Verwaltungsrecht

Mangelnde Darlegung von Zulassungsgründen

Aktenzeichen  6 ZB 19.778

Datum:
12.8.2019
Rechtsgebiet:
Fundstelle:
BeckRS – 2019, 19816
Gerichtsart:
VGH
Gerichtsort:
München
Rechtsweg:
Verwaltungsgerichtsbarkeit
Normen:
VwGO § 124
BauGB § 131, § 133
BayKAG Art. 5 Abs. 2 Nr. 1

 

Leitsatz

1. Die bloße Wiederholung erstinstanzlichen Vorbringens erfüllt ebenso wenig Bezugnahme hierauf das Gebot der Darlegung schlüssiger Gegenargumente im Sinne von § 124 Abs. 2 Nr. 1 VwGO, weil Ausführungen, die noch in Unkenntnis des Inhalts der angefochtenen Entscheidung getätigt wurden, nicht die erforderliche Auseinandersetzung mit den Argumenten des Verwaltungsgerichts beinhalten können. (Rn. 5) (redaktioneller Leitsatz)
2. Selbst geschaffene tatsächliche Hindernisse auf einem Anliegergrundstück, wie z.B. entlang der Grundstücksgrenze zur Erschließungsanlage errichtete Gebäude, Mauern oder Zäune haben keine Auswirkungen auf das Entstehen der sachlichen Beitragspflicht.  (Rn. 8) (redaktioneller Leitsatz)

Verfahrensgang

RO 11 K 17.804 2019-02-20 Urt VGREGENSBURG VG Regensburg

Tenor

I. Der Antrag des Klägers auf Zulassung der Berufung gegen das Urteil des Verwaltungsgerichts Regensburg vom 20. Februar 2019 – RO 11 K 17.804 – wird abgelehnt.
II. Der Kläger hat die Kosten des Zulassungsverfahrens zu tragen.
III. Der Streitwert wird für das Zulassungsverfahren auf 34.301,04 Euro festgesetzt.

