Verwaltungsrecht

Mittlerer Schulabschluss, Grundsätzliche Festlegungen der Lehrerkonferenz zur Erhebung von Leistungsnachweisen, Vortrag nicht berücksichtigte mündliche Leistung, Vortrag Berücksichtigung einer Note für eine tatsächlich nicht erbrachte Leistung, Vortrag Berücksichtigung falscher Note bei verschwundenem Englisch-Test, Nachträglich geltend gemachte Prüfungsunfähigkeit

Aktenzeichen  M 3 K 18.4900

Datum:
21.9.2021
Rechtsgebiet:
Fundstelle:
BeckRS – 2021, 52959
Gerichtsart:
VG
Gerichtsort:
München
Rechtsweg:
Verwaltungsgerichtsbarkeit
Normen:
MSO § 12
MSO § 31

 

Leitsatz

Tenor

I. Die Klage wird abgewiesen. 
II. Die Klägerin hat die Kosten des Verfahrens zu tragen.
III. Die Kostenentscheidung ist vorläufig vollstreckbar.
Die Klägerin darf die Vollstreckung durch Sicherheitsleistung oder Hinterlegung in Höhe des vollstreckbaren Betrags abwenden, wenn nicht der Beklagte vorher Sicherheit in gleicher Höhe leistet. 

Gründe

I. Die zulässige Klage hat in der Sache keinen Erfolg.
1. Streitgegenstand des Hauptantrags ist der geltend gemachte Anspruch auf Feststellung des Bestehens der Abschlussprüfung zum Erwerb des Mittleren Schulabschlusses.
a) Die Klage ist im Hauptantrag zulässig, insbesondere richtet sie sich zutreffend gegen das Zeugnis der Klägerin vom 20. Juli 2018. Die Bewertung einzelner Teile einer Prüfung hat im Allgemeinen keine unmittelbare Regelungswirkung. Der Prüfling hat es in der Hand zu bestimmen, gegen welche Prüfungsleistungen, die in das Abschlusszeugnis eingehen, er mit substantiierten Einwendungen vorgehen und welche er gegen sich gelten lassen will. Ist die Bewertung einer der vom Prüfling angesprochenen Aufgaben fehlerhaft und hat dieser Fehler Einfluss auf das Gesamtergebnis, so führt dies zur Aufhebung des Abschlusszeugnisses und zur Verpflichtung des Beklagten, das Prüfungsverfahren mit einer erneuten – nunmehr fehlerfreien – Bewertung fortzusetzen (BVerwG, U.v. 16.3.1994 – 6 C 5/93 – juris Rn. 21 ff. zur Ersten Juristischen Staatsprüfung).
Vorliegend ist der Verpflichtungsantrag (§ 113 Abs. 5 Satz 1 VwGO) der Klägerin zulässig, da die Klägerin im Hauptantrag in erster Linie geltend macht, dass nach ihrem Vortrag erhobene Leistungsnachweise nicht bzw. mit unzutreffender Note in die Jahresfortgangsnote eingeflossen oder tatsächlich nicht erhobene Leistungsnachweise fälschlich mit berücksichtigt worden seien.
b) Die Klage ist im Hauptantrag unbegründet.
Die Klägerin hat keinen Anspruch auf Aufhebung des Zeugnisses vom 20. Juli 2018 und auf Feststellung des Bestehens der Abschlussprüfung (§ 113 Abs. 5 Satz 1 VwGO).
Die Gesamtnote der Klägerin im Fach Englisch ist rechtlich nicht zu beanstanden.
Die gerichtliche Kontrolle fachlicher, wissenschaftlicher Urteile, Wertungen und Entscheidungen von Prüfern stößt an Grenzen, weil die Beurteilung von Prüfungsleistungen von Gesichtspunkten und Überlegungen bestimmt ist, die sich einer rechtlich unmittelbar subsumierbaren Erfassung mehr oder minder entziehen und jedenfalls teilweise auf nicht in vollem Umfang objektivierbaren Einschätzungen und Erfahrungen beruhen und insbesondere davon abhängig sind, was nach Meinung der Prüfer bei einem bestimmten Ausbildungsstand als Prüfungsleistung verlangt werden kann. Diese für die Bewertung von Prüfungsleistungen anzustellenden fachlichen Erwägungen lassen sich nicht regelhaft erfassen und können insbesondere im Hinblick auf das Prinzip der Chancengleichheit auch grundsätzlich nicht mit Hilfe von Sachverständigen vom Gericht ersetzt werden. Eine uneingeschränkte Ersetzung der Prüferbewertung durch das Gericht würde zu einer Verzerrung der Bewertungsmaßstäbe und zu einer Verletzung des Grundsatzes der Chancengleichheit führen (vgl. BVerfG, B. v. 17.4.1991 – 1 BvR 419/81, 1 BvR 213/83 – BVerfGE 84, 34/51 ff.; BVerwG, U. v. 24.2.1993 – 6 C 35/92 – BVerwGE 91, 262/265; U. v. 9.12.1992 – 6 C 3/92 – BVerwGE 92, 132/137).
Soweit die Bewertung nicht rein fachliche Fragen betrifft, unterliegt daher die Benotung einer erbrachten Leistung dem Bewertungsspielraum der Prüfer und ist gerichtlich nur eingeschränkt überprüfbar (vgl. BVerfG, B. v. 17.4.1991 – 1 BvR 419/81, 1 BvR 213/83 – BVerfGE 84, 34/51 ff; BVerwG, U. v. 9.12.1992 – 6 C 3/92 – BVerwGE 91, 262/265; BVerwG, U. v. 24.2.1993 – 6 C 35/92 – BVerwGE 92, 132/137). Zu diesen nur eingeschränkt überprüfbaren Fragen zählen etwa die Punktevergabe und Notengebung, soweit diese nicht mathematisch determiniert sind, die Einordnung des Schwierigkeitsgrades einer Aufgabenstellung, bei Stellung verschiedener Aufgaben deren Gewichtung untereinander, die Würdigung der Qualität der Darstellung, die Gewichtung der Stärken und Schwächen in der Bearbeitung sowie die Gewichtung der Bedeutung eines Mangels und einzelner positiver Ausführungen im Hinblick auf die Gesamtbewertung (BVerwG, B.v. 2.6.1998 – 6 B 78/97 – juris Rn. 3 f.; B.v. 16.8.2011 – 6 B 18/11 – juris Rn. 16; B.v. 8.3.2012 – 6 B 36/11 – juris Rn. 6; BayVGH, B.v. 3.2.2014 – 7 ZB 13.2221 – juris Rn. 8). Bei diesen prüfungsspezifischen Wertungen ist die gerichtliche Kontrolle darauf beschränkt, ob die Prüfungsbehörden Verfahrensfehler begehen, anzuwendendes Recht verkennen, von einem unrichtigen Sachverhalt ausgehen, allgemein gültige Bewertungsmaßstäbe verletzen oder sich von sachfremden, mit ihrem Prüfungsauftrag nicht zu vereinbarenden Erwägungen leiten lassen und ob die Bewertung in sich schlüssig und nachvollziehbar ist (ständige Rechtsprechung im Anschluss an BVerwG, U.v. 9.12.1992 – 6 C 3/92 – BVerwGE 92, 132/137; vgl. BayVGH, B.v. 5.10.2009 – 7 ZB 09.160 – juris Rn. 9).
