Verwaltungsrecht

Konkurrenz interner und externer Bewerber

Aktenzeichen  M 5 K 16.2455

Datum:
6.3.2017
Rechtsgebiet:
Fundstelle:
BeckRS – 2017, 158168
Gerichtsart:
VG
Gerichtsort:
München
Rechtsweg:
Verwaltungsgerichtsbarkeit
Normen:
BeamtStG § 9
GG Art. 33 Abs. 2

 

Leitsatz

Das Prinzip der Bestenauslese gilt für Umsetzungsbewerber nur dann, wenn sich der Dienstherr für ein Auswahlverfahren entschließt, an dem Beförderungsbewerber einerseits und Umsetzungsbewerber andererseits unterschiedslos teilnehmen. (Rn. 19) (redaktioneller Leitsatz)

Tenor

I. Die Klage wird abgewiesen. 
II. Die Klägerin hat die Kosten des Verfahrens zu tragen. Die Beigeladene trägt ihre außergerichtlichen Kosten selbst.
III. Die Kostenentscheidung ist vorläufig vollstreckbar.   
Die Klägerin darf die Vollstreckung durch Sicherheitsleistung oder Hinterlegung in Höhe des vollstreckbaren Betrags abwenden, wenn nicht der Beklagte vorher Sicherheit in gleicher Höhe leistet.

