Verwaltungsrecht

Keine Beschäftigungserlaubnis bei fehlender Mitwirkung; keine unzumutbaren Nachteile durch Zeitverzögerung bis zur Entscheidung in der Hauptsache

Aktenzeichen  M 4 S 17.1620

Datum:
10.5.2017
Rechtsgebiet:
Gerichtsart:
VG
Gerichtsort:
München
Rechtsweg:
Verwaltungsgerichtsbarkeit
Normen:
AsylG AsylG § 15, § 61 Abs. 2
AufenthG AufenthG § 60 Abs. 5, Abs. 7 S. 1
VwGO VwGO § 80 Abs. 5, § 123

 

Leitsatz

Bei einer Ablehnung der Verlängerung einer Beschäftigungserlaubnis liegen keine schweren und unzumutbaren Nachteile vor, die eine vorläufige Vorwegnahme der Hauptsache rechtfertigen könnten, wenn der Antragsteller im Falle eines Obsiegens im Klageverfahren seine Beschäftigung erst später fortsetzen könnte; eine gewisse Zeitverzögerung ist zumutbar. (redaktioneller Leitsatz)

Tenor

I. Der Antrag wird abgelehnt.
II. Der Antragsteller hat die Kosten des Verfahrens zu tragen.
III. Der Gegenstandswert wird auf 2.500,00 Euro festgesetzt.

