Verwaltungsrecht

Klage auf Erteilung einer Baugenehmigung für Plakatanschlagtafel

Aktenzeichen  9 ZB 19.1582

Datum:
9.2.2021
Rechtsgebiet:
Fundstelle:
BeckRS – 2021, 2851
Gerichtsart:
VGH
Gerichtsort:
München
Rechtsweg:
Verwaltungsgerichtsbarkeit
Normen:
BauGB § 34 Abs. 1 S. 2 Hs. 2
BayBO Art. 14 Abs. 2, Art. 81 Abs. 1
VwGO § 108 Abs. 1 S. 1

 

Leitsatz

1. Eine Sichtachse oder Blickachse ist eine angelegte oder freigehaltene Schneise, die entlang einer Achse einen Blick auf bedeutende Bauwerke oder landschaftsprägende Elemente ermöglicht. (Rn. 10) (redaktioneller Leitsatz)
2. Ein Verbot der Errichtung von Werbeanlagen auf der Grundlage des Art. 81 Abs. 1 Nr. 2 BayBO ist nur dort gerechtfertigt und somit verhältnismäßig, wo die vom Gesetzgeber genannten ortsgestalterischen Gründe ein entsprechendes Verbot erfordern. Dies setzt die Homogenität des zu schützenden Bereichs voraus. (Rn. 17) (redaktioneller Leitsatz)
3. Die Sicherheit und Leichtigkeit des öffentlichen Verkehrs wird im bauordnungsrechtlichen Sinn bereits dann gefährdet, wenn nach den Erfahrungen des täglichen Lebens mit hinreichender Wahrscheinlichkeit ein Verkehrsunfall oder eine Verkehrsbehinderung in überschaubarer Zukunft zu erwarten ist. (Rn. 19) (redaktioneller Leitsatz)

Verfahrensgang

W 4 K 18.828 2019-05-28 Urt VGWUERZBURG VG Würzburg

Tenor

I. Der Antrag auf Zulassung der Berufung wird abgelehnt.
II. Die Beklagte hat die Kosten des Zulassungsverfahrens zu tragen.
III. Der Streitwert für das Zulassungsverfahren wird auf 5.000,00 Euro festgesetzt.

