Verwaltungsrecht

Normenkontrolle, Auslegung, Chancengleichheit, Verfahren, Popularklage, Normenkontrollverfahren, Fraktion, Feststellung, Antragsteller, Landtag, Wirksamkeit, Widerspruch, Statthaftigkeit, Verfassungsrecht, verfassungskonforme Auslegung, Grundsatz der Chancengleichheit, Bayerische Verfassung

Aktenzeichen  Vf. 60-VIII-20

Datum:
26.8.2021
Rechtsgebiet:
Fundstelle:
BeckRS – 2021, 23679
Gerichtsart:
VerfGH
Gerichtsort:
München
Rechtsweg:
Verfassungsgerichtsbarkeit
Normen:

 

Leitsatz

1. Die Meinungsverschiedenheit nach Art. 75 Abs. 3 BV muss zwischen am Gesetzgebungsverfahren beteiligten Organen oder Teilen derselben entstanden und bereits im Lauf des Gesetzgebungsverfahrens erkennbar geworden sein. Zwischen der Meinungsverschiedenheit, wie sie den Gegenstand der Verfassungsstreitigkeit darstellt, und den während der Gesetzesberatungen im Landtag erhobenen Rügen muss grundsätzlich Identität bestehen (ständige Rechtsprechung des Bayerischen Verfassungsgerichtshofs). Unterschiedliche Rechtsauffassungen der Verfahrensbeteiligten über die Auslegung einer bestehenden einfachgesetzlichen Vorschrift in der Anwendungspraxis erfüllen oder ersetzen diese Zulässigkeitsvoraussetzung nicht.
2. Im kontradiktorischen Verfahren der Meinungsverschiedenheit ist ein positiver Normbestätigungsantrag nicht zulässig. Für eine Analogie zur abstrakten Normenkontrolle des Bundesverfassungsgerichts gemäß Art. 93 Abs. 1 Nr. 2 GG, § 76 Abs. 1 Nr. 2 BVerfGG ist schon mangels vergleichbarer verfassungsrechtlicher Ausgangslage kein Raum.
3. Gegenstand der verfassungsgerichtlichen Überprüfung einer zulässig als grundrechts- oder verfassungswidrig angefochtenen Norm ist stets die Rechtsvorschrift, wie sie sich in ihrem objektiven Sinn darstellt, nicht hingegen die Auslegung, die sie beim Vollzug im Einzelfall gefunden hat. Auch darf der normative Gehalt einer Vorschrift nicht erst durch die Auslegung festgesetzt oder grundlegend neu bestimmt werden.

Tenor

Der Antrag wird abgewiesen.

