Verwaltungsrecht

Können von der Hochschule für den öffentlichen Dienst in Bayern Studierende bereitgestellte Unterkünfte nicht genutzt werden, weil aufgrund der Corona-Pandemie kein Präsenzunterricht stattfindet und auch der „Unterkunftsbetrieb“ ruht, hat der die Studierenden entsendende Dienstherr, der die Kosten der Ausbildung erstatten muss, keinen Anspruch auf Herabsetzung der von ihm zu erstattenden Ausbildungskosten., Es liegt weder ein ausdrücklicher noch konkludenter Verzicht auf die Unterkunft vor, noch können die einschlägigen Vorschriften der Erstattungsverordnung BayFHVR dahingehend ausgelegt werden.

Aktenzeichen  RN 5 K 20.3131

Datum:
11.10.2021
Rechtsgebiet:
Fundstelle:
BeckRS – 2021, 39265
Gerichtsart:
VG
Gerichtsort:
Regensburg
Rechtsweg:
Verwaltungsgerichtsbarkeit
Normen:
HöfDGHöfDG Art. 3 Abs. 2 Sätze 1 und 4
Erstattungsverordnung BayFHVR § 2 Abs. 2 S. 3

 

Leitsatz

Tenor

I. Die Klage wird abgewiesen.
II. Die Kosten des Verfahrens hat die Klägerin zu tragen.
III. Das Urteil ist im Kostenpunkt vorläufig vollstreckbar. 

Gründe

Die zulässige Klage hat keinen Erfolg. Der angefochtene Bescheid ist rechtmäßig und verletzt die Klägerin nicht in ihren Rechten, § 113 Abs. 1 Satz 1 VwGO.
Nach Art. 1 Abs. 3 Nr. 1 Buchst. d) des Gesetztes über die Hochschule für den öffentlichen Dienst in Bayern (HföDG) obliegt der HföD nach Maßgabe der Zulassungs-, Ausbildungs- und Prüfungsordnungen und der hierzu erlassenen Verwaltungsvorschriften auf der Bildungsebene der Fachhochschulen die Ausbildung für den Einstieg in der dritten Qualifikationsebene in der Fachlaufbahn Verwaltung und Finanzen im fachlichen Schwerpunkt Sozialverwaltung. Soweit nichtstaatliche öffentliche Dienstherren ihren Nachwuchs für den Einstieg in der dritten Qualifikationsebene an der HföD ausbilden, tragen Sie gemäß Art. 3 Abs. 2 Satz 1 HfödG die Kosten mit Ausnahme der Kosten für Grunderwerb, für Neu-, Um- und Erweiterungsbauten sowie für die Erstausstattung der Verwaltungsschule für öffentliche Verwaltung und Rechtspflege anteilig nach der Zahl der Studierenden. Nach Art. 3 Abs. 2 Satz 4 HöfDG werden die Kosten pauschal abgerechnet. Das Nähere regelt das Staatsministerium der Finanzen und für Heimat (vgl. Art. 1 Abs. 3 Satz 2 HöfDG) nach Art. 3 Abs. 5 Satz 1 HföDG durch Rechtsverordnung.
Die Einzelheiten der Abrechnung sind in der ErstVBayFHVR des Bayerischen Staatsministeriums der Finanzen und für Heimat geregelt. Nach § 3 Abs. 1 und 3 ErstVBayFHVR setzt die HföD die Erstattungsbeträge durch Bescheid fest. Nach § 2 Abs. 2 Satz 1 ErstVBayFHVR betragen die Gesamtkosten des Studiums im Studiengang gehobener nichttechnischer Dienst in der Sozialverwaltung bei normalem Studienverlauf pro Studierenden inklusive Unterkunft 25.916,00 EUR. Nach Satz 2 der genannten Vorschrift werden für die Belegung eines Studienplatzes je Monat des Fachstudiums 1.364,00 EUR festgesetzt. Die weiteren Einzelheiten der Abrechnung ergeben sich aus § 3 Abs. 2 ErstVBayFHVR. Danach wird etwa die Dauer der Teilabschnitte des Fachstudiums auf volle oder halbe Monate festgesetzt.