Gründe

I.
Die Klägerin begehrt die Erteilung einer Baugenehmigung für die Anbringung einer beleuchteten Plakatanschlagtafel mit den Maßen 2,80 m mal 3,80 m an der südöstlichen Außenwand des auf dem Grundstück FlNr. … Gemarkung A … (H … Straße) befindlichen Hauptgebäudes auf Höhe dessen ersten Obergeschosses.
Den Baugenehmigungsantrag der Klägerin vom 18. Januar 2018 lehnte die Beklagte mit Bescheid vom 15. Mai 2018 ab. Auf die von der Klägerin erhobene Klage hob das Verwaltungsgericht den versagenden Bescheid auf und verpflichtete die Beklagte, der Klägerin die Baugenehmigung zur Anbringung der Plakatanschlagtafel zu erteilen. Hiergegen richtet sich der Antrag auf Zulassung der Berufung der Beklagten.
II.
Der Antrag auf Zulassung der Berufung hat keinen Erfolg.
Die Berufung ist nicht wegen ernstlicher Zweifel an der Richtigkeit des erstinstanzlichen Urteils (§ 124 Abs. 2 Nr. 1 VwGO), besonderer tatsächlicher oder rechtlicher Schwierigkeiten der Rechtssache (§ 124 Abs. 2 Nr. 2 VwGO) oder grundsätzlicher Bedeutung der Rechtssache (§ 124 Abs. 2 Nr. 3 VwGO) zuzulassen.
1. Die Beklagte beruft sich auf ernstliche Zweifel an der Richtigkeit des erstinstanzlichen Urteils (§ 124 Abs. 2 Nr. 1 VwGO). Ob solche Zweifel bestehen, ist im Wesentlichen anhand dessen zu beurteilen, was die Beklagte innerhalb offener Frist (§ 124a Abs. 4 Satz 4 VwGO) hat darlegen lassen (§ 124a Abs. 5 Satz 2 VwGO). Hieraus ergeben sich solche Zweifel nicht.
a) Nach den von der Beklagten nicht bestrittenen Feststellungen des Verwaltungsgerichts entspricht die nähere Umgebung einem Mischgebiet (§ 34 Abs. 2 BauGB i.V.m. § 6 BauNVO), sodass die der Fremdwerbung dienende Anlage der Art der baulichen Nutzung nach als „sonstiger Gewerbebetrieb“ im Sinne des § 6 Abs. 2 Nr. 4 BauNVO allgemein zulässig ist. Das Verwaltungsgericht hat insbesondere auch eine Beeinträchtigung des nach § 34 Abs. 1 Satz 2 Halbs. 2 BauGB bauplanungsrechtlich geschützten Ortsbildes verneint, wobei es zutreffend darauf abgestellt hat, dass es bei der betreffenden Beurteilung auf einen größeren maßstabsbildenden Bereich der Gemeinde als auf die für das Einfügensgebot maßgebliche nähere Umgebung ankommt (vgl. BVerwG, U.v. 11.5.2000 – 4 C 14.98 – juris Rn. 15 ff.; BayVGH, U.v. 14.9.2018 – 9 ZB 15.1278 – juris Rn. 23, jeweils m.w.N.). Dass eine derart weitreichende Kraft von der geplanten Werbeanlage am gegenständlichen Standort ausgehen könnte, hat die Beklagte mit ihrem Zulassungsvorbringen, das Bauvorhaben befinde sich an einer wesentlichen Sichtachse von A …, mithin einer vielbefahrenen Straße, deren Nutzer aufgrund des gebogenen Straßenverlaufs unweigerlich auf die sich wegen ihrer Größe und Höhe nicht in das nähere Umfeld einfügende Werbeanlage blicken müssten, nicht dargelegt.
Soweit auch noch eine Verunstaltung des Ortsbildes im Sinne des Art. 8 Satz 2 BayBO eingewandt wird, kann auf die Ausführungen des Verwaltungsgerichts verwiesen werden, mit denen sich die Beklagte im Zulassungsverfahren nicht substantiiert auseinandersetzt.
b) Das gesamte Vorbringen der Beklagten dazu, dass die geplante Fremdwerbeanlage wegen Unvereinbarkeit mit der Satzung über Außenwerbung in der Stadt A … (Werbeanlagensatzung – WAS) als örtlicher Bauvorschrift nach Art. 81 Abs. 1 BayBO bauordnungsrechtlich unzulässig sei, führt nicht zum Erfolg des Zulassungsantrags.