Gründe

I.
Der Antragsteller begehrt eine Beschäftigungserlaubnis für eine Tätigkeit als Küchenhilfe.
Der Antragsteller gibt an, pakistanischer Staatsangehöriger zu sein und stellte am 22. September 2015 einen Asylantrag. Seitdem ist er im Besitz einer Aufenthaltsgestattung. Ausweispapiere aus seinem Heimatland legte er nicht vor.
Mit Bescheid vom 28. Januar 2016 erlaubte der Antragsgegner dem Antragsteller die Ausübung einer Beschäftigung als Küchenhilfe bis zum 11. Januar 2017.
Am … Oktober 2016 wurde der Antragsteller zu seinem Asylantrag persönlich angehört. Hier trug er vor, dass er seinen Reisepass, welchen er beim Verlassen seines Heimatlandes noch besessen habe, auf der Flucht zerstört habe.
Mit Bescheid des Bundesamtes für Migration und Flüchtlinge (Bundesamt) vom 17. November 2016 wurde der Asylantrag des Antragstellers abgelehnt. Die Flüchtlingseigenschaft und der subsidiäre Schutzstatus wurden nicht zuerkannt. Das Bundesamt stellte fest, dass Abschiebungsverbote nach § 60 Abs. 5 und Abs. 7 Satz 1 AufenthG nicht vorlägen. Der Antragsteller legte Klage gegen den Bescheid ein (Az. M 1 K 16.35360). Über die Klage ist noch nicht entschieden worden.
Am 30. November 2016 beantragte der Kläger die Verlängerung seiner Beschäftigungserlaubnis.
Am … Januar 2017 legte der Kläger im Rahmen einer geplanten Eheschließung einen am … April 2014 ausgestellten pakistanischen Reisepass vor. Der Antragsgegner übersandte ihn am … Januar 2017 zur Echtheitsüberprüfung. Ein Ergebnis steht noch aus.
Der Antragsteller wurde mit Schreiben vom 16. Januar 2017 zur geplanten Ablehnung seines Antrags angehört. Mit Schreiben vom 9. Februar 2017 äußerte der Antragsteller unter anderem, dass sein gültiger Reisepass den Behörden vorläge, er könne nichts dafür, dass die Echtheitsprüfung so lange dauere. Er habe gute Deutschkenntnisse. Seine bisherige Arbeit habe er sehr zuverlässig ausgeübt und sein Arbeitgeber würde ihn gerne weiterbeschäftigen. Auch im Hinblick auf eine geplante Eheschließung mit einer Deutschen sei es sehr wichtig für ihn, zu arbeiten, um Geld für die Hochzeit zu verdienen. Am … Februar 2017 sprach der Antragsteller beim Antragsgegner vor. Seinen Reisepass habe er sich aus Griechenland schicken lassen.
Mit Bescheid vom 31. März 2017 lehnte der Antragsgegner den Antrag auf Ausübung einer Beschäftigung als Küchenhilfe ab. Zur Begründung führte der Antragsgegner im Wesentlichen aus, dass ihm nach § 61 Abs. 2 Asylgesetz -AsylG- Ermessen zustünde. Vorliegend überwiege das öffentliche Interesse an einer Beschäftigungsversagung das private Interesse des Antragstellers an der Aufnahme einer Erwerbstätigkeit deutlich. Es stelle keine sachfremde Erwägung dar, bei abgelehnten Asylbewerbern eine Aufenthaltsverfestigung aus migrationspolitischen Gründen durch Versagung einer Erwerbstätigkeit zu verhindern. Besondere Umstände des Einzelfalles, die eine andere Ermessensausübung erforderten, seien nicht ersichtlich. Hinsichtlich der früheren Tätigkeit als Küchenhilfe bestehe kein Vertrauensschutz, da sich die zugrundeliegenden Umstände geändert hätten. Zwischenzeitlich sei der Asylantrag des Antragstellers vom Bundesamt abgelehnt worden. Auch seien die Anerkennungsquoten für Pakistan sehr gering. Darüber hinaus habe der Antragsteller in der Vergangenheit gegen seine allgemeinen Mitwirkungspflichten nach § 15 AsylG verstoßen sowie beim Bundesamt absichtlich falsche Angaben gemacht. Er habe seinen Reisepass nicht – wie bei der Anhörung geschildert – auf seiner Flucht vernichtet. Der vorgelegte Reisepass stamme aus dem Jahr 2014. Auch sei die Identität des Antragstellers weiterhin ungeklärt, da die Echtheitsprüfung des Reisepasses noch ausstünde. Die Verantwortung für die verzögerte Überprüfung läge beim Antragsteller, da dieser den Pass erst im Januar 2017 vorgelegt habe. Auch die Absicht, eine deutsche Staatsangehörige zu heiraten, ändere an der Entscheidung der Behörde nichts. Wegen der weiteren Begründung wird auf den Bescheid verwiesen.
Der Bescheid wurde dem Antragsteller laut Postzustellungsurkunde am 1. April 2017 zugestellt. Der 17. April 2017 war als Ostermontag gesetzlicher Feiertag.
