Verwaltungsrecht

Keine Übernahme in das Beamtenverhältnis auf Probe im Polizeidienst wegen fremdenfeindlichen Verhaltens

Aktenzeichen  AN 11 K 16.90

Datum:
22.3.2017
Rechtsgebiet:
Fundstelle:
BeckRS – 2017, 133326
Gerichtsart:
VG
Gerichtsort:
Ansbach
Rechtsweg:
Verwaltungsgerichtsbarkeit
Normen:
BBG § 7 Abs. 1, § 9 S. 1, § 37 Abs. 2 S. 2
BeamtStG § 9
VwGO § 86, § 98

 

Leitsatz

1. Das Bewusstsein, dass Beamter zu sein, kein „Job“ wie jeder andere ist, sondern ein besonderes Rechte- und Pflichtenverhältnis begründet, ist konstitutiv für das Beamtentum; wird dies in relevantem Umfang von dem Beamten nicht mehr gelebt, gefährdet dies die Akzeptanz des Beamtenstatus und rechtfertigt, mangels charakterlicher Eignung von der Übernahme in das Beamtenverhältnis auf Probe abzusehen. (redaktioneller Leitsatz)
2. Von einem Polizeibeamten wird erwartet, dass er deeskalierend und besonnen auftritt und sich auch im innerdienstlichen Bereich nicht fremdenfeindlich oder rassistisch äußert; dies ist nicht gegeben, wenn – wie vorliegend die verschiedenen Zeugenaussagen und Vorfälle belegen – das Verhalten als massiv drohend, aggressiv und fremdenfeindlich empfunden wird und der Antragsteller damit während des Vorbereitungsdienstes Zweifel geweckt hat, ob er diesen Erwartungen nach Übernahme in das Beamtenverhältnis auf Probe entsprechen wird. (redaktioneller Leitsatz)

Tenor

1. Die Klage wird abgewiesen.
2. Der Kläger trägt die Kosten des Verfahrens.
3. Das Urteil ist im Kostenpunkt vorläufig vollstreckbar. Der Kläger kann die Vollstreckung durch Sicherheitsleistung in Höhe der seitens des Gerichts festgesetzten Kosten abwenden, wenn nicht die Beklagte vor Vollstreckung Sicherheit in gleicher Höhe leistet.

Gründe

A. Streitgegenstand des Verfahrens ist nach Klageantrag das Neubescheidungsziel im Sinn des § 113 Abs. 5 Satz 2 VwGO über den klägerseitigen Antrag auf Einstellung in den mittleren Polizeivollzugsdienst im Beamtenverhältnis auf Probe bei der Polizei der Beklagten – dies unter deklaratorischer Aufhebung des ablehnenden Bescheids der Beklagten vom 20. Mai 2015 in der Fassung des Widerspruchsbescheides vom 16. Dezember 2015.
Diese Klage ist zulässig, insbesondere als Verpflichtungsklage statthaft, da konstitutiv mit der Neuentscheidung über den Einstellungsantrag der Erlass eines Verwaltungsaktes begehrt wird. Das im Bundesbeamtenrecht zwingende Vorverfahren wurde durchgeführt und mit Widerspruchsbescheid vom 16. Dezember 2015 abgeschlossen mit Zugang beim Klägervertreter am 21. Dezember 2015, womit die Klagefrist eingehalten ist durch Klageeingang bei Gericht am 18. Januar 2016. Auch die Klagebefugnis im Sinn des § 42 Abs. 2 VwGO besteht, denn ein Anspruch auf Neubescheidung über den Einstellungsantrag ist in der Prozessstation nicht von vorneherein ausgeschlossen, vielmehr „möglich“ über Art. 33 Abs. 2 GG. Das Rechtschutzinteresse besteht, insbesondere wurde ein entsprechender Ausgangsantrag gestellt im klägerseitigen Schreiben vom 20. Februar 2015 als Basis für die Ablehnung durch Bescheid vom 20. Mai 2015 in der Fassung des Widerspruchsbescheides vom 16. Dezember 2015. Auch sonstige Zulässigkeitskriterien sind gegeben.
B. Die Klage ist jedoch nicht begründet, da dem Kläger kein Anspruch zusteht auf Neuverbescheidung seines Einstellungsantrages unter Beachtung der Rechtsauffassung des Gerichts, somit sind die Voraussetzungen des § 113 Abs. 5 Satz 2 VwGO nicht gegeben.
