Verwaltungsrecht

Konkrete Gefahr im Abfallbeseitigungsrecht

Aktenzeichen  20 ZB 16.587

Datum:
15.9.2016
Rechtsgebiet:
Fundstelle:
BeckRS – 2016, 106539
Gerichtsart:
VGH
Gerichtsort:
München
Rechtsweg:
Verwaltungsgerichtsbarkeit
Normen:
BayVwVfG Art. 28 Abs. 2, Art. 45 Abs. 1, Art. 45 Abs. 2
KrWG § 9 Abs. 1, § 15 Abs. 3, § 62

 

Leitsatz

Heilung durch nachträglichen Anhörung tritt nur dann ein, wenn diese ordnungsgemäß durchgeführt und ihre Funktion für den Entscheidungsprozess der Behörde uneingeschränkt erreicht wird. Hierfür ist ein von dem gerichtlichen Verfahren getrenntes Verfahren nicht erforderlich. (redaktioneller Leitsatz)

Verfahrensgang

17 K 15.4700 2016-02-18 Urt VGMUENCHEN VG München

Tenor

I. Der Antrag auf Zulassung der Berufung wird abgelehnt.
II. Die Klägerin trägt die Kosten des Zulassungsverfahrens.
III. Der Streitwert wird für das Zulassungsverfahren auf 10.000,00 € festgesetzt.

