Verwaltungsrecht

Nichtzulassung der Berufung gegen waffenrechtliche Entscheidung (Waffenbesitzverbot)

Aktenzeichen  21 ZB 19.761

Datum:
21.10.2019
Rechtsgebiet:
Fundstelle:
BeckRS – 2019, 28138
Gerichtsart:
VGH
Gerichtsort:
München
Rechtsweg:
Verwaltungsgerichtsbarkeit
Normen:
WaffG § 5 Abs. 1 Nr. 2, § 41 Abs. 1 Nr. 2, § 41 Abs. 2
BayVwVfG Art. 49 Abs. 1

 

Leitsatz

§ 5 WaffG konkretisiert den Begriff der waffenrechtlichen Zuverlässigkeit für den gesamten Geltungsbereich des Waffengesetzes (Fortführung von BeckRS 2014, 46234). (Rn. 14) (redaktioneller Leitsatz)

Verfahrensgang

4 K 18.1148 2019-04-03 VGAUGSBURG VG Augsburg

Tenor

I. Der Antrag auf Zulassung der Berufung wird abgelehnt.
II. Der Kläger hat die Kosten des Zulassungsverfahrens zu tragen.
III. Der Streitwert für das Zulassungsverfahren wird auf 5.000,- Euro festgesetzt.