Der von der HföD festgesetzte Erstattungsbetrag in Höhe von 587.114,00 EUR ergibt sich unter Zugrundelegung der in der Verordnung beschriebenen Abrechnungsmodalitäten, wenn man bei allen durch den streitgegenständlichen Bescheid abgerechneten Studienteilabschnitten keinen Abschlag nach § 2 Abs. 2 Satz 3 ErstVBayFHVR wegen der Nichtinanspruchnahme der von der HföD vorgehaltenen Unterkünfte vornimmt. Dies ist zwischen den Beteiligten des Rechtsstreits unstreitig.
Die Klägerin ist allerdings der Auffassung, dass eine Reduzierung der Ausbildungskosten erfolgen müsse, weil die Studierenden der Jahrgänge 2017/2020, 2018/2021 und 2019/2022 in den Teilabschnitten I2 und II1 die Unterkunft aufgrund der pandemiebedingten Rechtslage nicht oder jedenfalls nicht während der gesamten Studienzeit an der Hochschule nutzen konnten.
Trotz der tatsächlichen Nichtnutzung der seitens der HföD bereitgestellten Unterkünfte, ist eine Reduzierung des Erstattungsbetrags nach Auffassung der entscheidenden Kammer nicht möglich. Die Klägerin hat weder ausdrücklich noch konkludent nach § 2 Abs. 2 Satz 3 ErstVBayFHVR auf die Unterkünfte verzichtet (1.) noch ergibt sich eine Reduzierung des Erstattungsbetrags aufgrund einer am Sinn und Zweck von § 2 Abs. 2 Satz 3 ErstVBayFHVR orientierten Auslegung (2.) oder einer Störung des Gegenseitigkeitsverhältnisses der „Leistung“ der HföD und der „Gegenleistung“ der Klägerin (3.).
1. Nach Auffassung der Klägerin liegt ein Fall des § 2 Abs. 2 Satz 3 ErstVBayFHVR vor. Danach wird je Monat des Fachstudiums ein Abschlag von 308,00 EUR vorgenommen, soweit einen Monat vor Beginn eines Teilabschnitts des Fachstudiums in Abstimmung mit der Fachhochschule für öffentliche Verwaltung und Rechtspflege auf die Unterkunft verzichtet wird.
Dabei geht das Gericht davon aus, dass ein Verzicht auf die Unterkunft nicht nur von der Klägerin erklärt werden kann, sondern auch von einzelnen Studierenden, die eine Unterkunft nicht benötigen. In der mündlichen Verhandlung hat der Beklagte dazu nämlich ausgeführt, dass in der Praxis ein entsprechender Verzicht unmittelbar vom Studierenden gegenüber der Hochschule erklärt wird und die Hochschule dies dann auch akzeptiert.
a) Ein ausdrücklich erklärter Verzicht auf die Unterkunft liegt nicht vor.
Ihrem Wortlaut nach setzt die Vorschrift einen Verzicht auf die Unterkunft in Abstimmung mit der Hochschule voraus, der bereits einen Monat vor Beginn eines Teilabschnitts erklärt werden muss. Für den Studienjahrgang 2017/2020 (Studienzeit: 2.1.bis 30.7.2020) und für den Jahrgang 2019/2022, Abschnitt I2 (Studienzeit: 1.1. bis 27.3.2020) konnte ein derartiger Vorabverzicht schon deshalb nicht erklärt werden, weil zum Beginn des jeweiligen Teilabschnitts noch nicht absehbar war, dass der Studienbetrieb am 16.3.2020 wegen des coronabedingten Lockdowns eingestellt werden musste und folglich eine Unterkunft (teilweise) nicht benötigt wird. Ein ausdrücklicher Verzicht ist unstreitig auch weder seitens der Klägerin noch seitens der Studierenden gegenüber der Hochschule geäußert worden. Die Studierenden dieser Jahrgänge haben ihre Zimmer zunächst in der Annahme bezogen, ihr Studium regulär absolvieren zu können. Sie mussten ihre Zimmer erst aufgrund des Lockdowns wieder räumen. Der Jahrgang 2019/2022 musste die Zimmer vollständig räumen, da der noch zu absolvierende Studienteilabschnitt nur noch bis zum 27.3.2020 dauerte und es von Anfang an klar war, dass der Lockdown länger dauern würde. Der Jahrgang 2017/2020 hätte dagegen die Zimmer nach Beendigung des Lockdowns am 18.5.2020 wieder beziehen können: Allerdings hat die Hochschule die betroffenen Studenten dieses Jahrgangs weiterhin im Onlineunterricht ausgebildet, da aus Gründen des Hygienekonzepts nicht alle Studierenden vor Ort in Wasserburg in Präsenz unterrichtet werden konnten. Auch dies war jedoch am Anfang des Studienabschnitts und wohl auch zu Beginn des Lockdowns noch nicht bekannt. Anders ist es nicht zu erklären, dass die Studierenden – sofern gewünscht – ihre persönlichen Gegenstände in den Zimmern belassen konnten.
