Verwaltungsrecht

Keine Verletzung des rechtlichen Gehörs durch Anhörung

Aktenzeichen  13a ZB 15.30242

Datum:
10.3.2016
Rechtsgebiet:
Fundstelle:
BeckRS – 2016, 44339
Gerichtsart:
VGH
Gerichtsort:
München
Rechtsweg:
Verwaltungsgerichtsbarkeit
Normen:
AsylG § 78 Abs. 3
GG Art. 103 Abs. 1

 

Leitsatz

Soweit eine Verletzung des rechtlichen Gehörs damit begründet wurde, dass sich das Gericht nicht mit dem Gesundheitszustand des Klägers befasst habe, ist keine Verletzung dieses prozessualen Grundrechts gegeben, wenn sich das Gericht jedoch ausweislich der Akten damit befasst hat. (redaktioneller Leitsatz)

Verfahrensgang

M 25 K 11.30839 2015-10-08 Urt VGMUENCHEN VG München

Gründe

Bayerischer Verwaltungsgerichtshof
Aktenzeichen: 13a ZB 15.30242
Beschluss
vom 10. März 2016
(VG München, Entscheidung vom 8. Oktober 2015, Az.: M 25 K 11.30839)
13a. Senat
Sachgebietsschlüssel: 710
Hauptpunkte:
Asylrecht Afghanistan;
rechtliches Gehör;
Sachverhaltsaufklärung;
Rechtsquellen:
In der Verwaltungsstreitsache

gegen
Bundesrepublik Deutschland, vertreten durch: Bundesamt für Migration und Flüchtlinge, Außenstelle München, Boschetsrieder Str. 41, 81379 München,
– Beklagte –
wegen Verfahrens nach dem AsylG (Afghanistan);
hier: Antrag des Klägers auf Zulassung der Berufung gegen das Urteil des Bayerischen Verwaltungsgerichts München vom 8. Oktober 2015,
erlässt der Bayerische Verwaltungsgerichtshof, 13a. Senat,
durch den Vorsitzenden Richter am Verwaltungsgerichtshof Dr. Mayr, den Richter am Verwaltungsgerichtshof Grote, die Richterin am Verwaltungsgerichtshof Dr. Köhler-Rott ohne mündliche Verhandlung am 10. März 2016 folgenden Beschluss:
I.
Der Antrag wird abgelehnt.
II.
Der Kläger hat die Kosten des Verfahrens zu tragen. Gerichtskosten werden nicht erhoben.
Gründe:
Der Antrag des Klägers auf Zulassung der Berufung gegen das Urteil des Verwaltungsgerichts München vom 8. Oktober 2015 ist unbegründet, weil die Voraussetzungen des § 78 Abs. 3 Nr. 3 AsylG i. V. m. § 138 Nr. 3 VwGO nicht vorliegen.
Der Kläger macht eine Verletzung des Anspruchs auf rechtliches Gehör geltend und bezieht sich auf das im verwaltungsgerichtlichen Verfahren eingeholte Sachverständigengutachen vom 17. März 2014, das Traumafolgestörungen in Form einer Anpassungsstörung attestiere. Er rügt, das Verwaltungsgericht hätte sich, zumal er anwaltlich nicht vertreten gewesen sei, auf seine Angaben in der mündlichen Verhandlung, er sei seit einem Jahr wieder gesund, nicht verlassen dürfen, sondern ein ergänzendes Sachverständigengutachten einholen müssen.
Mit diesem Vorbringen wird keine Verletzung des rechtlichen Gehörs aufgezeigt. Das rechtliche Gehör als prozessuales Grundrecht (Art. 103 Abs. 1 GG) sichert den Parteien ein Recht auf Information, Äußerung und Berücksichtigung mit der Folge, dass sie ihr Verhalten eigenbestimmt und situationsspezifisch gestalten können, insbesondere dass sie mit ihren Ausführungen und Anträgen gehört werden (BVerfG, B. v. 30.4.2003 – 1 PBvU 1/02 – BVerfGE 107, 395/409 = NJW 2003, 1924). Das rechtliche Gehör gewährleistet im Sinn der Wahrung eines verfassungsrechtlich gebotenen Mindestmaßes, dass ein Kläger die Möglichkeit haben muss, sich im Prozess mit tatsächlichen und rechtlichen Argumenten zu behaupten (BVerfG, B. v. 21.4.1982 – 2 BvR 810/81 – BVerfGE 60, 305/310). Ein Verstoß gegen Art. 103 Abs. 1 GG kann allerdings nur dann festgestellt werden, wenn sich im Einzelfall klar ergibt, dass das Gericht dieser Pflicht nicht nachgekommen ist. Grundsätzlich ist davon auszugehen, dass die Gerichte von ihnen entgegengenommenes Parteivorbringen zur Kenntnis genommen und in Erwägung gezogen haben. Deshalb müssten im Einzelfall besondere Umstände deutlich machen, dass tatsächliches Vorbringen entweder überhaupt nicht zur Kenntnis genommen oder doch bei der Entscheidung nicht erwogen worden ist (BVerfG, B. v. 29.10.2015 – 2 BvR 1493/11 – NVwZ 2016, 238).
Dies ist vorliegend nicht der Fall. Ausweislich der Niederschrift über die mündliche Verhandlung vom 6. Oktober 2015 erklärte der Kläger auf die Frage nach seinem Gesundheitszustand, derzeit nicht krank und nicht in ärztlicher Behandlung zu sein. Die psychiatrische Behandlung habe vor etwa einem Jahr geendet. Diese Angaben hat das Verwaltungsgericht seiner Entscheidung zugrunde gelegt (UA S.16). Es hat sich dabei auch nicht eine medizinische Bewertung ohne ausreichende eigene Fachkenntnis angemaßt, weil sich die Aussagen des Klägers mit den Ausführungen im eingeholten Gutachten vom 17. März 2014 decken, der Kläger verfüge über positive emotionale und soziale Ressourcen, die jedoch wiederhergestellt, stabilisiert und weiter entwickelt werden müssten. Es sei von einer weiteren Behandlungsdauer von ca. einem Jahr auszugehen. Im Zeitpunkt der mündlichen Verhandlung waren bereits 1 ½ Jahre vergangen.
Sofern der Gesichtspunkt der mangelnden Sachverhaltsaufklärung angesprochen sein sollte, ergäbe sich ebenfalls keine Verletzung des rechtlichen Gehörs. Nach § 78 AsylG ist die Berufung nicht bei jedem Verfahrensfehler, auf dem das Urteil beruht, sondern nur dann zuzulassen, wenn ein in § 138 der Verwaltungsgerichtsordnung bezeichneter Verfahrensmangel geltend gemacht wird (§ 78 Abs. 3 Nr. 3 AsylG). Die ungenügende Sachverhaltsaufklärung (Verletzung des Amtsermittlungsgrundsatzes nach § 86 Abs. 1 VwGO) gehört nicht zu den in § 138 VwGO genannten Verfahrensmängeln.
Die Kostenentscheidung beruht auf § 154 Abs. 2 VwGO, § 83b AsylG.


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