I.) Hinsichtlich der Passivlegitimation gemäß § 78 Abs. 1 Satz 1 Nr. 1 VwGO bestehen keine Bedenken.
II.) Im Hinblick auf die formelle Station ist bei einem Verpflichtungsziel auch in Unterform der Neuverbescheidung nur relevant, ob ein streitgegenständlich im Kontext stehender Antrag überhaupt und sodann bei der zuständigen Behörde gestellt wurde, was hier der Fall ist. Angesichts des konstitutiven Verpflichtungszieles ist für den Streitgegenstand damit grundsätzlich irrelevant, ob im bisherigen Behördenverfahren Fehler vorgekommen sind.
Darauf hingewiesen sei ergänzend, dass im Verpflichtungskontext allenfalls solche früheren Verfahrensfehler von Relevanz sein könnten, die eine Prüfung der nunmehrigen materiellen Anspruchsvoraussetzungen für den reklamierten Anspruch dem Gericht unmöglich machen würden. Dies betonte im vorliegenden Fall auch schon der Bayerische Verwaltungsgerichtshof in seinem Beschluss vom 12. Mai 2016 (6 CE 16.371) dahin, dass „jede Auswahlentscheidung auf einer tragfähigen Sachverhaltsermittlung … beruhen [muss]; das gilt auch und insbesondere, wenn die Auswahl auf einer Beurteilung der persönlichen, charakterlichen Eignung beruht“. Diesbezüglich ist festzuhalten, dass eine solche tragfähige verfahrensmäßige Grundlage hier besteht, Verfahrensfehler sind in relevanter Weise nicht vorhanden. Dies gilt insbesondere, wie auch bereits der BayVGH a.a.O. festgehalten hat, für die Erkenntnisgewinnung der Beklagten aus den Stellungnahmen der früheren Kollegen des Klägers; diese Stellungnahmen liegen verkörpert schriftsätzlich in den Akten; bereits dies genügt, da sich die Inhalte auf die entsprechenden Aussteller zurückführen ließen, insbesondere durch die hiesige Beweisaufnahme vor Gericht, denn im Verwaltungsprozess ist aufgrund des Amtsermittlungsprinzips nach § 86 VwGO keine Reduktion der Erkenntnismittel über § 98 VwGO auf die förmlichen Beweismittel der ZPO gegeben, vielmehr nutzt ein Verwaltungsgericht und dies auch von Amts wegen im Rahmen der streitgegenständlichen Erforderlichkeit jegliches taugliche Erkenntnismittel. Es ist daher rechtlich unbehelflich, ob, worauf der Klägervertreter in der mündlichen Verhandlung hinwies, die schriftlichen Stellungnahmen der als Zeugen einvernommenen früheren Kollegen des Klägers den strafrechtlichen Urkundenbegriff erfüllen oder einen Urkundenbegriff überhaupt, denn selbst ohne Erfüllung eines solchen Begriffes wären diese Unterlagen erkenntnistauglich für das Gericht. Einer Vertiefung hierzu bedarf es nicht, denn in der mündlichen Verhandlung haben die einvernommenen früheren Kollegen des Klägers als Zeugen jeweils glaubhaft bekundet, das diese Unterlage jeweils von dem jeweiligen Zeugen stammt mit den dortigen Inhalten, die Zeugen führten sodann zu den Inhalten auch aus, so dass zudem taugliche Zeugenbeweise vorhanden sind. Die Äußerungen der Zeugen gegenüber der Beklagten damals im Verwaltungsverfahren führten auch nicht zu einem Verwertungsverbot, worauf der Klägervertreter in der mündlichen Verhandlung wohl auch abstellen wollte, denn auch der Inhalt von Gesprächen im Lehrgangsdienstzimmer unter vier Augen zwischen zwei damaligen Widerrufsbeamten geschah im Beamtenverhältnis mit für das damalige wie auch nun vom Kläger erstrebte Beamtenverhältnis wichtigen Kontexten, so dass ein Persönlichkeitsrecht des Klägers jedenfalls zurücktreten muss. Die in der mündlichen Verhandlung einvernommenen Zeugen sind, soweit das Gericht auf deren Bekundungen nachfolgend abstellt, glaubwürdig, der Inhalt ihrer Zeugenaussage ist jeweils glaubhaft.
