Verwaltungsrecht

Keine Verpflichtung zur Erteilung einer Aufenthaltserlaubnis

Aktenzeichen  M 25 K 15.5908

Datum:
1.7.2017
Rechtsgebiet:
Gerichtsart:
VG
Gerichtsort:
München
Rechtsweg:
Verwaltungsgerichtsbarkeit
Normen:
AufenthG AufenthG § 11 Abs. 1 S. 2, § 25 Abs. 5
StGB StGB § 67e

 

Leitsatz

Tenor

I.
Die Klage wird abgewiesen.
II.
Der Kläger hat die Kosten des Verfahrens zu tragen.
III.
Die Kostenentscheidung ist vorläufig vollstreckbar. Der Kläger darf die Vollstreckung durch Sicherheitsleistung oder Hinterlegung in Höhe von 110% des vollstreckbaren Betrags abwenden, wenn nicht die Beklagte vorher Sicherheit in gleicher Höhe leistet.

Gründe

Die Klage hat keinen Erfolg, weil sie nicht begründet ist. Der Kläger hat weder einen Anspruch auf Erteilung eines Aufenthaltstitels gemäß § 9a AufenthG noch aus humanitären Gründen gemäß § 25 Abs. 1, Abs. 2 oder Abs. 5 AufenthG. Er hat auch keinen Anspruch auf Verpflichtung der Beklagten, die Wirkungen der Ausweisung auf Null zu befristen.
Der Kläger hat keinen Anspruch auf Erteilung einer Aufenthaltserlaubnis.
1. Die Tatbestandsvoraussetzungen für die Erteilung einer Aufenthaltserlaubnis zum Daueraufenthalt – EU gemäß § 9a Abs. 2 AufenthG liegen nicht vor.
Voraussetzung für die Erteilung einer solchen Aufenthaltserlaubnis ist gemäß § 9a Abs. 2 Satz 1 Nr. 1 AufenthG, dass der Ausländer sich seit fünf Jahren mit Aufenthaltstitel im Bundesgebiet aufhält. Dem genügt der Kläger nicht, da er sich nicht unmittelbar vor der Antragstellung am 10. Mai 2015 rechtmäßig mit einem Aufenthaltstitel im Bundesgebiet aufgehalten hat (vgl. BayVGH, B.v. 27.6.2016 – 19 ZB 15.737 – juris Rn. 22). Der letzte Aufenthaltstitel des Klägers war bereits am 29. November 2013 abgelaufen.
2. Der Kläger hat keinen Anspruch auf Erteilung einer Aufenthaltserlaubnis aus humanitären Gründen.
2.1. Der Kläger hat keinen Anspruch auf Erteilung einer humanitären Aufenthaltserlaubnis als Asylberechtigter bzw. als Flüchtling gemäß § 25 Abs. 1 bzw. Abs. 2 AufenthG, weil diesen die allgemeine Erteilungssperre des § 11 Abs. 1 Satz 1 HS 2 AufenthG entgegensteht.
Die allgemeine Erteilungssperre ist nicht durch die zwischenzeitliche Erteilung einer Aufenthaltserlaubnis nach § 25 Abs. 5 AufenthG durch die Beklagte nach Eintritt der Bestandskraft der Ausweisung aufgehoben worden (2.1.1.). Der Kläger hat auch keinen Anspruch auf Aufhebung des Einreise- und Aufenthaltsverbots aufgrund von § 11 Abs. 4 Satz 2 AufenthG oder einer Ermessensreduzierung auf Null (2.1.2.).