(1) Unter Berücksichtigung des Zulassungsvorbringens ist nicht ernsthaft zweifelhaft, dass der geplanten Werbeanlage die Regelung unter § 4 Abs. 4 Nr. 4 WAS, wonach Werbeanlagen, die wesentliche Sichtachsen und Blickbezüge, wichtige Gebäude, Alleen, Grünzüge, Vorgartenzonen, begrünte Bahndämme und Straßenraumbegrünungen beeinträchtigen oder verstellen oder störend überschneiden, oder die in Bereichen, die im Landschaftsplan oder dem Flächennutzungsplan als öffentliche oder private Grünflächen dargestellt sind, unzulässig sind, nicht entgegensteht.
Dabei kann die vom Verwaltungsgericht verneinte Vereinbarkeit dieser Regelung mit höherrangigem Recht dahingestellt bleiben. Das Verwaltungsgericht ist zwar einerseits im Hinblick auf die aus seiner Sicht zu unbestimmte Formulierung und das Fehlen einer Differenzierung hinsichtlich der Schutzbedürftigkeit einzelner Baugebiete von der Unwirksamkeit des § 4 Abs. 4 Nr. 4 WAS ausgegangen. Es hat aber zudem unabhängig davon das Nichtvorliegen der hier einzig in Betracht kommenden Tatbestandsalternative der Betroffenheit einer wesentlichen Sichtachse bzw. von Blickbezügen („wesentliche Sichtachse o. ä. i. S. v. § 4 Abs. 4 Nr. 4 WAS“, s. UA S. 10), worauf die Beklagte ihre Annahme, die Werbeanlage sei unzulässig, im versagenden Bescheid auch stützte, verneint. Eine Sichtachse ist nach dem Duden eine gedachte Linie, die die Sicht eines Betrachters besonders auf Gebäude oder Räume wiedergibt. Nach wikipedia ist eine Sichtachse oder Blickachse im Städtebau und in der Park- und Landschaftsgestaltung eine angelegte oder freigehaltene Schneise, die entlang einer Achse einen Blick auf bedeutende Bauwerke oder landschaftsprägende Elemente ermöglicht. Die Einwände der Beklagten gegen die danach auf der Grundlage der beim Augenschein gefertigten Lichtbilder als überzeugend anzusehende Sachverhalts- und Beweiswürdigung (§ 108 Abs. 1 Satz 1 VwGO) des Verwaltungsgerichts, dass vorliegend die Betroffenheit einer wesentlichen Sichtachse o.ä. nicht erkennbar ist, greifen nicht durch.
Nach § 108 Abs. 1 Satz 1 VwGO entscheidet das Gericht nach seiner freien, aus dem Gesamtergebnis des Verfahrens gewonnenen Überzeugung und ist dabei nicht an bestimmte Beweisregeln gebunden. Es würdigt den Prozessstoff auf seinen Aussage- und Beweiswert für die Feststellung der entscheidungserheblichen Tatsachen nur nach der ihm innewohnenden Überzeugungskraft. Trotz des besonderen Charakters der Beweiswürdigung, der dem Gericht einen Wertungsrahmen eröffnet, ist das Gericht allerdings nicht gänzlich frei; die richterliche Überzeugungsbildung muss auf rational nachvollziehbaren Gründen beruhen. Soweit sich das tatsächliche Vorbringen im Zulassungsverfahren auf die vom Verwaltungsgericht vorgenommene Sachverhalts- und Beweiswürdigung bezieht, kommt eine Zulassung der Berufung wegen ernstlicher Zweifel im Sinne des § 124 Abs. 2 Nr. 1 VwGO nur in Betracht, wenn aufgezeigt wird, dass die Richtigkeit der verwaltungsgerichtlichen Überzeugungsbildung mangelhaft ist, weil das Verwaltungsgericht mit Blick auf entscheidungserhebliche Tatsachen von einem unzutreffenden Sachverhalt ausgegangen ist oder die Beweiserhebung gedankliche Lücken oder Ungereimtheiten aufweist, was