Mit Telefax vom 18. April 2017 erhob der Bevollmächtigte des Antragstellers Klage gegen den Bescheid vom 31. März 2017 und beantragte, den Bescheid aufzuheben und den Antragsgegner zu verpflichten, dem Antrag vom 30. November 2016 stattzugeben (M 4 K 17.1619). Gleichzeitig beantragte der Bevollmächtigte,
die aufschiebende Wirkung der Klage anzuordnen.
Zur Begründung führte der Bevollmächtigte im Wesentlichen aus, dass der Antragsgegner bei seiner Ermessensentscheidung maßgebliche Umstände nicht berücksichtigt oder falsch gewichtet habe.
Mit Schriftsatz vom 26. April 2017 legte der Antragsgegner die Akten vor und beantrage, den Antrag nach § 80 Abs. 5 Verwaltungsgerichtsordnung abzulehnen.
Die Sachentscheidungsvoraussetzungen lägen bereits nicht vor. Der Antrag nach § 80 Abs. 5 Verwaltungsgerichtsordnung -VwGO- sei nicht statthaft und es fehle am Rechtsschutzbedürfnis, da der streitgegenständliche Bescheid bereits rechtskräftig sei.
Hinsichtlich der weiteren Einzelheiten wird auf die Gerichtsakte und die beigezogene Behördenakte verwiesen.
II.
Der Antrag nach § 80 Abs. 5 VwGO ist bereits unzulässig.
1. Er ist nicht statthaft.
Der anwaltlich vertretene Antragsteller begehrt mit seinem Antrag, die aufschiebende Wirkung der Klage anzuordnen; er hat damit einen Antrag nach § 80 Abs. 5 VwGO gestellt. Statthaft ist ein Antrag nach § 80 Abs. 5 VwGO im Wesentlichen dann, wenn in der Hauptsache die Anfechtungsklage statthafte Klageart ist (Schoch/Schneider/ Bier, VwGO, § 80 Rn. 335; Kopp/Schenke, VwGO, § 80 Rn. 120). Dies ist vorliegend nicht der Fall. Statthafte Klageart gegen den ablehnenden Verwaltungsakt ist die Verpflichtungsklage in Form der Versagungsgegenklage, § 42 Abs. 2 VwGO (was auch dem Antrag im Hauptsacheverfahren entspricht). Deshalb wäre vorliegend ein Antrag nach § 123 VwGO statthaft, nicht aber nach § 80 Abs. 5 VwGO.
Hingegen ist der Antrag nicht bereits deshalb unstatthaft, weil der zugrundeliegende Bescheid bestandskräftig wäre. Da es sich beim 17. April 2017 um einen gesetzlichen Feiertag handelte (Ostermontag), endete die Klagefrist erst mit Ablauf des 18. April 2017.
2. Selbst wenn ein (statthafter) Antrag nach § 123 VwGO vorläge, wäre dieser unzulässig, weil er auf eine Vorwegnahme der Hauptsache gerichtet wäre. Der Antragsteller begehrt in der Hauptsache die Verpflichtung des Antragsgegners, ihm eine Genehmigung zur Fortführung einer Beschäftigung zu erteilen. Das gleiche Ziel würde der Antragsteller letztlich auch mit einem Eilantrag nach § 123 VwGO verfolgen. Hieran ändert nichts, dass die im einstweiligen Anordnungsverfahren erstrebte Rechtsstellung unter der auflösenden Bedingung des Ergebnisses des Klageverfahrens stünde. Denn auch die vorläufige Vorwegnahme der Hauptsache vermittelt dem Antragsteller die im Klageverfahren erstrebte Rechtsposition und stellt ihn vorweg so, als wenn er im Klageverfahren bereits obsiegt hätte (vgl. OVG Lüneburg, B. v. 29.7.2015 – 8 ME 33/15 – juris Rn. 11, VG München, B. v. 25. August 2015 – M 4 E 15.3554 – juris). Ein solches Rechtsschutzziel kommt deshalb nur ausnahmsweise aus Gründen des Gebots effektiven Rechtsschutzes in Betracht. Voraussetzung hierfür wäre, dass dem Antragsteller durch das Abwarten in der Hauptsache schwere und unzumutbare, anders nicht abwendbare Nachteile entstünden, zu deren nachträglicher Beseitigung die Entscheidung in der Hauptsache nicht mehr in der Lage wäre (BVerfG, B. v. 25.10.1988 – 2 BvR 745/88 – BVerfGE 79, 69). Dass solche schweren und unzumutbaren Nachteile entstünden, ist vorliegend jedoch schon zweifelhaft. Zwar könnte der Antragsteller – wenn er im Klageverfahren gewinnt – seine Beschäftigung erst später fortführen. Eine gewisse Zeitverzögerung ist aus Sicht des Gerichts jedoch zumutbar.
3. Die Kostenentscheidung beruht auf § 154 Abs. 1 VwGO, die Festsetzung des Gegenstandwerts auf § 83b AsylG, § 30 Abs. 1 des Gesetzes über die Vergütung der Rechtsanwältinnen und Rechtsanwälte.
Dieser Beschluss ist unanfechtbar (§ 80 AsylG).


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