Verwaltungsrecht

Keine Berufungszulassung bei staatenlosen Palästinensern aus dem Libanon

Aktenzeichen  15 ZB 17.31280

Datum:
6.11.2017
Rechtsgebiet:
Fundstelle:
BeckRS – 2017, 133261
Gerichtsart:
VGH
Gerichtsort:
München
Rechtsweg:
Verwaltungsgerichtsbarkeit
Normen:
AsylG § 74 Abs. 4 S. 4, § 78 Abs. 3 Nr. 1

 

Leitsatz

1 Einer Rechtssache kommt gemäß § 78 Abs. 3 Nr. 1 AsylG grundsätzliche Bedeutung zu, wenn eine konkrete, fallübergreifende Rechts- oder Tatsachenfrage für die Entscheidung des Verwaltungsgerichts von Bedeutung ist, deren noch ausstehende obergerichtliche Klärung im Berufungsverfahren erwartet werden kann und zur Erhaltung der Einheitlichkeit der Rechtsprechung oder zu einer bedeutsamen Weiterentwicklung des Rechts auch geboten erscheint (wie BayVGH BeckRS 2017, 107822). (Rn. 7) (red. LS Clemens Kurzidem)
2 Eine den Feststellungen des Verwaltungsgerichts widersprechende, pauschale Behauptung, es treffe nicht zu, dass die Kläger als staatenlose Palästinenser bei der UNRWA, einer im Libanon tätigen Hilfsorganisation, als Flüchtlinge registriert worden seien und insoweit Schutz und Beistand erhalten hätten, begründet keine über den Einzelfall hinausgehende, klärungsbedürftige Fragestellung.  (Rn. 8) (red. LS Clemens Kurzidem)

Verfahrensgang

AN 9 K 16.31851 2017-07-31 Urt VGANSBACH VG Ansbach

Tenor

I. Der Antrag auf Zulassung der Berufung wird abgelehnt.
II. Der Antrag auf Gewährung von Prozesskostenhilfe und Anwaltsbeiordnung wird abgelehnt.
III. Die Kläger haben die Kosten des Zulassungsverfahrens als Gesamtschuldner zu tragen.

