Verwaltungsrecht

Maßgeblicher Zeitpunkt für die Beurteilung der hinreichenden Erfolgsaussicht bei der Prozesskostenhilfe

Aktenzeichen  10 C 20.414

Datum:
20.4.2020
Rechtsgebiet:
Fundstelle:
BeckRS – 2020, 9487
Gerichtsart:
VGH
Gerichtsort:
München
Rechtsweg:
Verwaltungsgerichtsbarkeit
Normen:
VwGO § 166 Abs. 1 S. 1
ZPO § 114 Abs. 1 S. 1

 

Leitsatz

1. Maßgeblicher Zeitpunkt für die Beurteilung der Frage, ob die beabsichtigte Rechtsverfolgung hinreichende Aussicht auf Erfolg bietet, ist grundsätzlich der Zeitpunkt der Entscheidungsreife des Prozesskostenhilfeantrags, also wenn dieser vollständig vorliegt und der Prozessgegner Gelegenheit zur Äußerung hatte. (Rn. 3) (redaktioneller Leitsatz)
2. Ändert sich im Laufe des Verfahrens die Sach- und Rechtslage zugunsten des Antragstellers, ist ausnahmsweise jedoch der Zeitpunkt der Entscheidung des Gerichts maßgeblich, wenn nach dem materiellen Recht bei einer Entscheidung in der Hauptsache im Laufe des Verfahrens eingetretene Entwicklungen zu berücksichtigen sind. (Rn. 3) (redaktioneller Leitsatz)

Verfahrensgang

M 7 K 19.1778 2020-02-06 Bes VGMUENCHEN VG München

Tenor

I. Die Beschwerde wird zurückgewiesen.
II. Die Klägerin trägt die Kosten des Beschwerdeverfahrens.

Gründe

Mit ihrer Beschwerde verfolgt die Klägerin ihren in erster Instanz erfolglosen Antrag, ihr für ihre gegen die Kostenrechnung des Polizeipräsidiums M. vom 7. März 2019 gerichtete Anfechtungsklage Prozesskostenhilfe zu bewilligen und ihr ihre Betreuerin als Prozessbevollmächtigte beizuordnen, weiter.
Die Beschwerde ist zulässig (§ 146 Abs. 1 VwGO), aber unbegründet. Das Verwaltungsgericht hat die Bewilligung von Prozesskostenhilfe zu Recht abgelehnt, weil die nach § 166 Abs. 1 Satz 1 VwGO i.V.m. § 114 Abs. 1 Satz 1 ZPO erforderlichen hinreichenden Erfolgsaussichten der Klage nicht vorlagen.
Maßgeblicher Zeitpunkt für die Beurteilung der Frage, ob die beabsichtigte Rechtsverfolgung hinreichende Aussicht auf Erfolg bietet, ist grundsätzlich der Zeitpunkt der Entscheidungsreife des Prozesskostenhilfeantrags, also wenn dieser vollständig vorliegt und der Prozessgegner Gelegenheit zur Äußerung hatte. Ändert sich im Laufe des Verfahrens die Sach- und Rechtslage zugunsten des Antragstellers, ist ausnahmsweise jedoch der Zeitpunkt der Entscheidung des Gerichts maßgeblich, wenn nach dem materiellen Recht bei einer Entscheidung in der Hauptsache im Laufe des Verfahrens eingetretene Entwicklungen zu berücksichtigen sind (BayVGH, B.v. 5.10.2018 – 10 C 17.322 – juris Rn. 6 m.w.N.).
Gemessen an diesen Grundsätzen hat das Verwaltungsgericht zutreffend festgestellt, dass die Klage zum maßgeblichen Zeitpunkt der Bewilligungsreife keine hinreichenden Erfolgsaussichten hatte. Es ist zu Recht davon ausgegangen, dass die vom Beklagten getroffene Kostenentscheidung rechtmäßig ist und die Klägerin nicht in ihren Rechten verletzt (§ 113 Abs. 1 Satz 1 VwGO).
Insofern verweist der Senat zur Vermeidung von Wiederholungen in vollem Umfang auf die zutreffende Begründung des Verwaltungsgerichts (§ 122 Abs. 2 Satz 3 VwGO). Dieses hat die Rechtmäßigkeit der Erhebung von Gebühren nach den Vorschriften des Ersten Abschnitts des Kostengesetzes (s. Art. 1 Abs. 1 Satz 1 KG) für die Gewahrsamnahme der Klägerin durch die Polizei am 29. Dezember 2018 zu Recht festgestellt.
Lediglich ergänzend ist auf Folgendes hinzuweisen:
Hinsichtlich der für die Kostenerhebung erforderlichen Rechtmäßigkeit der Gewahrsamnahme der sich infolge Trunkenheit in hilfloser Lage befindenden Klägerin (Art. 17 Abs. 1 Nr. 1 PAG) am 29. Dezember 2018 hat die Klägerin den zutreffenden Ausführungen des Verwaltungsgerichts nichts entgegengesetzt. Die Klägerin, die bereits die Klage vor dem Verwaltungsgericht nicht begründet hatte, hat trotz entsprechender schriftsätzlicher (und telefonisch am 24. März 2020 wiederholter) Ankündigung keine Beschwerdebegründung vorgelegt.
Der Beklagte hat für den polizeilichen Schutzgewahrsam zu Recht die Regelgebühr für den Gewahrsam in Höhe von 60,- Euro (Art. 1 Abs. 1 Satz 1, Art. 2 Abs. 1 Satz 1, Art. 3 Abs. 1 Nr. 10 Satz 2 Buchst. a), Art. 6 Abs. 1 Satz 2 und 3 KG i.V.m. Nr. 2.5.1 der Richtlinien zur Erhebung von Kosten und anderen öffentlich-rechtlichen Geldleistungen durch die Polizei – KR-Pol vom 18. Mai 2015 und Nr. 33.1 Anlage zu den KR-Pol) in Rechnung gestellt (vgl. BayVGH, B.v. 11.5.2015 – 10 C 14.2739 – juris Rn. 6).
Gesichtspunkte, die für ein vollständiges oder teilweises Absehen von der Kostenerhebung aus Gründen der Billigkeit nach Art. 3 Abs. 1 Nr. 10 Satz 3 KG sprechen würden, sind nicht ersichtlich. Nach der unwidersprochen gebliebenen Darstellung des Beklagten, würde der Klägerin auf Antrag jederzeit eine Ratenzahlung bewilligt werden. Dass die Klägerin angesichts der niedrigen Gebührenhöhe von 60,- Euro nicht in der Lage wäre, solche Raten aufzubringen, ist weder dargelegt noch sonst erkennbar.
Die Kostenentscheidung folgt aus § 154 Abs. 2 VwGO.
Einer Streitwertfestsetzung bedarf es nicht, weil nach Nr. 5502 des Kostenverzeichnisses (Anlage 1 zu § 3 Abs. 2 GKG) eine Festgebühr anfällt.
Dieser Beschluss ist unanfechtbar (§ 152 Abs. 1 VwGO).


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