2.1.1. Das Bundesverwaltungsgericht hat seine frühere Rechtsprechung, wonach die Erteilung einer humanitären Aufenthaltserlaubnis nach § 25 Abs. 5 AufenthG die Sperrwirkung einer Ausweisung nach § 11 Abs. 1 Satz 2 AufenthG a.F. jedenfalls für aufenthaltsrechtliche Ansprüche nach den Vorschriften des 5. Abschnitts in Kapitel 2 des Aufenthaltsgesetzes entfallen lasse (BVerwG, U.v. 4.9.2007 – 1 C 43/06 – juris Ls. 5, Rn. 34), in seiner Entscheidung vom 6. März 2014 (1 C 2/13 – juris Rn. 8 f.) ausdrücklich auf diejenigen Aufenthaltstitel nach Abschnitt 5 von Kapitel 2 des Aufenthaltsgesetzes beschränkt, für die keine spezielle Sperrwirkung angeordnet ist. Eine solche spezielle Sperrwirkung findet sich jedoch in § 25 Abs. 1 Satz 2 AufenthG (BVerwG, U.v. 6.3.2014 – 1 C 2/13 – juris Rn. 9), mit der Folge, dass die allgemeine Sperrwirkung des § 11 Abs. 1 Satz 2 AufenthG a.F. der Ausweisung der Erteilung einer Aufenthaltserlaubnis nach § 25 Abs. 1 und Abs. 2 AufenthG bis zu ihrer Aufhebung entgegensteht (vgl. BVerwG, U.v. 6.3.2014 – 1 C 2/13 – juris Ls. 2, Rn. 10).
2.1.2. Der Kläger hat zum maßgeblichen Zeitpunkt der gerichtlichen Entscheidung keinen Anspruch auf Aufhebung der Sperrwirkungen der Ausweisung.
2.1.2.1. Die Vorschrift des § 11 Abs. 4 Satz 2 AufenthG verhilft dem Kläger nicht zur Aufhebung des Einreise- und Aufenthaltsverbots. Danach soll das Einreise- und Aufenthaltsverbot aufgehoben werden, wenn die Voraussetzungen für die Erteilung eines Aufenthaltstitels nach Kapitel 2 Abschnitt 5 vorliegen.
Diese Vorschrift ist auf den Kläger nicht anwendbar. § 11 Abs. 4 Satz 2 AufenthG setzt nämlich ein bestandskräftiges bzw. bestehendes befristetes Einreise- und Aufenthaltsverbot voraus (VG Düsseldorf, U.v. 11.11.2016 – 7 K 3435/15 – juris Rn. 85 ff.; VG Düsseldorf, U.v. 26.9.2016 – 22 K 3491/14 – juris Rn. 55, 60; OVG Lüneburg, B.v. 30.6.2016 – 11 LA 261/15 – juris LS, Rn. 14; VG München, U.v. 23.12.2015 – M 2 K 15.31215 – juris Rn. 23; VG Berlin, U.v. 10.11.2015 – 19 K 294.14 – juris Os 3 und Rn. 47; VG Hannover, U.v. 13.10.2015 – VG 13 A 12068/14 – juris Rn. 41). Dies ergibt sich daraus, dass der Gesetzgeber mit dieser Vorschrift, die durch das Gesetz zur Neubestimmung des Bleiberechts und der Aufenthaltsbeendigung vom 27. Juli 2015 (BGBl. I, S. 1386) eingefügt wurde, ausweislich der Gesetzesbegründung eine spezielle Rechtsgrundlage zur nachträglichen Verlängerung oder Verkürzung der Frist und zur Aufhebung des Einreise- und Aufenthaltsverbots schaffen wollte, um einen Rückgriff auf die allgemeinen Regelungen des Verwaltungsverfahrensrechts überflüssig zu machen und das Verfahren für die Behörden zu vereinfachen (vgl. BT-Drs. 18/4097 v. 25.2.2015, S. 36). Damit ist die Vorschrift nicht anwendbar auf Fälle – wie den vorliegenden -, in denen es um die erstmalige Befristung der Wirkungen der Ausweisung geht.
