Verwaltungsrecht

Mitwirkungspflichten im Verfahren zur Verlustfeststellung der deutschen Staatsangehörigkeit

Aktenzeichen  W 7 K 18.258

Datum:
5.3.2018
Rechtsgebiet:
Fundstelle:
BeckRS – 2018, 47309
Gerichtsart:
VG
Gerichtsort:
Würzburg
Rechtsweg:
Verwaltungsgerichtsbarkeit
Normen:
StAG § 17 Abs. 1 Nr. 2, § 25 Abs. 1, § 30 Abs. 1
AufenthG § 82 Abs. 1
VwGO § 86 Abs. 1, § 108
BayVwVfG § 24 Abs. 1, § 26 Abs. 2

 

Leitsatz

1. Ein deutscher Staatsangehöriger hat im Rahmen des Feststellungsverfahren von Amts wegen (§ 30 Abs. 1 S. 3 StAG)ohne nähere Anhaltspunkte für einen möglichen Verlust der deutschen Staatsangehörigkeit durch den Wiedererwerb einer ausländischen Staatsangehörigkeit grundsätzlich keine besonderen Mitwirkungspflichten. (Rn. 27) (redaktioneller Leitsatz)
2. Mitwirkungspflichten, deren Verletzung beweisrechtlich gewürdigt werden kann, bestehen aber, wenn erhebliche Anhaltspunkte dafür sprechen, dass ein Wiedererwerb einer anderen Staatsangehörigkeit erfolgt ist und ohne Mitwirkung des Betroffenen die vollständige Aufklärung der näheren Umstände des Wiedererwerbs unmöglich ist. (Rn. 27 – 28) (redaktioneller Leitsatz)

Tenor

I. Die Klage wird abgewiesen.
II. Der Kläger hat die Kosten des Verfahrens zu tragen.
III. Das Urteil ist wegen der Kosten vorläufig vollstreckbar. Der Kläger kann die Vollstreckung durch Sicherheitsleistung in Höhe des zu vollstreckenden Betrages abwenden, wenn nicht die Beklagte vorher in gleicher Höhe Sicherheit leistet.

Gründe

Die zulässige Klage hat keinen Erfolg. Der Bescheid der Beklagten vom 11. Juni 2015 ist rechtmäßig und der Kläger ist dadurch (schon deshalb) nicht in seinen Rechten verletzt, vgl. § 113 Abs. 1 Satz 1 VwGO (I.). Der Kläger hat auch keinen Anspruch auf den begehrten feststellenden Verwaltungsakt nach § 30 Abs. 1 Satz 1 StAG (II.).
I.
Die Beklagte hat zu Recht den Verlust der deutschen Staatsangehörigkeit des Klägers (1.) und die Ungültigkeit des deutschen Reisepasses und des Personalausweises festgestellt und den Kläger aufgefordert, diese Dokumente bei der Beklagten abzugeben (2.).
1. Rechtsgrundlage für die behördliche Feststellung des Verlusts der deutschen Staatsangehörigkeit ist § 30 Abs. 1 S. 3 StAG i.V.m. § 17 Abs. 1 Nr. 2 i.V.m. § 25 Abs. 1 Satz 1 StAG.
Nach § 25 Abs. 1 Satz 1 StAG in der am 1. Januar 2000 in Kraft getretenen Fassung des Gesetzes zur Reform des Staatsangehörigkeitsrechts vom 15. Juli 1999 (BGBl. I S. 1618), zuletzt geändert durch G.v. 19.8.2007 (BGBl. I S. 1970), verliert ein Deutscher seine Staatsangehörigkeit mit dem Erwerb einer ausländischen Staatsangehörigkeit, wenn dieser Erwerb auf seinen Antrag erfolgt. Diese Voraussetzungen liegen vor, da der Kläger die türkische Staatsangehörigkeit auf eigenen Antrag wiedererworben und damit die deutsche Staatsangehörigkeit verloren hat.
1.1. Der Kläger hat die türkische Staatsangehörigkeit wiedererworben.
Am … … 2013 wurden der Beklagten Kopien türkischsprachiger Auszüge aus dem türkischen Personenstandsregister (Nüfus Kayit Örnegi) vom … … 2012 und eine Kopie des türkischen Personalausweises des Sohnes des Klägers übersandt. In dem Personenstandsregisterauszug ist der Kläger unter der Nr. … erfasst; hinsichtlich seiner Staatsbürgerschaft ist folgender Eintrag aufgeführt: „Ihm wurde gemäß dem Beschluss Nr. … des Ministerrats vom …2001 entsprechend dem Art. 8 des türkischen Staatsangehörigkeitsgesetzes Nr. 403 erneut die türkische Staatsangehörigkeit verliehen.“ Im Anschluss hieran hat die Beklagte zu Recht aufgrund ihrer Pflicht, den Sachverhalt von Amts wegen aufzuklären (Art. 24 BayVwVfG), Ermittlungen angestellt, ob der Kläger die türkische Staatsangehörigkeit tatsächlich wiedererworben und deshalb die deutsche Staatsangehörigkeit verloren hat. Zwar ist der anonym zugesandte Auszug aus dem Personenstandsregister unvollständig, da weder eine Unterschrift, etwa des stellvertretenen Konsuls, noch ein amtlicher Stempel, der die Ausstellung durch eine Behörde nachweist, vorhanden sind. Zudem entspricht das dort aufgeführte Geburtsdatum des Sohnes Klägers (…) nicht dem in Deutschland beurkundeten Datum (…). Dennoch durfte die Beklagte dies zum Anlass nehmen, weitere Nachforschungen hinsichtlich der Staatsangehörigkeit des Klägers anzustellen. Dies ergibt sich zum einen aus der äußeren Form des Personenstandsregisterauszugs, die aufgrund der Stellungnahmen des Auswärtigen Amtes und der Behörden echten Personenstandsregisterauszügen entspricht. Daneben stimmen – mit Ausnahme des Geburtsdatums des Sohnes des Klägers – sämtliche dort aufgeführte Daten mit den über den Kläger und seine Familie bekannten Daten überein. Auch die Nummer des in Kopie zugespielten türkischen Personalausweises des Sohnes entspricht der im Auszug angegebenen Nummer (Nr. …). Anlass zu weitergehenden Ermittlungen bestand insbesondere auch aus dem Grund, weil zum Zeitpunkt des auf dem Auszug angegebenen Wiedererwerbs der türkischen Staatsangehörigkeit durch den Kläger (…2001) eine Vielzahl Betroffener mit türkischer Herkunft infolge der Rückeinbürgerung ihre deutsche Staatsangehörigkeit verloren haben (BT-Drs. 16/139 vom 5.12.2005; OVG Münster, B.v. 13.6.2014 – 19 E 650/14, BeckRS 2014, 53354). Auch der klägerische Einwand, die Wiedereinbürgerung bedürfe der förmlichen Zustellung, verfängt hier nicht. Denn nach Auskunft der zuständigen türkischen Behörden kommt es nicht auf die förmliche Zustellung an, sondern nach damals geltenden türkischen Staatsangehörigkeitsgesetz ist die Staatsangehörigkeit bereits mit der behördlichen Entscheidung über den Einbürgerungsantrag wirksam erworben worden (BT-Drs. 16/139 vom 5.12.2005; ausführlich VG München, U.v. 5.10.2009 – M 25 K 08.2073, juris Rn. 19).
