Verwaltungsrecht

Nachteilsausgleich wegen körperlicher Beeinträchtigung durch Verwendung einer Schreibkraft statt eines Laptops

Aktenzeichen  AN 2 E 18.00968

Datum:
6.6.2018
Rechtsgebiet:
Fundstelle:
BeckRS – 2018, 12042
Gerichtsart:
VG
Gerichtsort:
Ansbach
Rechtsweg:
Verwaltungsgerichtsbarkeit
Normen:
GG Art. 3 Abs. 1, Art. 12 Abs. 1
JAPO § 13

 

Leitsatz

1 Maßstab für den Nachtteilsausgleich gem. § 13 Abs. 2 iVm Abs. 1 JAPO wegen körperlicher Beeinträchtigungen ist der Grundsatz der Chancengleichheit (vgl. BVerfG BeckRS 9998, 48834). Die organisatorische Maßnahme der Prüfbehörde ist nur zulässig, wenn der Wettbewerb nicht beeinträchtigt wird. (Rn. 17 – 18) (redaktioneller Leitsatz)
2 Bei Beeinträchtigung der handschriftlichen Anfertigung von Prüfungsarbeiten (hier chronische Sehnenscheidenentzündung durch Knochenanomalie) stellt die Gewährung eines Laptops eine Überkompensation dar. Die Chancengleichheit bleibt durch die Zulassung einer Schreibkraft gewahrt. Rn. 20 – 24) (redaktioneller Leitsatz)

Tenor

1. Der Antrag wird abgelehnt.
2. Die Antragstellerin trägt die Kosten des Verfahrens.
3. Der Streitwert wird auf 2.500,00 EUR festgesetzt.

