mit Betreuungsverfügung erteilt. Die Bevollmächtigte gibt an, das Vermögen ihrer Mutter seit 18 Jahren zu verwalten.
Die Anordnung einer Kontrollbetreuung kommt dann in Betracht, wenn ein konkreter, d.h. durch hinreichende tatsächliche Anhaltspunkte begründeter Verdacht besteht, dass mit der Vollmacht dem Betreuungsbedarf nicht Genüge getan wird. Zu prüfen ist, ob aus Sicht eines vernünftigen Vollmachtgebers Bedenken gegen die Redlichkeit oder Tauglichkeit des Bevollmächtigten bestehen oder z.B. die Schwierigkeit anstehender Geschäfte eine permanente Kontrolle des Bevollmächtigten erfordert.
Die Vorwürfe einiger ehemaliger Pflegerinnen und (in der Folge) des Sohnes der Betroffenen, Herrn W… konnten von der Bevollmächtigten allesamt ausgeräumt werden.
Der angebliche Wunsch der Betroffenen wieder in ihr Haus zurückkehren zu wollen mit der Behauptung man würde sich nicht ausreichend kümmern bzw. die häusliche Versorgung sei intensiver und individueller gewesen, ist bereits durch den Besuch der Betreuungsstelle im Pflegeheim widerlegt worden. Der Mitarbeiterin gegenüber habe die Betroffene auf Nachfrage ausgesagt, sich doch bereits zuhause zu befinden. Sie genieße es, vom Fenster ihres großen Einzelzimmers mit Erker aus den Garten zu beobachten und wirke im übrigen zurückgezogen, aber nicht unzufrieden. Die Verfassung der Betroffenen habe sich durch die geschulten Kräfte, wöchentliche ärztliche Versorgung und entsprechende Physiotherapie gegenüber der Verfassung zuhause verbessern lassen. Dies wurde auch vom Hausarzt bestätigt.
Zu den Vorwürfen hinsichtlich der finanziellen Ungereimtheiten hat die Bevollmächtigte ausgeführt, dass die Abrechnung der Pflegerinnen über die Haushaltsmittel deutliche Lücken aufwies. Das Anstellungsverhältnis mit Frau H… musste gekündigt werden, weil sie für einen Barbetrag in Höhe von € 7.000,00 nur Belege über € 2.185,97 beibringen konnte. Die Weisung, bestimmte Einkaufsmärkte (nicht jedoch die vom Pflegepersonal behaupteten Discounter) zu bevorzugen und im übrigen vieles liefern zu lassen, seien vor allem vor dem Hintergrund erfolgt, die Zeiten der Abwesenheiten der Pflegerinnen gering zu halten, damit die Betroffene möglichst wenig allein gelassen werden muss.
Gegen Frau … bestehe kein persönliches Steuerstrafverfahren. Vielmehr habe sich die Betroffene selbst nach dem Tod des Ehemannes und nach Rücksprache mit dem Steuerberater zu einer Selbstanzeige bezüglich nicht versteuerter Einnahmen aus Geldanlagen in der Schweiz entschlossen.
Des Weiteren wurde von den (entlassenen) Pflegerinnen behauptet, die Bevollmächtigte habe nach dem Umzug der Betroffenen in das Heim deren Katze grundlos einschläfern lassen. Durch Vorlage einer Tierarztrechnung für eine Impfung, die zeitlich nach der Behauptung erfolgte, erwies sich, dass dieser Vorwurf frei erfunden war.
Im Übrigen würden die Immobilien sehr wohl instand gehalten werden. Gegenteiliges konnte den zur Akte gelangten Fotos nicht entnommen werden.
Die Einlassungen der Bevollmächtigten sind detailliert und plausibel und konnten sämtliche Vorwürfe ausräumen. Die Voraussetzungen einer Kontrollbetreuung liegen nicht vor.
Eine Kontrollbetreuung ist daher nicht erforderlich.
Dies ergibt sich insbesondere aus der Stellungnahme der Verfahrenspflegerin vom 09.06.2018 sowie aus dem Bericht der Betreuungsstelle vom 17.05.2018.


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