Verwaltungsrecht

Keine Gruppenverfolgung der Tamilen in Sri Lanka wegen Tätigkeit bei der tamilischen Rebellenorganisation LTTE

Aktenzeichen  M 17 K 17.36222

Datum:
3.8.2017
Rechtsgebiet:
Fundstelle:
InfAuslR – 2017, 473
Gerichtsart:
VG
Gerichtsort:
München
Rechtsweg:
Verwaltungsgerichtsbarkeit
Normen:
AufenthG AufenthG § 60 Abs. 5, Abs. 7
AsylG AsylG § 3 Abs. 1 Nr. 1
EMRK EMRK Art. 3
RL 2013/32/EU Art. 31 Abs. 3

 

Leitsatz

1 Das Grundrecht auf effektiven Rechtsschutz gebietet, dass Betroffene Gelegenheit erhalten, in Fällen tiefgreifender, tatsächlich jedoch nicht fortwirkender Grundrechtseingriffe auch dann deren Rechtmäßigkeit gerichtlich klären zu lassen, wenn die direkte Belastung durch den angegriffenen Hoheitsakt sich nach dem typischen Verfahrensablauf auf eine Zeitspanne beschränkt, in welcher gerichtlicher Rechtsschutz kaum zu erlangen ist. (Rn. 17) (redaktioneller Leitsatz)
2 Unmittelbare Anwendbarkeit des Art. 31 RL 2013/32/EU auf das Flughafenverfahren wegen fehlender Umsetzung der Richtlinienbestimmung in nationales Recht. (Rn. 22) (redaktioneller Leitsatz)
3 Seit Beendigung des Bürgerkriegs in Sri Lanka herrscht dort weder eine Gruppenverfolgung der Tamilen noch gibt es eine die Minderheiten diskriminierende Gesetzgebung oder Verwaltungspraxis. (Rn. 30) (redaktioneller Leitsatz)

Tenor

I. Es wird festgestellt, dass der Bescheid vom 27. Marz 2017 rechtswidrig war.
Im Übrigen wird die Klage abgewiesen.
II. Die Parteien tragen die Kosten des Verfahrens je zur Hälfte.
III. Die Kostenentscheidung ist vorläufig vollstreckbar.

Gründe

Über den Rechtsstreit konnte aufgrund der mündlichen Verhandlung am 31. Juli ‘IM/ trotz Ausbleibens der Beklagtenseite entschieden werden. Denn in der frist-und formgerechten Ladung zur mündlichen Verhandlung wurde darauf hingewiesen, dass auch im Fall des Nichterscheinens der Beteiligten verhandelt und entschieden werden kann (§ 102 Abs. 2 VwGO).
I. Soweit sich die Klage gegen den Bescheid der Bundespolizeidirektion M. vom 27. Marz 2017 richtet ist die Klage zulässig und begründet.
1. Zwar hat sich das in diesem Bescheid geregelte Einreiseverbot durch die mittlerweile erfolgte Einreise des Klägers erledigt, die Klägerseite hat Jedoch mit Schreiben vom 30. Juli 2017 die Anfechtungsklage zulässigerweise auf eine Fortsetzungsfeststellungsklage (§ 113 Abs. 1 Satz 4 VwGO) umgestellt.