Gründe

I.
Die aus dem Libanon stammenden Kläger (nach eigenen Angaben staatenlose Palästinenser) wenden sich gegen den Bescheid des Bundesamts für Migration und Flüchtlinge (Bundesamt) vom 20. Oktober 2016, mit dem (u.a.) die Flüchtlingseigenschaft und der subsidiäre Schutzstatus nicht zuerkannt und die Anträge auf Asylanerkennung abgelehnt werden. Wegen der Einzelheiten wird auf den Bescheid verwiesen.
Das Verwaltungsgericht Ansbach hat mit Urteil vom 31. Juli 2017 die auf Aufhebung des genannten Bescheids und auf Verpflichtung der Beklagten gerichtete Klage, die Kläger als Asylberechtigte anzuerkennen und ihnen die Flüchtlingseigenschaft (§ 3 Abs. 1 AsylG), hilfsweise, subsidiären Schutz (§ 4 AsylG) zuzuerkennen, weiter hilfsweise festzustellen, dass Abschiebungsverbote nach § 60 Abs. 5 und Abs. 7 Satz 1 AufenthG vorliegen, abgewiesen. Wegen der Einzelheiten wird auf das Urteil Bezug genommen.
Mit ihrem Antrag auf Zulassung der Berufung machen die Kläger geltend, die Rechtssache habe grundsätzliche Bedeutung (§ 78 Abs. 3 Nr. 1 AsylG). Es sei klärungsbedürftig, „ob und in welchem Umfang palästinensische Flüchtlinge im Libanon bei Rückkehr in den Libanon aus wirtschaftlichen Gründen in eine ihre Existenz bedrohende Lage geraten würden und dadurch im Falle ihrer Rückkehr in den Libanon aus anderen Gründen erheblichen konkreten und individuellen Gefahren für Leib, Leben oder Freiheit im Sinne des § 60 Abs. 7 Satz 1 AufenthG ausgesetzt wären“. Gleichzeitig beantragen sie die Bewilligung von Prozesskostenhilfe und Beiordnung ihres Bevollmächtigten. Wegen der Einzelheiten wird auf den Schriftsatz des Bevollmächtigten der Kläger vom 8. September 2017 verwiesen.
Wegen der weiteren Einzelheiten zum Sach- und Streitstand wird auf die Gerichtsakten Bezug genommen.
II.
Der Antrag auf Zulassung der Berufung hat keinen Erfolg.
1. Der von den Klägern allein geltend gemachte Zulassungsgrund der grundsätzlichen Bedeutung der Rechtssache (§ 78 Abs. 3 Nr. 1 AsylG) ist nicht in einer Weise dargelegt worden, die den Anforderungen des § 78 Abs. 4 Satz 4 AsylG genügt.
a) Einer Rechtssache kommt grundsätzliche Bedeutung gemäß § 78 Abs. 3 Nr. 1 AsylG zu, wenn für die Entscheidung des Verwaltungsgerichts eine konkrete, jedoch fallübergreifende Rechts- oder Tatsachenfrage von Bedeutung ist, deren noch ausstehende obergerichtliche Klärung im Berufungsverfahren zu erwarten ist und zur Erhaltung der Einheitlichkeit der Rechtsprechung oder zu einer bedeutsamen Weiterentwicklung des Rechts geboten erscheint. Dementsprechend verlangt die Darlegung der rechtsgrundsätzlichen Bedeutung nach § 78 Abs. 4 Satz 4 AsylG, dass eine konkrete Tatsachen- oder Rechtsfrage formuliert und aufgezeigt wird, weshalb die Frage im Interesse der Einheitlichkeit der Rechtsprechung oder der Fortentwicklung des Rechts klärungsbedürftig und entscheidungserheblich (klärungsfähig) ist; ferner muss dargelegt werden, worin die allgemeine, über den Einzelfall hinausgehende Bedeutung dieser Frage besteht (vgl. BayVGH, B.v. 7.4.2017 – 15 ZB 17.30355 – juris Rn. 4; B.v. 14.9.2017 – 11 ZB 17.31124 – juris Rn. 2).
b) Die Kläger haben bereits nicht substantiiert dargelegt, inwieweit die von ihnen formulierte Frage im vorliegenden Einzelfall klärungsbedürftig ist. Das Verwaltungsgericht hat in seiner angefochtenen Entscheidung ausführlich dargelegt, dass die Kläger bei der UNRWA, einer im Libanon tätigen Hilfsorganisation der Vereinten Nationen, als Flüchtlinge registriert sind und insoweit Schutz und Beistand genießen. Es hat keinen Grund für die Annahme gesehen, dass die Kläger im Falle ihrer Rückkehr nicht in der Lage sein sollten, für ihren Lebensunterhalt zu sorgen. Die pauschale Behauptung, dies sei tatsächlich nicht der Fall, begründet demgegenüber erst recht keine über den Einzelfall hinausgehende Klärungsbedürftigkeit der formulierten Frage.
2. Der Antrag auf Bewilligung von Prozesskostenhilfe und Beiordnung des Bevollmächtigten der Kläger ist abzulehnen, weil die beabsichtigte Rechtsverfolgung (Antrag auf Zulassung der Berufung) aus den vorgenannten Gründen keinen Erfolg hat (§ 166 VwGO i.V.m. § 114 Abs. 1 Satz 1 ZPO).
3. Die Kostenentscheidung beruht auf § 154 Abs. 2, § 159 Satz 2 VwGO. Gerichtskosten werden nicht erhoben (§ 83b AsylG). Mit der Ablehnung des Zulassungsantrags wird das Urteil des Verwaltungsgerichts rechtskräftig (§ 78 Abs. 5 Satz 2 AsylG).


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