Gründe

I.
Der Kläger begehrt die Neuverbescheidung seines Antrags auf Aufhebung eines Waffenbesitzverbots.
Mit Bescheid vom 21. Januar 2005 untersagte die Beklagte dem Kläger den Erwerb und Besitz von erlaubnisfreien und erlaubnispflichtigen Waffen und ebensolcher Munition, weil ihm die erforderliche Zuverlässigkeit nach § 5 Abs. 1 Nr. 2 WaffG fehle.
Dem lag zugrunde, dass am 3. September 2004 bei einer Durchsuchung des Zimmers des Klägers ein Kleinkalibergewehr mit Zielfernrohr sowie ein Karton mit insgesamt 627 Schuss Munition gefunden worden waren, für welche die erforderlichen waffenrechtlichen Erlaubnisse nicht vorlagen. Außerdem hatten Zeugen ausgesagt, dass der Kläger mehrfach geschossen habe.
Mit rechtskräftigem Urteil des Amtsgerichts … vom 9. Februar 2005 wurde der Kläger wegen vorsätzlichen unerlaubten Besitzes und vorsätzlichen unerlaubten Führens von zwei Schusswaffen in Tateinheit mit vorsätzlichem unerlaubten Besitz von Munition in Tatmehrheit mit Beleidigung zu einer Gesamtfreiheitsstrafe von fünf Monaten und einer Woche verurteilt, deren Vollstreckung zur Bewährung ausgesetzt wurde.
Mit Urteil des Amtsgerichts … vom 2. Juli 2008 wurde der Kläger wegen Betruges in zwei Fällen zu einer Geldstrafe von 35 Tagessätzen zu je 30 Euro verurteilt.
Mit Urteil des Amtsgerichts Augsburg vom 30. August 2012 wurde der Kläger wegen vorsätzlicher Zuwiderhandlung gegen eine vollziehbare Anordnung nach § 41 Abs. 1 Satz 3, Abs. 2 WaffG in drei Fällen zu einer Gesamtfreiheitsstrafe von einem Jahr verurteilt. Die Berufung des Klägers wurde mit Urteil des Landgerichts … vom 22. Februar 2013 mit der Maßgabe verworfen, dass dieser zu einer Gesamtfreiheitsstrafe von fünf Monaten verurteilt wurde, deren Vollstreckung zur Bewährung ausgesetzt wurde. Das Urteil wurde am 27. März 2013 rechtskräftig.
Dem lag zugrunde, dass er jeweils an mindestens einem Tag im Jahr 2011 im Schützenverein … und im Schützenverein … … e.V. aktiv am Schießen mit dem Luftdruckgewehr teilgenommen sowie am 17. Januar 2012 die tatsächliche Verfügungsgewalt über 376 Kugeln, Kaliber 4,5 mm Luftgewehr ausgeübt hatte.
Eine erste Klage des Klägers auf Aufhebung des Waffenbesitzverbots wies das Verwaltungsgericht Augsburg mit Urteil vom 24. Juli 2013 ab (Az. Au 4 K 13.775). Den hiergegen gestellten Antrag auf Zulassung der Berufung lehnte der Bayerische Verwaltungsgerichtshof mit Beschluss vom 22. Januar 2014 ab (Az. 21 ZB 13.1781).
Den Antrag des Klägers auf Aufhebung des Waffenbesitzverbots lehnte die Beklagte mit Bescheid vom 22. Juni 2018 ab.
Die dagegen erhobene Klage wies das Verwaltungsgericht mit Urteil vom 3. April 2019 ab.
Hiergegen richtet sich der Antrag auf Zulassung der Berufung.
II.
1. Der Antrag auf Zulassung der Berufung hat keinen Erfolg. Der Zulassungsgrund der ernstlichen Zweifel an der Richtigkeit des Urteils (§ 124 Abs. 2 Nr. 1 VwGO) liegt nicht vor.
1.1 Nach Art. 49 Abs. 1 BayVwVfG kann ein rechtmäßiger, nicht begünstigender Verwaltungsakt, auch nachdem er unanfechtbar geworden ist, ganz oder teilweise mit Wirkung für die Zukunft widerrufen werden, außer wenn ein Verwaltungsakt gleichen Inhalts erneut erlassen werden müsste oder aus anderen Gründen ein Widerruf unzulässig ist. Ein Widerruf scheidet somit aus, wenn die Voraussetzungen für das gegenüber dem Kläger ausgesprochene Waffenbesitzverbot fortbestehen. Dies ist hier der Fall.
Nach § 41 Abs. 1 Satz 1 Nr. 2 Alt. 3 WaffG kann die zuständige Behörde jemandem den Besitz von Waffen oder Munition, deren Erwerb nicht der Erlaubnis bedarf, unter anderem dann untersagen, wenn Tatsachen bekannt werden, die die Annahme rechtfertigen, dass dem rechtmäßigen Besitzer oder Erwerbswilligen die für den Erwerb oder Besitz solcher Gegenstände erforderliche Zuverlässigkeit fehlt. Insoweit darf auf die allgemeine Vorschrift des § 5 WaffG zurückgegriffen werden, denn sie konkretisiert den Begriff der waffenrechtlichen Zuverlässigkeit für den gesamten Geltungsbereich des Waffengesetzes (vgl. BayVGH, B.v. 22.1.2014 – 21 ZB 13.1781 – juris; Lehmann/v. Grotthuss, Aktuelles Waffenrecht, Stand August 2019, § 41 Rn. 22; Gerlemann in Steindorf, Waffenrecht, 10. Aufl. 2015, § 41 Rn. 5).
Gemäß § 5 Abs. 1 Nr. 2 Buchst. a WaffG besitzen Personen die erforderliche Zuverlässigkeit nicht, bei denen Tatsachen die Annahme rechtfertigen, dass sie Waffen oder Munition missbräuchlich oder leichtfertig verwenden oder diese Gegenstände nicht sorgfältig verwahren werden.
Das Verwaltungsgericht hat im angegriffenen Urteil zutreffend ausgeführt, dass die Verurteilungen vom 9. Februar 2005 und vom 30. August 2012 bereits ausreichend sind, um die waffenrechtliche Unzuverlässigkeit des Klägers zu begründen (UA, S. 10).
1.2 Das Vorbringen des Prozessbevollmächtigten des Klägers führt zu keiner anderen Beurteilung.
Der Klägervertreter meint, nur die waffenrechtlichen Verstöße, die der Kläger im Jahre 2002 begangen habe, seien einschlägig und zu berücksichtigen. Dagegen sei das Urteil des Amtsgericht … vom 2. Juli 2008, mit dem der Kläger wegen Betruges zu einer Geldstrafe von 35 Tagessätzen verurteilt worden sei, weitgehend bedeutungslos, da weitere Vermögensdelikte nicht vorgekommen seien. Die Missachtung der Auflage des Landratsamts … stelle keinen sicherheitsrechtlich relevanten Verstoß dar und sei auch nicht annährend mit dem Verstoß aus dem Jahr 2002 vergleichbar. Der rechtfertigt keine ernstlichen Zweifel an der Richtigkeit des angegriffenen Urteils.
Der Kläger hat im Jahr 2011 und am 17. Januar 2012 in mindestens drei Fällen vorsätzlich gegen die vollziehbare Anordnung nach § 41 Abs. 1 Satz 3, Abs. 2 WaffG verstoßen und damit nach den der Verurteilung durch das Amtsgericht … vom 9. Februar 2005 zugrunde liegenden waffenrechtlichen Verstößen im Zeitraum zwischen 2001 und 2004 einige Jahre später erneut eine Straftat mit waffenrechtlichem Bezug begangen. Die (hypothetische) Überlegung des Klägervertreters, dass eine Wiederholung gerade dieses Delikts ausscheide, wenn das durch den Bescheid vom 21. Januar 2005 verhängte Waffenbesitzverbot aufgehoben werde, führt schon deshalb nicht weiter, weil das Verhalten des Klägers einen Straftatbestand erfüllt hat und der Kläger hierdurch gezeigt hat, dass sich seine innere Einstellung, im Zweifel im eigenen Interesse waffenrechtliche Vorgaben zu missachten, weiter verfestigt hat.
Hinsichtlich der Verurteilung wegen Betruges mit Urteil des Amtsgerichts … vom 2. Juli 2008 verweist der Kläger vergeblich auf einen angeblich fehlenden waffenrechtlichen Bezug, weil das Verwaltungsgericht bei seiner Entscheidung nicht hierauf, sondern maßgeblich auf die Verurteilungen vom 9. Februar 2005 und vom 30. August 2012 abgestellt hat.
Soweit der Klägervertreter ausführt, dass andere Überlegungen die Beklagte vielleicht zum Erlass ihres Bescheides motiviert haben könnten, handelt es sich um eine bloße Vermutung, die angesichts dessen, dass sich die Prognose der Unzuverlässigkeit des Klägers aus seinen waffenrechtlichen Verstößen ergibt, auch nicht nachvollziehbar ist.
2. Die Kostenentscheidung folgt aus § 154 Abs. 2 VwGO.
3. Die Streitwertfestsetzung beruht auf § 47 Abs. 3, Abs. 1 Satz 1, § 52 Abs. 1 GKG, wobei sich der Senat an Nr. 50.2 des Streitwertkatalogs für die Verwaltungsgerichtsbarkeit orientiert hat.
Mit der Ablehnung des Zulassungsantrags wird das Urteil des Verwaltungsgerichts rechtskräftig (§ 124a Abs. 5 Satz 4 VwGO)


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