2. Die Fortsetzungsfeststellungsklage ist auch zulässig, insbesondere ist das erforderliche besondere Feststellungsinteresse zu bejahen. Ob ein derartiges Interesse aufgrund der Absicht, einen Schadensersatzanspruch wegen Amtspflichtverletzung geltend machen zu wollen, gegeben Ist, obwohl konkrete Angaben über den Schaden fehlen und sehr fraglich ist, ob beim Beklagten Vorsatz oder grübe Fahrlässigkeit bejaht werden kann (vgl. Schmidt in Eyermann. VwGO. 14. Aufl. 2014, § 113 Rn 67, 99f. kann hier dahingestellt bleiben, da nach Auffassung des Gerichts vorliegend ein Rehabilitierungsinteresse des Klägers vorliegt. Denn mögliche Grundrechtsverletzungen: insbesondere aufgrund polizeilicher Maßnahmen, begründen regelmäßig ein derartiges Interesse. Das Grundrecht auf effektiven Rechtsschutz gebietet es insoweit, dass der Betroffene Gelegenheit erhält, in Fallen tiefgreifender, tatsächlich jedoch nicht fortwirkender Grundrechtseingriffe auch dann deren Rechtmäßigkeit gerichtlich klären zu lassen, wenn die direkte Belastung durch den angegriffenen Hoheitsakt sich nach dem typischen Verfahrensablauf auf eine Zeitspanne beschränkt, in welcher der Betroffene die gerichtliche Entscheidung kaum erlangen kann (vgl. Schmidt in Eyermann, VwGO, 14. Aufl. 2014, § 113 Rn. 93 m.w N.)
Hier wurde dem Kläger mit Bescheid vom 27. März 2017 die Einreise verweigert und ihm diese erst aufgrund des Beschlusses vom 10. April 2017 am 11. April 2017 gestattet, so dass der Kläger letztendlich mindestens zwei Wochen festgehalten worden war. Ein tiefgreifender Grundrechtseingriff (Art. 2 Abs. 1. Abs. 2 Satz 2 GG) ist daher zumindest möglich, so dass ein Feststellungsinteresse zu bejahen ist.
3. Die Fortsetzungsfeststellungsklage ist auch begründet, da der Bescheid vom 27. März 2D17 rechtswidrig war.
3.1 Gemäß § 18a Abs. 3 AsylG ist dem Ausländer zwar die Einreise zu verweigern, wenn der Asylantrag – wie hier – als offensichtlich unbegründet abgelehnt wird Die Klägerseite macht hier aber zu Recht geltend, dass ein Flughafenverfahren nach % 1Ba AsylG gar nicht hatte durchgeführt werden dürfen, weil die Voraussetzungen des Art. 31 Abs. 3 der Richtlinie 2013/32/EU des Europäischen Parlaments und des Rates vom 26. Juni 2013 zu gemeinsamen Verfahren für die Zuerkennung und Aberkennung des internationalen Schutzes (Verfahrensrichtlinie) nicht vorlagen.
Nach dieser Vorschrift können die Mitgliedstaaten festlegen, dass das Prüfungsverfahren beschleunigt und/oder an der Grenze oder in Transitzonen durchgeführt wird, wenn
a) der Antragsteller bei der Einreichung seines Antrags und der Darlegung der Tatsachen nur Umstände vorgebracht hat, die für die Prüfung der Frage, ob er als Flüchtling oder Person mit Anspruch auf internationalen Schutz im Sinne der Richtlinie 2011/95/EU anzuerkennen ist. nicht von Belang sind
oder
b) der Antragsteller aus einem sicheren Herkunftsstaat im Sinne dieser Richtlinie kommt,
oder
c) der Antragsteller die Behörden durch Falschangaben oder Dokumente oder durch Verschweigen wichtiger Informationen oder durch Zurückhalten von Dokumenten über seine Identität und/oder Staatsangehörigkeit, die sich negativ auf die Entscheidung hätten auswirken können, getauscht hat,
oder
d) angenommen werden kann, dass der Antragsteller ein Identitäts- oder ein Reisedokument, das die Feststellung seiner Identität oder Staatsangehörigkeit ermöglicht hätte, mutwillig vernichtet und beseitigt hat,
oder
e) der Antragsteller eindeutig unstimmige und widersprüchliche, eindeutig falsche □der offensichtlich unwahrscheinliche Angaben gemacht hat, die im Widerspruch zu hinreichend gesicherten Herkunftslandinformation stehen, so dass die Begründung für seine Behauptung, dass er als Person mit Anspruch auf internationalen Schulz im Sinne der Richtlinie 2011/95/EU anzusehen ist. offensichtlich nicht überzeugend ist;