aa) Die von der Klägerin erhobenen Verfahrensrügen bleiben ohne Erfolg. Auf die Frage, ob der Hauptantrag der anwaltlich vertretenen Klägerin dahingehend auszulegen (§§ 88, 86 Abs. 3 VwGO) wäre, dass sich der Hauptantrag im Fall des Erfolgs einer Verfahrensrüge auch auf erneute Erhebung der Leistungsnachweise unter Vermeidung von Verfahrensfehlern richtet, kommt es daher nicht an.
(1) Soweit die Klägerin das Fehlen grundsätzlicher Festlegungen der Lehrerkonferenz zur Erhebung von Leistungsnachweisen bemängelt, führt dies nicht zur Fehlerhaftigkeit der Leistungserhebungen im Fach Englisch.
Nach § 12 Abs. 1 Satz 1 Mittelschulordnung (MSO) vom 4. März 2013 (GVBl. S. 116, BayRS 2232-3-K), zuletzt geändert durch Verordnung vom 8. Juli 2021 (GVBl. S. 479) in der hier maßgeblichen Fassung der Verordnung vom 14. Juni 2017 (GVBl. S. 305) trifft die Lehrerkonferenz vor Unterrichtsbeginn des Schuljahres grundsätzliche Festlegungen zur Erhebung von Leistungsnachweisen einschließlich prüfungsfreier Lernphasen. Diese Vorschrift ist im Zusammenhang mit Art. 52 Abs. 1 Satz 2 Bayerisches Gesetz über das Erziehungs- und Unterrichtswesen – BayEUG – in der Fassung der Bekanntmachung vom 31. Mai 2000, GVBl. S. 414, 632, BayRS 2230-1-1-K, zuletzt geändert durch Gesetz vom 23. Juli 2021, GVBl. S. 432, zu sehen; danach richten sich Art, Zahl, Umfang, Schwierigkeit und Gewichtung der Leistungsnachweise nach den Erfordernissen der jeweiligen Schulart und Jahrgangsstufe sowie der einzelnen Fächer. Nach Art. 52 Abs. 3 Satz 2 BayEUG werden die gesamten Leistungen einer Schülerin bzw. eines Schülers unter Wahrung der Gleichbehandlung aller Schülerinnen und Schüler in pädagogischer Verantwortung der Lehrkraft bewertet. Angesichts dieser allgemeinen Vorgabe in Art. 52 Abs. 1 Satz 2, Abs. 3 Satz 2 BayEUG soll mit der Regelung der Zuständigkeit der Lehrerkonferenz in § 12 Abs. 1 Satz 1 MSO für „grundsätzliche Festlegungen zur Erhebung von Leistungsnachweisen“ sichergestellt werden, dass zur Gewährleistung der Chancengleichheit die Erhebung von Leistungsnachweisen innerhalb der Schule nicht zu stark variiert. Aus diesem Zweck ergibt sich, dass allein die Festlegung durch ein hierzu nicht berufenes Gremium der Schule nicht ohne weiteres, insbesondere nicht unabhängig vom Inhalt der Festlegung und den Folgen für die Leistungserhebung, zur Fehlerhaftigkeit der Leistungserhebung bei sämtlichen Schülern führen soll.
Nach dem Vortrag der Schulleiterin in der mündlichen Verhandlung erfolgte die in der Stellungnahme vom 8. Juli 2021 wiedergegebene Festlegung der jeweils zu fordernden Leistungserhebungen nicht in der Lehrerkonferenz, sondern in der Jahrgangsstufenkonferenz. Vorliegend ist weder aus dem Vortrag der Klägerin noch aus sonstigen Umständen ersichtlich, dass die Festlegungen durch die dazu nicht berufene Jahrgangsstufenkonferenz zu Verzerrungen gegenüber den Festlegungen für andere Jahrgangsstufen geführt hätten oder unsachgemäß wären.
(2) Die Rüge der Klägerin, dass keine Bekanntgabe der Festlegungen gegenüber der Klägerin und ihren Eltern erfolgt sei, bleibt ohne Erfolg.
Nach Art. 52 Abs. 1 Satz 3 Halbsatz 1 BayEUG ist die Art und Weise der Erhebung der Nachweise des Leistungsstandes den Schülerinnen und Schülern vorher bekannt zu geben. Dementsprechend sind die Festlegungen nach § 12 Abs. 1 Satz 1 MSO den Schülerinnen und Schülern sowie ihren Erziehungsberechtigten bekannt zu geben (§ 12 Abs. 1 Satz 2 MSO).
Weder Art. 52 Abs. 1 Satz 3 Halbsatz 1 BayEUG noch § 12 Abs. 1 Satz 1 MSO sehen eine besondere Form der Bekanntgabe vor. Es ist daher nicht zu beanstanden, wenn die Schüler im Unterricht, die Erziehungsberechtigten am ersten Elternabend hierzu informiert wurden. Der diesbezüglichen Stellungnahme der Lehrkraft (Bl. 97 der Gerichtsakte) ist weder die Klagepartei substantiiert entgegen getreten noch sind sonstige Anhaltspunkte für Zweifel hieran ersichtlich.
(3) Soweit die Klägerin beanstandet, ihr sei die Jahresfortgangsnote im Fach Englisch entgegen § 31 Abs. 1 MSO nicht mitgeteilt worden, führt sie hierzu in der mündlichen Verhandlung aus, die Bekanntgabe der Jahresfortgangsnote sei freiwillig gewesen; wer sie habe erfahren wollen, habe zur Lehrerin nach vorne gehen können. Sie selbst habe davon aber keinen Gebrauch gemacht, da sie sich ihrer Note sicher gewesen sei; sie sei sich sicher gewesen, eine Note 4 zu bekommen, weil sich das aus der Berechnung ihrer bisherigen Noten so ergeben habe.