Gründe

I.
Gegenstand der Meinungsverschiedenheit ist die Frage, ob die Bestimmungen in Art. 2 Abs. 1 Sätze 1 und 3 des Gesetzes zur parlamentarischen Kontrolle der Staatsregierung hinsichtlich der Tätigkeit des Landesamts für Verfassungsschutz sowie hinsichtlich der Maßnahmen nach Art. 13 Abs. 3 bis 5 des Grundgesetzes (Parlamentarisches Kontrollgremium-Gesetz – PKGG) vom 8. November 2010 (GVBl S. 722, BayRS 12-4-1), das zuletzt durch § 1 Abs. 18 der Verordnung vom 26. März 2019 (GVBl S. 98) geändert worden ist, mit der Bayerischen Verfassung vereinbar sind bzw. (hilfsweise), ob die Regelungen in Art. 2 Abs. 1 Sätze 2 und 6 PKGG (nur) in bestimmter verfassungskonformer Auslegung mit der Bayerischen Verfassung vereinbar sind.
1. Dem Parlamentarischen Kontrollgremium obliegt die Kontrolle der Staatsregierung hinsichtlich der Tätigkeit des Landesamts für Verfassungsschutz einschließlich der Kontrolle gemäß Art. 20 Bayerisches Verfassungsschutzgesetz (etwa Lageberichte zum verdeckten Einsatz von technischen Mitteln zur Wohnraumüberwachung oder zum Einsatz von Verdeckten Mitarbeitern und Vertrauensleuten) und gemäß Art. 3 des Ausführungsgesetzes zum Art. 10-Gesetz (Beschränkungen des Brief-, Post- und Fernmeldegeheimnisses), Art. 1 Abs. 1 PKGG. Es übt darüber hinaus die in Art. 13 Abs. 6 Satz 3 GG vorgeschriebene parlamentarische Kontrolle über den gemäß Art. 13 Abs. 3 bis 5 GG erfolgten Einsatz technischer Mittel zur Überwachung von Wohnungen aus. Ferner obliegt dem Gremium die parlamentarische Kontrolle über den Vollzug bestimmter polizeilicher Maßnahmen im Sinn des Art. 52 Abs. 1 Satz 1 des Polizeiaufgabengesetzes (PAG) (etwa Postsicherstellung, Einsatz von Verdeckten Ermittlern und Vertrauenspersonen, Einsatz technischer Mittel in Wohnungen, Eingriffe in den Telekommunikationsbereich, Rasterfahndung) und es kontrolliert polizeiliche Datenübermittlungen an öffentliche und nichtöffentliche Stellen in Drittstaaten sowie an internationale Organisationen gemäß Art. 58 Abs. 6 und Art. 59 Abs. 5 Satz 2 PAG, Art. 1 Abs. 2 PKGG.
Die zur Überprüfung gestellte Vorschrift des Parlamentarischen KontrollgremiumGesetzes regelt die Zusammensetzung und die Wahl der Mitglieder des Parlamentarischen Kontrollgremiums. Sie lautet:
Art. 2 Mitgliedschaft
(1) 1Das Parlamentarische Kontrollgremium besteht aus sieben Mitgliedern. 2Der Landtag wählt zu Beginn jeder neuen Wahlperiode aus seiner Mitte die Mitglieder des Parlamentarischen Kontrollgremiums. 3Das Vorschlagsrecht steht den Fraktionen im Verhältnis ihrer Stärke zu. 4Das Verfahren nach Sainte-Laguë/Schepers findet Anwendung. 5In gleicher Weise wird für jedes Mitglied ein stellvertretendes Mitglied gewählt. 6Gewählt ist, wer die Stimmen der Mehrheit der Mitglieder des Landtags auf sich vereint.
(2) …
2. Das Parlamentarische Kontrollgremium-Gesetz wurde in seiner ursprünglichen Fassung vom 10. Februar 2000 (GVBl S. 40) mit den Stimmen der CSU-Fraktion gegen die Stimmen der SPD-Fraktion und der Fraktion BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN beschlossen. Die dortige Vorschrift zu Zahl und Wahl der Mitglieder des Gremiums (Art. 1 Abs. 2 PKGG 2000) war in einem früheren Verfahren Gegenstand einer Meinungsverschiedenheit zwischen der Landtagsfraktion BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN und der Landtagsfraktion der CSU. Der Verfassungsgerichtshof hat mit Entscheidung vom 21. Februar 2002 (VerfGHE 55, 28) festgestellt, dass sowohl die Beschränkung der Mitgliederzahl auf damals fünf Personen als auch die Regelung, wonach die Mitglieder des Parlamentarischen Kontrollgremiums vom Landtag aus seiner Mitte gewählt werden und dass gewählt ist, wer die Stimmen der Mehrheit der Mitglieder des Landtags auf sich vereint, nicht gegen Normen der Bayerischen Verfassung verstoßen.