f) der Antragsteller einen Folgeantrag auf internationalen Schutz gestellt hat, der gemäß Art. 40 Abs. 5 der Richtlinie nicht unzulässig ist,
oder
g) der Antragsteller den Antrag nur zur Verzögerung oder Behinderung der Vollstreckung einer bereits getroffenen oder unmittelbar bevorstehende Entscheidung stellt, die zu seiner Abschiebung führen würde,
oder
h) der Antragsteller unrechtmäßig in das Hoheitsgebiet des Mitgliedstaats eingereist ist oder seinen Aufenthalt unrechtmäßig verlängert hat und es ohne stichhaltigen Grund versäumt hat. zum Angesicht der Umstände seiner Einreise frühestmöglichen Zeitpunkt bei den Behörden vorstellig zu werden oder einen Antrag auf internationalen Schutz zu stellen,
oder
i) der Antragsteller sich weigert, der Verpflichtung zur Abnahme seiner Fingerabdrücke gemäß der Verordnung (EU) Nr. 603/2013 des Europäischen Parlaments und des Rates vom 26. Juni 2013 über die Einrichtung von „Eurodac“ für den Abgleich von Fingerabdrücken zum Zwecke der effektiven Anwendung der Verordnung (EU) Nr. 604/2013 zur Festlegung der Kriterien und Verfahren zur Bestimmung des Mitgliedstaats, der für die Prüfung eines von einem Drittstaatsangehörigen oder Staatenlosen in einem Mitgliedstaat gesteiften Antrags auf internationalen Schutz zuständig ist, und für der Strafverfolgung dienende Anträge der Strafverfolgungsbehörden der Mitgliedstaaten und Europols auf den Abgleich mit Daten in Eurodac nachzukommen,
oder
j) es schwerwiegende Gründe für die Annahme gibt, dass der Antragsteller eine Gefahr für die nationale Sicherheit oder die öffentliche Ordnung des Mitgliedstaats darstellt oder er aus schwerwiegenden Gründen der öffentlichen Sicherheit oder öffentlichen Ordnung nach nationalem Recht zwangsausgewiesen wurde.
Die Vorgaben des Art. 31 Abs. 3 Verfahrensrichtlinie waren gemäß Art. 52 Unterabs. 1 i.V.m Art. 51 Abs. 1 dieser Richtlinie bis zum 20. Juli 2015 in nationales Recht umzusetzen und sind – mangels Umsetzung – auf nach diesem Datum gestellte Asylanträge unmittelbar anzuwenden (vgl. z.B. VG Potsdam, B.v. 4.7.201S – 6 L 571/16.A – juris Rn. 4).
3.2 Im vorliegenden Fall kann jedoch keiner der in Art. 31 Abs. 3 Verfahrensrichtlinie aufgeführten Fallgruppen bejaht werden. In Betracht kommen insoweit allein die Buchstaben c) und d) dieser Vorschrift, da der Kläger bei seiner Einreise am Flughafen keine Papiere vorgelegt hat. Es ist aber nicht ersichtlich, dass er dadurch die Behörden über seine Identität und/oder Staatsangehörigkeit getäuscht hat (Buchst, c). Ebenso wenig kann angenommen werden, dass er die Identitäts- und Reisedokumente mutwillig vernichtet oder beseitigt hat (Buchst, d). Vielmehr entsprechen seine Angaben, dass seine Begleitpersonen die Einreisedokumente hatte, der üblichen Vorgehensweise von Schleusern und sind damit plausibel Bei der Auslegung des Begriffes der -Mutwilligkeit” kann auch die englische Fassung der Richtlinie herangezogen werden, die den Begriff „bad faith“, also Bösgläubigkeit oder böse Absicht, verwendet. Nach den Schilderungen des Klägers bei der Einreise hat dieser schlicht alle Formalitäten dem Schleuser überlassen, was aber begrifflich kein böswilliges oder mutwilliges Verhalten darstellt. Dabei ist auch zu berücksichtigen, dass gemäß Erwägungsgrund 21 der Verfahrensrichtlinie das Fehlen von Dokumenten bei der Einreise oder die Verwendung falscher oder gefälschter Dokumente nicht für sich schon automatisch die Inanspruchnahme eines Grenzverfahrens oder beschleunigten Verfahrens zur Folge haben sollte, solange ein Antragsteller seinen Antrag rechtfertigen kann.