III.) Auf materieller Begründetheitsebene steht dem Kläger der eingeklagte Verpflichtungsanspruch gegenüber der Beklagten, „den Antrag des Klägers auf ermessensfehlerfreie Prüfung auf Einstellung in den mittleren Polizeivollzugsdienst im Beamtenverhältnis auf Probe unter Beachtung der Rechtsauffassung des Gerichts erneut zu verbescheiden“, nicht zu. Diesbezüglich kommt es auf das klägerseits im Antrag angesprochene Ermessen auf Rechtsfolgeseite überhaupt nicht mehr an, da der Kläger bereits nicht die Tatbestandsvoraussetzungen für eine etwaige beamtenrechtliche Einstellung erfüllt.
1.) Primär nimmt das Gericht Bezug auf die Begründung des Bescheides in der Fassung des Widerspruchsbescheides, soweit nachfolgend, insbesondere über Zusatzerkenntnisse aus der Beweisaufnahme in der mündlichen Verhandlung, nicht abweichend dargetan, § 117 Abs. 5 VwGO, denn jedenfalls im Resultat entspricht die Einschätzung im genannten Bescheid in der Fassung des Widerspruchsbescheides auch noch heute im Verpflichtungsstreit der Rechts- und Tatsachenlage.
2. a) Ergänzend weist das Gericht auf den zutreffenden Ansatz des Bayerischen Verwaltungsgerichtshofes hin, wie dieser in dem den Beteiligten bekanntem Eilverfahren (Az. und Entscheidungsdatum bereits oben) ausgeführt hat.
2. b) In Übereinstimmung mit den tragenden Kernausführungen des BayVGH a.a.O. stellt auch das hier erkennende Gericht nun im Klageverfahren maßgeblich ab auf das Tatbestandsmerk mal der nötigen „persönlichen charakterlichen Eignung“ eines Beamtenbewerbers. Da der Kläger ja nach Bestehen seiner Prüfung aus dem (Widerrufs-)Beamtenverhältnis ausgeschieden war kraft Gesetzes, erstrebt er nun als ein außerhalb des Beamtenverhältnisses stehender Bewerber eine Neueinstellung als Probebeamter und streitgegenständlich hiervon abgeschwächt eingegrenzt nur die Neuverbescheidung über einen solchen Einstellungsantrag.
1) Dieses vom erkennenden Gericht geprüfte Kriterium der „persönlichen charakterlichen Eignung“ fehlt beim Kläger, wie nachfolgend belegt.
Dieses Merkmal liegt bereits auf Tatbestandsebene. Für die Anspruchsgrundlagen, die klägerseits für den Neuverbescheidungsanspruch reklamiert werden, wird zur Vermeidung von Wiederholungen auf die Ausführungen der Beklagten im Bescheid in der Fassung des Widerspruchsbescheides sowie auf die Ergänzungen durch den Klageabweisungsschriftsatz Bezug genommen ebenso wie auf die Darstellung des BayVGH im Eilverfahrensbeschluss a.a.O. Im Sinn des Art. 33 Abs. 2 GG als klägerseits reklamierte primäre Anspruchsbasis liegt das Merkmal der „persönlichen charakterlichen Eignung“ bereits auf Tatbestandsebene. Ist es nicht erfüllt, so ist das erst auf Rechtsfolgeseite sodann zu findende Ermessen des Dienstherren zur Frage der Einstellung eines Bewerbers schon gar nicht mehr zu prüfen, weil es nach der juristischen Prüfungsstruktur gar nicht mehr zur Subsumptionsanwendung eröffnet ist. Angesichts dessen war von der Beklagtenseite auch zum Ermessen auf Rechtsfolgeseite gar nichts prüfend auszuführen.
Da vorliegend diese „persönliche charakterliche Eignung“ des Klägers für ein Beamtenverhältnis fehlt, scheitert der Kläger bereits deshalb und schon auf der Tatbestandsebene der Anspruchsnormprüfung. Dies wiederum führt dazu, dass weitere dort zu findende Tatbestandsmerkmale für die Gerichtsentscheidung irrelevant sind und daher auch nicht mehr einer Erörterung bedürfen. Insbesondere ist daher wegen bereits fehlender „persönlicher charakterlicher Eignung“ des Klägers nicht mehr zu erörtern gewesen und dies wird auf nachfolgend nicht mehr gerichtlich unternommen, zu würdigen, ob die „Verfassungstreue“ des Klägers gegeben ist.
2) Zur Überzeugung des erkennenden Gerichts fehlt es beim Kläger für die angesonnene Beamtenrechtsposition an seiner „persönlichen charakterlichen Eignung“, so dass die Anspruchsgrundlage auch im Sinn eines Neuverbescheidungsziels für ihn schon nicht erfüllt ist und er mit der Klage schon deshalb scheitert, auf sonstiges ist nicht tragend einzugehen gewesen.