Die Studierenden des Studienjahrgangs 2018/2021 (Studienzeit: 30.3. bis 17.7.2020) reisten dagegen von vorneherein nicht nach Wasserburg, da zum Zeitpunkt des Beginns der Studienzeit bereits absehbar war, dass für sie ausschließlich Onlineunterricht angeboten werden kann. Auch für diesen Jahrgang konnte kein rechtzeitiger Verzicht auf die Unterkunft erklärt werden, da einen Monat vor Beginn der Studienzeit – also am 30.4.2020 – nicht vorhersehbar war, dass der Präsenzunterricht und der Unterkunftsbetrieb der HföD ab dem 16.3.2020 aufgrund der Corona-Pandemie lahmgelegt sein wird.
Anders stellt sich die Situation nur für den Studienjahrgang 2019/2022 im Abschnitt II1 (Studienzeit 21.9. bis 31.12.2020) dar. Hier war der Klägerin eigenen Angaben zufolge bereits aufgrund eines Schreibens des Fachbereichs Sozialverwaltung der HföD vom 5.8.2020 bekannt, dass Präsenzunterricht nicht stattfinden wird. Bezüglich dieses Jahrgangs wäre es somit möglich gewesen, einen Verzicht auf die Unterkunft rechtzeitig – also einen Monat vor Beginn des Teilabschnitts – zu erklären. Einen derartigen ausdrücklichen Verzicht haben aber weder die Klägerin noch einzelne Studierende gegenüber der Hochschule erklärt.
b) Die zur Entscheidung berufene Kammer, vermag auch einen konkludenten Verzicht auf die Unterkunft nicht zu erkennen.
Eine Willenserklärung – wie vorliegend der Verzicht auf die Unterkunft – kann grundsätzlich auch konkludent, also durch schlüssiges Verhalten, abgegeben werden. Nach der sogenannten objektiven Theorie ist das der Fall, wenn der rechtsgeschäftliche Wille unmittelbar aus der auf einen rechtlichen Erfolg gerichteten Sprache – die auch individuell oder verkehrsmäßig typisierte Zeichensprache, wie z.B. Handheben in einer Versammlung sein kann -, hervorgeht oder wenn er mittelbar aus anderen Indizien erschlossen werden kann. Maßgeblich ist die Sicht des Erklärungsempfängers. Ein spezieller Fall der konkludenten Willenserklärung ist die stillschweigende, bei der mittelbar aus dem Schweigen in einer bestimmten Situation ein Indizienschluss auf einen bestimmten rechtsgeschäftlichen Willen gezogen wird (ausführlich zu konkludenten Willenserklärungen: Armbrüster in: Münchener Kommentar zum BGB, 9. Auflage 2021, Vorb. §§ 116 ff Rn. 6).
Da auch eine konkludente fristgebundene Willenserklärung innerhalb der für sie vorgesehenen Frist erfolgen muss, kommt ein Verzicht auf die Unterkunft durch Schweigen der Klägerin bzw. der betroffenen Studierenden von vorneherein nur bezüglich des Studienjahrgangs 2019/2022 im Abschnitt II1 in Betracht. Bereits oben wurde dargestellt, dass der Verzicht einen Monat vor Beginn des jeweiligen Studienteilabschnitts erklärt werden muss, was aufgrund der zeitlichen Abläufe nur beim eben genannten Jahrgang möglich gewesen wäre. Insoweit kann auf die obigen Ausführungen unter 1. a) verwiesen werden.