Vor diesem Hintergrund kann sich die Klägerin jedenfalls auf eine etwaig fehlende tatsächliche Mitteilung der Jahresfortgangsnote nicht berufen. § 31 Abs. 1 MSO soll zum Schutz der Schülerinnen und Schüler sicherstellen, dass diese vor Beginn der schriftlichen Abschlussprüfung über ihren Leistungsstand informiert sind. Wer aus freien Stücken hierauf verzichtet, kann nicht im Nachhinein die Leistungserhebung im Hinblick auf die fehlende Information beanstanden.
bb) Die Voraussetzungen für das Bestehen der Abschlussprüfung nach § 31 Abs. 9 MSO liegen nicht vor. Die Klägerin hat keinen Anspruch auf Festsetzung der Gesamtnote 4 im Fach Englisch und die Gewährung von Notenausgleich im Hinblick auf ihre Gesamtnote im Fach Mathematik (§ 31 Abs. 9 Satz 2 Nr. 1 MSO).
Nach § 31 Abs. 8 Satz 1 Nr. 1 MSO wird die Gesamtnote im Prüfungsfach (§ 29 Abs. 1 MSO) Englisch aus der Jahresfortgangsnote und der Prüfungsnote ermittelt. Nach
§ 31 Abs. 8 Satz 2 MSO gibt in den Prüfungsfächern in der Regel die Prüfungsnote den Ausschlag. Die Jahresfortgangsnote kann nur dann überwiegen, wenn sie nach dem Urteil des Prüfungsausschusses der Gesamtleistung der Schülerin oder des Schülers in dem betreffenden Fach mehr entspricht als die Prüfungsnote.
(1) Soweit die Klägerin beanstandet, dass bei der Berechnung der Jahresfortgangsnote im Fach Englisch bei den mündlichen Leistungen eine von ihr erbrachte und mit der Note 3 bewertete Leistung außer Betracht geblieben ist, kann sie damit nicht durchdringen.
Nach dem klägerischen Vortrag im Schriftsatz vom 29. April 2019 habe die mündliche Leistungserhebung im Oktober 2017 stattgefunden. In der mündlichen Verhandlung führte die Klägerin hierzu aus, die Leistung sei freiwillig gewesen. Die Schüler hätten wählen können, ob sie den „short talk“ im Klassenzimmer oder im Gruppenraum nur mit der Lehrerin halten wollten. Sie habe sich für den Gruppenraum entschieden. An diesem Tag hätten mehrere präsentiert. Die Schüler hätten aus dem jeweiligen Unit aus dem Englischbuch zu dem Thema etwas aussuchen können, über das sie hätten frei erzählen können. Das Unit-Thema sei South Africa gewesen. Sie habe über Nelson Mandela, seinen Gefängnisaufenthalt und die Rassentrennung gesprochen. Zur Bewertung führte die Klägerin aus, die Rückmeldung der Lehrerin sei „gut“ gewesen, es sei klar gewesen, dass das wie eine mündliche Leistung gewertet werde. Weiter gab sie an, sie erinnere sich, dass das definitiv nicht der einzige Tag gewesen sei, an dem Schüler diesen „short talk“ hätten machen können. Ca. 10 bis 15 ihrer Klassenkameraden dürften von der Gelegenheit dieses „short talk“ Gebrauch gemacht haben. Wann sie von der Leistungsbewertung mit der Note 3 erfahren habe, könne sie sich nicht erinnern. Sie erinnere sich aber jedenfalls, in der Tabelle, bei der die Lehrerin die Zeilen der anderen Schüler abgedeckt habe, bei sich selbst eine „3“ gesehen zu haben. Demgegenüber führt die Lehrkraft in ihrer dienstlichen Stellungnahme (Bl. 9 d.A.) aus, die Spalte „short talk“ ihrer Liste „Emdl“ beziehe sich auf drei freiwillig erbrachte Leistungen von Schülern. Sie hätte eine Note eingetragen, wenn die Klägerin einen Vortrag gehalten hätte, der benotet worden wäre.
Vorliegend ist zum einen zu berücksichtigen, dass die Darstellung der Lehrkraft in ihrer dienstlichen Stellungnahme zumindest insofern mit der von ihr angefertigten Liste „10a Emdl“ (Bl. 24 d.A.) übereinstimmt, als dort in der ganz links befindlichen Spalte „short talk“ bei lediglich drei Schülern Leistungen (davon eine allerdings als „U-Beiträge“ gekennzeichnet) vermerkt sind. Folgte man der Darstellung der Klägerin, fehlten hier Einträge nicht nur bei der Klägerin, sondern bei mindestens sechs weiteren Schülern. Angesichts des übereinstimmend von der Klägerin wie auch der Lehrkraft geschilderten Aufwands (auf Wunsch des jeweiligen Schülers Vortrag allein mit der Lehrkraft im Gruppenraum) erscheint es wenig wahrscheinlich, dass die Lehrkraft bei mindestens sieben Schülern den Noteneintrag vergessen hätte. Zum anderen fällt auf, dass nach dem Vortrag der Klägerin ihr „short talk“ im Oktober 2017 stattgefunden habe und das Unit-Thema South Africa gewesen sein soll. Der am 17. November 2017 abgehaltene „English-Test: Unit 1“ hatte jedoch nicht South Africa zum Gegenstand; South Africa war vielmehr Gegenstand des am 19. Januar 2018 abgehaltenen „English-Test Unit 2“. Der weitere Vortrag der Klägerin, bei einer Nachfrage bei der Lehrkraft in deren Liste gesehen zu haben, dass für sie die Note 3 im „short talk“ eingetragen gewesen sei, ist aus der vorgelegten Liste „10a Emdl“ nicht nachvollziehbar und wäre nur dadurch zu erklären, dass die Liste nachträglich geändert worden wäre oder eine weitere Liste existierte. Hierfür bestehen keine sonstigen Anhaltspunkte; insbesondere ist nicht ersichtlich, welches Interesse die Lehrkraft an einem derartigen Vorgehen haben sollte. Nach alledem folgt das Gericht der Darstellung der Lehrkraft in ihrer dienstlichen Stellungnahme und geht davon aus, dass keine weitere mündliche Leistung der Klägerin zu berücksichtigen ist.
(2) Die Rüge der Klägerin, es sei unzutreffend eine mündliche Leistung am 5. Juni 2018 (Note 5) berücksichtigt worden, die tatsächlich gar nicht erbracht worden sei, bleibt ohne Erfolg.
