Verwaltungsrecht

Kostendeckungsprinzip als Obergrenze

Aktenzeichen  20 ZB 15.2449

Datum:
25.8.2016
Rechtsgebiet:
Fundstelle:
BeckRS – 2016, 106538
Gerichtsart:
VGH
Gerichtsort:
München
Rechtsweg:
Verwaltungsgerichtsbarkeit
Normen:
BayKAG Art. 8 Abs. 2 S. 1

 

Leitsatz

Eine Verletzung des Kostendeckungsprinzips liegt nicht vor, wenn sich auf Grund einer nachträglichen rechnerischen Gegenüberstellung von Gebührenaufkommen und Kosten eine Überschreitung ergibt. (redaktioneller Leitsatz)

Verfahrensgang

RN 3 K 15.1028 2015-10-21 Urt VGREGENSBURG VG Regensburg

Tenor

I. Der Antrag auf Zulassung der Berufung wird abgelehnt.
II. Die Kläger tragen die Kosten des Verfahrens.
III. Der Streitwert für das Zulassungsverfahren wird auf 3.732,32 Euro festgesetzt.

Gründe

Der Antrag auf Zulassung der Berufung ist unbegründet, da keiner der geltend gemachten Zulassungsgründe nach § 124 Abs. 2 VwGO vorliegt.
1. Es bestehen keine ernstlichen Zweifel an der Richtigkeit des Urteils im Sinne von § 124 Abs. 2 Nr. 1 VwGO. Die Kläger machen gegen die Relevanz des Urteils des Senats vom 2. Oktober 2013 (Az. 20 N 13.411), mit dem der Senat den Antrag des Klägers zu 1), die 1. Änderungssatzung der Beitrags- und Gebührensatzung zur Wasserabgabesatzung (BGS/WAS) des Beklagten für das Gebiet der Wasserversorgungseinrichtung K. vom 8. August 2012 für unwirksam zu erklären, abgelehnt hat und auf das sich das Verwaltungsgericht in dem streitgegenständlichen Urteil maßgeblich gestützt hat, geltend, dass dieses sich auf den Zeitraum 2009 bis 2011 beziehe und die eigene Kalkulation des Bevollmächtigten der Kläger ergeben habe, dass auf der Grundlage der entstandenen Kosten eine niedrigere Gebühr richtig sei. Mit diesem Vortrag verkennen die Kläger jedoch maßgebliche Grundsätze der Gebührenkalkulation.
Nach Art. 8 Abs. 2 Satz 1 Kommunalabgabengesetz (KAG) in der Fassung der Bekanntmachung vom 4. April 1993 (GVBl S. 264, zuletzt geändert durch Gesetz vom 11.3.2014 (GVBl S. 70)) soll das Gebührenaufkommen die nach betriebswirtschaftlichen Grundsätzen ansatzfähigen Kosten einschließlich der Kosten für die Ermittlung und Anforderung von einrichtungsbezogenen Abgaben decken. Damit wird das Kostendeckungsprinzip als zentrales Prinzip der Gebührenkalkulation im Kommunalabgabenrecht verankert. Es bestimmt als Obergrenze, wie hoch die Gesamtheit des Gebührenaufkommens für die Einrichtung sein darf. Allerdings verlangt es nicht, dass nachträglich Gebührenaufkommen und Kosten rechnerisch genau gegenüberzustellen wären und sich aus einer aufgrund einer ex-post-Betrachtung ergebenden Überschreitung eine Verletzung des Kostendeckungsprinzips ergeben würde. Vielmehr ist die Prognose der entstehenden Kosten zum Zeitpunkt des Satzungserlasses und nicht die Betrachtung der tatsächlichen Kosten nach Ablauf des Kalkulationszeitraums für die Einhaltung des Kostendeckungsprinzips maßgeblich (vgl. nur Stadlöder in Schieder/Happ, BayKAG, C Erl. Art. 8 KAG, Rn. 11 m.w.N.).
Vorliegend kalkulierte der Beklagte auf der Grundlage der in den Jahren 2009 bis 2011 entstandenen Zahlen die Gebühren für den Zeitraum 2012 bis 2014 neu und setzte die ermittelte Gebühr in der 1. Änderungssatzung der Beitrags- und Gebührensatzung zur Wasserabgabesatzung (BGS/WAS) vom 8. August 2012 fest. Diese Änderungssatzung war Gegenstand des Urteils des Senats vom 2. Oktober 2013. Die Ausführungen in diesem Urteil sind daher für den vorliegenden Streitfall sehr wohl maßgeblich, da der streitgegenständliche Bescheid des Beklagten den Zeitraum vom 1. April 2013 bis zum 31. März 2014 abdeckt und damit in den Kalkulationszeitraum (2012 bis 2014) fällt.