II. Soweit sich die Klage gegen den Bescheid des Bundesamts vom 23. Man 2017 richtet, ist diese zulässig, aber unbegründet.
1. Ein Verfolgungs- oder Lebensschicksal, das die Zuerkennung einer Rechtsstellung als Flüchtling rechtfertigen würde, ist vorliegend aus dem Vortrag des Klägers nicht erkennbar.
1.1 Gemäß § 3 AsytG ist ein Ausländer Flüchtling im Sinne des Abkommens vom 28 Juli 1951 über die Rechtsstellung der Flüchtlinge (BGBl. 1953 II S. 559, 560), wenn er sich aus begründeter Furcht vor Verfolgung wegen seiner Rasse. Religion. Nationalität, politischen Überzeugung oder Zugehörigkeit zu einer bestimmten sozialen Gruppe außerhalb des Landes (Herkunftsland) befindet, dessen Staatsangehörigkeit er besitzt und dessen Schutz er nicht in Anspruch nehmen kann oder wegen dieser Furcht nicht in Anspruch nehmen will oder in dem er als Staatenloser seinen vorherigen gewöhnlichen Aufenthalt hatte und in das er nicht zurückkehren kann oder wegen dieser Furcht nicht zurückkehren will.
Die Furcht vor Verfolgung (§ 3 Abs. 1 Nr. 1 AsylG} ist begründet, wenn dem Ausländer die oben genannten Gefahren aufgrund der in seinem Herkunftsland gegebenen Umstände in Anbetracht seiner individuellen Lage tatsächlich drohen. Der in dem Tatbestandsmerkmal „…” aus der begründeten Furcht vor Verfolgung “…“ des Art. 2 Buchst, d Richtlinie 2011/95/EU enthaltene Wahrscheinlichkeitsmaßstab, der in § 3 Abs. 1 Nr. 1 AsylG übernommen worden ist, orientiert sich an der Rechtsprechung des Europäischen Gerichtshofs für Menschen rächte. Er stellt bei der Prüfung des Art. 3 EMRK auf die tatsächliche Gefahr ab („real risk“; vgl. EG MR. Große Kammer, U.v. 28.2.2008 – Nr. 37201/06 Saadi – NVwZ 2006, 1330): das entspricht dem Maßstab der beachtlichen Wahrscheinlichkeit (vgl. VG Ansbach, U v. 28.4.2015 – AN 1 K 14 30751 – juris Rn. 65 ff. m V. auf. BVerwG. Uv 18 4 1996 – 9 C 77 95, Buchholz 402.240 5 53 AuslG 1990 Nr. 4; B.v.7. 2 2008 – 10 C 33.07, ZAR 2008. 192; U.v. 27.4.2010 – 10 C 5.09, BVerwGE 136, 377; U.v. 1 6.2011 – 10 C 25.10, BVerwGE 140, 22; U.v. 20. 2. 2013-10 C 23.12 – NVWZ 2013, 936).
Dieser Wahrscheinlichkeitsmaßstab setzt voraus, dass bei einer zusammenfassenden Würdigung des zur Prüfung gestellten Lebenssachverhalts die für eine Verfolgung sprechenden Umstände ein größeres Gewicht besitzen und deshalb gegenüber den dagegen sprechenden Tatsachen überwiegen. Dabei ist eine „qualifizierende“ Betrachtungsweise im Sinne einer Gewichtung und Abwägung aller festgestellten Umstände und Ihrer Bedeutung anzulegen Es kommt darauf an, ob in Anbetracht dieser Umstände bei einem vernünftig denkenden, besonnenen Menschen m der Lage des Betroffenen Furcht vor Verfolgung hervorgerufen werden kann (BVerwG. U.v. 20.2,2013-10 C 23 12 – NVwZ 2013. 936; U.v. 5.11.1991 – 9 C 118.90, BVerwGE 89,162).