Nach Darstellung der Klägerin sei die Lehrkraft mit den Referaten nicht durchgekommen, so dass die Klägerin ihr Referat vor Ende der Englischstunde am 5. Juni 2018 nicht mehr habe halten können; nach ihrer Erinnerung habe die Mitschülerin W. vor ihr noch das Referat gehalten. In der mündlichen Verhandlung führte die Klägerin ergänzend aus, auch der „picture based talk“ am 5. Juni 2018 sei freiwillig gewesen. Sie hätten von den vier Bildern auf der Unit-Seite zwei aussuchen können, von denen eins drangekommen sei. Sie sei verwundert gewesen, als sie nicht mehr drangekommen sei, obwohl sie sich gemeldet habe. Sie habe zu der Lehrerin nichts gesagt. Sie habe gedacht, das gehe noch mehrere Tage und sie komme schon noch dran. Die Lehrkraft führt demgegenüber in ihrer dienstlichen Stellungnahme aus, die Schüler hätten wie in der Prüfung zwei Bilder erhalten, zu denen sie sich hätten fragegeleitet äußern müssen. Der handschriftliche Vermerk auf der Liste Emdl beziehe sich auf eben diesen Vortrag der Klägerin, der nicht gelungen gewesen sei. Die Notizen zu den „picture based talks“ der Schüler habe sie auf den freien Platz der Notenliste geschrieben. Das Fehlen eines Bewertungsbogens erläutert die Lehrkraft damit, dass die Schüler hier freier seien als bei anhand eines bereitgestellten Textes erarbeiteten „talks“ und sich daher nur besonders gute oder eben defizitäre Punkte festhalten ließen. In der vorgelegten Liste „10a Emdl“ ist in der Spalte „pbt“ („picture based talk“) bei allen Schülern (mit Ausnahme einer Schülerin, für die im gesamten zweiten Halbjahr keine Noten eingetragen sind) eine Note eingetragen, was die Darstellung der Klägerin, dass die Leistung freiwillig gewesen sei, zumindest nicht stützt. Während bei der Mitschülerin W. und einigen anderen Mitschülern die Note in schwarzen Stift und ohne Datumsvermerk eingetragen sind, ist bei der Klägerin und acht weiteren Schülern in blauer Schrift neben der Note das Datum „5.6.“ festgehalten. Die in der Spalte „pbt“ bei der Klägerin befindlichen Eintragungen entsprechen ihrer Art nach den Anmerkungen zu den Leistungen der Mitschüler der Klägerin. Ausgehend vom Vortrag der Klägerin ließen sie sich nur durch eine nachträgliche unzutreffende Eintragung der Lehrkraft erklären. Hierfür sind keine sonstigen Hinweise ersichtlich, auch ist nicht zu erkennen, aus welchen Gründen die Lehrkraft eine derartige Pflichtverletzung begehen sollte. Schließlich ist aus dem Vortrag der Klägerin nicht erklärlich, warum die Klägerin nicht nur am 5. Juni 2018, sondern auch in den nachfolgenden Tagen darauf verzichtet hat, die Lehrkraft daran zu erinnern, dass ihr „picture based talk“ noch aussteht. Unter Würdigung all dieser Aspekte hält das Gericht die Darstellung der Klägerin nicht für glaubhaft.
(3) Soweit die Klägerin sich mit dem Vortrag gegen die Jahresfortgangsnote in Englisch wendet, dass zu wenige mündliche Leistungen erhoben worden seien, hat sie damit keinen Erfolg.
Über die Vorgabe des Art. 52 Abs. 1 Satz 2 BayEUG hinaus enthält die Mittelschulordnung keine weitergehenden Vorschriften zur Zahl der Leistungsnachweise. Ob eine hinreichende Anzahl mündlicher Leistungsnachweise vorliegt, unterliegt dem pädagogischem Beurteilungsspielraum der Lehrkraft (BayVGH, B.v. 29.6.2020 – 7 CE 20.721 – juris Rn. 17).
Nach den obigen Ausführungen geht das Gericht davon aus, dass drei mündliche Leistungen („short talk“ am 5. Dezember 2017, „topic based talk“ am 2. Februar 2018, „picture based talk“ am 5. Juni 2018) bei der Klägerin erhoben wurden. Dies entspricht der Zahl der nach Darstellung der Lehrkraft verpflichtend erhobenen mündlichen Leistungsnachweise der Mitschüler der Klägerin. Die in der dienstlichen Stellungnahme der Lehrkraft (Bl. 9 d.A.) dargestellten Erwägungen, dass die mündlichen Noten mit großem Zeitaufwand erbracht worden seien, da die Schüler schrittweise an die Prüfungssituation herangeführt werden sollten, und daher nur drei mündliche Leistungserhebungen möglich gewesen seien, sind nachvollziehbar und sachgemäß. Angesichts des Inhalts der mündlichen Prüfung der Abschlussprüfung im Fach Englisch ist es rechtlich nicht zu beanstanden, wenn die Lehrkraft diesem Vorgehen den Vorzug gibt gegenüber der Erhebung einer größeren Anzahl kleinerer mündlicher Leistungsnachweise.
(4) Auch mit dem Einwand, die von der Klägerin krankheitsbedingt versäumten kleinen schriftlichen Leistungsnachweise seien nicht nachgeholt worden, kann die Klägerin nicht durchdringen.
Nach § 12 Abs. 2 Satz 4 MSO kann die Lehrkraft das Nachholen von angekündigten Leistungsnachweisen anordnen, wenn der Leistungsstand einer Schülerin oder eines Schülers wegen nicht zu vertretender Versäumnisse nicht hinreichend beurteilt werden kann. Hieraus ergibt sich im Umkehrschluss, dass nach der Mittelschulordnung eine Nachholung unangekündigter Leistungsnachweise nicht vorgesehen ist; es bleibt daher bei der allgemeinen Regelung des Art. 52 Abs. 1 Satz 2 BayEUG. Die Klägerin hat vorliegend an allen angekündigten Leistungsnachweisen teilgenommen. Bis zum Ende des ersten Halbjahres hat die Klägerin zwar drei kleine schriftliche Leistungsnachweise krankheitsbedingt versäumt; allerdings sind von ihr zwei mündliche und drei kleine schriftliche Leistungsnachweise abgelegt und bewertet worden. Besondere Umstände, die eine Erhebung weiterer kleiner schriftlicher Leistungsnachweisen erforderlich erscheinen lassen, sind vorliegend weder geltend gemacht noch erkennbar. Allein der Umstand, dass sich bei einer größeren Zahl von Leistungsnachweisen weitere Möglichkeiten geboten hätten, bessere Noten zu erzielen, genügt nicht, um die Tragfähigkeit der Jahresfortgangsnote anzuzweifeln.
(5) Der wohl alternative Vortrag der Klägerin, weitere mündliche Leistungserhebungen hätten zwar stattgefunden, seien jedoch nicht aufgezeichnet worden, ist nicht näher substantiiert worden.
(6) Die Rüge der Klägerin, die Bewertung des „English-Tests“ zu Unit 2 am 19. Januar 2018 sei tatsächlich die Note 3 und nicht die Note 5 gewesen, bleibt ohne Erfolg.