insbesondere bei einer Verletzung von gesetzlichen Beweisregeln, den Gesetzen oder allgemeinen Erfahrungssätzen, bei aktenwidrig angenommenem Sachverhalt oder offensichtlich sachwidriger und damit willkürlicher Beweiswürdigung anzunehmen ist (BayVGH, B.v. 4.7.2018 – 9 ZB 16.1259 – juris Rn. 6). Dies ist hier mit Blick auf das Vorbringen, bei der H … Straße handele es sich wegen deren „Vielbefahrenheit“ um eine wesentliche straßen- und straßenbildprägende Zu- und Abfahrt und somit um eine wichtige Sichtachse der Beklagten, nicht der Fall.
(2) Soweit die Beklagte im Zulassungsverfahren zur Wirksamkeit der Regelung in § 4 Abs. 4 Nr. 10 WAS, wonach Fremdwerbeanlagen sowie Großflächenwerbetafeln mit einer Ansichtsfläche von mehr als 9 m² u.a. in Mischgebieten (§ 6 BauNVO), die überwiegend dem Wohnen dienen, unzulässig sind, Ausführungen macht, kann dies keine ernstlichen Zweifel an der Richtigkeit des Urteils wecken, weil das Verwaltungsgericht die Frage, ob die betreffende Regelung mit höherrangigem Recht vereinbar ist, offengelassen hat. Soweit sie sich dagegen wendet, dass das Verwaltungsgericht die Tatbestandsvoraussetzung des überwiegend dem Wohnen dienenden Mischgebiets nicht als erfüllt angesehen hat, und kritisiert, zu der Annahme des Verwaltungsgerichts hinsichtlich eines gleichgeordneten Nebeneinanders von Wohnen und gewerblicher Nutzung habe dieses nicht ansatzweise ausgeführt und sie sei auch rechtsfehlerhaft, ohne sich allerdings damit auseinanderzusetzen, dass das Verwaltungsgericht seine Einschätzung auf seine Feststellungen beim Augenscheintermin gestützt hat, wird die Beklagte wiederum dem Darlegungsgebot nicht gerecht.
(3) Das Zulassungsvorbringen weckt keine ernstlichen Zweifel an der Richtigkeit des Urteils des Verwaltungsgerichts hinsichtlich seiner Erwägungen zu § 4 Abs. 4 Nr. 20 WAS.
Nach § 4 Abs. 4 Nr. 20 WAS ist eine Werbeanlage unzulässig, die sich hinsichtlich ihrer Höhen- und Größenentwicklung nicht in die Eigenart der näheren Umgebung einfügt. Dies war für das Verwaltungsgericht im Rahmen des Augenscheintermins nicht erkennbar. Dass das Verwaltungsgericht mit Blick auf entscheidungserhebliche Tatsachen von einem unzutreffenden Sachverhalt ausgegangen ist oder diese Beweiserhebung gedankliche Lücken oder Ungereimtheiten aufweist oder gar willkürlich ist, ist mit den Hinweisen der Beklagten auf die Größe und Anbringungshöhe der geplanten Anlage sowie dem Vorbringen, dass sich im näheren Umfeld überwiegend kleine Werbeschilder auf Erdgeschossebene oder an Schaufenstern befänden und übrige Werbeanlagen mit der Unterkante nicht mehr als 1 m über der Geländeoberfläche (parallel zur Fahrbahn) errichtet seien, nicht dargelegt. Abgesehen davon, dass sich beides anhand der beim Augenschein gefertigten Lichtbilder so nicht nachvollziehen lässt, äußert sich die Beklagte auch nicht dazu, ob und ggf. weshalb sie die Begrifflichkeit des Einfügens in die Eigenart der näheren Umgebung hinsichtlich der Höhen- und Größenentwicklung der Werbeanlage abweichend von der des Einfügens in die nähere Umgebung nach dem Maß der baulichen Nutzung einer solchen baulichen Anlage definiert (vgl. BVerwG, Urt. v. 15.12.1994 – 4 C 19.93 – juris; Decker in Simon/Busse, BayBO, Stand Oktober 2020, Art. 81 Rn. 144). Auch für den weiter angeführten Umstand, dass die beantragte Werbeanlage einen erheblichen Teil der südöstlichen Fassade des Hauses verdecken würde, an dem sie angebracht werden soll, ist weder dargelegt noch ersichtlich, dass dem für den Belang des Einfügens in die nähere Umgebung überhaupt Bedeutung zukommen könnte.