Unabhängig von der Frage, ob es überhaupt möglich ist, einen Verzicht auf die Unterkunft für einen ganzen Jahrgang zu erklären (vgl. dazu 3.), konnte die Hochschule allein aufgrund des Schweigens der Klägerin und der betroffenen Studierenden nicht den Schluss ziehen, dass die Klägerin stillschweigend einen Verzicht auf die Unterkunft erklärt hat. Einerseits ist insoweit zu bedenken, dass sich die Klägerin vor Beginn des Studienteilabschnitts nicht anders verhalten hat, als vor der Pandemie. In der mündlichen Verhandlung hat sich ergeben, dass die von der Klägerin an die Hochschule entsandten Studierenden nur einmal vor Beginn des Studiums von der Klägerin bei der HföD angemeldet werden. Die Hochschule lädt dann die Studierenden über deren jeweilige Dienststellen rechtzeitig vor Beginn eines neuen Studienabschnitts ein und die Studierenden werden dann von ihren Dienststellen der Hochschule zugewiesen. Ein irgendwie geartetes Zutun der Klägerin, um das Fortsetzen des Studiums zu gewährleisten – etwa eine Neuanmeldung der Studierenden für jeden Studienteilabschnitt – ist somit nicht erforderlich. Aus Sicht der Hochschule ist aus einem Schweigen der Klägerin somit zu folgern, dass alle einmal angemeldeten Studierenden das Studium fortsetzen wie bisher und dass allen Studierenden, für die bisher eine Unterkunft bereitgestellt worden ist, diese auch künftig benötigen. Ein Tätigwerden der Klägerin ist grundsätzlich nur dann erforderlich, wenn ein Studierender das Studium abbricht. In diesem Fall meldet die Klägerin den Studierenden bei der Hochschule ab, was dann dazu führt, dass der Studienplatz nicht mehr belegt ist und für die Klägerin insoweit überhaupt keine Kosten mehr entstehen (vgl. § 2 Abs. 2 Sätze 1 und 2, § 3 Abs. 2 ErstVBayFHVR). Zudem ist es möglich, dass einzelne Studierende, die eine Unterkunft nicht (mehr) benötigen, den Verzicht nach § 2 Abs. 2 Satz 3 ErstVBayFHVR unmittelbar gegenüber der HföD erklären. Für alle anderen Studierenden durfte die HföD demzufolge davon ausgehen, dass diese noch angemeldet sind, ihr Studium fortführen und nicht auf die Unterkunft verzichten, sodass für diese ein Betrag von 1.364,00 EUR je Monat des Fachstudiums nach § 2 Abs. 2 Satz 2 ErstVBayFHVR seitens der Klägerin zu erstatten ist.
Warum das Schweigen der Klägerin in der Pandemie anders zu verstehen sein sollte, ist nicht ersichtlich. Zwar wurde für die Studierenden des hier zu beurteilenden Studienteilabschnitts tatsächlich keine Unterkunft benötigt, da ausschließlich Digitalunterricht stattfand. Dass für den betreffenden Jahrgang voraussichtlich ausschließlich Digitalunterricht angeboten werden wird, war von den Beteiligten vorhersehbar, was sich aus dem Schreiben der Hochschule vom 5.8.2020 ergibt, welches der Klägerin offensichtlich bekannt war. Allerdings ist der fragliche Abschnitt des Schreibens mit „Planung des Studiums für Herbst 2020 (derzeitiger Stand)“ überschrieben. Hieraus ergibt sich, dass die HföD bemüht war, ein pandemiekonformes Studium anzubieten, was nur durch die Unterrichtung verschiedener Studienjahrgänge im Onlineverfahren möglich war. Aus dem Klammerzusatz „derzeitiger Stand“ ergibt sich jedoch, dass Änderungen der Planungen jederzeit infrage kamen. Hätte sich etwa die Corona-Situation während des fraglichen Studienabschnitts verbessert, so hätte auch der Fall eintreten können, dass wieder Präsenzunterricht stattfinden kann. In diesem Fall hätte dann die Hochschule wieder Unterkünfte zu Verfügung stellen müssen, weshalb die nicht belegten Unterkünfte auch tatsächlich vorgehalten wurden. Ein