Die (nur im erstinstanzlichen Verfahren) vorgelegte eigene Kalkulation des Bevollmächtigten der Kläger ist schon aus dem Grunde unbeachtlich und vermag keine ernstlichen Zweifel zu begründen, als sie sich nicht im Sinne einer Prognose mit den zu erwartenden Zahlen für den Zeitraum 2012 bis 2014 befasst, sondern die tatsächlich entstandenen Kosten in diesen Jahren auf die tatsächlich von dem Beklagten gelieferte Wassermenge umlegt. Die „Kalkulation“ geht daher von einem falschen Ansatz aus und ist für den hier streitigen Zeitraum schon aus diesem Grunde unbeachtlich.
Aus diesem Grunde war das Verwaltungsgericht auch nicht verpflichtet, der klägerseits erhobenen Rüge eines fehlerhaften Gebührensatzes nachzugehen.
Da der Senat bereits rechtskräftig die Rechtmäßigkeit der 1. Änderungssatzung zur BGS/WAS des Beklagten für das Gebiet der Wasserversorgungseinrichtung K. vom 8. August 2012 festgestellt hat, konnten die weiteren, im Zulassungsverfahren dagegen erhobenen Rügen (die sich wörtlich mit dem Vortrag im erstinstanzlichen Verfahren decken) der Kläger keine ernstlichen Zweifel an der Richtigkeit der erstinstanzlichen Entscheidung begründen.
2. Auch der geltend gemachte Verfahrensfehler einer Verletzung der Amtsermittlungspflicht nach § 86 Abs. 1 VwGO liegt tatsächlich nicht vor (§ 124 Abs. 2 Nr. 5 VwGO).
Ob das Verwaltungsgericht verfahrensfehlerhaft gehandelt hat, ist grundsätzlich nach seinem materiell-rechtlichen Standpunkt zu beurteilen (Happ in Eyermann, VwGO, 14. Aufl. 2014, § 124 Rn. 48). Vorliegend ging das Verwaltungsgericht davon aus, dass die Rechtmäßigkeit des maßgeblichen Gebührensatzes bereits aufgrund des Urteils des Senats vom 2. Oktober 2013 feststand. Ausgehend von dieser Rechtsauffassung ist die unterbliebene weitere Aufklärung im Wege eines Sachverständigengutachtens, wie sie im Zulassungsantrag geltend gemacht wird, nicht zu beanstanden.
Im Übrigen greift auch die Rüge, dass klägerseits kein Beweisantrag habe gestellt werden können, da eine mündliche Verhandlung nicht stattgefunden habe, nicht. Findet eine mündliche Verhandlung nicht statt, so kommt es für die Frage, ob ein Antrag gestellt wurde, auf die schriftsätzlich formulierten Anträge an (Geiger in Eyermann, VwGO, 14. Aufl. 2014, § 101, Rn. 11). Ein derartiger Beweisantrag findet sich aber weder in der Klagebegründung im erstinstanzlichen Verfahren noch in dem Schriftsatz des Klägerbevollmächtigten vom 12. Oktober 2015, mit dem er sein Einverständnis zur Entscheidung ohne mündliche Verhandlung erklärte. Eine Verletzung der Aufklärungspflicht besteht aber grundsätzlich dann nicht, wenn das Verwaltungsgericht von einer Beweiserhebung absieht, die eine anwaltlich vertretene Partei nicht ausdrücklich beantragt hat (vgl. nur BayVGH, B.v. 12.3.2014, Az. 6 ZB 12.470, NVwZ 2014, 894, Rn. 24 m.w.N.).
Die Kostenentscheidung folgt aus § 154 Abs. 2 VwGO. Die Streitwertfestsetzung ergibt sich aus § 47 Abs. 3 GKG, § 52 Abs. 1, 3 GKG.
Mit der Ablehnung des Antrags auf Zulassung der Berufung wird das Urteil des Verwaltungsgerichts rechtskräftig, § 124a Abs. 5 Satz 4 VwGO.


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