Auch ihre Verpflichtung, den Sachverhalt von Amts wegen aufzuklären (Art. 24 Abs. 1 Satz 1 BayVwVfG), hat die Beklagte nicht verkannt, sondern sich sowohl an den Kläger als auch an die zuständigen türkischen und deutschen Stellen gewandt. So hat die Beklagte sowohl die türkische Botschaft als auch die türkischen Generalkonsulate mehrfach um Auskunft über den Staatsangehörigkeitsstatus des Klägers gebeten. Diese haben entweder nicht geantwortet oder stets mitgeteilt, dass aus datenschutzrechtlichen Gründen hierüber keine Auskunft erteilt werden könne, der Kläger selbst jedoch die Möglichkeit habe, einen Registerauszug beim türkischen Generalkonsulat zu beantragen. Den Auskünften der um Amtshilfe gebetenen deutschen Botschaft zu Folge ist es auch der deutschen Botschaft aus datenschutzrechtlichen Gründen nicht möglich, Personenstandsurkunden in der Türkei zu beschaffen (etwa E-Mail vom … … 2017).
Auch das Gericht hat im Rahmen seiner Amtsermittlungspflicht (§ 86 Abs. 1 VwGO) auf Beweismittel aus der Sphäre des türkischen Generalkonsulats keinen Zugriff. Nach Art. 44 Abs. 3 des Wiener Übereinkommens über konsularische Beziehungen sind Mitglieder eines konsularischen Postens nicht verpflichtet, Zeugenaussagen über Angelegenheiten zu machen, die mit der Wahrnehmung ihrer Aufgaben zusammenhängen oder amtliche Korrespondenzen und Schriftstücke hierüber vorzulegen. Sie sind auch berechtigt, die Aussage als Sachverständige über das Recht des Staates zu verweigern. Ausländische Behörden sind deshalb nur dann zur Rechts- und Amtshilfe verpflichtet, wenn – was im Hinblick auf die Türkei nicht der Fall ist – völkerrechtliche Vereinbarungen bestehen (BVerwG, B.v. 22.5.2008 – 5 B 27/08, juris Rn. 7; BayVGH, B.v. 22.9.2008 – 5 ZB 07.1031, juris Rn. 11; B.v. 28.1.2009 – 5 ZB 07. 2080, juris Rn. 10). Entsprechend ist kein Fall bekannt, in dem ein türkisches Konsulat gegenüber deutschen Stellen die Wiedereinbürgerung bestätigt hat bzw. die Umstände dieser Wiedereinbürgerung durch Zeugenaussagen oder Vorlage von Originalen oder Kopien der maßgeblichen Antragsformulare konkretisiert hätte (vgl. BayVGH, B.v. 22.9.2008 – 5 ZB 07.1031, juris Rn. 11; B.v. 28.1.2009 – 5 ZB 07. 2080, juris Rn. 10). Weitere – auch gerichtliche – Anfragen zu den Angaben im anonym vorgelegten Personenstandsregisterauszug zum tatsächlichen Wiedererwerb der türkischen Staatsangehörigkeit wären daher aussichtslos. Ein türkischer Personenstandsregisterauszug („Nüfus Kayit Örnegi“) ist danach ohne Mitwirkung des Klägers als Urkundsbeweis unerreichbar.
Zudem gilt der Untersuchungsgrundsatz des § 86 Abs. 1 VwGO nicht uneingeschränkt. Vielmehr sind der verwaltungsgerichtlichen Kontrolle aus der Natur der Sache Grenzen gesetzt. Die Amtsermittlungspflicht endet dort, wo die – materielle – Mitwirkungslast der Prozessbeteiligten beginnt. Zwar entbindet die Verletzung von Mitwirkungspflichten das Gericht grundsätzlich nicht von seiner eigenen Aufklärungspflicht; sie kann die Anforderungen an deren Umfang aber herabsetzen und im Einzelfall auf Null reduzieren. Umstände, die ausschließlich oder doch überwiegend in der Sphäre eines Beteiligten liegen und deren Aufklärung notwendigerweise dessen Mitarbeit voraussetzen, sind vom Gericht nicht gegen dessen Willen zu ermitteln (Eyermann/Geiger § 86 Rn 20).