Gründe

I.
Die Beteiligten streiten um einen Nachteilsausgleich für den schriftlichen Teil des Zweiten Juristischen Staatsexamens in Form der Nutzung eines Laptops.
Die Antragstellerin ist zur Zweiten Juristischen Staatsprüfung im Termin 2018/I vom 12. Juni 2018 bis 26. Juni 2018 zugelassen. Sie leidet an einer chronischen Sehnenscheidenentzündung. Nach eigenen Angaben habe die Antragstellerin seit der 11. Klasse alle Prüfungen (einschließlich der Abiturprüfungen) mit Hilfe eines Laptops geschrieben. Auch die Prüfungen an der Universität seien auf einem Laptop angefertigt worden. Das Erste Juristische Staatsexamen habe sie nur mittels Kortisonspritzen und Schmerzmitteln handschriftlich anfertigen können, wobei trotzdem nur maximal 11 bis 12 Seiten pro Prüfungstag geschrieben werden konnten.
Die Antragstellerin stellte aufgrund Ihrer chronischen Sehnenscheidenentzündung am 11. März 2018 beim Bayerischen Staatsministerium der Justiz und für Verbraucherschutz – Landesjustizprüfungsamt – einen Antrag auf Nachteilsausgleich. Mit Bescheid vom 7. Mai 2018 wurde ihr vom Landesjustizprüfungsamt Nachteilsausgleich in Form eines Einsatzes einer juristisch nicht vorgebildeten Schreibkraft gewährt. Diese solle den von der Antragstellerin diktierten Text handschriftlich niederlegen. Die Benutzung eines Laptops oder einer elektronischen Schreibmaschine lehnte das Landesjustizprüfungsamt ab. Diese Form des Nachteilsausgleichs könne nur bewilligt werden, wenn andere Maßnahmen, wie die Gewährung von Pausen, die nicht auf die Arbeitszeit angerechnet werden, die Gewährung einer Schreibzeitverlängerung oder der Einsatz einer Schreibkraft, die den Text auf Diktat handschriftlich niederlegt, zum Ausgleich der festgestellten Prüfungsbehinderung aus medizinischen Gründen nicht ausreichend sind. Das vorgelegte amtsärztliche Attest vom 9. März 2018 traf zum Einsatz einer Schreibkraft keine Aussage, sondern bescheinigte lediglich, dass Schreiben am PC ausreichend möglich sei, „wenngleich bei Belastung über einen längeren Zeitraum auch hierdurch eine zunehmende Schmerzsymptomatik ausgelöst“ werde. Eine Rücksprache des Landesjustizprüfungsamtes mit der behandelnden Amtsärztin ergab, dass aus medizinischer Sicht die Inanspruchnahme einer Schreibkraft eine geeignete Lösung sei. Durch die Ruhigstellung der Handgelenke könne die Schmerzsymptomatik eingedämmt werden.
Im amtsärztlichen Gutachten wurden keine weiteren Erkrankungen, die dem Einsatz einer Schreibkraft entgegenstehen würden, festgestellt. Am 31. Mai 2018 trug die Antragstellerin durch Schriftsatz vor, dass sie seit dem Ersten Juristischen Staatsexamen an Stimmband- und Kehlkopfentzündungen leide. Sie habe diese jedoch bei der amtsärztlichen Untersuchung nicht kundgetan, da sie „nicht die Notwendigkeit sah, jede Grippe, jede Entzündung und jedes Leiden aufzuführen“.
Die Antragstellerin erhob am 23. Mai 2018 gegen den Bescheid des Landesjustizprüfungsamtes vom 7. Mai 2018 Klage und beantragte, den Antragsgegner unter Aufhebung des Bescheids vom 7. Mai 2018 zu verpflichten, ihr als Nachteilsausgleich im Rahmen der Zweiten Juristischen Staatsprüfung 2018/I die Benutzung eines Notebooks zu gewähren. Über diese Klage, die unter dem Aktenzeichen AN 2 K 18.00969 geführt wird, ist noch nicht entschieden.
Die Antragstellerin beantragt im Wege der einstweiligen Anordnung, den Antragsgegner zu verpflichten, der Antragstellerin als Nachteilsausgleich im Rahmen der Zweiten Juristischen Staatsprüfung die Benutzung eines Notebooks zu gestatten.
Die Antragstellerin habe sich mit enormem Aufwand bemüht, eine geeignete Person als Schreibkraft zu finden. Die Antragstellerin habe zwischenzeitlich ca. 140 schriftliche Absagen erhalten. Hier läge deshalb ein Ausnahmefall vor, sodass ein Nachteilsausgleich in Form eines Notebooks gewährt werden müsse. Der Nachteilsausgleich und die damit verbundene eigenständige Suche nach einer geeigneten Schreibkraft beeinträchtige die Antragstellerin seit Wochen. Durch diese zeitliche und nervliche Zusatzbelastung sei die Chancengleichheit nicht mehr gegeben. Da das Auffinden einer entsprechenden Schreibkraft unmöglich sei, könne derartiges der Antragstellerin nicht auferlegt werden. Andere Prüfungsteilnehmer könnten sich in dieser Zeit auf die Prüfungen vorbereiten. Zudem könnten zur Wahrung der Chancengleichheit gegebenenfalls entsprechende Auflagen erteilt werden, wie zum Beispiel das Verwenden einer schwer lesbaren Schriftart oder ein Verbot des Ausschneidens und Einfügens von Texten, das durch eine Aufsicht überprüft werden könne.