2) Das Gericht teilt, wie bereits bekundet, den diesbezüglichen Ansatz des BayVGH im hiesigen Eilverfahren des Klägers unter genanntem Aktenzeichen. Der BayVGH a.a.O. bekundet insofern, es sei nicht von der Hand zu weisen, dass die im Anhörungsschreiben der Bundespolizeiakademie vom 17. Dezember 2014 und im Schreiben des Bundespolizeipräsidiums vom 20. Mai 2015 im einzelnen aufgeführten Umstände auch unter Berücksichtigung der Erklärungen des Klägers bei seiner Anhörung am 2. Februar 2015 jedenfalls Zweifel an der persönlichen, charakterlichen Eignung als Polizeivollzugsbeamter begründen; die diesen Einschätzungen zugrundeliegenden Stellungnahmen von mehreren Lehrgangsteilnehmern sind verwertbar und – bei summarischer Betrachtung – glaubhaft. Einzelne der vorgeworfenen Äußerungen, wie über eine Kollegin nach einem Situationstraining: „Am liebsten würde ich Sie erschießen“ oder über die Auslandseinsätze: „Irgendwann ist es dir egal, auf wen du schießt, Hauptsache du zielst in die Richtung der Ölaugen“ mögen nicht in dieser Form gefallen oder situationsbedingt als nicht so „schlimm“ zu werten sein; jedenfalls haben eine Reihe von Kolleginnen und Kollegen das Verhalten und die Äußerungen des Antragstellers als durchaus massiv drohend, aggressiv und fremdenfeindlich empfunden; der Dienstherr darf und muss aber von einem Polizeibeamten erwarten, dass er deeskalierend und besonnen auftritt und sich auch im innerdienstlichen Bereich nicht fremdenfeindlich oder rassistisch äußert; der Antragsteller „hat mit seinem Verhalten während des Vorbereitungsdienstes Zweifel daran geweckt, ob er diesen Erwartungen nach Übernahme in das (Probe-) Beamtenverhältnis entsprechen wird“. Diese Endeinschätzung des BayVGH hat sich auch zur Überzeugung des erkennenden Gerichts durch die Beweisaufnahme mittels Zeugeneinvernahme in der mündlichen Verhandlung zum hiesigen Klageverfahren bewahrheitet und gegen den Kläger verstärkt. Es fehlt angesichts dessen bereits an der Erfüllung der Tatbestandsebene, dass darüber hinaus auf der Rechtsfolgeseite Ermessen besteht und auch nach dem Fazit des BayVGH in dem genannten Beschwerdebeschluss „erst recht nichts dafür ersichtlich ist, dass das Ernennungsermessen zu Gunsten des Antragstellers auf Null reduziert“ wäre, ist daher entscheidungsirrelevant, hierauf ist nicht mehr einzugehen. Diesen schon seitens des BayVGH im obigen Zitat erwähnten Rechtsmaßstab für eine „persönliche charakterliche Eignung“ hat auch die schon deshalb oben im Tatbestand zitierte weitere Rechtsprechung zugrunde gelegt, auch hieran ist festzuhalten.