Das Gericht muss dabei sowohl von der Wahrheit des vom Asylsuchenden behaupteten individuellen Schicksals als auch von der Richtigkeit der Prognose drohender Verfolgung die volle Überzeugung gewinnen. Dem persönlichen Vorbringen des Rechtssuchenden und dessen Würdigung kommt dabei besondere Bedeutung ZU. Insbesondere wenn keine weiteren Beweismittel zur Verfügung stehen, Ist für die Glaubwürdigkeit auf die Plausibilität des Tatsachenvortrags des Asylsuchenden, die Art seiner Einlassung und seine Persönlichkeit – insbesondere seine Vertrauenswürdigkeit – abzustellen. Der Asylsuchende Ist Insoweit gehalten. Seme Gründe für eine Verfolgung bzw. Gelahrdung schlüssig und widerspruchsfrei mit genauen Einzelheiten vorzutragen (vgl. BVerwG, U.v. 12.111985 – 9 C 27.85 – juris).
1.2 Diese Voraussetzungen sind im vorliegenden Fall nicht erfüllt. Das Gericht nimmt Insoweit vollumfänglich auf die Ausführungen Im Streitgegenstand liehen Bescheid Bezug (§ 77 Abs. 2 AsylG). Ergänzend wird Folgendes ausgeführt;
a) Der Bürgerkrieg in Sri Lanka ist bereits seit 2009 beendet und es herrscht weder eine Gruppenverfolgung der Tamilen (vgl. VGH BW. U.v. 5.10-2016 -A 10 S 332/12 – juris) noch gibt es laut Lagebericht des Auswärtigen Amts vom 21. November 2016 in Sri Lanka eine die Minderheiten diskriminierende Gesetzgebung oder Verwaltungspraxis. Auch müssen Rückkehrer nach diesem Bericht keine staatlichen Repressalien mehr gegen sich fürchten.
b) Eine Verfolgungsgefahr für den Kläger ergibt sich auch nicht aus dessen Vortrag, er sei Mitglied der LTTE gewesen, da dieser nicht glaubhaft ist:
Die Ausführungen des Klägers waren sehr pauschal und inhaltsarm sowie teilweise widersprüchlich und daher – auch nach dem Gesamteindruck, den das Gericht vom Kläger in der mündlichen Verhandlung gewonnen hat – nicht glaubhaft. So gab dieser beim Bundesamt an, von 2000 bis 2007 bei der LTTE gewesen zu sein, während er vor Gericht sagte, dass er von 2000 bis 2006 dort tätig gewesen sei. Zuerst gab er an, eine dreimonatige Grundausbildung erhalten zu haben und danach drei Monate an bewaffneten Auseinandersetzungen teilgenommen zu haben. Demnach fanden die Kämpfe, an denen er teilgenommen haben will, 2000, spätestens 2001 statt. In der mündlichen Verhandlung sagte er demgegenüber, erst 2002 gekämpft zu haben. Laut letzteren Ausführungen sei er danach nur noch für die Finanzen zuständig gewesen, d.h. er habe sich darum gekümmert, wie man an Geld komme. Dem steht aber entgegen, dass er ein Foto vorlegte, das angeblich aus dem Jahr 2004 stammt und ihn mit einer Pistole zeigt. Ebenso hat der Kläger in der mündlichen Verhandlung angegeben, dass das Foto, das Ihn in der Ausbildung zeige, von 2002 datiere Dem widersprechen seine ursprünglichen Angaben, die Ausbildung habe nur drei Monate gedauert Dass er nach den Kämpfen sechs Monate in der Logistik für die Versorgung der Kämpfer und den Transport der Verletzten zuständig war. wie er beim Bundesamt geltend machte, erwähnte er vor Gericht mit keinem Wort. Auch sprach er beim Bundesamt nicht davon. Geldmittel aufgetrieben zu