Jedoch führt auch die Anwendung der Norm – wenn man sie zu Gunsten des Klägers hilfsweise unterstellt – nicht zu einem Aufhebungsanspruch, weil es sich um eine Soll-Bestimmung handelt, die Raum dafür lässt, vom Regelfall abweichende Ausnahmefälle zu berücksichtigen. Vorliegend ist ein solcher von der Regel abweichender Ausnahmefall gegeben. Es kann in Einzelfällen – wie vorliegend – Belangen der Bundesrepublik Deutschland entgegenstehen, wenn das Einreise- und Aufenthaltsverbot aufgehoben oder verkürzt würde, selbst wenn ein Erteilungstatbestand nach Kapitel 2 Abschnitt 5 erfüllt wird. Dies ist z.B. dann der Fall, wenn der Aufenthaltsstatus des Ausländers zum Schutz der öffentlichen Sicherheit und Ordnung nicht verfestigt werden soll (BeckOK AuslR/Maor, 13. Aufl., 1.2.2017, § 11 AufenthG Rn. 29 ff.). Ein solcher Ausnahmefall ist vorliegend gegeben. Schon mit seiner differenzierten Rechtsprechung zur Aufhebung des Einreise- und Aufenthaltsverbots durch Erteilung einer Aufenthaltserlaubnis auf der Grundlage von § 25 Abs. 5 AufenthG nach bestandskräftiger Ausweisung (s.o.), die der Gesetzgeber mit der Einfügung des § 11 Abs. 4 Satz 1, 2 AufenthG letztlich nachvollzogen hat (vgl. OVG Berlin-Brandenburg, B.v. 8.11.2016 – OVG 3 S 84/16, OVG 3 M 106/16 – juris Rn. 2), hat bereits das Bundesverwaltungsgericht klargestellt, dass Ausländer auch in Fällen, in denen die Ausweisung keine Ausreise aus dem Bundesgebiet zur Folge hat, die Vorteile der Aufhebung der Sperrwirkungen der Ausweisung (wie u.a. eine schnellere Aufenthaltsverfestigung) erst dann genießen sollen, wenn von ihnen keine Gefahr im Sinne von § 25 Abs. 1 Satz 2 AufenthG mehr ausgeht (BVerwG, U.v. 6.3.2014 – 1 C 2/13 – juris Rn 9). Vom Kläger geht derzeit aber nach wie vor eine Gefahr für die öffentliche Sicherheit und Ordnung aus. Dies ergibt sich unmissverständlich aus der jüngsten ärztlichen Stellungnahme.
2.1.2.2. Der Kläger hat zum maßgeblichen Zeitpunkt auch keinen Anspruch auf Verpflichtung der Beklagten zur Befristung der Sperrwirkungen der Ausweisung auf Null aufgrund einer Ermessensreduzierung.
2.1.2.2.1. Der Umstand, dass beim Kläger eine zeitnahe Aufenthaltsbeendigung realistischer Weise nicht zu erwarten ist, gebietet keine sofortige Befristung auf Null. Vielmehr ist in solchen Fällen bei der Fristbestimmung auf typisierende Annahmen zurückzugreifen, wobei der Betroffene jederzeit einen Antrag auf Verkürzung der festgesetzten Frist stellen kann, wenn sich die für die Festsetzung maßgeblichen Tatsachen nachträglich ändern sollten (BVerwG, U.v. 11.11.2013 – 1 B 11.13 – juris Rn. 3). Somit ergibt sich allein daraus, dass der Aufenthalt des Klägers nach derzeitigem Sachstand auf zunächst nicht absehbare Dauer weiterhin geduldet werden wird, noch kein Anspruch auf Befristung der Sperrwirkungen auf Null.
2.1.2.2.2. Auch im Übrigen hat der Kläger hat mangels Vorliegens der entsprechenden Voraussetzungen keinen Anspruch auf Befristung der Ausweisungswirkungen auf Null.