Gründe

Der Antrag des Klägers, die Berufung gegen das Urteil des Verwaltungsgerichts zuzulassen, bleibt ohne Erfolg. Die innerhalb der Frist des § 124a Abs. 4 Satz 4 VwGO geltend gemachten Zulassungsgründe, auf deren Prüfung der Senat beschränkt ist, greifen nicht durch (§ 124a Abs. 5 Satz 2 VwGO).
1. Der Kläger wendet sich gegen den Bescheid vom 29. September 2016 in Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 11. April 2017, mit dem die Beklagte den Kläger als Eigentümer des Grundstücks FlNr. 7787/1 zu einem Erschließungsbeitrag für die erstmalige Herstellung der Stichstraße „Gewerbepark C* … Nord B“ in Höhe von 34.301,04 Euro herangezogen hat. Die hiergegen gerichtete Klage hat das Verwaltungsgericht mit Urteil vom 20. Februar 2019 abgewiesen und zur Begründung ausgeführt, es handele sich bei der abgerechneten ca. 187 m langen Stichstraße um eine erstmalig endgültig hergestellte selbständige Erschließungsanlage, die das klägerische Grundstück im Sinn von § 131 Abs. 1 und § 133 Abs. 1 BauGB erschließe. Bei der entlang der gesamten Grenze zur Anbaustraße auf dem Grundstück des Klägers befindlichen Lagerhalle handele es sich um ein ausräumbares Hindernis, das einem Erschlossensein des klägerischen Grundstücks im Sinne der genannten Vorschriften nicht entgegenstehe. Die Entscheidung der Beklagten, Grundstücke in Kern-, Gewerbe- und Industriegebieten in ihrer Satzung von der Gewährung einer Eckgrundstücksvergünstigung auszunehmen, sei rechtlich nicht zu beanstanden.
2. Der in der Antragsbegründungsschrift bezeichnete Zulassungsgrund der ernstlichen Zweifel an der Richtigkeit des angefochtenen Urteils (§ 124 Abs. 2 Nr. 1 VwGO) greift nicht durch; die Darlegung dieses Zulassungsgrundes genügt schon nicht den Erfordernissen des § 124a Abs. 4 Satz 4 VwGO; er liegt aber auch in der Sache nicht vor.
a) Ernstliche Zweifel im Sinn von § 124 Abs. 2 Nr. 1 VwGO sind anzunehmen, wenn in der Antragsbegründung in offener Frist ein einzelner tragender Rechtssatz oder eine erhebliche Tatsachenfeststellung mit schlüssigen Gegenargumenten in Frage gestellt wird (vgl. BVerfG, B.v. 10.9.2009 – 1 BvR 814/09 – NJW 2009, 3642) und die Zweifel an der Richtigkeit einzelner Begründungselemente auf das Ergebnis durchschlagen (BVerwG, B.v. 10.3.2004 – 7 AV 4.03 – DVBl 2004, 838/839). Schlüssige Gegenargumente in diesem Sinn liegen dann vor, wenn der Rechtsmittelführer substantiiert rechtliche oder tatsächliche Umstände darlegt, aus denen sich die gesicherte Möglichkeit ergibt, dass die erstinstanzliche Entscheidung im Ergebnis unrichtig ist (vgl. BVerfG, B.v. 20.12.2010 – 1 BvR 2011/10 – NVwZ 2011, 546/548).
Diese Voraussetzungen sind nicht erfüllt. „Darlegen“ erfordert mehr als einen nicht näher spezifizierten Hinweis auf das behauptete Vorliegen eines Zulassungsgrundes. Es bedeutet vielmehr „erläutern“, erklären“ oder „näher auf etwas eingehen“. Erforderlich ist deshalb unter ausdrücklicher oder jedenfalls konkludenter Bezugnahme auf einen Zulassungsgrund eine substantiierte Auseinandersetzung mit der angegriffenen Entscheidung, durch die der Streitstoff durchdrungen und aufbereitet wird (vgl. z.B. BayVGH, B.v. 9.1.2013 – 21 ZB 12.2586 – juris Rn. 4 m.w.N.). Diesem Gebot genügt eine bloße Wiederholung erstinstanzlichen Vorbringens ebenso wenig wie die Bezugnahme hierauf, weil Ausführungen, die noch in Unkenntnis des Inhalts der angefochtenen Entscheidung getätigt wurden, nicht die erforderliche Auseinandersetzung mit der Argumentation des Verwaltungsgerichts beinhalten können (vgl. BayVGH, B.v. 20.10.2011 – 4 ZB 11.1187 – juris Rn. 7; B.v. 20.4.2012 – 11 ZB 11.1491 – juris Rn. 2).