Grundsätzlich gilt im Staatsangehörigkeitsrecht, dass der Bürger für den Erwerb der deutschen Staatsangehörigkeit beweispflichtig ist, während die Behörde in der Regel die objektive Beweislast für den Verlust der deutschen Staatsangehörigkeit trägt (BVerwG, U.v. 29.9.2010 – 5 C 20.09, BeckRS 2010, 57022, Rn. 24). Insoweit liegt die materielle Beweislast für die tatsächlichen Voraussetzungen eines Verlustes der deutschen Staatsangehörigkeit grundsätzlich bei der Behörde.
Eine Ausnahme gilt aber – wie oben dargelegt – für Umstände aus dem persönlichen Lebensbereich des Ausländers, insbesondere dann, wenn Tatsachen derart in der Sphäre eines Beteiligten liegen, dass ihre Erforschung zwingend dessen Mitwirkung erfordert; in besonderen Fallkonstellationen kann daher der Behörde die Darlegungs- und Beweislast für den Nachweis solcher Tatsachen nicht auferlegt werden (BVerwG, U.v. 29.9.2010 – 5 C 20.09, BeckRS 2010, 57022, Rn. 24). Dies ist vorliegend der Fall, weshalb die ausdrücklich im Staatsangehörigkeitsrecht normierte Mitwirkungspflicht aus § 37 Abs. 1 StAG iVm § 82 Abs. 1 Satz 1 AufenthG – wenngleich eingeschränkt – nach Auffassung der Kammer wegen der besonderen Umstände auch im Feststellungsverfahren von Amts wegen nach § 30 Abs. 1 Satz 3 StAG gilt (wohl auch BayVGH, B.v. 28.1.2009 – 5 ZB 07.2080, BeckRS 2009, 42916, Rn. 12; U.v. 14.11.2007 – 5 B 05.3039, BeckRS 2008, 33491, Rn. 32; OVG Münster, U.v. 6.12.2012 – 19 A 2264/10, BeckRS 2013, 46255; in diese Richtung wohl auch BVerwG, U.v. 29.9.2010 – 5 C 20.09, BeckRS 2010, 57022, Rn. 24; Hailbronner, in: ders./Maaßen/Hecker/Kau, Staatsangehörigkeitsrecht, 6. Auflage 2017, § 37, Rn. 6; a.A. im Feststellungsverfahren von Amts wegen Marx, in: GK-StAR, Stand: April 2010, § 30, Rn. 25 sowie § 37, Rn. 18; Hofmann/Hilbrans, in: Ausländerrecht, 2. Auflage 2016, § 37, Rn. 9). Im Übrigen folgt dies bereits aus § 86 Abs. 1 Satz 1 Halbs. 2 VwGO, wonach der Kläger bei der Aufklärung des Sachverhalts heranzuziehen ist. Der Kläger hat im Verfahren eine Prozessförderungspflicht und hat alles zu tun, um zur Sachverhaltsaufklärung beizutragen; dies gilt insbesondere für die in seine Sphäre fallenden Tatsachen. Es handelt sich dabei neben der prozessualen Pflicht zugleich auch um eine materielle Mitwirkungspflicht.
Danach ist zwar grundsätzlich davon auszugehen, dass einen deutschen Staatsangehörigen im Rahmen des Feststellungsverfahren von Amts wegen (§ 30 Abs. 1 Satz 3 StAG) ohne nähere Anhaltspunkte für einen möglichen Verlust der deutschen Staatsangehörigkeit durch den Wiedererwerb einer ausländischen Staatsangehörigkeit weder besondere Mitwirkungspflichten aus § 37 Abs. 1 StAG iVm § 82 Abs. 1 Satz 1 AufenthG noch aus Art. 26 Abs. 2 Satz 1 BayVwVfG bzw. § 86 Abs. 1 Satz 1 HS 2 VwGO treffen. Etwas anderes gilt aber dann, wenn wie hier erhebliche Anhaltspunkte dafür sprechen, dass ein Wiedererwerb einer anderen Staatsangehörigkeit erfolgt ist und ohne Mitwirkung des Betroffenen die vollständige Aufklärung der näheren Umstände des Wiedererwerbs unmöglich ist. Dies sind im Fall des Klägers der der Behörde übersandte Personenstandsregisterauszug sowie die Kopie des türkischen Personalausweises des Sohnes des Klägers, auch wenn diese für einen Beweis nicht ausreichend sind (siehe oben). Ein weiterer Anhaltspunkt ergibt sich daraus, dass zum Zeitpunkt des auf dem Nüfus angegebenen Wiedererwerb der türkischen Staatsangehörigkeit im Jahre 2001 eine Vielzahl Betroffener mit türkischer Herkunft (ca. 50.000) infolge der Rückeinbürgerung ihre deutsche Staatsangehörigkeit verloren haben (BT-Drs. 16/139 vom 5.12.2005; OVG Münster, B.v. 13.6.2014 – 19 E 650/14, BeckRS 2014, 53354).