Da die Entscheidung über die Länge des Einreise- und Aufenthaltsverbots im Ermessen der Ausländerbehörde liegt, hat der Kläger einen gerichtlich durchsetzbaren Anspruch auf die von ihm begehrte Verpflichtung der Beklagten zur Festsetzung einer Frist von Null nur im Falle einer entsprechenden Ermessensreduzierung zu seinen Gunsten (vgl. BVerwG, U.v. 22.2.2017 – 1 C 27/16 – juris Rn. 27). Nach ständiger Rechtsprechung des Bundesverwaltungsgerichts kann in bestimmten Fällen eine vollständige Beseitigung der in § 11 Abs. 1 AufenthG geregelten Wirkungen der Ausweisung geboten sein. Dann entfällt das Erfordernis einer Fristbestimmung wie auch der Ausreise aus Deutschland. Dies kann zum einen deshalb geboten sein, weil seit Verfügung einer nicht vollzogenen Ausweisung ein so langer Zeitraum verstrichen ist, dass die zum Ausweisungszeitpunkt bestehenden spezial- oder generalpräventiven Gründe entfallen sind. Ein Anspruch auf vollständige Beseitigung der Wirkungen der Ausweisung nach § 11 Abs. 1 AufenthG kann sich aber auch aus dem Grundsatz der Verhältnismäßigkeit ergeben, etwa weil schützenswerte familiäre Belange im Sinne von Art. 6 GG dies erfordern (BVerwG, U.v. 6.3.2014 – 1 C 2/13 – juris Rn. 13). Diese Voraussetzungen sind vorliegend ersichtlich nicht erfüllt.
Bei der Bestimmung der unter präventiven Gesichtspunkten festzusetzenden Frist nach § 11 Abs. 3 Satz 1 AufenthG muss die Ausländerbehörde das Gewicht des Ausweisungsinteresses und den mit der Ausweisung verfolgten Zweck berücksichtigen. Hierzu bedarf es in einem ersten Schritt der prognostischen Einschätzung im Einzelfall, wie lange das Verhalten des Betroffenen, das seiner Ausweisung zugrunde liegt, das öffentliche Interesse an der Gefahrenabwehr zu tragen vermag. Die auf diese Weise an der Erreichung des Ausweisungszwecks ermittelte Höchstfrist muss von der Behörde in einem zweiten Schritt an höherrangigem Recht, d.h. verfassungsrechtlichen Wertentscheidungen (Art. 2 Abs. 1, Art. 6 GG), sowie unions- und konventionsrechtlich den Vorgaben aus Art. 7 der Charta der Grundrechte der Europäischen Union vom 12. Dezember 2007 (BGBl. 2008 II S. 1165) und Art. 8 EMRK gemessen und ggf. relativiert werden. Über dieses normative Korrektiv lassen sich auch bei einer Ermessensentscheidung die einschneidenden Folgen des Einreise- und Aufenthaltsverbots für die persönliche Lebensführung des Betroffenen begrenzen. Dabei sind von der Ausländerbehörde nicht nur die nach § 55 Abs. 1 und 2 AufenthG schutzwürdigen Bleibeinteressen des Ausländers in den Blick zu nehmen, sondern es bedarf nach Maßgabe des Grundsatzes der Verhältnismäßigkeit auf der Grundlage der Umstände des Einzelfalls einer umfassenden Abwägung der betroffenen Belange. Da für die gerichtliche Überprüfung der Befristungsentscheidung auf die Sach- und Rechtslage im Zeitpunkt der letzten mündlichen Verhandlung oder Entscheidung des Tatsachengerichts abzustellen ist, trifft die Ausländerbehörde auch während des gerichtlichen Verfahrens eine Pflicht zur ständigen verfahrensbegleitenden Kontrolle der Rechtmäßigkeit ihrer Befristungsentscheidung und ggf. zur Ergänzung ihrer Ermessenserwägungen (BVerwG, U.v. 22.2.2017 – 1 C 27/16 – juris Rn. 23).
