Verwaltungsrecht

Klagefrist versäumt, ordnungsgemäße Rechtsmittelbelehrung, Zustellung an früheren Bevollmächtigten, keine Wiedereinsetzungsgründe

Aktenzeichen  W 7 K 19.296

Datum:
17.2.2020
Rechtsgebiet:
Fundstelle:
BeckRS – 2020, 43786
Gerichtsart:
VG
Gerichtsort:
Würzburg
Rechtsweg:
Verwaltungsgerichtsbarkeit
Normen:
VwGO § 74, § 58 Abs. 2, § 60
VwZVG Art. 8 Abs. 1

 

Leitsatz

Tenor

I.  Die Klage wird abgewiesen.
II.  Der Kläger hat die Kosten des Verfahrens zu tragen.
III.  Das Urteil ist wegen der Kosten vorläufig vollstreckbar. Der Kläger kann die Vollstreckung durch Sicherheitsleistung in Höhe des zu vollstreckenden Betrages abwenden, wenn nicht der Beklagte vorher in gleicher Höhe Sicherheit leistet.

Gründe

Die Klage ist bereits unzulässig. Über sie konnte auch bei teilweisem Ausbleiben der Beteiligten entschieden werden (vgl. § 102 Abs. 2 VwGO). Ein erheblicher Grund für eine Terminsaufhebung im Sinne des § 173 VwGO, § 227 ZPO lag nicht vor; auf die Verfügung des Gerichts vom 14. Februar 2020 wird insofern Bezug genommen.
Die Klage wurde verfristet erhoben. Der streitgegenständliche Bescheid vom 2. Oktober 2018 wurde dem damaligen Bevollmächtigten des Klägers gegen Empfangsbekenntnis am 8. Oktober 2018 zugestellt (Bl. 195 der Behördenakte). Damit begann die Monatsfrist des § 74 Abs. 1 VwGO am 9. Oktober 2018 und endete am 8. November 2018 (§§ 57 Abs. 2 VwGO, 222 Abs. 1 ZPO i.V.m. § 188 Abs. 2 BGB). Die am 24. März 2019 beim Verwaltungsgericht Würzburg eingegangene Klage ist damit offensichtlich verfristet. Die Rechtsbehelfsbelehrung des angefochtenen Bescheides war auch nicht wegen Hinweises auf die Möglichkeit einer elektronischen Klageerhebung unrichtig im Sinne des § 58 Abs. 2 VwGO; auf die Gründe des Beschlusses des Bayerischen Verwaltungsgerichtshofs vom 20. November 2019 – 19 C 19.1479 – wird insofern Bezug genommen.
Die Zustellung des angefochtenen Bescheides erfolgte auch ordnungsgemäß an den damaligen Bevollmächtigten des Klägers. Gemäß Art. 8 Abs. 1 Satz 1 VwZVG können Zustellungen an den allgemein oder für bestimmte Angelegenheiten bestellten Bevollmächtigten gerichtet werden. Nach Art. 8 Abs. 1 Satz 2 VwZVG sind sie an ihn zu richten, wenn er eine schriftliche Vollmacht vorgelegt hat. Dies ist hier der Fall. Mit Schriftsatz vom 18. Juli 2018 zeigte der damalige Bevollmächtigte des Klägers seine Vertretung an und legte der Ausländerbehörde die ihm für das Asylverfahren erteilte Vollmacht vor (S. 179 und 180 der Behördenakte). Im genannten Schriftsatz bat der Bevollmächtigte explizit um einen Hinweis, ob die Ausländerbehörde die bereits erteilte Vollmacht als ausreichend ansehe oder ob erneut eine Vollmacht des Klägers eingeholt werden müsse. Der Schriftsatz ist daher als anwaltliche Versicherung zu werten, dass eine Bevollmächtigung auch für das Ausweisungsverfahren erfolgt ist. Anhaltspunkte, an dieser Versicherung zu zweifeln, lagen für die Behörde nicht vor. Wie sich aus Art. 8 Abs. 1 Satz 1 VwZVG ergibt, ist die Vorlage einer schriftlichen Vollmacht auch nicht zwingend erforderlich. Selbst wenn man davon ausginge, dass die vorgelegte schriftliche Vollmacht das Ausweisungsverfahren nicht umfassen würde, so konnte die Behörde jedenfalls rechtsfehlerfrei nach Art. 8 Abs. 1 Satz 1 VwZVG wirksam an den Klägerbevollmächtigten zustellen. Die Klage wurde somit verfristet erhoben.
Gemäß § 60 Abs. 1 VwGO ist auf Antrag Wiedereinsetzung in den vorigen Stand zu gewähren, wenn jemand ohne Verschulden verhindert war, eine gesetzliche Frist einzuhalten. Gemäß § 60 Abs. 2 Satz 1 VwGO ist der Antrag binnen zwei Wochen nach Wegfall des Hindernisses zu stellen. Die Tatsachen zur Begründung des Antrags sind glaubhaft zu machen (§ 60 Abs. 2 Satz 2 VwGO). Innerhalb der Antragsfrist ist die versäumte Rechtshandlung nachzuholen.
Gründe für eine Wiedereinsetzung in den vorigen Stand liegen nicht vor. Auf die Begründung des o.a. Beschlusses des Bayerischen Verwaltungsgerichtshofs wird zunächst Bezug genommen. Auch die Argumentation der Klägerbevollmächtigten, die vorgelegte schriftliche Vollmacht sei nicht ausreichend gewesen (s.o.), betrifft allein die Frage der ordnungsgemäßen Zustellung und stellt keinen Wiedereinsetzungsgrund dar. Im Übrigen müsste sich der Kläger auch ein etwaiges Verschulden seines früheren Bevollmächtigten zurechnen lassen (§ 173 VwGO i.V.m. § 85 Abs. 2 ZPO). Es ist daher nicht ersichtlich, dass der Kläger unverschuldet an der Einhaltung der Klagefrist gehindert gewesen wäre.
Die Klage war daher abzuweisen.
Die Kostenentscheidung beruht auf § 154 Abs. 1 VwGO. Die Entscheidung über die vorläufige Vollstreckbarkeit der Kostenentscheidung beruht auf § 167 VwGO i.V.m. §§ 708 Nr. 11, 711 ZPO.


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