Das Landesjustizprüfungsamt beantragt für den Antragsgegner, den Antrag abzulehnen.
Um den Grundsatz der Chancengleichheit zu wahren, sei eine Abänderung der Prüfungsbedingungen nur insoweit zulässig, als sie erforderlich sei, um die Beeinträchtigungen des Prüfungsteilnehmers auszugleichen. Die Benutzung eines Laptops oder einer elektrischen Schreibmaschine könne nur bewilligt werden, wenn andere Maßnahmen zum Ausgleich der Prüfungsbehinderung aus medizinischen Gründen nicht ausreichend seien. Das medizinische Attest enthalte keinen Hinweis darauf, dass der Antragstellerin die Verwendung einer Schreibkraft aus gesundheitlichen Gründen nicht möglich sei. Deshalb läge in diesem Einzelfall bei Gewährung der Benutzung eines Laptops eine Überkompensation vor. Die Verwendung der Tatstatur könne sich zeitsparend auswirken und so einen Vorteil darstellen. Zudem sei bei Verwendung eines Computers das Schriftbild der ganzen Klausur über einheitlich und auch leserlicher als bei handschriftlichen Texten, was sich in einer positiveren Bewertung ausdrücken könne. Auch sei die Behauptung der Antragstellerin, sie könne keine Schreibkraft finden, hier unerheblich. Es obliege allein der Antragstellerin, eine geeignete Schreibkraft zu finden. Es sei bisher auch jedem Prüfling, der eine Schreibkraft benötigte, gelungen, eine solche zu finden. Bereits am 28. März 2018 habe die zuständige Sachbearbeiterin mit der Antragstellerin telefoniert und auf die Möglichkeit einer Schreibkraft hingewiesen. Ebenso wie das Mitbringen der Hilfsmittel oder die Fahrt zum Prüfungsort, falle das Organisieren einer Schreibkraft in den Verantwortungsbereich der Antragstellerin. Zudem sei zu berücksichtigen, dass keine Verpflichtung bestehe, dieselbe Schreibkraft den ganzen Termin lang zu nutzen.
Bezüglich weiterer Einzelheiten wird auf die Gerichtsakten sowie die vorgelegten Behördenakten verwiesen.
II.
Der Antrag ist zwar zulässig, hat in der Sache jedoch keinen Erfolg.
Der Antrag nach § 123 Abs. 1 VwGO ist zulässig. Nach § 44a Satz 1 VwGO können Rechtsbehelfe gegen behördliche Verfahrenshandlungen nur gleichzeitig mit den gegen die Sachentscheidung zulässigen Rechtsbehelfen geltend gemacht werden. Der streitgegenständliche Bescheid ist jedoch gesondert angreifbar, da eine Verfahrenshandlung vorliegt, die selbst unmittelbare Rechtswirkungen zu Lasten der Betroffenen über das Verfahren hinaus, innerhalb dessen sie vorgenommen worden ist, entfaltet. Der alleinige Rechtsbehelf in der Hauptsache genügt nicht dem Rechtschutzbedürfnis der Antragstellerin. Ein effektiver Rechtsschutz im Sinne des Art. 19 Abs. 4 GG kann ansonsten nicht gewährt werden (Kopp/Schenke, VwGO, 22. Aufl. 2016, § 44a Rn. 8).
Der Antrag ist jedoch unbegründet, da zwar der Anordnungsgrund glaubhaft gemacht wurde, aber keine überwiegende Wahrscheinlichkeit für das Bestehen eines Anordnungsanspruches vorliegt. Im Rahmen der summarischen Prüfung erscheint die Entscheidung des Landesjustizprüfungsamtes – lediglich eine Schreibkraft zu gewähren – rechtmäßig und verletzt die Antragstellerin nicht in ihren Rechten.
Der Anordnungsgrund der Eilbedürftigkeit ist gegeben, denn bereits am 12. Juni 2018 beginnt der schriftliche Teil des Zweiten Juristischen Staatsexamens. Bis dahin kann über die Klage noch nicht entschieden werden.
Ein Anordnungsanspruch auf Gewährung eines Laptops besteht jedoch nicht. Rechtsgrundlage des Nachteilsausgleichs ist § 13 Abs. 2 i.V.m. Abs. 1 der Ausbildungs- und Prüfungsordnung für Juristen (JAPO) in der Fassung der Bekanntmachung vom 13. Oktober 2003. § 13 Abs. 1 JAPO. Die Vorschrift besagt, dass schwerbehinderten Menschen und Gleichgestellten auf Antrag durch das vorsitzende Mitglied des Prüfungsausschusses nach der Schwere der nachgewiesenen Prüfungsbehinderung eine Arbeitszeitverlängerung bis zu einem Viertel der normalen Arbeitszeit gewährt werden soll, soweit die Behinderung nicht das abgeprüfte Leistungsbild betrifft. In Fällen besonders weitgehender Prüfungsbehinderung kann auf Antrag die Arbeitszeit bis zur Hälfte der normalen Arbeitszeit verlängert werden. Neben oder an Stelle einer Arbeitszeitverlängerung kann ein anderer angemessener Ausgleich gewährt werden, soweit dieser den Wettbewerb nicht beeinträchtigt. § 13 Abs. 2 JAPO gewährt anderen Prüfungsteilnehmern, die wegen einer festgestellten Behinderung bei der Fertigung der Prüfungsarbeiten erheblich beeinträchtigt sind, nach Maßgabe des § 13 Abs. 1 JAPO einen Nachteilsausgleich, soweit die Behinderung nicht das abgeprüfte Leistungsbild betrifft. Gemäß § 13 Abs. 3 JAPO sind die Anträge auf Nachteilsausgleich spätestens sechs Wochen vor Beginn der schriftlichen Prüfung einzureichen. Der Nachweis der Prüfungsbehinderung ist durch ein Zeugnis eines Landgerichtsarztes oder eines Gesundheitsamts zu führen.