haben, sondern für die Rechnungsprüfung zuständig gewesen zu sein. Beim Bundesamt sagte er. dass er im Dezember 2016 zur Botschaft von Sri Lanka gegangen sei um für seinen zweieinhalb Jahre alten Sohn eine Geburtsurkunde zu beantragen. Der Sohn ist nach seinen Angaben aber am … 2014 geboren und war daher damals gerade erst zwei Jahre alt. Zudem behauptete er In der mündlichen Verhandlung abweichend von seinen ursprünglichen Angaben, die Botschaft im September 2016 aufgesucht zu haben Schließlich waren auch die Angaben in der mündlichen Verhandlung zu den aktuellen Befragungen seiner Ehefrau nicht frei von Widersprüchen. Zuerst gab er an, dass sich diese nach der Einreise in Sri Lanka versteckt habe, dann, dass die Behörden zweimal bei ihr gewesen seien. Auf Vorhalt des Gerichts, dass sie sich dann ja nicht versteckt habe, gab er an. dass seine Frau sich nicht aus dem Haus getraut habe Dies ist jedoch nicht überzeugend, da nach Angaben des Klägers seine Ehefrau allenfalls Befragungen durch die Behörden, nicht jedoch Verfolgsmaßnahmen Dritter zu befürchten hätte. Da die Behörden nach seinen Äußerungen offenbar wussten, wo die Ehefrau wohnt, ist nicht nachvollziehbar, warum sie das Haus nicht hätte verlassen wollen.
c) Im Übrigen ist zu berücksichtigen, dass der Kläger der LTTE letztendlich nicht freiwillig beigetreten ist dort nur eine untergeordnete Position innehatte, und vor dieser Organisation schließlich geflohen ist. Diese Flucht Ist zudem bereits vor über zehn Jahren erfolgt, so dass eine Verfolgung nach diesem langen Zeitraum nicht mehr beschulen wahrscheinlich ist. Auch die vorgelegten Schreiben des Reverend Stephen vom 6. April 2017 und des Parlarmentsangehörigen Nirmalanathan vom 13. April 2017 sind – auch im Hinblick auf die oben bereits geschilderten Glaubwürdigkeitszweifel – nicht geeignet, eine fortbestehende Verfolgungsgefahr des Klägers zu belegen, sondern sind allenfalls als Gefälligkeitsschreiben einzustufen. Dies gilt umso mehr als gerade das Schreiben des Parlamentsmitglieds sehr pauschal und abstrakt gehalten ist und den Kläger nur im ersten Satz erwähnt. Darüber hinaus ist dessen Name in beiden Schriftstücken falsch geschrieben, obwohl der Kläger den Verfassern der Schreiben angeblich „gut bekannt ist”. Auffällig ist auch, dass der Name des Abgeordneten in dem Brief einmal mit „Noirmalanathan“ und ansonsten mit „Nlrmalanathan“ angeben Ist, was Zweifel an dessen Echtheit begründet. Beide Schreiben reden im Übrigen davon, dass die Familie des Klägers in ein „Welfare Camp“ gebracht worden sei. Dies widerspricht aber den Angaben des Klägers sowohl beim Bundesamt als auch vor Gericht, wonach die Behörden bzw. Regierungssoldaten lediglich mehrfach zuhause nach dem Kläger gefragt hätten und auch der Bruder nicht in ein Lager gesteckt, sondern mehrfach mitgenommen und jeweils für einige Tage unter Gewaltanwendung vernommen worden sei. Auch dies spricht gegen die Echtheit der Schreiben bzw. für das Vorliegen von Gefälligkeitsschreiben und bekräftigt letztendlich die erheblichen Zweifel an der Glaubwürdigkeit des Klägers.