(4) Die Zulassung der Berufung nach § 124 Abs. 2 Nr. 1 VwGO kann auch nicht mit Erfolg auf die Darlegungen der Beklagten zur Unzulässigkeit des Bauvorhabens nach § 7a Abs. 1 WAS gestützt werden.
Nach § 7a Abs. 1 Satz 1 WAS soll für „straßen- und straßenbildprägende Zu- und Abfahrten der Stadt und der Stadtteile (Zone IV)“ zusätzlich gelten, dass Großflächenwerbetafeln für Fremdwerbung, die außerhalb von Baufenstern als freistehende Werbeanlagen nicht parallel zur Straße errichtet werden oder mit der Unterkante der Werbeflächen über 1 m über dem natürlichen Gelände liegen oder beleuchtet sind, unzulässig sind. Nach § 1 Abs. 1 WAS gehören zum Geltungsbereich der Werbeanlagensatzung die Zu- und Abfahrten zur Stadt und den Stadtteilen mit den Stadttoren als besondere Eingangssituationen (Zone IV), die im Übersichtsplan unter Anlage 2 dargestellt sind. Großflächenwerbeanlagen sind gemäß § 2 Satz Satz 4 WAS Werbeanlagen über 9 m² Ansichtsfläche. Nach § 7a Abs.- 1 Satz 2 WAS erstreckt sich die Schutzzone bei den im Übersichtsplan der Anlage 2 gekennzeichneten Straßen in einen „leicht einsehbaren 30-Meter-Bereich, gemessen vor Ort vom äußersten Fahrbahnrand aus“.
Das Verwaltungsgericht hat insoweit darauf abgestellt, dass aus verfassungsrechtlichen Gründen ein Verbot der Errichtung von Werbeanlagen durch den Satzungsgeber auf der Grundlage des Art. 81 Abs. 1 Nr. 2 BayBO nur dort gerechtfertigt und somit verhältnismäßig ist, wo die vom Gesetzgeber genannten ortsgestalterischen Gründe ein entsprechendes Verbot erfordern. Eine generalisierende Regelung für Werbeanlagen setzt die Homogenität des zu schützenden Bereichs voraus. Der Satzungsgeber hat bei Erlass einer Werbeanlagensatzung nach Art. 81 Abs. 1 Nr. 2 BayBO deshalb die Schutzbedürftigkeit des betroffenen Gebiets sorgfältig abzuwägen und im Zweifel nach Baugebieten, Bauquartieren und unter Umständen noch weitergehend, etwa nach Straßenzügen, abzustufen (BayVerfGH, E.v. 23.1.2012 – Vf. 18-VII-09 – juris Rn. 102 ff.; BayVGH, B.v. 23.10.2015 – 15 ZB 14.2530 – juris Rn. 9; U.v. 28.6.2018 – 9 B 13.2616 – juris Rn. 30). Die danach hinsichtlich ihrer Schutzwürdigkeit zu fordernde Homogenität der vom hier ausgesprochenen partiellen Verbot für Fremdwerbeanlagen erfassten Straßenzüge der Schutzzone IV hat das Verwaltungsgericht nicht feststellen können. Mit dem nicht weiter erläuterten und in dieser Weise nicht nachvollziehbaren Vorbringen, es liege keine generalisierende Regelung für Werbeanlagen vor, weil zusätzliche Anforderungen nur hinsichtlich der straßen- und straßenbildprägenden Zu- und Abfahrten, die mit der Schutzzone IV erfasst seien, gestellt würden (vgl. BVerwG, U.v. 22.2.1980 – IV C 44.76 – juris Rn. 16), und dem Hinweis darauf, dass bei einer Stadt der vorliegenden Größe mit einer überschaubaren Zahl der in Schutzzone IV erfassten Zu- und Abfahrten mit entsprechender Prägung die Homogenität des zu schützenden Bereichs vorliegen könne und dies hier auch der Fall sei, tritt die Beklagte