Die Antragstellerin hat – nach eigenen Angaben – einen Grad der Behinderung von 30. Amtsärztlich festgestellt wurde eine angeborene Knochenanomalie, die zu einer anhaltenden schmerzhaften Erkrankung beider Handgelenke führt. Dies resultiert in einer chronischen Sehnenscheidenentzündung. Somit wäre § 13 Abs. 2 JAPO die passende Rechtsgrundlage für einen Nachteilausgleich in Form eines Laptops. Die von der Antragstellerin angegebenen Stimmband- und Kehlkopfentzündungen sind nicht amtsärztlich festgestellt. Sie entsprechen somit nicht den Anforderungen des § 13 Abs. 3 Satz 2 JAPO und sind hier irrelevant.
Der Ausgleich nach § 13 Abs. 2 JAPO muss jedoch gemäß § 13 Abs. 1 JAPO zum einen angemessen sein, zum anderen darf er den Wettbewerb nicht beeinträchtigen. Es gilt der Grundsatz der Chancengleichheit, der gewahrt werden muss. Deshalb dürfen die Prüfungsbedingungen nicht über das Notwendige hinaus geändert werden, das zum Ausgleich der Beeinträchtigung des Prüfungsteilnehmers erforderlich ist. Eine technische Schreibhilfe in Form eines Laptops kann nur in medizinisch begründeten Ausnahmefällen in Betracht kommen (BayVGH B. v. 1.3.2011, juris), zum Beispiel wenn sich die gesundheitliche Beeinträchtigung des Prüfungsteilnehmers erst während der laufenden Prüfung akut verschärft oder wenn Sprechprobleme bestehen, die die Erstellung mittels einer Schreibkraft ausschließen. Die Prüfungsteilnehmer haben einen verfassungsrechtlich verbürgten Anspruch auf gleiche Prüfungschancen (Art. 12 Abs. 1 GG; Art. 3 Abs. 1 GG). Die Gerichte haben aufgrund der Garantie des effektiven Rechtsschutzes aus Art. 19 Abs. 4 GG zu kontrollieren, ob die organisatorischen Maßnahmen der Prüfungsbehörde ausreichen, um die Chancengleichheit zu erreichen (vgl. BVerfG B. v. 21.12.1992, NJW 1993, 917).
Um die Beeinträchtigung der Antragstellerin durch ihre Sehnenscheidenentzündung auszugleichen, genügt in diesem Einzelfall die Gewährung einer Schreibkraft. Laut der behandelnden Amtsärztin ist die Schreibkraft auch eine geeignete Lösung der Problematik, da beim Diktieren die Handgelenke ruhiggestellt würden. Somit könne die Schmerzsymptomatik eingedämmt werden. Laut amtsärztlichem Attest sei das Schreiben am PC zwar „ausreichend möglich“, jedoch werde „bei Belastung über einen längeren Zeitraum auch hierdurch eine zunehmende Schmerzsymptomatik ausgelöst“.
Somit ist die Schreibkraft aus medizinischen Gründen nicht nur ein ausreichender, sondern der bessere Ausgleich für die Beeinträchtigung der Antragstellerin.
Darüber hinaus würde die Gewährung des Laptops eine Überkompensation darstellen, da die Nutzung einige Vorteile mit sich bringt, die den handschriftlich schreibenden Prüfungsteilnehmern verwehrt bleiben. So kann sich die Nutzung der Tatstatur zeitsparend auswirken. Zum anderen entsteht ein die ganze Prüfung über gleichbleibendes und allzeit leserliches Schriftbild, welches bei einer handschriftlichen Prüfung so gut wie ausgeschlossen ist. Dies kann zu einer positiveren Bewertung durch den Korrektor führen. Es können zudem Textpassagen gelöscht werden. Es kann Text kopiert und an anderen Stellen eingefügt werden. Zudem können Ergänzungen und Korrekturen vorgenommen werden, ohne dass dies im Nachhinein für den Korrektor erkennbar ist. Im Gegensatz dazu müssen die Prüfungsteilnehmer, die handschriftlich arbeiten, ihren Text aus einem Guss anfertigen. Bei ihnen sind Streichungen oder das Einfügen von Text stets im Nachhinein erkennbar. Dies wirkt sich negativ auf das gesamte Erscheinungsbild der Klausur aus, was sich in einer schlechteren Bewertung durch den Korrektor niederschlagen kann.