Sofern der Kläger in der mündlichen Verhandlung geltend gemacht hat. dass man ihn festnehmen und foltern konnte, um von ihm Informationen über Führer der LTTE in Indien zu erhalten, ist dieser Vortrag ebenfalls nicht glaubhaft. Die Angaben waren sehr unsubstantiiert und vage, insbesondere gab der Kläger auf Frage nur an, dass er einige Führer kenne. Zudem ist nicht erklärlich, warum er diese Befürchtung nicht bereits beim Bundesamt angegeben hat, so dass es sich um eine unglaubwürdige Steigerung seines Vortrags handelt. Zu berücksichtigen ist dabei auch, dass die neue Regierung laut dem aktueller Lagebericht des Auswärtigen Amts vom 21. November 2Ü16 den Dialog mit den im Ausland lebenden Tamilen sucht, um sie in den Friedensprozess einzubinden und die radikalen Elemente zu isolieren. Eine andere Beurteilung ergibt sich insoweit auch nicht aus den mehrmaligen Befragungen der Ehefrau in Sri Lanka; selbst wenn diese stattgefunden haben sollten. Auch wenn sich die Behörden insoweit nach dem Kläger erkundigt haben sollten, ist dem nicht zu entnehmen, dass dessen Inhaftierung beabsichtigt war. Vielmehr ist ebenso wahrscheinlich, dass sie ihn lediglich – wie alle Rückkehrer (vgl. Lagebericht des Auswärtigen Amts vom 21.11.2016) – vernehmen wollten.
Nach alledem ist nicht beachtlich wahrscheinlich, dass der Kläger bei einer Rückkehr über eine Befragung hinausgehende Verfolgungsmaßnahmen zu befürchten hat.
2. Aus den genannten Gründen war auch die Anerkennung als Asylberechtigter (Art. 15a GGJ und die Gewährung subsidiären Schutzes (§ 4 AsylG) abzulehnen.
3. Auch Abschiebungsverbote liegen nicht vor.
Insbesondere vermag sich der Kläger nicht allein wegen der harten Lebensbedingungen und allgemein bestehenden ärmlichen Verhältnisse in Sri Lanka auf § 60 Abs. 7 Satz 1 AufenthG oder § 60 Abs. 5 AufenthG in Verbindung mit Art. 3 EMRK zu berufen. Die Abschiebung trotz schlechter humanitärer Verhältnisse kann nur in sehr außergewöhnlichen Einzelfällen als unmenschliche oder erniedrigende Behandlung zu bewerten sein und die Voraussetzungen des § 60 Abs. 5 AufenthG i.V.m. Art. 3 EMRK erfüllen (BVerwG, U.v. 31.01.2013 – 10 G 15.12 –NVwZ 2013, S. 1167 ff. – juris Rn. 23 ff. sowie Rn. 38; VGH BW. U.v. 24.07.2013 – A 11 S 697/13 m.w.N.). Anhaltspunkte dafür, dass dem Kläger eine Existenzgrundlage bei seiner Rückkehr gänzlich fehlen würde, sind nicht ersichtlich. Die humanitären Bedingungen für Rückkehrer sind grundsätzlich nicht als derart schlecht zu bewerten, dass diese den Schweregrad einer unmenschlichen oder erniedrigenden Behandlung im Sinne des Art. 3 EMRK aufweisen. Als junger arbeitsfähiger Mann ist er in der Lage, wie jeder andere dort Lebende in der vergleichbaren Situation, seinen Lebensunterhalt in seinem Herkunftsland durch eigene Tätigkeit sicherzustellen. Dies gilt umso mehr als der Kläger elf Jahre die Schule besucht und als Maler und (Taxi-)Fahrer gearbeitet hat, sodass er über eine gewisse Bildung und Berufserfahrung verfügt. Zudem kann er gegebenenfalls von seinen noch in Sri Lanka lebenden Verwandten unterstützt werden. Auch eine erhebliche und konkrete Gefahr im Sinne von § 7 Abs. 1 AufenthG kann daher nicht bejaht werden.
3. Nach alledem ist auch die vom Bundesamt nach Maßgabe der §§ 34, 36 Abs. 1 AsylG i.V.m. § 59 AufenthG erlassene Ausreiseaufforderung und Abschiebungsandrohung rechtmäßig.
Die Kostenfolge ergibt sich aus §§ 154 Abs. 1. 155 Abs. 1 VwGO. Gerichtskosten werden nicht erhoben (§ 63b AsylG).
Die Entscheidung über die vorläufige Vollstreckbarkeit folgt aus § 167 Abs. 2 VwGO i.V.m. § 5 708 ff. ZPO.


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