Die aktuelle inhaltliche Fassung des Art. 2 Abs. 1 PKGG geht auf das einstimmig beschlossene Gesetz zur Änderung des Parlamentarischen Kontrollgremium-Gesetzes vom 22. Dezember 2008 (GVBl S. 972) zurück, mit dem die Mitgliederzahl in dem Gremium auf sieben angehoben und den Fraktionen ein Vorschlagsrecht im Verhältnis ihrer Stärke gemäß dem Verfahren nach Sainte-Laguë/Schepers eingeräumt wurde (Art. 1 Abs. 2 PKGG 2008). Hintergrund war nach der Entwurfsbegründung vom 21. November 2008 (LT-Drs. 16/72), dass in der damals laufenden 16. Wahlperiode fünf Fraktionen im Bayerischen Landtag vertreten seien und bei einem Verbleib der bisherigen Größe des Gremiums entweder die Stärke der Fraktionen nicht durch dessen Zusammensetzung widergespiegelt werden würde oder auf eine Fraktion kein Sitz entfiele. Mit der nachfolgenden Reform durch das Parlamentarische Kontrollgremium-Gesetz vom 8. November 2010, die im Kern auf eine Verbesserung der Informations- und Handlungsmöglichkeiten des Gremiums in bestimmten Bereichen abzielte, wurden die Zusammensetzung und das Wahlverfahren des Gremiums nunmehr ohne inhaltliche Änderung in Art. 2 Abs. 1 PKGG geregelt. Nach der Entwurfsbegründung (LT-Drs. 16/4971 S. 7) sollen die Regelungen absichern, dass sich in der Zusammensetzung des Gremiums die Mehrheitsverhältnisse der Volksvertretung widerspiegeln. Das Gesetz wurde mit den Stimmen der Fraktionen der CSU, der SPD, der FREIEN WÄHLER und der FDP bei Stimmenthaltung der Fraktion von BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN angenommen. Die Vorschrift ist seither unverändert.
3. Der 18. Bayerische Landtag konstituierte sich am 5. November 2018, er besteht aus 205 Mitgliedern. In ihm sind sechs Fraktionen vertreten, darunter die neu in den Landtag eingezogene Alternative für Deutschland (AfD-Fraktion – Antragstellerin zu 1), die zu Beginn der Wahlperiode 22 Abgeordnete stellte und derzeit 19 Mitglieder zählt.
Am 11. Dezember 2018 wurden in geheimer Wahl auf Vorschlag der jeweiligen Fraktionen drei Mitglieder und drei stellvertretende Mitglieder der CSU-Fraktion sowie je ein Mitglied und ein stellvertretendes Mitglied der Fraktionen BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN, FREIE WÄHLER und SPD in das Parlamentarische Kontrollgremium gewählt. Der Wahlvorschlag der AfD-Fraktion, der gemäß Art. 2 Abs. 1 Sätze 3 bis 5 PKGG ebenfalls das Vorschlagsrecht für ein Mitglied und ein stellvertretendes Mitglied zusteht und die den später aus der Fraktion ausgetretenen Abgeordneten R. S. und den Antragsteller zu 2 benannt hatte, erreichte mit 35 JaStimmen, 118 Nein-Stimmen und 34 Enthaltungen hingegen nicht die nach Art. 2 Abs. 1 Satz 6 PKGG erforderliche Stimmenmehrheit. Der FDP-Fraktion steht in dieser Wahlperiode nach der gesetzlichen Regelung kein Vorschlagsrecht zu.
Bei einem erneuten Wahlgang am 5. Juni 2019 schlug die Antragstellerin zu 1 den Antragsteller zu 2 als Mitglied und den Antragsteller zu 3 als Stellvertreter vor. Beide Kandidaten erhielten mit 25 Ja-Stimmen, 132 Nein-Stimmen und 6 Enthaltungen (Antragsteller zu 2) bzw. 26 Ja-Stimmen, 127 Nein-Stimmen und 10 Enthaltungen (Antragsteller zu 3) nicht die für die Wahl erforderlichen Stimmen der Mehrheit der Mitglieder des Landtags. Auch in zwei weiteren Wahlgängen, in denen die Antragstellerin zu 1 nur mehr je einen Wahlvorschlag unterbreitete – am 10. Oktober 2019 schlug sie den Antragsteller zu 2 vor, am 10. Dezember 2019 den Antragsteller zu 3 – scheiterten die Kandidaten am Mehrheitserfordernis des Art. 2 Abs. 1 Satz 6 PKGG (mit 16 zu 151 zu 7 Stimmen bzw. 25 zu 143 zu 9 Stimmen).
Das Parlamentarische Kontrollgremium ist daher in dieser Wahlperiode bislang mit sechs anstatt sieben Mitgliedern besetzt.
II.