derartiger Fall ist nach Angabe des Beklagten in der mündlichen Verhandlung im Oktober 2021 auch tatsächlich eingetreten. Ein Studienjahrgang, der bislang digital unterrichtet worden sei, sei am 11.10.2021 kurzfristig wieder einberufen worden, sodass die seitens der HföD vorgehaltenen Unterkünfte auch tatsächlich wieder benötigt worden seien. Würde das bloße Schweigen der Klägerin in einem derartigen Fall als Verzicht auf die Unterkunft anzusehen sein, so hätte dies zur Folge, dass die Studierenden wieder zum Unterricht einberufen werden können, aber vor Ort keine Unterkunft mehr haben, was sicherlich auch von der Klägerin nicht gewollt wäre. Zwar wird man davon ausgehen können, dass die meisten Unterkünfte auch im Fall der Nichtbelegung von der Hochschule vorgehalten werden müssen, da eine anderweitige Vergabe nicht möglich ist, sodass auch im Fall einer kurzfristigen Wiedereinberufung von Studierenden eine Unterkunft hätte zur Verfügung gestellt werden können. Allerdings würde dies zu einer einseitigen Verlagerung des Risikos der Nichtbelegung von Unterkünften auf die HföD führen.
Nach alledem musste die Hochschule aufgrund des bloßen Schweigens der Klägerin auch nach Einführung des Digitalunterrichts weiterhin davon ausgehen, dass sie Unterkünfte für die Studierenden vorhalten muss, auch wenn diese voraussichtlich tatsächlich nicht genutzt werden. Aus maßgeblicher Sicht der Hochschule konnte das bloße Schweigen der Klägerin somit nicht als Verzicht auf die Unterkunft verstanden werden.
2. Eine Verzichtserklärung war auch nicht entbehrlich.
Soweit die Klägerin der Auffassung ist, eine ausdrückliche Erklärung eines Verzichts auf die Unterkunft sei entbehrlich gewesen, weil es keinen Sinn mache, auf etwas zu verzichten zu müssen, das von vorneherein nicht angeboten worden sei, so vermag die Kammer dem nicht zu folgen. Die Argumentation der Klägerin orientiert sich an einer am Sinn und Zweck der Vorschrift orientierten einschränkenden Auslegung des Art. 2 Abs. 2 Satz 3 ErstVBayFHVR. Sie meint, die Bereitstellung einer Unterkunft durch die HföD und der von der Klägerin für die Unterkunft zu zahlende Betrag stünden in einem unmittelbaren Gegenseitigkeitsverhältnis. Dies ist jedoch gerade nicht der Fall. Insgesamt dienen die Regelungen in der ErstVBayFHVR einer pauschalierten Umlegung der Ausbildungskosten auf die einzelnen Dienstherren, die Studierende an die Hochschule entsenden.
Art. 3 Abs. 2 Satz 1 und 4 HföDG bestimmen, dass nichtstaatliche öffentliche Dienstherren die Kosten mit Ausnahme der Kosten für Grunderwerb, für Neu-, Um- und Erweiterungsbauten sowie für die Erstausstattung der Fachhochschule für öffentliche Verwaltung und Rechtspflege anteilig nach der Zahl der Studierenden tragen, soweit sie ihren Nachwuchs für den Einstieg in der dritten Qualifikationsebene an der HföD ausbilden. Nach § 3 Abs. 2 Satz 4 HföDG werden die Kosten pauschal abgerechnet. Aus diesen Vorschriften ergibt sich, dass die nichtstaatlichen öffentlichen Dienstherrn im Ergebnis die anteiligen Gesamtkosten der Ausbildung für ihre Studierenden tragen müssen, und zwar unabhängig davon, ob der einzelne Student bestimmte Angebote der Hochschule im Einzelfall auch wahrnimmt. Im Rahmen der Ausbildung ist dabei grundsätzlich davon auszugehen, dass während der verschiedenen Studienteilabschnitte Präsenzunterricht in Wasserburg stattfindet. Da die Studierenden aus ganz Bayern kommen, müssen diesen grundsätzlich auch Unterkünfte angeboten werden. Dementsprechend zählen auch die Kosten für die Unterkunft zu den Kosten, die die