Dieser sich daraus ergebenden Mitwirkungspflicht ist der Kläger im vorliegenden Fall nicht nachgekommen, so dass die fehlende Mitwirkung zu seinen Lasten zu berücksichtigen war. Dies ergibt sich aus Folgendem:
Die Mitwirkungspflichten aus § 37 Abs. 1 StAG i.V.m § 82 Abs. 1 Satz 1 AufenthG bzw. nach § 86 Abs. 1 Satz 1 Halbs. 2 VwGO und Art. 26 Abs. 2 Satz 1 BayVwVfG setzen voraus, dass der Kläger in Kenntnis entscheidungsrelevanter Umstände, die für die Behörde oder das Gericht nicht aufzuklären sind, in zumutbarer und möglicher Weise an der Aufklärung des Sachverhaltes mitwirkt. Vorliegend ist der Kläger angesichts der eingeschränkten Ermittlungsmöglichkeiten deutscher Stellen sowohl im behördlichen als auch im gerichtlichen Verfahren über einen Zeitraum von insgesamt ca. fünf Jahren immer wieder – auch unter Hinweis auf die Folgen fehlender Mitwirkung – aufgefordert worden, aktuelle und vollständige türkische Personenregisterauszüge („Nüfus Kayit Örnegi), ausgestellt durch ein türkisches Konsulat in Deutschland, vorzulegen (vgl. zuletzt gerichtliche Aufforderung vom 25. Januar 2018). Die Vorlage des Personenregisterauszugs würde den Nachweis des Staatsangehörigkeitserwerbs und seines Zeitpunkts erbringen und damit die Umstände des Wiedererwerbs auflösen. Die Erfüllung dieser Mitwirkung ist dem Kläger auch problemlos möglich und zumutbar, da sowohl die türkischen Konsulate als auch das Auswärtige Amt (mehrfach) bestätigt haben, dass der Kläger einen solchen Auszug ohne größere Schwierigkeiten erlangen kann. Weder im gerichtlichen noch im behördlichen Verfahren ist von Seiten des Klägers dargelegt worden, aus welchen Gründen die Vorlage entsprechender Bescheinigungen nicht möglich sein soll. Die Klägerseite ist zudem im Klageverfahren mehrfach sowohl auf die Mitwirkungspflichten als auch auf die Folgen deren Verletzung hingewiesen worden. Dennoch ist dem Gericht trotz wiederholter Aufforderung ein entsprechender Registerauszug eines türkischen Konsulats nicht vorgelegt worden, obwohl die Beibringung eines solchen Dokumentes für den Kläger völlig problemlos und ohne großen Aufwand möglich gewesen wäre. Die Beklagte hat sogar angeboten, nach Ausstellung einer Vollmacht die entsprechenden Dokumente selbst vom Konsulat anzufordern.
Auch die Vorlage von zwei Personenstandsregisterauszügen („Nüfus Kayit Örnegi“), ausgestellt in Samandag am … … 2017 sowie in Mersin-Mezitli am … … 2017, führt zu keinem anderen Ergebnis, da konkrete Anhaltspunkte gegen die vollständige inhaltliche Richtigkeit der Auszüge sprechen. Da es sich bei den Personenstandsregisterauszügen nicht um einen mehrsprachigen Auszug nach dem CIEC-Übereinkommen vom 8. September 1976 handelt und damit der Auszug nicht von jeder Förmlichkeit befreit ist, genügt zum Beweis der Echtheit solcher Urkunden und damit für die Echtheitsvermutung nach § 98 VwGO i.V.m. § 437 Abs. 1 ZPO die Legalisation durch einen Konsul oder Gesandten des Bundes (§ 98 VwGO i.V.m. § 438 Abs. 2 ZPO) oder, soweit – was hier aufgrund des Haager Übereinkommens zur Befreiung ausländischer öffentlicher Urkunden von der Legalisation vom 5. Oktober 1961 (BGBl. 1965 II, S. 876) in Bezug auf die Türkei der Fall ist – in Staatsverträgen eine Legalisation für entbehrlich erklärt wird, die so genannte Apostille. Die vom Kläger im gerichtlichen Verfahren vorgelegten Personenstandsregisterauszüge sind aber weder mit einer Apostille noch mit einer Legalisation versehen, so dass die gesetzlich normierte Vermutung der Echtheit (vgl. § 98 VwGO i.V.m. § 437 Abs. 1 ZPO) nicht greift. Sind wie vorliegenden Fall die Anforderungen an solche Beglaubigungs- und Legalisationsformen für ausländische Urkunden nicht erfüllt, ist damit aber noch nicht zugleich von der Unechtheit der Urkunden auszugehen. Vielmehr hat die Kammer dann im Wege freier Beweiswürdigung darüber zu entscheiden, ob die vorgelegte Urkunde echt ist (BVerwG, B.v. 28.6.2010 – 5 B 49/09, NVwZ 2010, 1162, Rn. 4). Hat das Gericht Zweifel an der Echtheit bzw. am Inhalt, so muss es sich durch weitere Ermittlungen, wie etwa durch Einschaltung der zuständigen deutschen Auslandsvertretung, die erforderliche Überzeugungsgewissheit in dem einen oder anderen Sinne verschaffen (vgl. BVerwG, Buchholz 412.3 § 6 BVFG Nr. 45).
Nach Überzeugung der Kammer sind die vorgelegten Urkunden unvollständig und verfälscht, da konkrete Anhaltspunkte gegen die vollständige inhaltliche Richtigkeit der Auszüge sprechen. Das Auswärtige Amt hat nämlich mit E-Mail vom 21. November 2017 nach Vorlage der Dokumente mitgeteilt, dass im vorliegenden Fall das Register eindeutig aktiv und nicht geschlossen sei. Denn die auf den Auszügen befindliche Angabe zum Status „SAĞ“ werde nur bei aktiven Registern eingetragen, was bedeute, dass der Kläger noch türkischer Staatsbürger sein müsse. Habe eine Person die türkische Staatsbürgerschaft aufgrund des Erwerbs einer anderen Staatsangehörigkeit verloren, so werde das Register geschlossen und der Status „KAPALI“ eingetragen. Nach einer weiteren Auskunft der deutschen Botschaft in Ankara vom 5. Februar 2008 ist ebenfalls zu beobachten, dass bei der Ausstellung eines solchen Personenstandsregisters die entsprechende Zeile über den Wiedererwerb der türkischen Staatsangehörigkeit unterdrückt wird; allerdings könne man häufig erkennen, dass die Person türkischer Staatsangehöriger ist, da das Register noch „offen“ ist. Auch das türkische Generalkonsulat bestätigt, dass das Register mit zum Vermerk „KAPALI“ geschlossen wird, wenn eine Person die türkische Staatsangehörigkeit verloren hat (vgl. Vermerk vom 11. Januar 2018). Ausgehend hiervon misst die Kammer den vorgelegten Personenstandsregisterauszügen („Nüfus Kayit Örnegi“), ausgestellt in Samandag am … … 2017 sowie in Mersin-Mezitli am … … 2017, keinen eigenen Beweiswert dahingehend zu, dass der Kläger die türkische Staatsangehörigkeit nicht wiedererlangt hat.