Gründe

Die zulässige Klage ist unbegründet.
Die Klägerin hat keinen Anspruch darauf, dass der Beklagte unter Aufhebung der getroffenen Auswahlentscheidung und der hiernach vorgenommenen Mitteilung verpflichtet wird, über die Bewerbung der Klägerin auf die Stelle „Bereichsleiter/in Ernährungsinformation und Wissenstransfer“ unter Beachtung der Rechtsauffassung des Gerichts erneut zu entscheiden. Eine auf Neubescheidung gerichtete Verpflichtungsklage (§ 113 Abs. 5 Satz 2 Verwaltungsgerichtsordnung/VwGO) dient der Durchsetzung des Bewerbungsverfahrensanspruchs des nicht berücksichtigten Konkurrenten um einen Dienstposten (vgl. NdsOVG, B.v. 8.6.2011 – 5 ME 91/11 – NVwZ 2011, 891 sowie juris, Rn. 12).
1. Die Auswahlentscheidung ist bezogen auf die Klägerin rechtlich nicht zu beanstanden. Die Klägerin kann nicht geltend machen, in ihrem Bewerbungsverfahrensanspruch nach Art. 33 Abs. 2 des Grundgesetzes/GG verletzt zu sein.
Bei seiner Auswahlentscheidung – die im Rahmen weit gespannten Ermessens zu treffen war – hat der Beklagte nicht ermessensfehlerhaft gehandelt.
a) Der Beklagte hat seine Organisationsfreiheit nicht durch eine Festlegung auf Gleichbehandlung von Umsetzungs-/Versetzungsbewerbern und Beförderungsbewerbern eingeschränkt. Eine Verletzung des Bewerbungsverfahrensanspruchs und des Grundsatzes der Bestenauslese scheidet aus. Weder die Beigeladene, noch die Klägerin mussten nach dem Prinzip der Bestenauslese behandelt werden. Ein Leistungsvergleich, vorrangig anhand der aktuellen Beurteilungen, war deshalb nicht anzustellen. Die in Streit stehende Stelle stellt weder für die Klägerin, noch für die Beigeladene einen höherwertigen Dienstposten dar. Für die Klägerin, die bereits ein Amt der Besoldungsgruppe A15 innehat, ergibt sich dies daraus, dass der fragliche Dienstposten keine weitergehende Beförderung erlaubt. Für die Beigeladene als Einstellungsbewerberin ergibt sich dies aus dem ausdrücklichen Hinweis in der Ausschreibung, dass die tarifrechtliche Eingruppierung je nach Qualifikation und persönlichen Voraussetzungen erfolgt. Damit handelt es sich bei dem Konkurrenzverhältnis zwischen der Klägerin und der Beigeladenen um eine reine Dienstpostenkonkurrenz (vgl. zu einer derartigen Konstellation: VG München, U.v. 18.9.2015 – M 5 K 14.3406 – juris, Rn. 17 ff.).
Das Prinzip der Bestenauslese würde für Umsetzungsbewerber nur dann gelten, wenn sich der Dienstherr für ein Auswahlverfahren entschließt, an dem Beförderungsbewerber einerseits und Umsetzungsbewerber andererseits unterschiedslos teilnehmen. Nur in diesem Fall muss sich der Dienstherr an dem gewählten Modell der Bestenauslese auch bezüglich der Umsetzungsbewerber festhalten lassen (vgl. BayVGH, B.v. 19.3.2013 – 3 CE 12.2726 – juris; B.v. 9.7.2012 – 3 CE 12.872 – juris, Rn. 17).
Vorliegend wollte der Beklagte aber auch für Einstellungsbewerber keine Beförderungsmöglichkeit eröffnen. Denn – wie ausgeführt – sollten diese entsprechend ihrer persönlichen Qualifikation eingestellt werden. Dass die in Streit stehende Stelle „Bereichsleiter/in Ernährungsinformation und Wissenstransfer“ als Stelle mit Führungsverantwortung und – wie in der mündlichen Verhandlung vom Zeugen Dr. Sch. dargelegt wurde – als Stelle mit großer Außenwirkung angesehen wird, ändert an dieser Bewertung nichts. Maßgeblich ist insoweit nur, ob für die jeweiligen Bewerber mit einer Stellenvergabe an sie, bezogen auf ihr derzeit innegehabtes Statusamt, eine höherwertigere Einstufung erfolgt. Dies ist jedoch nicht der Fall.
b) Die getroffene Auswahlentscheidung zugunsten der Beigeladenen erging rechtsfehlerfrei. Sie musste nur den Anforderungen an die Ausübung eines pflichtgemäßen, aber sehr weit gespannten Ermessens genügen und darf nicht willkürlich sein (vgl. BVerfG, B.v. 28.11.2007 – 2 BVR 1431/07 – juris, Rn. 10; BayVGH, B.v. 19.3.2013, a.a.O. – B.v. 9.7.2012 – 3 CE 12.872 – juris; B.v. 17.6.2008 – 3 CE 08.884 – juris, m.w.N.).
Wie der in der mündlichen Verhandlung einvernommene Zeuge Dr. Sch., der nach Aktenlage das Auswahlverfahren durchgeführt hat und auch in der Ausschreibung als Ansprechpartner benannt ist, ausgeführt hat, wurden die dienstlichen Beurteilungen von beamteten Bewerbern nicht als mit den Arbeitszeugnissen angestellter Bewerber vergleichbar angesehen und deshalb maßgeblich auf das Auswahlgespräch abgestellt und die Beurteilungen/Arbeitszeugnisse nur zur Abrundung dessen herangezogen. Dies ist außerhalb des Anwendungsbereichs des Leistungsgrundsatzes rechtlich nicht zu beanstanden.
Der Gewährleistung des Leistungsprinzips und des Wettbewerbsgrundsatzes dienen die in Art. 22 Abs. 1 Satz 2 2. Alternative i.V.m. Art. 22 Abs. 8 des Gesetzes über die Leistungslaufbahn und die Fachlaufbahnen der Bayerischen Beamten und Beamtinnen (Leistungslaufbahngesetz – LlBG) aufgestellten Anforderungen an die Durchführung eines strukturierten Interviews (Zängl in Weiss/Niedermaier/Summer/Zängl, Beamtenrecht in Bayern, Stand Mai 2016, Rn. 69). Auch wenn der Beklagte selbst das am 2. Dezember 2015 durchgeführte Auswahlgespräch als strukturiertes Interview bezeichnet, unterliegt es – da außerhalb des Anwendungsbereichs des Leistungsgrundsatzes – nicht diesen Anforderungen.
Zur Vorgehensweise bei Durchführung des Auswahlgesprächs hat der Zeuge Dr. Sch. dargelegt, dass alle Auswahlgespräche an einem Tag durchgeführt wurden und jedes Mitglied der Bewertungskommission die an alle Bewerber gleich gestellten Fragen anhand einer Bewertungsmatrix unmittelbar danach bewertet hat. Diese Vorgehensweise stellt ein sachgemäßes Vorgehen dar, welches den entscheidenden Auswahlvorgang nachvollziehbar macht, auch wenn keine Dokumentation des jeweiligen Gesprächsverlaufs im Einzelnen vorliegt. Es ist auch nicht zu beanstanden und hält sich im Rahmen des Gestaltungsspielraums beim Auswahlvorgang, dass nicht die einzelnen gestellten Fragen als solche (vgl. Bl. 215 der Verfahrensakte) bewertet wurden, sondern jeweils als wichtig für die Wahrnehmung der Stelle angesehene Fähigkeiten auf der Grundlage der zu den Fragen gegebenen Ausführungen der einzelnen Bewerber. In der Gesamtauswertung aller abgegebenen Bewertungen der Kommissionsmitglieder erzielte die Klägerin einen Durchschnittswert von 1,50 (der nach der Bewertungsvorgabe zwischen „bedingt geeignet“ und „geeignet“ liegt) und die Beigeladene einen solchen von 2,25 (der zwischen „geeignet“ und „gut geeignet“ liegt), was die getroffene Auswahlentscheidung plausibel und nachvollziehbar macht.
Durch diese Vorgehensweise ist eine gleichmäßige Bewertung der einzelnen Bewerber durch die Kommissionsmitglieder sichergestellt. Dabei ist maßgeblich auf Fähigkeiten abgestellt worden, die für die Stelle „Bereichsleiter/in Ernährungsinformation und Wissenstransfer“ als wesentlich angesehen wurden und die anhand des unmittelbaren Eindrucks aus dem Auswahlgespräch bewertet wurden. Dies ist sachgemäß und nicht willkürlich und hält sich innerhalb des zu beachtenden Ermessensrahmens.
2. Die Klage war daher mit der Kostenfolge des § 154 Abs. 1 VwGO abzuweisen. Es entspricht der Billigkeit, der Beigeladenen, die keinen Antrag gestellt und sich insoweit keinem Prozesskostenrisiko ausgesetzt hat, ihre außergerichtlichen Kosten aufzuerlegen (§ 162 Abs. 3 VwGO).
Der Ausspruch über die vorläufige Vollstreckbarkeit der Kostenentscheidung beruht auf § 167 Abs. 2 VwGO i.V.m. §§ 708 Nr. 11, 711 der Zivilprozessordnung/ZPO.


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