(a) Eine für den Prüfling günstigere Beweislastverteilung aufgrund einer Beweisvereitelung durch die Prüfungsbehörde (BVerwG, B.v. 18.2.2003 – 6 B 10/03 – juris Rn. 6ff.) kommt vorliegend nicht zur Anwendung. Es lässt sich nicht feststellen, dass die Schule das Abhandenkommen der Prüfungsarbeit verschuldet hat, da nach den vorliegenden Erkenntnissen verschiedene, nicht ausschließlich auf einem Verschulden der Schule beruhende Gründe für den Verlust in Betracht kommen. Laut dienstlicher Stellungnahme der Lehrkraft sei die Arbeit der Klägerin zur Unterschrift nach Hause mitgegeben worden; sie sei offensichtlich nicht mehr zurückgebracht worden. Allein aus dem Fehlen eines Verlustvermerks der Schule im zeitlichen Zusammenhang mit der Rückgabe der Arbeit lässt sich nicht im Umkehrschluss folgern, dass die Klägerin die Arbeit tatsächlich wieder zurückgegeben haben muss.
(b) Das Gericht ist aufgrund der vorliegenden Erkenntnisquellen zu der Überzeugung gelangt, dass die Arbeit nicht mit der Note 3, sondern mit der Note 5 bewertet war.
(aa) Die Klägerin und ihre Eltern trugen hierzu in der mündlichen Verhandlung vor, die Prüfungsarbeit zu Unit 2 sei mit der Note 3 bewertet worden. Die Klägerin und ihre Mutter führten aus, die Arbeit sei kurz nach dem Tod des Großvaters der Klägerin geschrieben worden; sie seien froh gewesen über die Note. Die Klägerin gab an, die Lehrkraft habe bei der Rückgabe der Probe zu ihr „gut gemacht“ gesagt; an weitere Bemerkungen auf der Arbeit könne sie sich nicht erinnern. Sie könne sich noch an die Zahl erinnern, nicht aber an die Stiftfarbe. Die Mutter der Klägerin führte aus, die Note 3 habe als Zahl auf der Prüfungsarbeit gestanden. Die Arbeit sei nicht nur in roter Farbe korrigiert, sondern es seien auch mit grüner Farbe Nachkorrekturen angebracht gewesen. Einzelne Punkte seien mit grüner Farbe hochgesetzt worden; sie könne sich nicht erinnern, ob auch die Gesamtnote nachkorrigiert gewesen sei. Die grünen Korrekturen seien in derselben Schrift wie die roten Korrekturen gewesen. Der Vater der Klägerin erklärte, die Note 3 sei in Rot geschrieben gewesen. Zusätzlich seien einzelne Punkte in Grün ausgebessert worden, nicht aber die Gesamtnote. Der Bevollmächtigte der Klägerin erklärte, bei Abfassung der Klagebegründung (vgl. Bl. 22 Rückseite der Gerichtsakte) die Klägerin missverstanden zu haben, soweit er dort auf die durchgestrichene rote Prüfungsnote (Note 4) und die mit grüner Schrift verbesserte Gesamtnote (Note 3) der Arbeit hingewiesen habe.
In der Klassennotenliste der Lehrkraft („10a schriftl“, Bl. 26 d.A.) ist bei der Klägerin in der Spalte „U2 19.1.“ die Note „5-“ eingetragen. Die Eintragungen sind in dieser Spalte alle mit roten Stift vorgenommen, allerdings sind bei zwei Schülern mit grünem Stift Änderungen eingetragen: In Zeile 3 (Schüler G.) ist die in roter Schrift eingetragene Note 4 mit grünem Stift in die Note 3 ausgebessert worden, in Zeile 5 (Schüler P.) ist bei der rot eingetragenen Note 3- mit grünem Stift das Minus-Zeichen gestrichen worden, in Zeile 12 (Schüler C.) ist die in Rot geschriebene Note 3- mit roter Schrift in Note 4 verändert worden; bei der Klägerin sind keine Änderungen (weder in Rot noch in Grün) vermerkt.
Aus der in Bl. 21, Bl. 47 d.A. befindlichen Korrekturübersicht sind die von den Schülern der Klasse bei den einzelnen Aufgaben der Prüfung erreichten Punkte ersichtlich. Bei der Klägerin sind zu den Aufgaben „Listening“ 2 (von 9 erreichbaren Punkten laut Angabe, Bl. 48 d.A.), bei „Use of English“ 3,5 („voc“) und 1 („gr“) (von 18/16 erreichbaren Punkten, vgl. Bl. 48 d.A.), bei „Reading“ 2,5 (von 14 Punkten, Bl. 48 d.A.), bei „Mediation“ 4 (von 14 Punkten laut Angabe, Bl. 48 d.A. bzw. von 12 Punkten laut Liste, Bl. 47 d.A.), bei „Text Production“ 5 (von 20 Punkten, Bl. 48 d.A.), und als Summe 18 von erreichbaren 75/73 Punkten vermerkt (Bl. 47/48 d.A.). Änderungen bei der Klägerin sind auch auf dieser Liste nicht ersichtlich.
Da die Note des „English-Tests“ zu Unit 2 vom 19. Januar 2018 Auswirkungen auf die Halbjahresnote im Fach Englisch hat (bei Note 3 im Test: Note 4 im Zwischenzeugnis, bei Note 5 im Test: Note 5 im Zwischenzeugnis), würdigt das Gericht das Vorbringen zur Note des Tests im Zusammenhang mit der Englischnote im Zwischenzeugnis und dem diesbezüglichen Vortrag der Beteiligten.
In der von der Schule in der mündlichen Verhandlung vorgelegten Zweitschrift des Zwischenzeugnisses (ohne Unterschrift der Eltern der Klägerin) ist für das Fach Englisch die Note 5 eingetragen. Die Klägerin führte in der mündlichen Verhandlung aus, sie habe in Englisch im Zwischenzeugnis nicht die Note 5, sondern die Note 4 gehabt. Da sie sich überall mit ihrem Quali-Zeugnis beworben habe, habe sie dem Zwischenzeugnis und dessen Verbleib keine Beachtung geschenkt. Sie wisse nicht, wo es geblieben sei. Die Mutter der Klägerin erklärte, am Zeugnistag habe ihre Tochter das Zeugnis zunächst nicht parat gehabt. Nach mehrmaliger Nachfrage habe die Klägerin ihr das Zeugnis erst Tage später gezeigt. In Englisch habe die Klägerin die Note 4 gehabt. Zum Verbleib des Zeugnisoriginals erklärte die Mutter der Klägerin, in der Regel verwahrten sie solche Schreiben an der gleichen Stelle im Haus; dort sei es leider nicht.