Gründe

Der Antrag auf Zulassung der Berufung gegen das Urteil des Verwaltungsgerichts München vom 18. Februar 2016 ist zulässig, aber unbegründet, da keiner der geltend gemachten Zulassungsgründe vorliegt.
1. Es bestehen keine ernstlichen Zweifel im Sinne von § 124 Abs. 2 Nr. 1 VwGO an der Richtigkeit der verwaltungsgerichtlichen Entscheidung. Die Richtigkeit der Entscheidung bestimmt sich insoweit nach der Urteilsformel, also nach dem Ergebnis und nicht nach der Richtigkeit einzelner Elemente der Entscheidungsgründe (vgl. nur Happ in Eyermann, VwGO, 14. Auflage 2014, § 124, Rn. 12 m.w.N.). Ernstliche Zweifel bestehen hier weder was die formelle (hierzu a) noch was die materielle Rechtmäßigkeit (hierzu b) des streitgegenständlichen Bescheides angeht.
a) Entgegen dem Vorbringen in der Antragsbegründung ist der Bescheid des Landratsamts vom 28. September 2015 nicht formell rechtswidrig, insbesondere nicht aufgrund der nicht erfolgten Anhörung nach Art. 28 BayVwVfG. Dass diese vor Erlass des Bescheids unterblieben ist, ist zwischen den Beteiligten unstreitig.
Entgegen der Argumentation des Beklagten war die Anhörung im vorliegenden Fall nicht nach Art. 28 Abs. 2 BayVwVfG entbehrlich. Der Beklagte macht im Antragsverfahren geltend, dass ein Fall nach Art. 28 Abs. 2, 1. Halbsatz BayVwVfG vorliege, indem die Anhörung nach den Umständen des Einzelfalls nicht geboten gewesen sei. Zutreffend an dieser Argumentation ist zwar, dass die in den Ziffern 1 bis 5 des Art. 28 Abs. 2 BayVwVfG geregelten Fallgruppen nicht abschließend sind und auch außerhalb von ihnen von der Anhörung abgesehen werden kann, wenn sie nach den Umständen des Einzelfalls nicht geboten ist. Hierfür ist jedoch grundsätzlich ein strenger Maßstab anzulegen. Der Grund, der es nach den Umständen des Einzelfalls nicht geboten erscheinen lässt, eine Anhörung durchzuführen, muss mit den in den Ziffern 1 bis 5 geregelten Fällen gleichwertig sein (Kallerhoff in Stelkens/Bonk/Sachs, Verwaltungsverfahrensgesetz, 8. Auflage 2014, § 28, Rn. 48 m.w.N.). Entgegen der Argumentation des Beklagten lag hier eine mit Art. 28 Abs. 2 Nr. 3 BayVwVfG (kein Abweichen zu Ungunsten des Beteiligten von dessen tatsächlichen Angaben in einem Antrag oder einer Erklärung) vergleichbare Situation nicht vor. Denn auch wenn die Klägerin mit einer behördlichen Einmischung rechnen musste, war für sie vor Bescheidserlass nicht absehbar, welche Maßnahmen genau der Beklagte ergreifen werde. Dass der Beklagte bei der dann tatsächlich ergriffenen Maßnahme nicht von abweichenden Tatsachen ausgegangen ist, ist insoweit nicht ausreichend. Denn da für die Klägerin nicht erkennbar war, welche Maßnahme die Behörde ergreifen werde, war eine Anhörung im Einzelfall gerade nicht entbehrlich.
Allerdings wurde dieser formelle Mangel nach Art. 45 Abs. 1 Nr. 3, Abs. 2 BayVwVfG inzwischen geheilt. Das Bundesverwaltungsgericht hat in seinem Urteil vom 17. Dezember 2015 (Az. 7 C 5/14 – NVwZ-RR 2016, 449 – 454 Rn. 17) in Konkretisierung und unter Bezugnahme auf die von der Klägerin in der Antragsbegründung zitierten Urteile vom 24. Juni 2010 (Az. 3 C 14.09 – BVerwGE 137, 199, Rn. 37) und vom 22. März 2012 (Az. 3 C 16.11 – BVerwGE 142, 205, Rn. 18) die Anforderungen an eine nachträgliche Heilung einer unterbliebenen Anhörung dargestellt. Danach tritt die Heilung nur dann ein, wenn die Anhörung nachträglich ordnungsgemäß durchgeführt und ihre Funktion für den Entscheidungsprozess der Behörde uneingeschränkt erreicht wird. Diese Funktion bestehe nicht allein darin, dass der Betroffene seine Einwendungen vorbringen könne und diese von der