Auf den Punkt bringt in seiner jüngeren Rechtsprechung gerade das oberste Fachgericht in Beamtensachen, nämlich das Bundesverwaltungsgericht, den Rechtsmaßstab in seinem Beschluss vom 20. Juli 2016 (2 B 17/16, juris), wobei dies seitens des Richters am Bundesverwal tungsgericht von der Weiden in seiner „Anmerkung in jurisPR-BVerwG 4/2017“, ebenfalls zu finden unter juris, nochmals zusammengefasst ist. Dort ging es um eine Beamtin im Widerrufsbeamtenverhältnis, die an einem Wochenende in ein Dienstzimmer eines Kollegen während eines Lehrgangs mit zwei anderen Teilnehmern eindrang, dessen Kleiderschrank verrückte, die Bettdecke mit dem Bettbezug verknotete und diese durch das Zimmer spannte, mit Toilettenpapier die Initialen des Kollegen auslegte und schließlich auf dem Tisch und dem Spiegel Beschriftungen unter Verwendung eines Abdeckstifts, der Zahnpasta und der Duschcreme des Kollegen anbrachte. Diese außerhalb des Beamtenverhältnisses, zum Beispiel während eines Schullandaufenthaltes unter Schülern, noch eventuell als „Streich“ einstufbare Verhaltensweise wird seitens des Bundesverwaltungsgerichts jedoch bei Beamten in deren Verhalten gegenüber einem beamteten Kollegen als ganz gravierend eingestuft und deshalb die „persönliche charakterliche Eignung“ verneint. Diesbezüglich stellt das Bundesverwaltungsgericht darauf ab, dass die charakterliche Eignung ein Unterfall der Eignung im Sinn des Art. 33 Abs. 2 GG, § 9 BeamtStG, § 9 BBG ist, die ein Bewerber für die Einstellung in das Beamtenverhältnis (oder für eine Beförderung) haben muss; der Bewerber muss für die angestrebte Laufbahn bzw. das angestrebte Amt nicht nur fachlich und gesundheitlich, sondern auch charakterlich geeignet sein (Zitat zahlreicher Fundstellen in der Bundesverwaltungsgerichtsrechtsprechung); der Fall beim Bundesverwaltungsgericht zeige einen leichtfertigen Umgang eines Beamten mit seinen Pflichten; man wisse um die – erstrebte oder inne gehabte – Beamtenstellung, aber man sei sich des besonderen Pflichtenverhältnisses nicht hinreichend bewusst; es fehle deshalb auch das Risikobewusstsein hinsichtlich möglicher – bei Einstellungen beamtenrechtlicher, sonst disziplinarrechtlicher – Konsequenzen, einschließlich der Beendigung des Beamtenverhältnisses; das Bewusstsein, dass Beamter zu sein, kein „Job“ wie jeder anderer sei, sondern ein besonderes Rechte- und Pflichtenverhältnis begründet werde, sei konstitutiv für das Beamtentum; werde dies in relevantem Umfang nicht mehr gelebt, gefährde dies die Akzeptanz des Beamtenstatus mit seinen besonderen Rechten und Pflichten.
Dieser in der aktuellen Rechtsprechung des fachlichen Obergerichts in Beamtensachen somit zugrunde gelegte eher strenge Maßstab ist auch für den vorliegenden Fall des Verhaltens des Klägers als damaliger Widerrufsbeamter maßgeblich während der Ausbildungs- und Lehrgangszeit gegenüber seiner beamteten Kollegen gerade auch im Dienstbetrieb und in Diensträumen zugrunde zu legen. Es drängt sich auf, dass die Verhaltensweisen des Klägers bei diesem Maßstab eklatant zur Verneinung von dessen „persönlicher, charakterlicher Eignung“ auch für eine Neueinstellung in das Probebeamtenverhältnis führen, so dass auch im Sinn eines Neubescheidungsbegehrens bereits auf Tatbestandsebene die Voraussetzungen nicht erfüllt sind.
Es kommt angesichts dessen entscheidungsrelevant nicht darauf an, wie sich der Kläger während seiner Bundeswehrzeit als Zeitsoldat (dort Z12, letzter Dienstgrad Oberfeldwebel) verhielt unter dortigen Umständen, umso weniger kommt es darauf an, wie sich der Kläger seit seinem Ausscheiden als Widerrufsbeamter außerhalb eines Beamtenverhältnisses verhielt, wobei zu letztgenanntem Zeitraum noch hinzu kommt, dass es dann angesichts des nun Erstrebten im maßgeblichen Eigeninteresse des Klägers lag, sich positiv darzustellen, so dass dies keine Garantie bietet für ein Verhalten in einem künftigen Beamtenverhältnis. Der geschilderte Fall des Bundesverwaltungsgerichtes zeigt eben gerade auch auf, dass inadäquate beamtenrechtliche Verhaltensweisen in einem auch zeitlich sehr knappen Temporärmoment zum Ausschluss der „persönlichen, charakterlichen Eignung“ führen können.
Der obige Rechtsmaßstab auch des BVerwG belegt, dass die Eignungsvoraussetzungen gesichert vorliegen müssen im Zeitpunkt vor einer Einstellung. Der Dienstherr muss sich nicht darauf verweisen lassen, eine Eignungsfeststellung könne auch in der vorübergehenden Zeit eines Probebeamtenverhältnisses erfolgen.
3) Im hiesigen Fall haben sich die zu diesem geforderten Merkmal der „persönlichen, charakterlichen Eignung“, dieses verneinend, schon seitens der Beklagten im Bescheid in der Fassung des Widerspruchsbescheides und sodann in der Klagereplik geschilderten Tatsachen und Einschätzungen auch im Klageverfahren und hier insbesondere aufgrund der Beweisaufnahme in der mündlichen Verhandlung bestätigt.