Ausgehend von diesen Maßstäben ist nicht ersichtlich, dass beim Kläger eine Ermessensreduzierung auf Null in Betracht kommt. Der Ausweisung liegt die Verurteilung wegen Vergewaltigungen zu Grunde, hierbei handelt es sich um einen Ausweisungsgrund von hohem Gewicht. Nachfolgend hat sich der Kläger als Erwachsener unbeeindruckt von einer bereits verbüßten Haftstrafe außerdem noch einer Körperverletzung und der Beleidigung strafbar gemacht. Die Vergewaltigungen hat der Kläger bislang ausweislich der jüngsten ärztlichen Stellungnahme noch nicht therapeutisch aufgearbeitet und ist an einer derartigen Aufarbeitung – auch nach mittlerweile fast vier Jahren Unterbringung in einem psychiatrischen Krankenhaus – offenkundig nicht interessiert. Damit geht vom Kläger nach Überzeugung des Gerichts nach wie vor – trotz Remission der Psychose unter Medikamentengabe – eine hohe, nicht hinnehmbare Wiederholungsgefahr insbesondere im Bereich der Körperverletzungs- und Sexualdelikte aus. Ausweislich der jüngsten Stellungnahme des Isar-Amper-Klinikums München-Ost ist beim Kläger von einer ungünstigen Legalprognose auszugehen. Auch wenn – wie vorliegend wegen der Asylberechtigung des Klägers – nicht ausschließlich die Gefahrenprognose für die Fristbemessung ausschlaggebend sein kann, weil die Gefahrenabwehrerwägungen bei einem Ausländer, der das Land nicht verlässt oder verlassen kann, an Bedeutung verlieren und die verhaltenssteuernde Wirkung der durch die Ausweisung bewirkten Titelerteilungssperre stärker in den Vordergrund tritt (vgl. BayVGH, U.v. 28.6.2016 – 10 B 15.854 – juris Rn. 51), ergibt sich auch hieraus keine Ermessensreduzierung auf Null, weil der Kläger sich offenbar nicht um die therapeutische Aufarbeitung seiner Persönlichkeitsstörung bemüht.
Auch unter Berücksichtigung von Art. 6 GG im Hinblick auf den deutschen Sohn, zu dem kein Kontakt besteht, und von Art. 8 EMRK im Hinblick auf die in Deutschland lebenden Eltern und Geschwister des Klägers ist ersichtlich keine Befristung der Ausweisungswirkungen auf Null geboten.
Da der Kläger ausdrücklich nur einen Anspruch auf Befristung der Ausweisungswirkungen auf Null – und nicht etwa auf erneute ermessensfehlerfreie Entscheidung der Beklagten über eine angemessene kürzere Sperrfrist – geltend gemacht hat, ist im Übrigen nicht zu prüfen, ob der Kläger anderweitig einen Anspruch auf Neubescheidung unter Festsetzung einer kürzeren Frist hat. Es ergeben sich nämlich keine Anhaltspunkte dafür, dass die Ermessensentscheidung rechtswidrig und aufzuheben ist. Denn es ist nichts für einen Ermessensausfall oder einen Ermessensfehlgebrauch durch die Beklagte bzw. einen Verstoß gegen den Grundsatz der Verhältnismäßigkeit ersichtlich. Die Grenze des § 11 Abs. 3 Satz 3 AufenthG wird nicht überschritten. Die Voraussetzungen des § 11 Abs. 3 Satz 2 AufenthG für die Überschreitung der Fünf-Jahres-Grenze liegen vor.
Dass die Beklagte für den bedingten Fristbeginn nicht auf die Ausreise, sondern – zu Gunsten des Klägers – auf die denknotwendig zeitlich davor liegende Entlassung aus der Unterbringung abgestellt hat, belastet den Kläger offensichtlich nicht und führt somit nicht zu einem Aufhebungsanspruch.
2.1.2.2.3. Der Einwand des Prozessbevollmächtigten, die Unterbringung des Klägers werde ohnehin erst dann beendet, wenn von ihm keine Gefahr mehr ausgehe, führt ebenfalls nicht zu einem Anspruch auf Befristung auf Null. Auch wenn die Anforderungen an eine Entlassung aus der psychiatrischen Unterbringung vermutlich höher sein dürften als an eine Entlassung aus der Strafhaft, die in aller Regel endlich ist, gebieten diese Unterschiede in einem Fall wie dem vorliegenden, bei dem – nach wie vor – von einer hohen Wiederholungsgefahr und einer offenbaren Unwilligkeit, die sich in Straftaten manifestiert habenden persönlichen Defizite aufzuarbeiten, auszugehen ist, keine Befristung auf Null. Dem klägerischen Anliegen kann durch eine nachträgliche Befristung hinreichend Rechnung getragen werden.