Hochschule auf die nichtstaatlichen öffentlichen Dienstherrn entsprechend der Anzahl der entsandten Studenten umlegen kann. Im Regelbetrieb der Hochschule ist dabei davon auszugehen, dass die eigenen Unterkünfte der Hochschule sowie auch angemietete Unterkünfte auch tatsächlich genutzt werden, wobei sich aus § 2 Abs. 2 Satz 3 ErstVBayFHVR ergibt, dass die pauschalierten Unterkunftskosten für jeden Studierenden 308,00 EUR betragen. Grundsätzlich fallen diese Kosten unabhängig davon an, ob die Unterkünfte im Einzelfall tatsächlich belegt sind oder nicht. Insoweit mag es zwar zu geringeren Ausgaben der Hochschule kommen, weil etwa die Heizkosten niedriger ausfallen. Gleichwohl hat die Hochschule erhebliche Aufwendungen allein für das Vorhalten der Unterkünfte, weshalb diese Kosten grundsätzlich auch von den nichtstaatlichen Dienstherren getragen werden müssen. Es handelt sich insoweit um einen Teil der Kosten der Ausbildung im Sinne des § 1 ErstVBayFHVR.
Auch wenn § 2 Abs. 2 Satz 3 ErstVBayFHVR bestimmt, dass die pauschalierten monatlichen Kosten für die Belegung eines Studienplatzes um 308,00 EUR reduziert werden, wenn für einen Studierenden auf die Unterkunft verzichtet wird, so bedeutet dies nicht, dass insoweit eine Reduzierung der „Gegenleistung“ vorgenommen wird, weil die entsprechende „Leistung“ – also die Unterkunft – nicht in Anspruch genommen wird. Letztendlich handelt es sich auch insoweit nur um einen pauschalierten Ansatz. Dies folgt letztendlich aus § 8 ErstVBayFHVR, der festlegt, dass die festgesetzten Kosten für die einzelnen Studiengänge regelmäßig alle drei Jahre überprüft und bei einer Abweichung von mehr als 10 v.H. von den tatsächlichen Ausgaben entsprechend angepasst werden. Dies bedeutet im Ergebnis, dass unter den soeben genannten Voraussetzungen beispielsweise dann eine Anpassung erfolgen muss, wenn sich die Unterkunftskosten erhöhen – etwa wegen gestiegener Heizkosten – oder wenn sich diese verringern – etwa weil die von der Hochschule vorgehaltenen Unterkünfte nicht genutzt werden und sich deshalb die Kosten für die Hochschule vermindern. Aufgrund dessen erscheint es schon mehr als fraglich, ob ein nichtstaatlicher öffentlicher Dienstherr generell für einen gesamten Studienjahrgang auf die Unterkunft verzichten kann, wenn die Unterkünfte aufgrund von Umständen nicht genutzt werden können, die die Hochschule nicht zu vertreten hat. Dies würde im Ergebnis nämlich dazu führen, dass die von der ErstVBayFHVR angestrebte Kostendeckung im Wege der pauschalierten Abrechnung nicht mehr erreicht werden würde. In diesem Fall würden die Vorhaltekosten für die Unterkünfte nicht mehr vollständig abgedeckt.
Dass die ErstVBayFHVR nicht von einem strikten Gegenseitigkeitsprinzip ausgeht, zeigt sich auch an den Regelungen in § 3 Abs. 2 ErstVBayFHVR. Danach sind für jeden begonnenen Teilabschnitt des Fachstudiums die vollen darauf entfallenden Kosten zu begleichen, unabhängig davon, ob der Abschnitt vom Studierenden abgeschlossen wurde (Satz 1). Sollte das Studium innerhalb der ersten vier Wochen des ersten Teilabschnitts des Fachstudiums abgebrochen werden, fällt lediglich eine Pauschale von 1.000,00 EUR an (Satz 2). Die Dauer der Teilabschnitte des Fachstudiums wird jeweils auf volle oder halbe Monate festgesetzt (Satz 3). Die Hochschule ist berechtigt, bereits abgeschlossene und begonnene Teilabschnitte des Fachstudiums abzurechnen (Satz 4). Aus diesen Regelungen geht besonders deutlich hervor, dass bei der Kostenerstattung ein pauschalierter Ansatz verfolgt wird, um die Abrechnung zu erleichtern.