(bb) Nach den Ergebnissen der mündlichen Verhandlung und unter Würdigung der oben genannten Umstände geht das Gericht davon aus, dass der „English-Test“ vom 19. Januar 2018 mit der Note 5 bewertet worden ist. Aus der von der Lehrkraft bei Korrektur der Leistungsnachweise erstellten Übersicht über die von den einzelnen Schülern in den jeweiligen Aufgaben erreichten Punkte (Bl. 21, 47 d.A.) sind die von der Klägerin bei den einzelnen Aufgaben erzielten Punkte ersichtlich; die dort entsprechend der Gesamtpunktzahl ermittelte Note der Klägerin stimmt mit der in der Klassenliste (Bl. 26 d.A.) eingetragenen Note (jeweils Note 5) der Klägerin überein. Aus dem klägerischen Vortrag ergeben sich keine Umstände, warum an der Richtigkeit der in der Übersicht bei der Klägerin eingetragenen Punkte zu zweifeln wäre. Die Lehrkraft hat für alle Englischtests derartige Übersichten bei Korrektur der Schülerarbeiten erstellt; die in den Korrekturübersichten der Tests zu den Units 1, 3 und 4 vermerkten Punktezahlen stimmen mit den auf den jeweiligen Prüfungsarbeiten der Klägerin vermerkten Punktezahlen im Wesentlichen überein; die Abweichung beim Test zu Unit 4 (auf der Arbeit der Klägerin 14 Punkte, auf der Übersicht 14,5 Punkte) ist nur sehr geringfügig und stellt nicht grundsätzlich die Annahme in Frage, dass die Punktezahlen in der Übersicht und auf den Arbeiten übereinstimmen. Soweit die Eltern der Klägerin in der mündlichen Verhandlung vortrugen, dass ihrer Erinnerung nach in der Arbeit der Klägerin in grün angebrachte Änderungen der Korrektur vorgenommen waren, würde eine etwaige Nachkorrektur (durch die Lehrkraft selbst oder eine weitere Lehrkraft) zwar Abweichungen zwischen den Punkten auf der Übersicht und auf den jeweiligen Prüfungsarbeiten erklären; hiergegen spricht allerdings, dass die Lehrkraft bei den Schülern G. und P. in der Notenübersicht „10a E schriftl“ (Bl. 26 d.A.) in grün geänderte Noten ausdrücklich vermerkt hat, nicht jedoch bei der Klägerin, und dass ein Notensprung von Note 5 auf Note 3 im Rahmen einer Nachkorrektur ungewöhnlich ist.
Weiter hätte die von der Klägerin behauptete Bewertung des Tests vom 19. Januar 2018 mit der Note 3 zur Folge gehabt, dass im Zwischenzeugnis im Fach Englisch die Note 4 zu vergeben gewesen wäre. Nach Überzeugung des Gerichts wies das Zwischenzeugnis der Klägerin im Fach Englisch, wie in der von der Schule vorgelegten Zweitschrift, die Note 5 aus; den Vortrag der Klägerin und ihrer Mutter, im Original des Zwischenzeugnisses sei im Fach Englisch die Note 4 eingetragen gewesen, hält das Gericht nicht für glaubhaft. Die Klägerin hat das Original des Zwischenzeugnisses nicht vorgelegt; zum Verbleib des Originals des Zwischenzeugnisses tragen die Klägerin und ihre Mutter lediglich vor, dass dieses bei ihnen zu Hause nicht mehr auffindbar sei. Vorliegend sind keine Umstände vorgebracht oder sonst ersichtlich, die ein inhaltliches Abweichen des Originals des Zwischenzeugnisses von der Zweitschrift erklären könnten. Insbesondere wäre eine grundsätzlich denkbare spätere Änderung einer Zeugnisnote – etwa aufgrund eines nachträglich entdeckten Rechenfehlers – an einer Schule kein alltäglicher Vorgang; in einem solchen Fall wäre zum einen davon auszugehen, dass Original und Zweitschrift gleichermaßen geändert würden, zum anderen spricht viel dafür, dass sich die betroffene Lehrkraft hieran erinnern würde.
(7) Soweit die Klägerin geltend macht, die Entwicklung ihrer Noten im Fach Englisch sei unerklärlich, sind die Ausführungen der Lehrkraft in ihrer dienstlichen Stellung (Bl. 9 d.A. oben) hierzu schlüssig und nachvollziehbar.
(8) Für die Jahresfortgangsnote ergibt sich bei Berücksichtigung der mündlichen Leistungen (Noten 4, 4, 5) und der doppelt gewichteten schriftlichen Leistungen der Klägerin (doppelt gewertete Noten der Tests: 5, 5, 5, 6; einfach gewertete schriftliche Leistungen: 4, 5, 6) ein rechnerischer Wert von 4,90. Die hieraus ermittelte Jahresfortgangsnote 5 ist nicht zu beanstanden.
(9) Nach § 31 Abs. 8 Satz 1 Nr. 1 MSO ergibt sich aus Jahresfortgangsnote (5) und Prüfungsnote (5) die Gesamtnote. Die im Jahreszeugnis festgesetzte Gesamtnote („mangelhaft“) im Fach Englisch ist nicht zu beanstanden.
(10) Nach § 31 Abs. 9 Satz 2 Nr. 1 MSO ist die Abschlussprüfung nicht bestanden, da die Voraussetzungen für Notenausgleich nach § 31 Abs. 10 MSO nicht vorliegen.
2) Der zulässige erste Hilfsantrag bleibt bereits deshalb ohne Erfolg, weil nach den obigen Ausführungen gegen die Festsetzung der Jahresfortgangsnote 5 im Fach Englisch keine rechtlichen Einwände bestehen.
3) Der zulässige zweite Hilfsantrag ist unbegründet.
Die Klägerin hat keinen Anspruch auf Aufhebung des Jahreszeugnisses, soweit darin im Fach Mathematik die Note „ungenügend“ festgesetzt ist, und Fortsetzung des Prüfungsverfahrens durch erneute Ablegung der Abschlussprüfung im Fach Mathematik im Hinblick auf die geltend gemachte Prüfungsunfähigkeit am 20. Juni 2018.