Behörde zur Kenntnis genommen würden, sondern schließe vielmehr ein, dass die Behörde ein etwaiges Vorbringen bei ihrer Entscheidung in Erwägung ziehe. Dementsprechend habe das Bundesverwaltungsgericht Äußerungen und Stellungnahmen von Beteiligten in gerichtlichen Verfahren als solche zur Heilung einer zunächst unterbliebenen Anhörung nicht ausreichen lassen. Eine funktionsgerecht nachgeholte Anhörung setze vielmehr voraus, dass sich die Behörde nicht darauf beschränke, die einmal getroffene Sachentscheidung zu verteidigen, sondern dass sie das Vorbringen des Betroffenen erkennbar zum Anlass nehme, die Entscheidung kritisch zu überdenken.
Diesen Anforderungen wurde im Nachgang zum Erlass des Bescheides vom 28. September 2015 genüge getan mit der Folge, dass eine Heilung nach Art. 45 Abs. 1 Nr. 3, Abs. 2 BayVwVfG inzwischen eingetreten ist. Denn der Beklagte hat einerseits die umfangreichen Ausführungen der Klagebegründung in seiner Erwiderung vom 23. November 2015 zur Kenntnis genommen und diese umfangreich gewürdigt. Darüber hinaus ergibt sich aber auch aus der Erklärung des Vertreters der Beklagten in der mündlichen Verhandlung vom 18. Februar 2016, dass unter ausführlicher Auseinandersetzung mit den Schriftsätzen der Klägerin keine Veranlassung bestehe, den streitgegenständlichen Bescheid zu ändern, dass der Beklagte das Vorbringen der Klägerin auch zum Anlass für ein kritisches Überdenken der Entscheidung genommen hat. Damit sind die materiellen Anforderungen an die Nachholung einer zunächst unterbliebenen Anhörung nach der genannten Entscheidung des Bundesverwaltungsgerichts aber gewahrt.
Soweit der 3. Senat des Bundesverwaltungsgerichts in seinen Entscheidungen vom 24. Juni 2010 (a.a.O. Rn. 37) und vom 22. März 2012 (a.a.O. Rn. 18) ausgeführt hat, dass eine Heilung durch Äußerungen und Stellungnahmen im gerichtlichen Verfahren nicht möglich sei, ist damit, wie in der Entscheidung vom 17. Dezember 2015 klargestellt, nicht gemeint, dass eine nachträgliche Anhörung in einem vom gerichtlichen Verfahren getrennten Verfahren erfolgen muss. Maßgeblich ist allein, dass die inhaltlichen Anforderungen an eine Anhörung gewahrt werden und diese ihre Funktion für den Entscheidungsprozess der Verwaltung erfüllen kann. Eine Anhörung außerhalb des gerichtlichen Verfahrens, wie sie die Klägerseite auf Seite 9 der Antragsbegründung verlangt, wäre, um mit den Worten des Verwaltungsgerichts zu sprechen, tatsächlich ein reiner Formalismus und wird, wie die Klarstellung in dem Urteil vom 17. Dezember 2015 zeigt, auch vom Bundesverwaltungsgericht nicht gefordert.
Aus diesem Grunde liegt auch keine Divergenz im Sinne von § 124 Abs. 2 Nr. 4 VwGO von den Entscheidungen des Bundesverwaltungsgerichts vom 24. Juni 2010 und vom 22. März 2012 vor.
Soweit die Klägerin gegen die Heilung des Verfahrensmangels aufgrund der Protokollerklärungen in der mündlichen Verhandlung vor dem Verwaltungsgericht einwendet, dass das Anhörungserfordernis nach Art. 28 BayVwVfG dann vollständig unterlaufen würde, ist dem entgegen zu halten, dass dieses Argument Art. 45 Abs. 2 BayVwVfG, nach dem eine Anhörung bis zum Abschluss der letzten Tatsacheninstanz eines verwaltungsgerichtlichen Verfahrens nachgeholt werden kann, außer Acht lässt.
b) Aber auch in materieller Hinsicht bestehen keine ernstlichen Zweifel an der Richtigkeit der verwaltungsgerichtlichen Entscheidung. Der Bescheid ist auf die Befugnisnorm des § 62 KrWG gestützt. Danach kann die zuständige Behörde im Einzelfall die erforderlichen Anordnungen zur Durchführung dieses Gesetzes und der aufgrund dieses Gesetzes erlassenen Rechtsverordnungen treffen. Damit zielt die Bestimmung auf die Konkretisierung von nach dem Kreislaufwirtschaftsgesetz ohnehin bestehenden Rechtspflichten im Einzelfall ab (Beckmann in Landmann/Rohmer, Umweltrecht, § 62 KrWG, Rn. 17; Queitsch in BeckOK Umweltrecht, 39. Edition, Stand 1.4.2016, § 62 Kreislaufwirtschaftsgesetz, Rn. 2).