Die AfD-Fraktion und zwei Abgeordnete dieser Fraktion, die mehrfach erfolglos als Mitglieder bzw. Stellvertreter für das Parlamentarische Kontrollgremium vorgeschlagen wurden, begehren im Verfahren der Meinungsverschiedenheit als Antragsteller gegenüber dem Bayerischen Landtag und den übrigen fünf Landtagsfraktionen als Antragsgegner nach letzter Fassung in der mündlichen Verhandlung mit ihrem Hauptantrag in Form eines „positiven Normbestätigungsantrags“ die Feststellung, dass Art. 2 Abs. 1 Satz 1 i. V. m. Satz 3 PKGG mit der Bayerischen Verfassung vereinbar sei. Hilfsweise beantragen sie festzustellen, dass Art. 2 Abs. 1 Satz 2 i. V m. Satz 6 PKGG mit der Bayerischen Verfassung (nur) in verfassungskonformer Auslegung dergestalt vereinbar sei, dass eine Nichtwahl von Bewerbern einer Fraktion (nur) dann ausnahmsweise zulässig sei, wenn einzelfallspezifische Gründe (fehlende Kompetenz oder Annahme fehlender Verschwiegenheit) hinsichtlich der jeweiligen Bewerber vorlägen und durch geeignete verfahrensmäßige Vorkehrungen, etwa im Rahmen eines formellen oder informellen Verständigungsverfahrens, sichergestellt sei, dass Wahlvorschläge einer Fraktion nicht aus sachwidrigen Gründen abgelehnt werden. Von dieser Fassung des Hilfsantrags solle (zusätzlich) auch dessen ursprüngliche Formulierung mitumfasst sein, nach der von den jeweils anderen Fraktionen einzelfallspezifische Gründe hinreichend sowie auf eine Weise dargelegt werden müssten, die eine effektive gerichtliche Prüfung ermöglichten. Die Antragsteller wollen im hiesigen Verfahren losgelöst von einer etwaigen Verletzung ihrer eigenen subjektiven Rechte eine objektive Klärung der korrekten Auslegung von Art. 2 PKGG erreichen.
1. Der Hauptantrag auf verfassungsgerichtliche Bestätigung der Verfassungsmäßigkeit des Art. 2 Abs. 1 Satz 1 i. V. m. Satz 3 PKGG sei als sogenannter positiver Normbestätigungsantrag im Verfahren der Meinungsverschiedenheit gemäß Art. 75 Abs. 3 BV zulässig, da die Vorschrift von den Antragsgegnern wegen Unvereinbarkeit mit der Landesverfassung nicht angewandt, nicht vollzogen, jedenfalls aber in sonst relevanter Weise missachtet und ihre Geltung damit in einer ihre praktische Wirksamkeit beeinträchtigenden Weise infrage gestellt werde.
Ein solcher Normbestätigungsantrag sei zwar weder in der Bayerischen Verfassung noch im Gesetz über den Bayerischen Verfassungsgerichtshof ausdrücklich normiert, seine Zulässigkeit ergebe sich jedoch aus dem Wesen eines abstrakten Normenkontrollverfahrens, welches in Bayern Verfahren auf Entscheidung über Meinungsverschiedenheiten genannt werde. Der Verfassungsgerichtshof von Rheinland-Pfalz habe in einem Parallelfall mit Beschluss vom 4. April 2014 (VGH A 15/14 – juris) die Zulässigkeit eines solchen Antrags ganz selbstverständlich bejaht; die dortige Argumentation sei auf die Rechtslage in Bayern übertragbar.
Das von der landesverfassungsgerichtlichen Rechtsprechung in Rheinland-Pfalz bei einem positiven Normbestätigungsantrag – anders als bei einer Normanfechtung – verlangte besondere, objektiv begründete Klarstellungsinteresse liege vor. Angesichts des von den Antragsgegnern vorgenommenen Normvollzugs mit einer permanenten Nichtwahl von vorgeschlagenen Kandidaten der Antragstellerin zu 1 ohne Einzelfallprüfung und ohne wirkliche substanzielle Begründung, welcher einer Nichtanwendung der Norm gleichkomme, bestehe juristischer Streit zwischen den Beteiligten, wie Art. 2 Abs. 1 PKGG i. V. m. Art. 16 a Abs. 1 und 2 BV korrekt auszulegen und anzuwenden sei. Die Antragsgegner seien zumindest sinngemäß der Auffassung, dass ihnen Art. 2 Abs. 1 Sätze 2 und 6 PKGG i. V. m. Art. 13 Abs. 2 BV eine rechtlich unbegrenzte, letztlich willkürliche und auch permanente Nichtwahl gestatten würde.