Sinn und Zweck der Regelung in § 2 Abs. 2 Satz 3 ErstVBayFHVR ist somit nicht die konkrete Vergütung der einem einzelnen Studierenden zur Verfügung gestellten Unterkunft, sondern eine pauschalierte Abrechnung aller durch die Hochschule bereitgestellten Unterkünfte, mit dem Ziel, am Ende eines Abrechnungszeitraums eine Kostendeckung zu erreichen. Sollte durch den pauschalierten Ansatz eine Über- oder Unterdeckung entstehen, so sind die pauschalierten Kostensätze unter den Voraussetzungen des § 8 ErstVBayFHVR anzupassen.
Nach alledem ist § 2 Abs. 2 Satz 3 ErstVBayFHVR nicht Ausdruck eines Gegenseitigkeitsprinzips. Vielmehr bezwecken alle Regelungen der ErstVBayFHVR, dass die der Hochschule entstehenden Kosten des Hochschulstudiums für die Studierenden nichtstaatlicher öffentlicher Dienstherren abgedeckt werden. Die von der Hochschule zu erbringende Leistung ist somit die Ausbildung der Bediensteten der Klägerin. Diese Leistung hat sie auch erbracht, auch wenn kein Präsenzunterricht stattgefunden hat. Im Gegenzug hat die Klägerin der HföD alle der Hochschule entstehenden Kosten zu erstatten, die nach dem oben Gesagten pauschaliert abgerechnet werden. Dazu zählen grundsätzlich auch die Kosten der Bereithaltung der Unterkünfte, und zwar unabhängig davon, ob diese tatsächlich genutzt werden oder nicht.
Deshalb kann auch dahinstehen, ob es – wie die Klägerin meint – einen allgemeinen Grundsatz gibt, wonach einer Forderung immer eine Gegenleistung gegenüberstehen müsse. Aufgabe der Hochschule ist es nach Art. 1 Abs. 1 HföDG eine Ausbildung für den Einstieg in der dritten Qualifikationsebene bereitzustellen. Nach § 1 Abs. 2 Satz 1 HföDG vermittelt sie den Studierenden auf der Grundlage wissenschaftlicher Erkenntnisse eine auf die Aufgaben der Verwaltung und der rechtspflegebezogene Bildung, die zur Erfüllung der Dienstaufgaben befähigt. Hierin besteht im Ergebnis die „Leistung“ der Hochschule. Diese Leistung hat die Hochschule vollumfänglich – wenn auch zum Teil durch Zurverfügungstellung von Digitalunterricht – erbracht. Die hierfür von ihr aufgewendeten Kosten sind anteilig auf die nichtstaatlichen öffentlichen Dienstherrn umzulegen (Art. 3 Abs. 2 HföDG, § 1 ErstVBayFHVR).
3. Die Vorschriften des Bürgerlichen Gesetzbuchs über Leistungsstörungen – insbesondere die §§ 275, 326 BGB – finden keine Anwendung, da zwischen den Beteiligten kein öffentlich-rechtlicher Vertrag besteht und auch eine Analogie nicht in Betracht kommt.
Würde zwischen den Verfahrensbeteiligten ein öffentlich-rechtlicher (Ausbildungs-)Vertrag nach Art. 54 des Bayerischen Verwaltungsverfahrensgesetzes (BayVwVfG) bestehen, so könnten gemäß Art. 62 Satz 2 BayVwVfG ergänzend zu den geltenden öffentlich-rechtlichen Normen die Vorschriften des Bürgerlichen Gesetzbuches über Leistungsstörungen entsprechend anwendbar sein.
