Verwaltungsrecht

Meldeaufforderungen muss kein Rückfahrticket beigelegt werden

Aktenzeichen  S 17 AS 164/13

Datum:
8.6.2016
Rechtsgebiet:
Gerichtsart:
SG
Gerichtsort:
Bayreuth
Rechtsweg:
Sozialgerichtsbarkeit
Normen:
SGB II SGB II § 59
SGB III SGB III § 309 Abs. 1

 

Leitsatz

Tenor

I. Die Klage wird abgewiesen.
II. Außergerichtliche Kosten sind nicht zu erstatten.

Gründe

I.
Die Klage ist unzulässig, da der Kläger die geltend gemachte Rechtswidrigkeit der Meldeaufforderung vom 07.02.2013 mit einer Anfechtungsklage gegen den auf Grundlage der Meldeaufforderung ergangenen Sanktionsbescheid vom 19.04.2013 geltend machen kann.
Streitgegenstand ist die Behauptung des Klägers, der Bescheid vom 07.02.2013 sei rechtswidrig, die der Kläger mit einer explizit erhobenen Feststellungsklage gemäß § 55 Abs. 1 Satz 1 und 4 SGG geltend gemacht hat.
Als statthafte Klageart kommt daher nur die Fortsetzungsfeststellungsklage gem. § 131 Abs. 1 S. 3 Sozialgerichtsgesetz (SGG) in Betracht. Für eine isolierte Anfechtungsklage fehlt es an einem innerhalb der Fristen des § 78 Abs. 1 Satz 1 SGG eingelegten Widerspruchs als Vorverfahren. Auch die am 14.02.2013 erhobene Klage kann nicht als Widerspruch ausgelegt werden, weil der Kläger in seinem Schriftsatz ausdrücklich die Feststellung von zahlreichen darin bezeichneten Rechtsverhältnissen beantragt hat und in einem späteren Schreiben vom 16.02.2013 an den Beklagten zu verstehen gegeben hat, dass er an dem Meldetermin teilnehmen werde, aber nur bei Finanzierung der Anfahrt seines Beistandes aus A-Stadt durch den Beklagten. Weiterhin hat der Kläger im Schriftsatz vom 07.06.2016 explizit ausgeführt, das weitere Betreiben des Verfahrens sei als Antrag auf Umstellung der (Feststellungs-)Klage auf eine Fortsetzungsfeststellungsklage zu bewerten. Der durch das Gericht im Verfahren des einstweiligen Rechtsschutzes geäußerten Annahme, dass auch eine Anfechtungsklage angedacht und meistbegünstigend beantragt gewesen sein könnte, sei mit einer entsprechenden Rüge entgegenzutreten. Die Anfechtung eines per se nichtigen Verwaltungsaktes sei bereits in der Denklogik ausgeschlossen. Dies vermag das Gericht im Gesamtzusammenhang nicht anders auszulegen, als dass der Kläger nicht die Aufhebung der Meldeaufforderung als solcher begehrt, sondern mit seiner Klage die Entscheidung des Gerichts über die in seinen Schriftsätzen benannten abstrakten Rechtsfragen begehrt. Diese ursprünglichen Feststellungsanträge aus den Schriftsätzen vom 14.02.2013 und 07.06.2016 waren unzulässig, da mit ihnen lediglich die Feststellung einzelner Elemente von Rechtsverhältnissen begehrt wurde. Es handelt sich um Rechtsfragen, Vorfragen und Eigenschaften von Personen und Sachen, deren Feststellung der Kläger begehrt (vgl. zur Unzulässigkeit von Elementenfeststellungsklagen BSG, Urt. vom 13.03.2001, B 3 P 10/00 R).
Der Kläger hat vertreten durch seinen Prozessbevollmächtigten seine ursprünglichen Klageanträge gem. § 99 SGG in der mündlichen Verhandlung zulässigerweise in den dort gestellten Fortsetzungsfeststellungsantrag umgestellt. Die Zulässigkeit der Klageänderung ergibt sich daraus, dass der Beklagte sich im Sinne des § 99 Abs. 1 Fall 1 SGG ohne Widerspruch in der mündlichen Verhandlung am 08.06.2016 auf die geänderte Klage eingelassen hat.
Für die Fortsetzungsfeststellungsklage fehlt es jedoch am Feststellungsinteresse gem. § 55 SGG. Die Feststellungsklage ist auch im Bereich der Sozialgerichtsbarkeit gegenüber einer Leistungsklage grundsätzlich subsidiär (vgl. BSG, Urt. vom 28.02.2013, B 4 AS 42/12 R). Ist eine Leistungsklage möglich, ist in der Regel das Feststellungsinteresse (§ 55 SGG) zu verneinen. Der Subsidiaritätsgrundsatz gilt zwar grundsätzlich nicht bei Feststellungsklagen gegen juristische Personen des öffentlichen Rechts, weil angenommen werden kann, dass diese die Leistungsberechtigten angesichts ihrer in der Verfassung verankerten Bindung an Gesetz und Recht auch ohne Leistungsurteil mit Vollstreckungsdruck befriedigen werden. Allerdings gilt diese Ausnahme auch nur dann, wenn zu erwarten ist, dass der Streitfall mit der gerichtlichen Feststellung endgültig geklärt wird, die Gerichte also nicht noch einmal mit der Sache befasst werden müssen, um über weitere streitige Punkte zu entscheiden, die von der begehrten Feststellung nicht erfasst werden (BGH NJW 1984, 1119; BAG JZ 1990, 194; Keller in: Meyer-Ladewig a.a.O. § 55 Rdnr. 19a m.w.N.). Auf diese Einschränkungen des Subsidiaritätsgrundsatzes kann sich der Kläger im vorliegenden Fall nicht berufen. Auf Grundlage der angegriffenen Meldeaufforderung ist vorliegend ein Sanktionsbescheid ergangen, gegen den sich der Kläger mit einem noch nicht verbeschiedenen Widerspruch gewendet hat. Im Rahmen dieses Widerspruchs und der ggf. noch zu erhebenden Klage ist einerseits über die Rechtmäßigkeit der hier streitgegenständlichen Meldeaufforderung zu entscheiden. Andererseits ist zu klären, ob der Verstoß gegen die Meldeaufforderung zur Grundlage einer Sanktionsentscheidung gemacht werden konnte, insbesondere, ob dem Kläger ein wichtiger Grund für das Nichterscheinen zum Meldetermin am 27.02.2013 zur Seite stand. Damit hat der Kläger mit einer Klage gegen den Sanktionsbescheid wesentlich weitergehende Rechtsschutzmöglichkeiten als mit der hier erhobenen Feststellungsklage.
Die Klage war daher abzuweisen, wie geschehen.
II.
Die Kostenentscheidung folgt aus § 193 SGG; sie entspricht dem Ausgang des Rechtsstreits.
III.
Zur Frage, ob bei der Anfechtung einer Meldeaufforderung bzw. der entsprechenden Fortsetzungsfeststellungsklage für die Beantwortung der Frage, ob die Berufung nach § 144 Abs. 1 Satz 1 Nr. 1 SGG der Zulassung bedarf, allein auf die bei einer Nichtbeachtung der Einladung zu erwartende Sanktion abzustellen ist, wird auf das Urteil des LSG Nordrhein-Westfalen vom 29.01.2015, Az. L 7 AS 1306/14, juris, Rdnr. 30 verwiesen. Die zugelassene Revision zum Bundessozialgericht wurde am 31.05.2015 durch Zurücknahme erledigt, so dass die Rechtsfrage weiter offen ist.


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