Für schulische Abschlussprüfungen greifen die von der Rechtsprechung zum Prüfungsrecht aus Art. 3 und 12 GG hergeleiteten Anforderungen unmittelbar durch (vgl. BVerwG, U.v. 9.8.1996 – 6 C 3/95 – juris Rn. 39; Rux Schulrecht, 6. Aufl. 2018 Rn. 492). Dies gilt insbesondere für das Gebot der Chancengleichheit (BVerwG, U.v. 22.3.1963 – VII C 141.61 – juris Rn. 18) und die hieraus zum Rücktritt wegen Prüfungsunfähigkeit entwickelten Maßgaben. Danach muss ein erkrankter Prüfling unverzüglich und eindeutig erklären, dass er von der Prüfung zurücktritt, unverzüglich die Gründe für seinen Rücktritt darlegen und die dafür gebotenen Nachweise erbringen (Jeremias in Niehues/Fischer/Jeremias, Prüfungsrecht, 7. Aufl. 2018 Rn. 267ff. m.w.N.).
a) Die Äußerungen der Klägerin am Prüfungstag gegenüber den Prüfungsaufsichten sind nicht als Rücktrittserklärung zu werten. Eine Rücktrittserklärung muss gegenüber der zuständigen Stelle eindeutig den Willen zum Ausdruck bringen, dass die Prüfung oder ein bestimmter Prüfungsteil nicht fortgesetzt werden oder dass eine bereits erbrachte Prüfungsleistung nicht gelten soll (OVG NW, U.v. 21.2.2017 – 14 A 2071/16). Eine derartige Erklärung kann auch von einem minderjährigen Schüler verlangt werden (VG Bayreuth, U.v. 13.5.2005 – B 6 K 04.1091 – juris Rn. 29; VG Braunschweig, U.v. 17.9.2013 – 6 A 453/12 – juris Rn. 29 ff.). Nach dem Vortrag der Klägerin war sie, nachdem sie vor Prüfungsbeginn in Tränen ausgebrochen war, auf Anregung der Prüfungsaufsichten mit einem Klassenkameraden an die frische Luft gegangen. In der mündlichen Verhandlung gab sie an, nach ihrer Rückkehr zu den Prüfungsaufsichten „ich kann nicht“ gesagt zu haben; demgegenüber führte sie in ihrer schriftlichen Stellungnahme (Bl. 83 der Gerichtsakte) aus, vor dem Gang nach draußen „ich pack das nicht“ gesagt zu haben und sich nach ihrer Rückkehr nicht getraut zu haben, etwas zu sagen. Unabhängig vom tatsächlichen Zeitpunkt dieser Äußerungen können derartige Aussagen gleichermaßen Ausdruck von Ängsten wie auch die Mitteilung von Gründen für einen beabsichtigten Rücktritt sein; sie können daher nur im Zusammenhang mit dem weiteren Verhalten der Klägerin interpretiert werden. Jedenfalls vor dem Hintergrund, dass die Klägerin dann ohne weiteres und bis zum Ende der Prüfungszeit an der Prüfung teilnahm, stellen sie keine Rücktrittserklärung dar.
b) Mit dem Schreiben der Eltern der Klägerin vom 13. Juli 2018 konnte die Klägerin nicht mehr von der Prüfung zurücktreten. Der nach Abschluss der Prüfung erfolgte nachträgliche, auf Prüfungsunfähigkeit gestützte Rücktritt von einer Prüfung berührt in besonderem Maße den das gesamte Prüfungsrecht beherrschenden, verfassungsrechtlich gewährleisteten Grundsatz der Chancengleichheit. Jeder Rücktritt nach durchgeführter Prüfung birgt die Gefahr einer Verletzung der Chancengleichheit gegenüber anderen Prüflingen in sich, da sich der Prüfling so eine ihm nicht zustehende weitere Prüfungschance verschaffen kann. Dieser Gefahr für die Chancengleichheit wird dadurch entgegengewirkt, dass eine nachträgliche Geltendmachung der Prüfungsunfähigkeit dem Erfordernis der Unverzüglichkeit unterliegt, wobei an die Unverzüglichkeit des Rücktritts ein strenger Maßstab anzulegen ist. Denn es ist Sache des Prüflings, sich darüber Klarheit zu verschaffen, ob seine Leistungsfähigkeit durch außergewöhnliche Umstände, insbesondere durch Krankheit, erheblich beeinträchtigt ist, und bejahendenfalls daraus unverzüglich die in der jeweiligen Prüfungsordnung vorgesehenen Konsequenzen zu ziehen, und zwar bei krankheitsbedingter Prüfungsunfähigkeit grundsätzlich vor Beginn der Prüfung, spätestens aber dann, wenn er sich ihrer bewusst geworden ist (BVerwG, U.v. 7.10.1988 – 7 C 8/88 – juris Rn. 12). Nur ein strenger Maßstab kann Missbräuche des Rücktrittsrechts mit dem Ziel der Verbesserung der Prüfungschancen verhindern. Die Geltendmachung der Prüfungsunfähigkeit, nachdem dem Prüfling das Scheitern in der Prüfung bekannt gegeben worden ist, wird meist als Indiz für einen Missbrauch des Rücktrittsrechts zu werten sein (BVerwG, U.v. 7.10.1988, a.a.O. Rn. 12). Eine Rücktrittserklärung ist dann nicht mehr unverzüglich, wenn sie nicht zu dem frühestmöglichen Zeitpunkt erfolgt, zu dem sie vom Prüfling zumutbarerweise hätte erwartet werden können (BVerwG, U.v. 7.10.1988, a.a.O. Rn. 13).
Treten während der Prüfung gesundheitliche Beschwerden auf, von denen der Prüfling nicht weiß, ob sie bloße Begleiterscheinungen der Prüfungssituation oder aber Ausdruck einer Erkrankung sind, ist dem Prüfling regelmäßig nicht anzulasten, wenn er zunächst – sofort nach der Prüfung – ärztlichen Rat einholt und erst danach alsbald die Entscheidung trifft, ob er von der Prüfung zurücktritt (BVerwG, U.v. 7.10.1988, a.a.O. Rn. 16). Der Prüfling muss sich aber bereits bei subjektivem Krankheitsverdacht, also wenn ihm erhebliche Beeinträchtigungen seines Leistungsvermögens im Sinne einer Parallelwertung in der Laiensphäre nicht verborgen geblieben sind, unverzüglich selbst um eine Aufklärung seines Gesundheitszustands bemühen (BayVGH, B.v. 28.1.2011 – 7 ZB 10.2236 – juris Rn.19; vgl. BVerwG, B.v. 22.9.1993 – 6 B 36/93 – juris Rn. 4). Nimmt der Prüfling an der Prüfung teil und erklärt erst nach deren Beendigung seinen Rücktritt unter Berufung auf eine zunächst unerkannte Prüfungsunfähigkeit, muss er die Gründe dafür, dass er seine Prüfungsunfähigkeit zunächst nicht erkennen konnte, in gleicher Weise glaubhaft machen wie die Prüfungsunfähigkeit selbst (BayVGH, B.v. 4.3.2013 – 7 CE 13.181 – juris Rn. 15).