Auch die Vorlage der PEMBE-Karte („rosa Karte“) ändert daran nichts. Ausweislich des übersandten Personenstandsregisterauszugs soll der Kläger am … … 2001 die türkische Staatsangehörigkeit wiedererworben haben. Der PEMBE-Karte lässt sich aber nur entnehmen, dass diese am … … 2002 im Generalkonsulat ausgehändigt worden ist (Nr. 11), während sie zeitlich (wohl) vom Rechtszustand der erfolgten Ausbürgerung am … … 2000 ausgeht (Nr. 10) und somit keine Aussagen über die am … … 2001 erfolgte Wiedereinbürgerung liefern kann. Darüber hinaus ist nicht plausibel dargelegt worden, aus welchen Gründen eine 2002 ausgehändigte PEMBE-Karte, nicht aber ein aktueller Auszug aus dem türkischen Personenstandsregisterauszügen vorgelegt werden kann, wenn der Kläger doch nach seinen eigenen Angaben die türkische Staatsangehörigkeit nicht wiedererlangt haben will.
Das vorgelegte Auskunftsformular des Verwaltungsgerichts Hatay führt schließlich ebenfalls zu keinem anderen Ergebnis. Insoweit wird vom Kläger zwar vorgetragen, dass er Einsichtnahme in das Archiv des türkischen Amtes beantragt habe, diese ihm aber unter Hinweis auf seine Ausbürgerung aus dem türkischen Staatsverbund verweigert worden sei. Dies ergibt sich aber weder aus dem Auskunftsformular noch hat der Kläger weitere Unterlagen vorgelegt, aus denen zu erkennen wäre, dass er tatsächlich entsprechende Informationen über die Umstände seiner Wiedereinbürgerung begehrt (wie etwa die Klageschrift oder die Ablehnung der Einsichtnahme durch die türkischen Behörden).
Zur Überzeugung der Kammer steht daher fest, dass der Kläger wieder in den türkischen Staatsverbund eingebürgert worden ist.
1.2. Der Wiedererwerb der türkischen Staatsangehörigkeit ist nach Überzeugung der Kammer auch auf einen Antrag des Klägers im Sinne des § 25 Abs. 1 Satz 1 StAG zurückzuführen.
§ 25 Abs. 1 Satz 1 StAG verlangt für den Verlust der deutschen Staatsangehörigkeit, dass der Wiedererwerb auf eigenen Antrag erfolgt ist. Die bloße Willensbekundung des Deutschen kann den Verlust der deutschen Staatsangehörigkeit mit seinen weitreichenden Folgen nämlich nicht rechtfertigen, wenn das Recht des aufnehmenden Staates ihr keinerlei rechtliche Bedeutung beimisst (OVG NRW, U.v. 19.12.2008 – 12 A 4704/05, juris, Rn. 117; B.v. 17.12.2007 – 12 A 5053/05, juris, Rn. 19; BayVGH, B.v. 22.9.2008 – 5 ZB 07.1031, juris, Rn. 7; U.v. 14.11.2007 – 5 B 05.3039, juris, Rn. 34; VG München, U.v. 19.7.2010 – M 25 K 08.2066, juris, Rn. 19). Ein Antrag im Sinne des § 25 Abs. 1 StAG ist jede freie Willensbetätigung, die unmittelbar auf den Erwerb einer ausländischen Staatsangehörigkeit gerichtet ist (BVerfG, B.v. 8.12.2006, 2 BvR 1339/06, NVwZ 2007, 441 ff., juris Rn. 13). Nach § 25 Abs. 1 Satz 1 StAG in der bis zum 31.12.1999 gültigen Fassung vom 29.06.1977 trat dieser Verlust hingegen nur bei im Ausland wohnenden Deutschen ein. Die Bestimmung in ihrer nunmehr geltenden Fassung erfasst alle Fälle des Erwerbs einer ausländischen Staatsangehörigkeit und zwar auch dann, wenn der zu Grunde liegende Antrag wie vorliegend schon vor ihrem Inkrafttreten gestellt worden ist. Dafür spricht der eindeutige Wortlaut der Vorschrift, wonach der Verlusttatbestand an den Erwerb einer ausländischen Staatsangehörigkeit und nicht auf den Antrag hierfür abstellt. Es ist deshalb unerheblich, ob der Antrag auf den Erwerb der ausländischen Staatsangehörigkeit vor oder nach dem Inkrafttreten dieser Vorschrift am 1. Januar 2000 gestellt wurde. Maßgeblich ist allein der Erwerb der ausländischen Staatsangehörigkeit nach dem Inkrafttreten dieser Vorschrift (BayVGH, B.v. 23.9.2005 – 5 C 05.2108, NVwZ-RR 2006, 732; U.v. 8.3.2007 – 5 BV 06.283, juris; BVerfG, B.v. 8.12.2006 – 2 BvR 1339/06, NVwZ 2007, 441; BVerwG, B.v. 14.2.2007 – 5 B 190.06, juris).