2.2. Der Kläger hat auch keinen Anspruch auf Erteilung einer Aufenthaltserlaubnis gemäß § 25 Abs. 5 AufenthG.
Unter Zugrundelegung der Rechtsprechung des Bundesverwaltungsgerichts steht diesem Anspruch, nachdem die Beklagte dem Kläger in der Vergangenheit bereits eine Aufenthaltserlaubnis gemäß § 25 Abs. 5 AufenthG erteilt und verlängert hatte, die bestandskräftige Ausweisung des Klägers zwar nicht entgegen, weil diese Titelerteilung die allgemeine Erteilungssperre beseitigt hat und es keine spezielle Erteilungssperre für die Aufenthaltserlaubnis nach § 25 Abs. 5 AufenthG gibt (vgl. BVerwG, U.v. 6.3.2014 – 1 C 2/13 – juris). Der Anspruch des Klägers scheitert jedoch daran, dass besondere Umstände des Einzelfalls (atypischer Ausnahmefall) einem Anspruch entgegenstehen.
Einem Ausländer, der vollziehbar ausreisepflichtig ist, soll eine Aufenthaltserlaubnis erteilt werden, wenn seine Ausreise aus rechtlichen oder tatsächlichen Gründen unmöglich, mit dem Wegfall der Ausreisehindernisse in absehbarer Zeit nicht zu rechnen (§ 25 Abs. 5 Satz 1 AufenthG) und die Abschiebung seit 18 Monaten ausgesetzt ist (§ 25 Abs. 5 Satz 2 AufenthG).
Die Soll-Regelung bedeutet, dass grundsätzlich eine Aufenthaltserlaubnis zu erteilen ist, sofern nicht ein atypischer Ausnahmefall vorliegt. Ein atypischer Fall ist beispielsweise gegeben, wenn der Ausländer durch sein Verhalten zum Ausdruck gebracht hat, dass er es ablehnt, sich in die deutschen Lebensverhältnisse zu integrieren (BeckOK AuslR/Maaßen/Kluth AufenthG, Stand 1.7.2017, § 25 Rn. 153).
Ein solcher Ausnahmefall ist vorliegend gegeben: Der Kläger wurde bereits vor dem Auftreten seiner Psychose im Jahr 2010/11 massiv delinquent. Eine therapeutische Bearbeitung der Ursachen seiner Delinquenz lehnt er nachhaltig ab. Diese Ablehnung steht nicht mehr im Zusammenhang mit der psychotischen Erkrankung, die beim Kläger unter medikamentöser Behandlung zum Stillstand gekommen ist. Die vom Kläger vertretene Auffassung, er müsse sich wegen der Verbüßung von Strafhaft für die von ihm begangenen Vergewaltigungen therapeutisch nicht rechtfertigen, und der Totschlag an seiner Ehefrau sei von ihm aufgrund des strafrechtlichen Freispruchs und der zum Stillstand gekommenen Psychose ebenfalls nicht therapeutisch zu bearbeiten, kann nicht hingenommen werden. Die Beklagte führt zutreffend aus, dass es mit den allgemeinen Vorstellungen von Recht und Gerechtigkeit nicht mehr zu vereinbaren wäre, bei einem solchen Sachverhalt eine Aufenthaltserlaubnis aus humanitären Gründen zu erteilen.
3. Der Kläger trägt als unterliegender Teil die Kosten des Verfahrens (§ 154 Abs. 1 VwGO).
4. Die Entscheidung über die vorläufige Vollstreckbarkeit beruht auf § 167 VwGO i.V.m. §§ 708 ff. ZPO.


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