Auch die von der Antragstellerin vorgeschlagenen Auflagen, wie zum Beispiel eine schwer lesbare Schrift zu verwenden oder das Verbot des Ausschneidens und Einfügens von Text, sind nicht geeignet, die Überkompensation zu verhindern. Zum einen führt auch das Verwenden einer schwer lesbaren Schriftart des Computers zu einem die ganze Klausur über gleichbleibenden, ebenmäßigen Schriftbild. Zum anderen müsste die Einhaltung des Verbotes des Ausschneidens und Einfügens von Texten von der Aufsichtsperson überwacht werden. Diese müsste also über fünf Stunden hinweg genauestens verfolgen, was die Antragstellerin schreibt und ob sie nicht doch Textpassagen kopiert, löscht oder ähnliches. Da die Vorgänge des Löschens, Kopierens und Einfügens über Tastenkombinationen in Sekundenschnelle vorgenommen werden können, kann eine lückenlose Überwachung durch die Aufsichtsperson über fünf Stunden am Stück hinweg nicht gewährleistet werden. Dazu müsste die Aufsichtsperson die ganze Zeit hinter bzw. neben der Antragstellerin sitzen und auch wirklich jeden Mausklick und Tastendruck unmittelbar überwachen, was wiederum prüfungsverfahrensrechtlich nicht unproblematisch wäre.
Die vorgetragenen – bisher vergeblichen – Bemühungen der Antragstellerin um eine Schreibkraft ändern nichts an der rechtlichen Beurteilung. Grundsätzlich fällt die Suche nach einer Schreibkraft, genauso wie das Beschaffen und Mitbringen von Hilfsmitteln, in den Verantwortungsbereich des Prüfungsteilnehmers. Laut dem Landesjustizprüfungsamt ist es bisher jedem Bearbeiter, der eine Schreibkraft benötigte, gelungen, eine solche zu finden. Zudem wusste die Antragstellerin seit ihren Problemen rund um das Ablegen des Ersten Juristischen Staatsexamens, dass sie das Zweite Juristische Staatsexamen mit seinen elf Klausuren eventuell nicht handschriftlich ablegen können wird. Sie hätte sich somit schon zu einem früheren Zeitpunkt des Referendariats zumindest nach den verschiedenen Möglichkeiten und Voraussetzungen des Nachteilsausgleichs erkundigen können. Die Argumentation, dass es der Antragstellerin unmöglich sei, eine geeignete Schreibkraft zu finden und ihr deshalb eine andere Form des Nachteilsausgleichs zugutekommen soll, geht ins Leere. Es ist durchaus festzuhalten, dass sich die Antragstellerin um eine Schreibkraft bemüht hat, was die Vielzahl der schriftlichen Absagen zeigt. Jedoch kann aufgrund der Anzahl der Absagen nicht pauschal darauf geschlossen werden, dass es der Antragstellerin unmöglich ist, eine Schreibkraft zu finden. Die bloße Anzahl der Absagen sagt nichts darüber aus, ob es nicht doch auch eine Zusage geben kann, gegeben hat oder noch geben wird. Allein das Vorweisen von Absagen beweist nicht, dass es keine Zusagen gibt. Somit konnte nicht anhand der vorhandenen Absagen glaubhaft gemacht werden, dass tatsächlich keine Schreibkraft gefunden werden kann. Zudem ist anzumerken, dass aus dem eigens von der Antragstellerin erstellten Formblatt für die Suche nach Schreibkräften nicht hervorgeht, dass die Schreibkraft tatsächlich nicht fünf Stunden lang am Stück schreiben muss. Es wird nicht ersichtlich, dass während des gedanklichen Erfassens des Aufgabentextes sowie dem Erstellen der Gliederung – was bei vielen Prüflingen bis zur Hälfte der Prüfungszeit oder mehr in Anspruch nimmt – die Schreibarbeit nur ein geringes Ausmaß annimmt. Das Erstellen der Gliederung hat am Gesamtschreibumfang gemessen ein viel geringeres Gewicht. So entstand für potenzielle Schreibkräfte möglicherweise der falsche Eindruck, dass fünf Stunden durchgehend und gleichbleibend viel geschrieben werden müsse.
Zuletzt rechtfertigt auch die notwendige Umstellung der Arbeitsweise der Antragstellerin vom selbständigen Verfassen eines Textes auf das Diktieren eines Textes keine andere rechtliche Beurteilung des Falles. Bereits am 28. März 2018 wurde die Antragstellerin auf den Nachteilsausgleich mittels Schreibkraft hingewiesen. Ihr blieb also genug Zeit, sich auf die veränderte Situation einzustellen und diese Arbeitsweise einzuüben.
Letztendlich wurde der Antragstellerin durch das Landesjustizprüfungsamt mit Bescheid vom 7. Mai 2018 bereits ein ausreichender Ausgleich der körperlichen Beeinträchtigung dadurch gewährt, dass ihr der Einsatz einer Schreibkraft, welche den diktierten Text handschriftlich niederlegt, gestattet wurde. Ein darüber hinausgehendes Bedürfnis der Antragstellerin, Nachteilsausgleich in Form der Benutzung eines Laptops zu gewähren, ist somit nicht gegeben.
Nach alledem war der Antrag abzulehnen.
Die Kostenfolge ergibt sich aus § 154 Abs. 1 VwGO.
Die Streitwertfestsetzung beruht auf §§ 53 Abs. 2 Nr. 1, 52 Abs. 1 GKG.


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