Vorliegend findet sich im Kreislaufwirtschaftsgesetz zwar kein Zustimmungsvorbehalt wie er in dem streitgegenständlichen Bescheid verfügt wurde. Allerdings handelte es sich bei der hier im Einzelfall angeordneten Pflicht um ein Minus zu dem Trennungsgebot nach § 9 Abs. 1 KrWG (für Abfälle zur Verwertung) bzw. § 15 Abs. 3 KrWG (für Abfälle zur Beseitigung).
Erforderlich im Sinne von § 62 KrWG ist eine Einzelfallanordnung dann, wenn eine Rechtspflicht missachtet wird oder eine solche Missachtung droht (Beckmann in Landmann/Rohmer, a.a.O., Rn. 16; Versteyl in Versteyl/Mann/Schomerus, Kreislaufwirtschaftsgesetz, 3. Auflage 2012, § 62, Rn. 4). Es muss ein Konkretisierungsbedürfnis bzw. Vollzugserfordernis im Einzelfall bestehen, was der Fall ist, wenn der Adressat gegen eine gesetzliche Verpflichtung verstößt, verstoßen hat oder der Verstoß konkret droht (Lechtermann in Jahn/Deifuß-Kruse/Brandt, Kreislaufwirtschaftsgesetz, 1. Auflage 2014, § 62 Rn. 26). Erforderlichkeit in diesem Sinne liegt jedenfalls dann vor, wenn die Pflichtenstellung bereits verletzt ist, aber auch dann, wenn eine solche mit hinreichender Wahrscheinlichkeit droht, insofern also eine konkrete Gefahr für die öffentliche Sicherheit droht (von Komorowski in Jarass/Petersen, Kreislaufwirtschaftsgesetz 2014, § 62 Rn. 28 – 29 unter Verweis auf OVG Münster, NVwZ 2009, 1505, 1506). Je schwerwiegender die drohende Rechtsgutsverletzung ist, desto geringer sind die an die Wahrscheinlichkeit der Pflichtverletzung zu stellenden Anforderungen.
Die Klägerin wendet gegen die vom Beklagten und dem Verwaltungsgericht bejahte konkrete Wahrscheinlichkeit eines Verstoßes gegen das Trennungsgebot ein, dass sie in der Vergangenheit keine Änderungen an den Haufwerken auf ihrem Betriebsgelände ohne Rücksprache mit den Behörden vorgenommen habe. Damit werden die für das Verwaltungsgericht maßgeblichen Argumente für die Bejahung der konkreten Gefahr jedoch nicht in Frage gestellt. Das Verwaltungsgericht stützte seine Einschätzung letztlich auf drei Aspekte, nämlich einerseits die Tatsache, dass die zuvor bestehende strafrechtliche Beschlagnahme des Betriebsgeländes aufgehoben worden sei, den Aspekt, dass der Liquidator der Klägerin sein Interesse an der Veräußerung des Betriebsgeländes ohne Altlasten dokumentiert hat, indem er das Betriebsgelände über einen Immobilienmakler zum Verkauf angeboten hat und die Tatsache, dass der frühere Geschäftsführer weiterhin Hauptgesellschafter der Klägerin ist. Diese Gründe reichen angesichts der sehr niederschwelligen Maßnahme für die Annahme einer konkreten Gefahr im Sinne von § 62 KrWG aus. Angesichts der hohen Bedeutung des Rechtsguts Umwelt und der Gefährlichkeit der auf dem Betriebsgrundstück der Klägerin lagernden Abfälle sind die Anforderungen an die konkrete Gefahr nicht zu überspannen. Dass die Tatbestandsvoraussetzungen des § 62 KrWG vorliegen, wird durch die Ausführungen der Klägerin im Berufungszulassungsverfahren nicht im Sinne von § 124 Abs. 2 Nr. 1 VwGO ernsthaft in Zweifel gezogen.