dem nicht substantiiert entgegen. Soweit die einheitliche Schutzwürdigkeit der in Schutzzone IV aufgenommenen Straßenzüge darauf gestützt werden soll, dass sie Hauptzu- und -abfahrtsstraßen zum Stadtzentrum oder zu Stadtteilzentren darstellten, weshalb ihnen stadtbildprägende Wirkung zuzusprechen sei, lässt dies allein auch nicht die Rechtfertigung dafür erkennen, anzunehmen, dass die mit § 7a Abs. 1 WAS erfassten Fremdanlagen in einem Abstand von 30 m zur Fahrbahnbegrenzung, im Gegensatz zu entsprechender Werbung an der Stätte der Leistung, wegen ihrer optischen Auffälligkeit einen bestimmten Rahmen überschreiten (vgl. BayVerfGH, E.v. 23.1.2012 – Vf. 18-VII-09 – juris Rn. 107; BayVGH, B.v. 12.1.2015 – 15 ZB 13.1896 – juris Rn. 16; vgl. auch B.v. 23.10.2015 – 15 ZB 14.2530 – juris Rn. 9; Decker in Simon/Busse, BayBO, Stand Oktober 2020, Art. 81 Rn. 138 m.w.N.). Hinzuzufügen ist, dass mit einer Werbeanlagensatzung nach Art. 81 Abs. 1 Nr. 2 BayBO (hier: Ausschluss bestimmter Arten von Werbeanlagen) aus kompetenzrechtlichen Gründen keine bodenrechtlichen Ziele verfolgt werden können (vgl. BayVGH, U.v. 28.6.2018 – 9 B 13.2616 – juris Rn. 30).
c) Soweit die Beklagte der Ansicht ist, dass der von ihr auch schon im Versagungsbescheid angeführte Ablehnungsgrund einer konkreten Verkehrsgefährdung im Sinne des Art. 14 Abs. 2 BayBO durch das Bauvorhaben entgegen der Auffassung des Verwaltungsgerichts zu bejahen sei, greifen die gegen die Sachverhalts- und Beweiswürdigung (§ 108 Abs. 1 Satz 1 VwGO) des Verwaltungsgerichts erhobenen Einwendungen nicht durch.
Für eine konkrete Gefährdung des Straßenverkehrs im bauordnungsrechtlichen Sinn ist nicht die überwiegende oder hohe Wahrscheinlichkeit erforderlich, dass durch eine Werbeanlage ein Verkehrsunfall verursacht oder der Verkehr in seinem Ablauf behindert wird. Vielmehr wird die Sicherheit und Leichtigkeit des öffentlichen Verkehrs durch eine solche Anlage bereits dann – konkret – gefährdet, wenn nach den Erfahrungen des täglichen Lebens mit hinreichender oder – anders ausgedrückt – bloßer Wahrscheinlichkeit ein Verkehrsunfall oder eine Verkehrsbehinderung in überschaubarer Zukunft zu erwarten ist (vgl. BayVGH, U.v. 30.5.2018 – 2 B 18.681 – juris Rn. 24).
Das Verwaltungsgericht hat insbesondere auf Grundlage der Beweisaufnahme durch Augenschein eine Einzelfallbewertung vorgenommen. Es ist danach zu dem nach den gefertigten Lichtbildern überzeugenden Ergebnis gekommen, dass in einem innerörtlichen Bereich – wie hier – wo zwar einerseits immer von einer gewissen Ablenkungswirkung, andererseits aber auch von einer Gewöhnung an den Anblick von Werbeanlagen auszugehen ist (vgl. BayVGH, B.v. 30.7.2012 – 9 ZB 11.2280 – juris Rn. 10), bei der erlaubten Fahrgeschwindigkeit von 50 km/h nicht von einer Beeinträchtigung der Sicherheit und Leichtigkeit des Verkehrs ausgegangen werden kann. Der Augenscheintermin habe gezeigt, dass im Bereich des geplanten Standorts weder ein Unfallschwerpunkt liegen kann noch ein Gefahrenpunkt, zumal die Werbeanlage nur für Verkehrsteilnehmer sichtbar ist, die stadtauswärts fahren.