In Anbetracht des soeben aufgezeigten sehr strengen Maßstabes des Bundesverwaltungsgerichtes bedarf es wegen Irrelevanz keines Eingehens auf die Einzelheiten der Zeugeneinvernahme vor Gericht, denn bereits nachfolgend geschilderte Aspekte belegen die fehlende „persönliche, charakterliche Eignung“ des Klägers in sich aufdrängender Weise nach diesem Rechtsmaßstab.
Die glaubwürdigen Zeugen – wobei das Gericht die Aussage des Zeugen … in der mündlichen Verhandlung hier wegen Entscheidungsirrelevanz gar nicht nutzt – sind in ihren Aussagen glaubhaft.
Bei der Zeugin … führte dieses durch den Kläger verursachte Klima der „Angst“ dazu, dass diese Zeugin beim Schießtraining nicht mehr mit dem Kläger aus Angst vor diesem eingeteilt werden wollte, sie saß auch abends in der Freizeit nur mit anderen Kollegen, nicht aber mit dem Kläger mehr zusammen. Der Zeuge … bestätigte dieses vom Kläger verursachte Gefühl einer „Angst“, dieser Zeuge bekundete auch glaubhaft, dass sich andere Lehrgangsteilnehmer auch beim Schießtraining vor dem Kläger fürchteten. Auch dieser Zeuge … bestätigt die „Angstsituation“ jedenfalls für die Kollegin beim Schießtraining, wenn er auch für sich diese „Angst“ vor dem Kläger nicht gelten lassen will, obwohl er Zimmergenosse des Klägers war. Wegen der weiteren Aspekte um diese unter den Kollegen des Klägers damals herrschende „Angstsituation“ sei auf das Protokoll der mündlichen Verhandlung hingewiesen. Als beherrschendes Fazit ergibt sich aus den genutzten Zeugenbekundungen gemäß Beweisaufnahme in der mündlichen Verhandlung in Übereinstimmung mit den Erkenntnismitteln aus den Akten, dass die Zeugen durch das Agieren des Klägers „in Angst versetzt“ wurden mit erheblichen Auswirkungen auch für das dienstliche Verhalten der Zeugen. Bewiesen ist durch glaubwürdige Zeugen aufgrund deren glaubhafter Aussagen – wobei auch hier das Gericht nicht auf die Aussage des Zeugen … abstellt-, dass sich der Kläger fremdenfeindlich jedenfalls in Hinblick auf seinen ehemaligen Beamtenkollegen … äußerte. Hierzu bekundete der Zeuge … vor Gericht in der mündlichen Verhandlung, ihm gegenüber habe auf der gemeinsamen Stube der Kläger selbst gesagt, „hoffentlich schafft es der scheiß Neger nicht“. An diese Äußerung des Klägers konnte sich dieser Zeuge sehr gut erinnern mit der Begründung, solches habe er nicht oft gehört. Ergänzend führte der Zeuge aus, der Kollege … sei bei dieser Äußerung des Klägers nicht dabei gewesen, die Äußerung habe der Kläger ihm, dem Zeugen …, gegenüber auf der Stube bekundet. Soweit die Klägerseite auch in der mündlichen Verhandlung darauf hinwies, dieser Herr … habe gemäß Äußerung gegenüber dem Kläger „nichts gegen den Kläger“, so entlastet dies den Kläger in diesem Kontext um seine Äußerung in Hinblick auf Herrn … nicht, denn ausweislich des in der Behördenakte befindlichen Facebook-Protokolls war Basis für die damalige Nichtanimosität des Herrn … gegenüber dem Kläger die Meinung von Herrn …, der Kläger habe solches nicht gesagt; auf Seite 165 der Behördenakte zeigt das Sprachprotokoll des Klägers unter dem Alias-Namen „…“ mit dem Herrn „…“, dass Herr … nach der Information bekundete, „also: mir persönlich ist nicht bekannt, dass du mich vor meinen Augen derartig beleidigt haben solltest. Falls ja, dann wäre ich auch anders mit dir umgegangen. Ich weiß allerdings nicht, wie du über mich gesprochen hast“. Daraus wird deutlich, dass Herrn … die fremdenfeindliche Äußerung gerade durch den Kläger nicht als Faktum bekannt war, denn dann hätte er sich gegenüber dem Kläger anders verhalten – dann wäre von einem nor malen oder gar freundschaftlichen Verhältnis zwischen Herrn … und dem Kläger nicht mehr auszugehen gewesen.