Zwar gilt auch hier der Grundsatz, dass für den Erwerb der deutschen Staatsangehörigkeit der Bürger beweispflichtig ist, für den Verlust der deutschen Staatsangehörigkeit in der Regel die Behörde die objektive Beweislast trägt.
Für die Frage der freiwilligen Antragstellung bzw. der Ursächlichkeit für den Wiedererwerb der türkischen Staatsangehörigkeit stehen den Behörden und den Gerichten als Erkenntnismittel lediglich die Aussagen des Klägers sowie einige allgemein bekannte Umstände der damaligen Einbürgerungspraxis der Türkei zur Verfügung. Auf Beweismittel aus der Sphäre des türkischen Generalkonsulats hat das Gericht – wie oben ausgeführt – keinen Zugriff. Da somit die Aufklärung der maßgeblichen Vorgänge ausschließlich in der Sphäre des Klägers liegt, trifft ihn auch hier eine Mitwirkungspflicht.
Denn die Möglichkeiten, eine innere Tatsache, wie es die Freiwilligkeit ist, zu beweisen, sind für die Gegenseite beschränkt. Zudem ist davon auszugehen, dass die allermeisten in Deutschland eingebürgerten Türken ihren Antrag auf Wiedereinbürgerung in die Türkei bewusst und freiwillig – wenn vielleicht häufig auch in Verkennung der Folgen für den Erhalt der gerade erworbenen deutschen Staatsangehörigkeit – gestellt haben, weil sie über beide Staatsangehörigkeiten verfügen wollten. Eine unfreiwillige Antragstellung ist deshalb ein seltener Ausnahmefall, so dass hier die Regeln des Anscheinsbeweises heranzuziehen sind. Dieser greift bei formelhaften, typischen Geschehensabläufen, in denen ein gewisser Sachverhalt feststeht, der nach der Lebenserfahrung auf eine bestimmte Ursache oder einen bestimmten Ablauf hinweist. Der Beweispflichtige braucht in diesen Fällen nur diesen Tatbestand darzutun. Es ist dann Sache desjenigen, der einen vom gewöhnlichen Verlauf abweichenden Gang des Geschehens behauptet, die ernstliche Möglichkeit eines solchen darzulegen, wobei eine bloße vage, nicht ernstliche Möglichkeit eines derart abweichenden Verlaufs den Anscheinsbeweis nicht zu entkräften vermag (vgl. BayVGH, U.v. 22.3.1999 – 11 B 96.2183, juris Rn. 42). Hat ein türkischer Staatsangehöriger jedoch greifbare Anhaltspunkte für einen irrtümlichen oder rechtswidrig aufgedrängten Staatsangehörigkeitserwerb geliefert, ist dies geeignet, den mit der Vorlage des türkischen Personenstandsregisterauszugs bewirkten Beweis des ersten Anscheins durch die ernsthafte Möglichkeit eines vom Regelfall abweichenden Geschehensablaufs im konkreten Fall zu entkräften.
In Anwendung dieser Grundsätze ist davon auszugehen, dass der Wiedererwerb der türkischen Staatsangehörigkeit auf einen Antrag des Klägers im Sinne des § 25 Abs. 1 Satz 1 StAG erfolgt ist. Denn es liegt ein typischer Geschehensablauf (Einbürgerung entsprechend der Rechtslage nur auf Antrag) vor, der nach der Lebenserfahrung auf eine bestimmte Ursache (freiwillige Antragstellung) hinweist.
Für einen Antrag des Klägers spricht eindeutig, dass das türkische Staatsangehörigkeitsrecht für die Wiedereinbürgerung eines Volljährigen dessen Antrag voraussetzt, so dass aus der Sicht der türkischen Behörden formal die Voraussetzungen für eine Wiedereinbürgerung des Klägers vorgelegen haben müssen. Der Wiedererwerb der türkischen Staatsangehörigkeit richtete sich nach Art. 8 des türkischen Staatsangehörigkeitsgesetzes (türkStAG 1964) Nr. 403 vom 11. Februar 1964 (abgedruckt in Rumpf/Odendahl, in: Bergmann/Ferid/Henrich, Internationales Ehe- und Kindschaftsrecht, Stand: 206. Lieferung, Mai 2014, Länderabschnitt Türkei, S. 9 ff.; zum türkStAG 1964: 153. Lieferung, September 2003, Länderabschnitt Türkei, S. 10 f.), das bis zum 11. Juni 2009 gegolten hat (Art. 47 Abs. 1 des türkischen Staatsangehörigkeitsgesetzes (türkStAG) Nr. 5901 vom 29. Mai 2009). Nach Art. 11 türkStAG 1964 erfolgte der Antrag auf Aufnahme in die türkische Staatsangehörigkeit durch Einreichung einer Antragsschrift bei der höchsten Verwaltungsbehörde am Wohnort des Betreffenden, im Ausland bei den türkischen Konsulaten. Einen Wiedererwerb der türkischen Staatsangehörigkeit von Amts wegen sah das türkStAG 1964 hingegen ebenso wenig vor wie dies heute nach dem türkStAG der Fall ist. Zudem entsprach es in den Jahren bis etwa 2003/2004 der traditionellen Praxis der türkischen Konsulate in Deutschland, Entlassungsbewerbern eine doppelte Antragstellung anzuraten (Entlassung und Wiedererwerb) und sie dadurch zu einer rechtsmissbräuchlichen Missachtung des § 10 Abs. 1 Satz 1 Nr. 4 StAG aufzufordern (ausführlich VG Hamburg, U.v. 12.6.2014 – 15 K 3358/10, BeckRS 2015, 40566). Nach der Streichung der Inlandsklausel in § 25 Abs. 1 Satz 1 StAG führte dies bei ca. 50.000 türkischstämmigen Personen im Bundesgebiet zu einem ihnen unbewussten Verlust der deutschen Staatsangehörigkeit (OVG Münster, B.v. 13.6.2014 – 19 E 650/14, BeckRS 2014, 53354; BayVGH, B.v. 12.12.2007 – 5 C 07.2785, BeckRS 2007, 37414).