Mit der – fast wörtlichen – Wiederholung der bereits im Verfahren vor dem Verwaltungsgericht vorgetragenen Argumentation setzt sich der Kläger nicht in der erforderlichen Weise mit den ausführlichen Darlegungen in der verwaltungsgerichtlichen Entscheidung auseinander. Die Begründung des Zulassungsantrags entspricht daher nicht den Anforderungen des § 124a Abs. 4 Satz 4 VwGO. Schon deshalb ist der Antrag auf Zulassung der Berufung (als unzulässig) abzulehnen.
b) Im Übrigen wäre der Antrag – jedenfalls – unbegründet. Denn die behaupteten ernstlichen Zweifel an der Richtigkeit des erstinstanzlichen Urteils liegen auch in der Sache nicht vor.
Das Verwaltungsgericht ist vielmehr mit überzeugenden Gründen – und in Übereinstimmung mit der maßgeblichen Senatsrechtsprechung – zu dem Ergebnis gelangt, dass und aus welchen Gründen dieser Bescheid rechtmäßig ist. Der Senat nimmt daher zur Vermeidung von Wiederholungen auf die Begründung des angefochtenen Urteils Bezug und sieht von einer weiteren Begründung ab (§ 122 Abs. 2 Satz 3 VwGO). Auf der Grundlage der vom Kläger nicht substantiiert angegriffenen Feststellungen des Verwaltungsgerichts und insbesondere aufgrund der sich in den Akten befindlichen Luftbilder hat der Senat keinen Zweifel, dass es sich bei der abgerechneten Straße „Gewerbepark C* … Nord B“ einschließlich des Parkstreifens als Bestandteil um eine selbständige Erschließanlage (im Sinn von Art. 5 Abs. 2 Nr. 1 KAG) handelt, von der das klägerische Grundstück nach § 131 Abs. 1 und § 133 Abs. 1 BauGB mit der Folge erschlossen wird, dass es zum Kreis der erschließungsbeitragspflichtigen Grundstücke zählt. Entgegen der Auffassung des Klägers kommt es dabei nicht darauf an, ob die Anlage „in der jetzigen Ausprägung“ eine Befahrbarkeit vermittelt. Wie das Verwaltungsgericht zutreffend ausgeführt hat, bleiben selbst geschaffene tatsächliche Hindernisse auf dem Anliegergrundstück, wie zum Beispiel entlang der Grundstücksgrenze zur Erschließungsanlage errichtete Gebäude, Mauern oder Zäune, ohne Auswirkungen auf das Entstehen der sachlichen Beitragspflicht (vgl. Schmitz, Erschließungsbeiträge, 2018, § 13 Rn. 61 m.w.N.). Der Parkstreifen auf der Straße wiederum bildet kein beachtliches Zugangs- oder Zufahrtshindernis, das dem Erschlossensein des klägerischen Grundstücks entgegensteht.
3. Auch im Hinblick auf die geltend gemachte grundsätzliche Bedeutung der Rechtssache (§ 124 Abs. 2 Nr. 3 VwGO) wird der Zulassungsantrag den Darlegungsanforderungen nicht gerecht. So fehlt es schon an der Formulierung einer konkreten klärungsbedürftigen Rechts- oder Tatsachenfrage (vgl. dazu z.B. BayVGH, B.v. 6.8.2019 – 6 ZB 19.1248 – Rn. 31; B.v. 16.2.2017 – 6 ZB 16.1586 – juris Rn. 25 m.w.N.). Sämtliche im klägerischen Vorbringen (sinngemäß) enthaltenen Fragen lassen sich auf der Grundlage des Gesetzes und der vorhandenen umfangreichen Rechtsprechung ohne weiteres im Sinn des Verwaltungsgerichts beantworten. Ein weiterer Klärungsbedarf ist nicht erkennbar.
4. Besondere rechtliche oder tatsächliche Schwierigkeiten, die die Durchführung eines Berufungsverfahrens erfordern (§ 124 Abs. 2 Nr. 2 VwGO), wurden nicht substantiiert dargelegt (§ 124a Abs. 4 Satz 4 VwGO). Insoweit wurde lediglich darauf verwiesen, in die Urteilsfindung sei nicht tragend eingeflossen, dass die Beklagte dem Kläger das streitgegenständliche Grundstück selbst verkauft habe und dieses weit überdurchschnittlich beitragsbelastet sei. Damit wird ein besonderer Schwierigkeitsgrad der Rechtssache nicht plausibel gemacht, zumal der Vorwurf auch in der Sache nicht zutrifft (s. S. 9 des Urteils).
5. Die Kostenentscheidung beruht auf § 154 Abs. 2 VwGO. Die Streitwertfestsetzung folgt aus § 47‚ § 52 Abs. 3 Satz 1 GKG.
Dieser Beschluss ist unanfechtbar (§ 152 Abs. 1 VwGO). Mit ihm wird das Urteil des Verwaltungsgerichts rechtskräftig (§ 124a Abs. 5 Satz 4 VwGO).


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