Des Weiteren steht zur Überzeugung des erkennenden Gerichts fest, dass der Kläger bekundete, er würde seine Beamtenkollegin … „am liebsten erschießen“. Diese Tatsache ergibt sich für das Gericht aus der glaubhaften Aussage des glaubwürdigen Zeugen …, der in der mündlichen Verhandlung ausführte, dies habe der Kläger ihm gegenüber in der [gemeinsamen Dienst-]Stube ausgeführt. Dieser Zeuge ist für das Gericht glaubwürdig, er machte vor Gericht einen sehr besonnenen Eindruck und wollte den Kläger sichtlich nicht zu sehr belasten. Der Kläger hingegen stellt sich in maßgeblichen tragenden Aspekten als unglaubwürdig dar; dies wurde bereits aufgezeigt um seine Äußerung zum Geschehen mit Herrn …, dies wird bestätigt durch die unglaubhaften Relativierungsbemühungen des Klägers insbesondere in seiner zweiten Anhörung mit dort zum Teil absurden Kontextversuchen in unglaubhafter Weise. Auch wenn der Kläger und der Zeuge … in diesem Kontext alleine in der dienstlichen Stube waren, glaubt das Gericht daher diesem Zeugen.
Zum Thema „Liste“ ergibt sich zwar aus den Zeugenaussagen, wobei auch hier das Gericht nicht abstellt auf die Bekundung des Zeugen …, dass keiner der vernommenen Zeugen diese „Liste“ persönlich mit ihren kolportierten Inhalten sah. Die Zeugenaussage … hat jedoch zur Überzeugung des Gerichts bewiesen, wobei auf obige Glaubwürdigkeits- und Glaubhaftigkeitsargumente zum Zeugen Bezug genommen sei, dass der Kläger gegenüber diesem Zeugen öfter von dieser „Liste“ sprach und dass auf dieser „Liste“ Personennamen stünden, insbesondere dass „… und … ganz oben stehen auf der Liste“. Auch wenn der genannte Zeuge … nicht wusste, ob dieses eine „Sympathie- oder Abschussliste“ war, ist die Bekundung dieses Zeugen, dass der Kläger von der Existenz einer solchen „Liste“ sprach, für das Gericht aus genannten Gründen glaubhaft geschildert durch den glaubwürdigen Zeugen. Bereits das Bekanntwerden der Existenz einer solchen – angeblichen – „Liste“ unter den Kollegen, auf welche Weise auch immer dies geschah, trug bei zum Schaffen und Aufrechterhalten des oben erstgenannten „Angstklimas“ unter den beamteten Kollegen des Klägers als Lehrgangsteilnehmer. Es kommt vom Rechtsmaßstab her nicht darauf an, ob eine solche „Liste“ real bestand, welchen Inhalt sie hatte, denn es reicht bereits das Gebaren des Klägers, durch seine Äußerung zurechenbar unter den Beamtenkollegen die „Angst“ geschürt und nicht wieder beseitigt zu haben. Eine weitere Erörterung dieses Themenkomplexes ist daher auch vorliegend nicht verlasst.
Bereits dies führt zum Nichterfüllen des Tatbestandsmerkmals der „persönlichen, charakterlichen Eignung“ beim Kläger auch für das streitgegenständliche Ziel.
Wegen Entscheidungsunbehelflichkeit sind damit auch sonstige Aspekte, insbesondere auch solche aus der Beweisaufnahme vor Gericht, hier nicht weiter zu erörtern. Das Gericht vertieft damit hier wegen Entscheidungsunbehelflichkeit auch nicht Einzelheiten zu Befürchtungen der Beamtenkollegen, vom Kläger etwaig sogar während des Dienstbetriebes erschossen oder während der Nachtruhe im Dienstgebäude erstochen zu werden. Keiner Erörterung bedarf des Weiteren die Diskussion um die Musikrichtungen, die der Kläger angeblich spielte, auch ist nicht auf das in der mündlichen Verhandlung angesprochene „Video“ hier näher einzugehen. Letztlich kommt es auch nicht auf den Kläger etwaig zusätzlich belastende Umstände aus dem dienstlichen Trainingsbetrieb an mit dem vom Zeugen … erwähnten „Überreagieren“ des Klägers gegenüber dem Beamtenkollegen … Gleichermaßen ist nicht ergänzend hier würdigend einzugehen auf Schilderungen des Klägers zu seinen Bundeswehreinsätzen und diesbezüglichen Bildern, denn der für den Kläger negative Rechtsmaßstab nach der maßgeblichen Rechtsprechung des Bundesverwaltungsgerichtes ist mit dem Fehlen der „persönlichen, charakterlichen Eignung“ schon durch obige bewiesene Geschehnisse belegt, ob die weiter angesprochenen Themen für den Kläger in beweisrechtlicher Würdigung positiv oder negativ ausgingen, ist daher unbehelflich.