Dass die Wiedereinbürgerung entgegen des gesetzlich hierfür erforderlichen Antrags des Klägers und damit von Amts wegen erfolgt ist, ist nach Überzeugung der Kammer auszuschließen. Zuverlässige Quellen bestätigen ein solches Handeln der türkischen Konsulate nicht (hierzu VG Hamburg, U.v. 12.6.2014 – 15 K 3358/10, BeckRS 2015, 40566; hierzu auch BayVGH, B.v. 12.12.2007 – 5 C 07.2785, BeckRS 2007, 37414). Praktisch auszuscheiden hat ferner, dass allein eine einzige Unterschrift sowohl die Ausbürgerung als auch die Einbürgerung deckte, so dass die Stellung des Wiedereinbürgerungsantrags automatisch mit der Ausbürgerung verbunden und für den Kläger unvermeidbar war. Denn dann müssten alle Türken, die in jener Zeit ausgebürgert worden sind, hiernach auch wieder eingebürgert worden sein, was wiederum zum Verlust der deutschen Staatsangehörigkeit geführt hätte. Dies ist aber nicht der Fall gewesen. In fünf Jahren (2000-2004) sollen – wie bereits dargelegt – ca. 50.000 Türken einen Wiedereinbürgerungsantrag gestellt haben. Bei damals knapp 800.000 Einbürgerungen und einem Anteil der Türken von etwa ¼ sind in jenem Zeitraum jedoch rund 200.000 türkische Staatsangehörige deutsche Staatsangehörige geworden, also die vierfache Menge an Personen. Deshalb ist auch aus diesem Grund anzunehmen, dass der Kläger einen eigenen förmlichen Antrag auf Wiedereinbürgerung unterzeichnet hat (zum Vorstehenden VG Hamburg, U.v. 12.6.2014 – 15 K 3358/10, BeckRS 2015, 40566; VG Hannover, U.v. 18.11.2016 – 10 A 12381/14, BeckRS 2016, 110492).
Es ist daher erforderlich, dass der Kläger konkrete Tatsachen benennt und belegt, aus denen sich die ernsthafte Möglichkeit eines vom Regelfall abweichenden Geschehensablaufs im konkreten Fall ergibt.
Der Kläger muss sich hier insbesondere entgegenhalten lassen, dass er bislang keine Auskünfte von türkischer Seite zu den Umständen seiner Wiedereinbürgerung vorgelegt hat, obwohl die Generalkonsulate und das Generaldirektorat für Einwohner- und Staatsangehörigkeitswesen den Betroffenen zeitnah Auskünfte über ihre staatsangehörigkeitsrechtlichen Verhältnisse erteilen, die auch Hinweise auf etwaige Wiedereinbürgerungsanträge enthalten (BayVGH, B.v. 12.12.2007 – 5 C 07.2785, BeckRS 2007, 37414; siehe auch 1.). Darüber hinaus ist trotz umfangreichen schriftsätzlichen Vorbringens des Klägerbevollmächtigten kein konkreter und hinreichender Vortrag zu einem vom Regelfall abweichenden Geschehensverlauf erfolgt. Im Rahmen der mündlichen Verhandlung am 22. Mai 2016 hat der anwesende Kläger keinerlei Ausführungen zu einem abweichenden Geschehensablaufs dargetan. Das im gerichtlichen Verfahren vorgelegte Auskunftsformular des Verwaltungsgerichts Hatay ändert daran nichts. Der Kläger hat zwar vorgetragen, dass er Einsichtnahme in das Archiv des türkischen Amtes beantragt habe, diese ihm aber unter Hinweis auf seine Ausbürgerung aus dem türkischen Staatsverbund verweigert worden sei. Dies ergibt sich aber weder aus dem Auskunftsformular noch hat der Kläger weitere Unterlagen, etwa die Klageschrift oder die Ablehnung der Einsichtnahme durch die türkischen Behörden, dem Gericht vorgelegt, aus denen zu erkennen wäre, dass der Kläger tatsächlich erfolglos entsprechende Informationen über die Umstände seiner Wiedereinbürgerung begehrt hat.
Anhaltspunkte für eine irrtümliche Einbürgerung des Klägers, eine Fälschung des Einbürgerungsantrags oder dass der Kläger nicht frei gewesen ist, er also etwa durch Zwang oder Drohung zur Abgabe des Antrags genötigt worden wäre, sind seitens des Klägers nicht dargetan. Insoweit ist kein substantiierter Vortrag erfolgt, sondern pauschal darauf hingewiesen worden, dass der Kläger keinen Antrag gestellt habe. Auch für die Behauptung des Klägers, er sei ohne Antrag und gegen seinen Willen wieder in die türkische Staatsangehörigkeit aufgenommen worden, fehlt jeder greifbare objektive Anhaltspunkt. Es genügt nicht, wenn ein Betroffener pauschal geltend macht, einen Antrag auf Wiedererwerb der türkischen Staatsangehörigkeit nicht gestellt zu haben (BVerfG, B.v. 8.12.2006 – 2 BvR 1339/06, juris). Soweit der Kläger im Schriftsatz vom 22. Februar 2018 nun völlig pauschal vortragen lässt, angesichts der Vielzahl der vorgelegten Dokumente im Rahmen der Ausbürgerung doch nicht gänzlich sicher zu sein, ob er einen Antrag auf Wiedereinbürgerung gestellt habe (vgl. Bl. 23 des Schriftsatzes vom 22. 02.2018), ist dies, da gerade in staatsbürgerlichen Angelegenheiten gewisse Sorgfaltspflichten zu beachten sind (vgl. BVerfG, B.v. 8.12.2006 – 2 BvR 1339/06, NVwZ 2007, 441 ff.; BayVGH, B.v. 12.12.2007 – 5 C 07.2785, BeckRS 2007, 37414), unbeachtlich. Grundsätzlich ist nämlich zu verlangen, dass ein vorgelegtes Formular vor der Unterschrift durchgelesen und auf seinen Inhalt überprüft wird.