Entgegen den Ausführungen der Klägerin liegen auch keine Ermessensfehler vor. Die Klägerin macht einerseits geltend, dass es sich hier um einen Fall des Ermessensnichtgebrauchs handele, da nur die Regierung von Oberbayern und nicht das den Bescheid erlassende Landratsamt Altötting Ermessenserwägungen angestellt habe. Dieser Einwand greift nicht durch, denn dass die zuständige Behörde ihr Ermessen ausgeübt hat, ergibt sich aus der Bescheidsbegründung, wie auch das Verwaltungsgericht ausführte. Dass die entsprechende Passage der Bescheidsbegründung auf Anregung der Regierung von Oberbayern in den Bescheid aufgenommen wurde, ändert nichts daran, dass das Landratsamt sich diese Erwägungen zu eigen gemacht hat und damit von einem Ermessensnichtgebrauch, also einem Fall, in dem die Behörde fälschlicherweise davon ausging, gebunden zu sein, nicht die Rede sein kann.
Entgegen der Antragsbegründung liegt hier auch kein Fall der „gestuften Ermessensausübung“ vor. Dies ist nur dann der Fall wenn die nach außen auftretende Behörde bei der Ermessensentscheidung der Weisung einer anderen Behörde folgt ohne selbst eigene Ermessenserwägungen anzustellen (vgl. Sodan/Ziekow, Großkommentar VwGO, 4. Auflage 2014, § 114, Rn. 115). Hier wurden aber, wie sich aus der Bescheidsbegründung ergibt, eigene Ermessenserwägungen des Landratsamts angestellt.
Auch ein Ermessensfehlgebrauch liegt nicht vor. Die Klägerseite macht insoweit geltend, dass der Beklagte sich von sachfremden Erwägungen, wie etwa Unregelmäßigkeiten der … … GmbH in der Vergangenheit, habe leiten lassen. Das Verwaltungsgericht hat insoweit zutreffend ausgeführt, dass es sich bei dieser zwar um eine von der Klägerin getrennte juristische Person handele, der Hauptgesellschafter und ehemalige Geschäftsführer dieser GmbH sei als Hauptverantwortlicher der genannten Unregelmäßigkeiten jedoch weiterhin Hauptgesellschafter der Klägerin, sodass dessen Fehlverhalten im gewissen Umfang auch der Klägerin zuzurechnen sei. Diese Ausführungen überzeugen und werden durch die Antragsbegründung nicht erschüttert.
Schließlich greifen auch die vorgetragenen Zweifel an der Verhältnismäßigkeit des streitgegenständlichen Bescheides nicht. Klägerseits wird einerseits geltend gemacht, dass bereits die Eignung der streitgegenständlichen Anordnung nicht vorliege, da die Klägerin nur eine Besitzgesellschaft ohne sachliche und personelle Mittel sei, sodass ihr eine Umlagerung, etc. der auf dem ehemaligen Betriebsgelände befindlichen Abfälle schon gar nicht möglich sei. Ob die Klägerin nur eine Besitzgesellschaft ist und ob sie über Mittel und Personal verfügt, ist für die Eignung der streitgegenständlichen Anordnung im Sinne einer Eignung zur Förderung des verfolgten Zweckes unerheblich. Denn als Eigentümerin des Betriebsgeländes hat sie jedenfalls die rechtliche Möglichkeit, eine Umlagerung, etc. der Abfälle in Auftrag zu geben. Dass sie dazu in der Lage ist, wurde zudem bereits in der Vergangenheit, als das Betriebsgrundstück noch der strafrechtlichen Beschlagnahme unterlag, dadurch dokumentiert, dass die Klägerin Dritte mit der Behandlung von Abfällen beauftragte.
Entgegen der Ausführungen in der Antragsbegründung ist die streitgegenständliche Anordnung auch erforderlich und angemessen. Die klägerseits als Alternative vorgeschlagene bloße Pflicht zur Anzeige von beabsichtigten Veränderungen der Haufwerke gegenüber dem Beklagten unter Setzung einer angemessen Vorfrist, was dem Beklagten die Möglichkeit zu einem Einschreiten eröffnen würde, schließt die Erforderlichkeit der getroffenen Maßnahme bereits aus dem Grunde nicht aus, da es sich dabei nicht um eine ebenso effektive Maßnahme wie die getroffene handelt. Denn eine bloße Anzeigepflicht würde die Möglichkeit der Klägerin, die Abfälle zu vermischen oder andere Veränderungen an den Haufwerken