Angesichts dessen konnten die in der mündlichen Verhandlung klägervertreterseits unbedingt gestellten Beweisanträge als unbehelflich abgelehnt werden, da es auf die Zeugeneinvernahme von Frau … zu der unter Beweis gestellten Bekundung nicht ankommt, genauso wenig bedurfte es einer Einvernahme des Herrn … als Zeugen wegen des unter Beweis gestellten Verhaltens von Frau … Auch ohne diese Beweisaufnahme zu diesen Einzelaspekten ergibt sich die fehlende „persönliche, charakterliche Eignung“ des Klägers bereits aus den anderen Umständen, die oben dargetan wurden.
Als Fazit ist festzuhalten, dass im Sinn des Rechtsmaßstabes des Bundesverwaltungsgerichts der Kläger jedenfalls – unabhängig ob auf realer oder von ihm zu verantwortender fiktiver Weise – unter den Beamtenkollegen damals im Widerrufsbeamtenverhältnis eine „Situation der Angst“ über einen längeren Zeitraum schuf, worunter die Kollegen ganz erheblich litten bis hin zur Todesangst einiger. Im Sinn des Maßstabes des Bundesverwaltungsgerichtes ist dem Kläger hiermit auf jeden Fall ein „leichtfertiger Umgang mit seinen Pflichten“ anzulasten, ihm fehlte im Sinn des Rechtsmaßstabes auch das „Risikobewusstsein hinsichtlich möglicher beamtenrechtli cher Konsequenzen, einschließlich der Beendigung des Beamtenverhältnisses“, dies auch im Sinn einer Ausschaltung seiner Neuverbeamtungsintention. Jedenfalls wurde seitens des Klägers das Bewusstsein, dass Beamter zu sein, kein „Job“ wie jeder andere ist, sondern ein besonderes Rechte- und Pflichtenverhältnis begründet wird, was konstitutiv für das Beamtentum ist, „in relevantem Umfang nicht mehr gelebt“, so dass dies die Akzeptanz des Beamtenstatus gefährdet (so das Bundesverwaltungsgericht a.a.O.).
Dem Kläger fehlt daher bereits auf Tatbestandsebene die zwingende Voraussetzung der Erfüllung seiner „charakterlichen Eignung“ als Unterfall der Eignung im Sinn von Art. 33 Abs. 2 GG. Bereits deshalb vermag der Kläger die Tatbestandsvoraussetzungen nicht zu erfüllen, eine Hinterfragung weiterer Tatbestandsmerkmale scheidet wegen rechtlicher Irrelevanz aus, umso weniger gelangt man zu einer Prüfung der Rechtsfolgeseite schon aus Rechtsgründen, auf Ermessensaspekte ist hier nicht einzugehen. Allerdings ist als Schlussfolgerung festzuhalten, dass, wie bereits der BayVGH im Eilverfahren fixiert hat, keinerlei Ansatzpunkte vorhanden wären, dass, selbst wenn die Tatbestandsebene zu Gunsten des Klägers erfüllt wäre, woran es hier fehlt, auf der Rechtsfolgeseite sodann das dem Dienstherrn auch für eine Neuverbeamtung offen stehende Ermessen zu Gunsten des Klägers auf Null reduziert wäre – was auch in der hiesigen auf Neuverbescheidung reduzierten Klage festzuhalten ist als grundsätzliches Hindernis für eine Neuverbeamtung des Klägers. Für eine positive Neuverbescheidung des Klägers im streitgegenständlichen Sinne fehlt es an der Erfüllung der Anspruchsvoraussetzungen.
Die Klage ist damit abzuweisen. Für das Ausgangsgericht besteht kein Anlass für eine Berufungszulassung nach § 124 a VwGO.
Als Unterlegener trägt der Kläger die Kosten des Verfahrens nach § 154 Abs. 1 VwGO. Die vorläufige Vollstreckbarkeit im Kostenpunkt der VA-Klage resultiert aus § 167 Abs. 2 VwGO i.V.m. §§ 708 Nr. 11, 711 ZPO.


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