Da der Kläger trotz umfangreichen schriftsätzlichen Vorbringens und trotz der Dauer des behördlichen und des verwaltungsgerichtlichen Verfahrens von ca. fünf Jahren sowie zwei Terminen zur mündlichen Verhandlung keinerlei hinreichend konkrete und substantiierte Tatsachen vorgetragen hat, aus denen sich auch nur ansatzweise die ernsthafte Möglichkeit eines vom Regelfall abweichenden Geschehensablaufs ergibt, sieht das Gericht keinen weiteren Bedarf, im Rahmen der dem Gericht obliegenden Amtsermittlungspflicht weitergehende Nachforschungen anzustellen. Der Beweisanregung, den Kläger als Partei zu vernehmen, war daher nicht nachzugehen.
Diese ist im Übrigen verspätet im Sinne des § 87b Abs. 2, Abs. 3 Satz 1 VwGO und daher nicht zu berücksichtigten, da sich die Erledigung des Rechtsstreits dadurch verzögern würde. Zwar hat der Klägerbevollmächtigte im Schriftsatz vom 22. Februar 2018 (Bl. 23 d.A.) dargelegt, dass der Kläger die „Anläufe (…) eidesstattlich zu Protokoll versichern“ würde. Zum Termin zur mündlichen Verhandlung am 5. März 2018 ist der Kläger trotz Ladung aber nicht erschienen. Dass die begehrte Einvernahme des Klägers zu einer Verzögerung des Rechtsstreits geführt hätte (§ 87b Abs. 3 Satz 1 Nr. 1 VwGO), liegt auf der Hand, da ein weiteres Termin hätte anberaumt werden müssen; Entschuldigungsgründe im Sinne des § 87b Abs. 3 Satz 1 Nr. 2 VwGO sind nicht dargelegt worden. Auf die Folgen einer Fristversäumung (vgl. § 87b Abs. 3 Satz 1 Nr. 3 VwGO) ist mit Schreiben des Gerichts vom 25. Januar 2018 hingewiesen worden.
2. Erweist sich danach die die Verlustfeststellung in Ziffer 1 des streitgegenständlichen Bescheides als rechtmäßig, unterliegt auch die den gesetzlichen Anforderungen entsprechende Feststellung der Ungültigkeit des deutschen Reisepasses (§ 11 Nr. 2 PassG) und des deutschen Personalausweises (§ 28 Abs. 2 PAuswG) in Ziffer 2 des streitgegenständlichen Bescheides keinen Bedenken. Die Ungültigkeit folgt daraus, dass sowohl der deutsche Reisepass als auch der deutsche Personalausweis des Klägers Angaben zur Staatsangehörigkeit (vgl. § 4 Abs. 1 Satz 2 Nr. 10 PassG bzw. § 5 Abs. 2 Nr. 10 PAuswG) enthalten, die unzutreffend sind, da der Kläger kein deutscher Staatsangehöriger mehr ist (siehe oben). Auch ist es nicht ermessensfehlerhaft, dass die Beklagte sowohl die Abgabe des Reisepasses als auch des Personalausweises bei der Behörde verfügt hat. Das der Behörde eingeräumte Ermessen ist bereits in dem Sinne intendiert, dass im Fall der unzutreffenden Eintragung der deutschen Staatsangehörigkeit der Pass wegen des erheblichen öffentlichen Interesses an seiner Richtigkeit im Regelfall eingezogen werden soll (BayVGH, B.v. 5.12.2008, 5 CS 08.2869, juris Rn. 9). Gründe, ausnahmsweise von der Feststellung der Ungültigkeit und der Abgabe der Passdokumente abzusehen, sind weder vorgetragen noch ersichtlich.
II.
Der Kläger hat auch keinen Anspruch auf den begehrten feststellenden Verwaltungsakt nach § 30 Abs. 1 Satz 1 StAG.
Rechtsgrundlage für den Anspruch auf Feststellung des Bestehens der deutschen Staatsangehörigkeit ist § 30 Abs. 1 Satz 1 StAG. Danach wird das Bestehen der deutschen Staatsangehörigkeit auf Antrag von der Staatsangehörigkeitsbehörde festgestellt. Der Kläger hat zwar die deutsche Staatsangehörigkeit erworben, hat sie jedoch danach durch den erneuten Erwerb der türkischen Staatsangehörigkeit wieder verloren (siehe oben). Im Gegensatz zur Feststellung von Amts wegen ist es im Feststellungsverfahren auf Antrag des Betroffenen zudem erforderlich, dass durch Urkunden, Auszügen aus den Melderegistern oder andere schriftliche Beweismittel mit hinreichender Wahrscheinlichkeit nachgewiesen wird, dass die deutsche Staatsangehörigkeit nicht wieder verloren gegangen ist (§ 30 Abs. 2 Satz 1 StAG). Diesen Nachweis konnte der Kläger – wie oben dargelegt – nicht führen (siehe I.).
III.
Die Kostenentscheidung folgt aus § 154 Abs. 1 VwGO; die Entscheidung über die vorläufige Vollstreckbarkeit der Kostenentscheidung beruht auf § 167 VwGO i.V.m. §§ 708 Nr. 11, 711 ZPO.


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