Vorliegend kann dahinstehen, ob im Schreiben vom 13. Juli 2018 mit der gebotenen Eindeutigkeit der Rücktritt erklärt wird. Denn jedenfalls sind weder in diesem Schreiben noch an anderer Stelle Gründe vorgetragen oder ersichtlich, warum die Klägerin zunächst nicht in der Lage gewesen wäre, ihre Prüfungsunfähigkeit zu erkennen, anzuzeigen und glaubhaft zu machen. Die Klägerin führte in der mündlichen Verhandlung aus, während der Prüfung sei sie „völlig neben der Spur“ gewesen und habe ihre Tränen zurückhalten müssen. Selbst wenn man davon ausgeht, dass auch für die Klägerin möglicherweise selbst zunächst nicht erkennbar gewesen wäre, ob sie lediglich kurzzeitig aufgeregt oder aber prüfungsunfähig sei, wäre von ihr nach der oben zitierten Rechtsprechung zu erwarten gewesen, dass sie sofort nach der Prüfung ärztlichen Rat einholt und dann alsbald die Entscheidung trifft, ob sie von der Prüfung zurücktritt. Dies war der damals minderjährigen Klägerin auch zumutbar, zumal sie nach Ende der Prüfungszeit hierbei nicht auf sich allein gestellt war, sondern auf Rat und Unterstützung durch ihre Eltern zurückgreifen konnte. Nach ihrem Vortrag in der mündlichen Verhandlung hat die Klägerin ihrem Vater, als sie nach Hause gekommen war, von ihren Symptomen berichtet. Dieser habe zu ihr gesagt, wenn es nichts werde, habe sie ja Ausgleichsnoten; auch ihre Mutter habe auf ihre Ausgleichsnoten verwiesen. Zum Arzt sei sie nicht gegangen. Die – von ihren Eltern unterstützte – Klägerin hat damit in Kenntnis der von ihr geschilderten Symptome bewusst von der Geltendmachung der später vorgetragenen Prüfungsunfähigkeit abgesehen und diese erst nach Bekanntwerden der Ergebnisse der Abschlussprüfung geltend gemacht. Das Schreiben vom 13. Juli 2018 stellt daher keine unverzügliche Rücktrittserklärung dar.
c) Entgegen der Auffassung der Klägerin war die Prüfungsaufsicht nicht gehalten, die Klägerin von sich aus auf die Möglichkeit eines krankheitsbedingten Rücktritts hinzuweisen.
Es ist Sache des Prüflings, sich über seine Obliegenheiten im Falle eines Prüfungsrücktritts zeitnah kundig zu machen (BayVGH, B.v. 4.3.2013 – 7 CE 13.181 – juris Rn. 19). Besondere Umstände, die ein Abweichen hiervon im Hinblick auf die Fürsorgepflicht der Prüfungsbehörde rechtfertigen würden, sind vorliegend nicht ersichtlich.
aa) Nach der Rechtsprechung des Bundesverwaltungsgerichts kann in Fällen psychischer und anderer gesundheitlicher Beeinträchtigungen die Mitwirkungspflicht des Prüflings, die diesem eine Erklärung des Rücktritts, ein unverzügliches Geltendmachen von Rücktrittsgründen und die Beibringung entsprechender Nachweise auferlegt, allenfalls in Fällen der offensichtlichen und zweifelsfreien Beeinträchtigung durch die Fürsorgepflicht der Prüfungsbehörde gleichsam überlagert und damit reduziert sein (BVerwG, B.v. 12.11.1997 – 6 C 11/96 – juris Rn. 17; OVG Berlin, U.v. 2.7.2002 – 4 B 11.00 – juris Rn. 49, bestätigt durch BVerwG, B.v. 24.2.2003 – 6 C 22/02 – juris Rn. 22).
Vorliegend kann nicht davon ausgegangen werden, dass das Verhalten der Klägerin in der Prüfung offensichtlich und zweifelsfrei den Eindruck einer psychischen oder anderen gesundheitlichen Beeinträchtigung vermittelt hätte. Die Klägerin war nach ihrem eigenen Vortrag und der Stellungnahmen der Prüfungsaufsichten vor Beginn der Prüfung in Tränen ausgebrochen und hatte dann auf Empfehlung von Frau B. kurzzeitig den Prüfungsraum verlassen. Nach Vortrag der Klägerin in der mündlichen Verhandlung habe sie auch nach ihrer Rückkehr noch leise vor sich hin geweint, gezittert und gegenüber den Prüfungsaufsichten gesagt „ich kann nicht“; während der Prüfung habe sie ihre Tränen zurückhalten müssen und mit den Fingern herumgespielt oder etwas getrunken. Aus den Stellungnahmen der Prüfungsaufsichten ergeben sich nach Rückkehr der Klägerin in den Prüfungsraum keine derartigen Beobachtungen. Zu ihren körperlichen Beschwerden äußerte sich die Klägerin auch nach ihrem eigenen Vortrag nicht gegenüber den Prüfungsaufsichten. Für die Frage der Offensichtlichkeit und Zweifelsfreiheit ist zu berücksichtigen, dass die sich aus der Prüfungssituation typischerweise ergebenden Belastungen als normales Prüfungsrisiko hinzunehmen sind und psychische Beeinträchtigungen nur dann zur Prüfungsunfähigkeit führen, wenn diese über allgemeine Examenspsychosen hinausgehen und „Krankheitswert“ haben (BVerwG, B.v. 3.7.1995 – 6 B 34/95 – juris Rn. 6f.). Selbst bei Zugrundelegung der Darstellung der Klägerin in der mündlichen Verhandlung legen die für die Prüfungsaufsichten beobachtbaren Umstände es nahe, dass die Klägerin vor allem unter rechtlich unbeachtlicher Prüfungsangst litt. Wenn somit die Annahme einer Erkrankung nicht einmal naheliegend war, kann sie erst recht nicht offensichtlich oder zweifelsfrei sein. Die Fortsetzung der Prüfung stellte daher keine zur Rechtswidrigkeit führende Verletzung der Fürsorgepflicht dar.
bb) Ebenso wenig ergibt sich aus den geltend gemachten Umständen eine ausnahmsweise Beratungs- oder Hinweispflicht der Schule gegenüber der Klägerin; wie oben ausgeführt war für die Prüfungsaufsichten das Vorliegen einer Erkrankung nicht einmal naheliegend. Sonstige besondere Umstände, die eine ausnahmsweise Hinweispflicht der Schule auslösen könnten, sind nicht ersichtlich.
d) Nachweise für die geltend gemachte Prüfungsunfähigkeit wurden ebenfalls nicht vorgelegt.
Nach alledem war die Klage abzuweisen.
II. Die Kostenfolge ergibt sich aus § 154 Abs. 1 VwGO. Der Ausspruch über die vorläufige Vollstreckbarkeit der Kostenentscheidung beruht auf § 167 Abs. 2 VwGO, §§ 708 Nr. 11, § 711 ZPO.


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