Ein solcher Vertrag zwischen den Verfahrensbeteiligten besteht jedoch nicht. Nach Art. 17 Abs. 1 Satz 2 HföDG werden andere öffentliche Bedienstete – also solche Bediensteten, die keine Beamten auf Widerruf sind (Art. 17 Abs. 1 Satz 1 HföDG) -, wie die von der Klägerin an die Hochschule entsandten Tarifangestellten, auf Antrag des Dienstherren zugelassen, wenn für den Erwerb der Qualifikation für eine Fachlaufbahn mit Einstieg in der dritten Qualifikationsebene die Berufung in das Beamtenverhältnis auf Widerruf nicht erforderlich ist. Dementsprechend besteht ein Anspruch auf Zulassung, wobei sich die Finanzierung der Hochschule nach Art. 3 HföDG und der ErstVBayFHVR richtet. Die Zulassung der Studierenden basiert folglich nicht auf übereinstimmenden Willenserklärungen zwischen den Verfahrensbeteiligten, die Voraussetzungen für den Abschluss eines Vertrages sind (vgl. Art. 62 Satz 2 BayVwVfG, §§ 145 ff BGB). Dementsprechend ist die Kostentragungspflicht auch keine vertragliche Leistungspflicht. Die Kosten der Ausbildung werden vielmehr von der HföD nach § 3 Abs. 1 ErstVBayFHVR durch Bescheid festgesetzt.
Darüber hinaus sind die Vorschriften auch nicht analog anwendbar.
§ 326 Abs. 1 Satz 1 Hs. 1 BGB enthält letztendlich eine Regelung der Gefahrtragung für die Gegenleistung. Der Grundsatz lautet, dass ein Schuldner den Anspruch auf die Gegenleistung verliert, wenn er selbst seine Leistung, zu deren Erbringung er aufgrund von im Gegenseitigkeitsverhältnis stehender Vereinbarungen verpflichtet ist, nicht mehr erbringen muss, weil nach § 275 Abs. 1 bis 3 BGB für ihn ein Fall subjektiver oder objektiver Unmöglichkeit eingetreten ist. Dem Untergang des Leistungsanspruchs gemäß § 275 BGB folgt somit der Untergang des Gegenleistungsanspruchs gemäß § 326 Abs. 1 Satz 1 Hs. 1 BGB (vgl. dazu Schwarze in: Staudinger, BGB, Neubearbeitung 2020, § 326 Rn. B 6). Voraussetzung für die Anwendbarkeit der genannten Vorschrift ist jedoch, dass die betreffenden Leistungspflichten im Gegenseitigkeitsverhältnis stehen. Für den vorliegenden Fall bedeutet dies somit, dass die Nutzungsmöglichkeit im Hinblick auf die von der Hochschule angebotene Unterkunft im Gegenseitigkeitsverhältnis mit der Bezahlung für die Unterkunft stehen müsste. Bereits oben (vgl. 2.) wurde jedoch dargestellt, dass die Klägerin nicht die konkrete Unterkunft für jeden einzelnen Studierenden zu bezahlen hat. Vielmehr handelt es sich bei dem Aufwand für die seitens der Hochschule zur Verfügung gestellten Unterkünfte um einen Teil der Kosten des gesamten Hochschulstudiums, die dann pauschaliert auf die von der Klägerin entsandten Studierenden umzulegen sind. „Hauptleistung“ der HföD ist damit allenfalls die vollumfängliche Durchführung des Hochschulstudiums einschließlich der Durchführung der entsprechenden Prüfungen. Als „Hauptleistung“ der Klägerin könnte man im Gegenzug dazu dann die pauschalierte Erstattung sämtlicher von der HföD aufgewendeten Kosten, die durch das Studium der seitens der Klägerin entsandten Studierenden entstanden sind, ansehen. Insoweit hat die Hochschule aber ihre „Hauptleistung“ erbracht, weshalb auch die Klägerin zu Erbringung der „Gegenleistung“ verpflichtet ist.
Nach alledem wird deutlich, dass zwischen der Zurverfügungstellung der Unterkünfte und deren „Bezahlung“ keine synallagmatische Verknüpfung besteht, weshalb eine analoge Anwendung der §§ 275, 326 BGB nicht in Betracht kommt.
Die Klage war daher mit der Kostenfolge des § 154 Abs. 1 VwGO abzuweisen.
Der Ausspruch über die vorläufige Vollstreckbarkeit der Kostenentscheidung folgt aus den §§ 167 VwGO, 708 ff. ZPO.


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