Dem tritt die Beklagte mit ihren Hinweisen auf den dort befindlichen Kreuzungsbereich T …straße / H … Straße mit einmündenden Radwegen und die sich 80 bis 100 m stadtauswärts anschließende, vielbefahrene Kreuzung H … Straße / M …straße / M …straße mit Ampelregelung, wegen der Rückstau auftreten könne und bei der die rechte Spur zur Abbiegespur werde, was Spurwechsel bedinge, nicht in zulassungsbegründender Weise entgegen. Auch mit ihrem Vorbringen, der gesamte Bereich mit einmündenden Stichstraßen sei unübersichtlich, zumal mit Fußgängern und Radfahrern zu rechnen sei und die Biegung der Straße den Blick auf die wegen Größe, Höhe, Standort und Anordnung mit Alleinstellungsmerkmal ausgestattete Werbeanlage lenken würde, wodurch ein Rückstau nur verspätet wahrgenommen werden könnte, zeigt die Beklagte keine sachwidrige oder willkürliche Beweiswürdigung des Verwaltungsgerichts auf, sondern setzt dessen Beweiswürdigung nur ihre eigene Beweiswürdigung entgegen; allein die bloße Möglichkeit einer anderen Bewertung der Beweisaufnahme rechtfertigt die Zulassung der Berufung jedoch nicht (vgl. BayVGH, B.v. 4.7.2018 – 9 ZB 16.1259 – juris Rn. 7 m.w.N.).
2. In Bezug auf den geltend gemachten Zulassungsgrund des § 124 Abs. 2 Nr. 2 VwGO geht die Darlegung, besondere tatsächliche oder rechtliche Schwierigkeiten bestünden, weil das Verwaltungsgericht die der Erteilung der Baugenehmigung entgegenstehenden Gründe nicht richtig herausgearbeitet und zu hohe Anforderungen an die Vereinbarkeit der städtischen Werbeanlagensatzung mit höherrangigem Recht gestellt habe, nicht über das hinaus, was die Beklagte zur Begründung ihrer Zweifel an der Richtigkeit des angefochtenen Urteils ausgeführt hat. Besondere Schwierigkeiten im Sinn offener Erfolgsaussichten eines Berufungsverfahrens (vgl. Happ in Eyermann, VwGO, 15. Auflage 2019, § 124 Rn. 27) haben sich dabei nicht ergeben.
3. Die Berufung ist auch nicht wegen grundsätzlicher Bedeutung der Rechtssache zuzulassen (§ 124 Abs. 2 Nr. 3 VwGO).
Die Zulassung der Berufung wegen grundsätzlicher Bedeutung der Rechtssache setzt voraus, dass eine konkrete, noch nicht geklärte Rechts- oder Tatsachenfrage aufgeworfen wird, deren Beantwortung sowohl für die Entscheidung des Verwaltungsgerichts von Bedeutung war als auch für die Entscheidung im Berufungsverfahren erheblich sein wird und die über den konkreten Fall hinaus wesentliche Bedeutung für die einheitliche Anwendung oder für die Weiterentwicklung des Rechts hat. Zur Darlegung dieses Zulassungsgrundes ist eine Frage auszuformulieren und substantiiert anzuführen, warum sie für klärungsbedürftig und entscheidungserheblich gehalten und aus welchen Gründen ihr eine allgemeine, über den Einzelfall hinausreichende Bedeutung zugemessen wird (vgl. BayVGH, B.v. 20.5.2019 – 9 ZB 18.1261 – juris Rn. 17). Dem wird das Zulassungsvorbringen, mit dem keine Frage formuliert, sondern lediglich in allgemeiner Form Kritik an der erstinstanzlichen Entscheidung geübt wird, nicht gerecht.
Die Kostenentscheidung folgt aus § 154 Abs. 2 VwGO. Die Streitwertfestsetzung ergibt sich aus § 63 Abs. 2 Satz 1, § 47 Abs. 3, § 52 Abs. 1 GKG; sie folgt der Festsetzung des Verwaltungsgerichts, gegen die keine Einwendungen erhoben wurden.
Dieser Beschluss ist unanfechtbar (§ 152 Abs. 1 VwGO). Mit der Ablehnung des Antrags auf Zulassung der Berufung wird das angefochtene Urteil rechtskräftig (§ 124a Abs. 5 Satz 4 VwGO).


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