vorzunehmen, zunächst unberührt lassen. Die getroffene Anordnung steht entgegen dem Vorbringen der Klägerin auch nicht völlig außer Verhältnis zum erstrebten Zweck, da sie nur sehr niederschwellig in die Rechte der Klägerin eingreift. Wenn die Klägerin, wie im Klage- und Zulassungsverfahren mehrfach bekundet, die Entsorgung der auf dem Betriebsgelände lagernden Abfälle in enger Abstimmung mit dem Beklagten vornimmt, wird dieser die Zustimmung zu dem streitgegenständlichen Verbot zunächst unterliegenden Veränderungen der Haufwerke jeweils erteilen.
Insgesamt bestehen daher keine ernstlichen Zweifel an der Richtigkeit der verwaltungsgerichtlichen Entscheidung.
2. Auch die übrigen geltend gemachten Zulassungsgründe der grundsätzlichen Bedeutung der Rechtssache im Sinne von § 124 Abs. 2 Nr. 3 VwGO und der Divergenz im Sinne von § 124 Abs. 2 Nr. 4 VwGO liegen nicht vor.
Klägerseits wird als grundsätzlich klärungsbedürftig angesehen die Frage, 22 ob ein Anhörungsmangel durch Stellungnahmen und Schriftsätze im gerichtlichen Verfahren unter bestimmten Voraussetzungen grundsätzlich für möglich erachtet wird.
Diese Frage ist nicht klärungsbedürftig, da sie bereits geklärt ist. Denn nach den Urteilen des Bundesverwaltungsgerichts vom 24. Juni 2010 (Az. 3 C 14/09, BVerwGE 137, 199, Rn. 37) und vom 22. März 2012 (Az. 3 C 16/11, BVerwGE, 142, 205, Rn. 18) ist geklärt, dass eine Heilung nur erfolgt, wenn die Anhörung nachträglich ordnungsgemäß durchgeführt wird und sie ihre Funktion für den Entscheidungsprozess der Behörde uneingeschränkt erfüllt. Bestätigt und klargestellt wurde dies durch das Urteil des Bundesverwaltungsgerichts vom 17. Dezember 2015 (Az. 7 C 5/14, NVwZ-RR 2016, 449, Rn. 17) in dem das Bundesverwaltungsgericht ergänzend klargestellt hat, dass eine funktionsgerecht nachgeholte Anhörung voraussetze, dass sich die Behörde nicht darauf beschränke, die einmal getroffene Sachentscheidung zu verteidigen, sondern das Vorbringen des Betroffenen erkennbar zum Anlass nehme, die Entscheidung kritisch zu überdenken.
Die geltend gemachte Divergenz von den genannten Entscheidungen des Bundesverwaltungsgerichts vom 22. März 2012 (Az. 3 C 16/11) und vom 24. Juni 2010 (Az. 3 C 14/09) liegt nicht vor. Denn der klägerseits geltend gemachte Rechtssatz, dass Äußerungen und Stellungnahmen von Beteiligten im gerichtlichen Verfahren für eine nachträglich ordnungsgemäß durchgeführte Anhörung (in keinem Fall) ausreichen, wird in den genannten Entscheidungen, wie sich aus den Klarstellungen im Urteil vom 17. Dezember 2015 (Az. 7 C 5/14) ergibt, nicht aufgestellt.
Soweit darüber hinaus geltend gemacht wird, dass eine Divergenz hinsichtlich der Anforderungen an die Erforderlichkeit im Sinne von § 62 KrWG von der Rechtsprechung des OVG Nordrhein-Westfalen und des OVG Rheinland-Pfalz bestehe, ist allein darauf hinzuweisen, dass es sich dabei nicht um Gerichte im Sinne von § 124 Abs. 2 Nr. 4 VwGO handelt, da nur das dem jeweiligen Verwaltungsgericht übergeordnete Oberverwaltungsgericht / Verwaltungsgerichtshof, hier also der Bayerische Verwaltungsgerichtshof, ein „divergenzfähiges“ Gericht ist. Eine etwaige Divergenz zur Rechtsprechung anderer OVGs ist daher unerheblich.
Der Antrag auf Zulassung der Berufung war daher mit der Kostenfolge des § 154 Abs. 2 VwGO abzulehnen.
Mit der Ablehnung des Antrags wird das Urteil rechtskräftig, § 124a Abs. 5 Satz 4 VwGO.
Der Streitwert für das Zulassungsverfahren war nach § 52 Abs. 1 GKG aus den vom Verwaltungsgericht angeführten Gründen in Höhe von 10.000,00 € festzusetzen.


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