Auch die Voraussetzungen des bei einem positiven Normbestätigungsantrag analog zu prüfenden § 76 Abs. 1 Nr. 2 BVerfGG seien gegeben. Art. 2 Abs. 1 PKGG werde im Hinblick auf die Auslegung von Sätzen 1 und 3 einerseits und Satz 6 andererseits von den Antragsgegnern in dem Sinn „nicht angewendet“, wie dieses Kriterium in der Rechtsprechung des Bundesverfassungsgerichts interpretiert werde. Die Handhabung der Norm durch die Antragsgegner stelle der Sache nach eine Nichtbeachtung des geltenden Rechts dar. Nach deren Argumentation sei die in Art. 2 Abs. 1 Satz 1 PKGG normierte Mitgliederzahl von sieben Abgeordneten von vornherein nur unter der Voraussetzung garantiert, dass die nach Art. 2 Abs. 1 Satz 3 PKGG vorgeschlagenen sieben Kandidaten auch allesamt gewählt würden.
Der Zulässigkeit des Hauptantrags stehe ferner nicht entgegen, dass der Verfassungsgerichtshof nach bisheriger Rechtsprechung bei eine Normanfechtung betreffenden Meinungsverschiedenheiten gemäß Art. 75 Abs. 3 BV verlange, dass die Meinungsverschiedenheit bereits während des Gesetzgebungsverfahrens zwischen den Beteiligten erkennbar geworden sein müsse. Gegen diese Zulässigkeitsvoraussetzung sprächen bereits grundlegende Bedenken, sie sei nicht auf den hiesigen Fall eines positiven Normbestätigungsantrags übertragbar und – wenn man dies anders sehen wolle – erfüllt. Die Antragstellerin zu 1 habe bereits nach der ersten Nichtwahl des von ihr vorgeschlagenen Kandidaten über ihre Fraktionsvorsitzende verkünden lassen, dass sie einen Rechtsanspruch auf Besetzung eines Sitzes im Parlamentarischen Kontrollgremium habe und auch nach der zweiten Nichtwahl hinreichend deutlich die fehlerhafte Anwendung des Art. 2 Abs. 1 PKGG durch die anderen Fraktionen gerügt, eine Klage angekündigt und sich zumindest der Sache nach auf den verfassungsrechtlichen Grundsatz der Chancengleichheit berufen.
Schließlich liege auch das Rechtsschutzinteresse für den gestellten Antrag vor, insbesondere sei vorliegend ersichtlich ein Organstreitverfahren nicht zulässig.
2. Der Hilfsantrag sei ebenfalls zulässig. Mit ihm werde im Ergebnis die gleiche Feststellung wie mit dem Hauptantrag begehrt; es handle sich um einen „klassischen“ Antrag auf Entscheidung über eine Meinungsverschiedenheit in Gestalt eines Normverwerfungsantrags, allerdings gerichtet auf eine verfassungskonforme Auslegung.
Zwischen allen Antragstellern und allen Antragsgegnern bestehe eine Meinungsverschiedenheit, wie weit das in Art. 2 Abs. 1 Satz 2 i. V. m. Satz 6 PKGG geregelte Recht der Abgeordneten reiche, die nach Art. 2 Abs. 1 Satz 3 PKGG von den Fraktionen vorgeschlagenen Kandidaten frei zu wählen bzw. gegebenenfalls auch permanent nicht zu wählen. Entsprechend den Ausführungen zum Hauptantrag stehe der Zulässigkeit des Hilfsantrags das Erfordernis der Erkennbarkeit der Meinungsverschiedenheit bereits während des Gesetzgebungsverfahrens nicht entgegen. Im Übrigen könne im Rahmen der abstrakten Normenkontrolle ein Antrag zulässig darauf abzielen, einfachgesetzliche Vorschriften nur in einer bestimmten Auslegung für mit der Verfassung vereinbar zu erklären. Dies sei in der Judikatur des Bundesverfassungsgerichts und auch der anderen Landesverfassungsgerichte anerkannt.
3. Der Hauptantrag, jedenfalls der Hilfsantrag seien auch begründet, da Art. 2 Abs. 1 PKGG unter Berücksichtigung der verfassungsrechtlichen Maßstäbe so auszulegen sei wie von den Antragstellern beantragt.
III.
1. Nach Ansicht des Bayerischen Landtags (Antragsgegner zu 1) sind Haupt- und Hilfsantrag unzulässig, jedenfalls aber unbegründet.
Ziel der Anträge sei primär die Feststellung der positiven Vereinbarkeit der Regelungen über Wahl- und Wahlvorschlagsrecht zum Parlamentarischen Kontrollgremium mit der Verfassung, hilfsweise eine authentische verfassungskonforme Auslegung dieser Vorschriften durch den Verfassungsgerichtshof.
Die Anträge seien nicht als Meinungsverschiedenheit nach Art. 75 Abs. 3 BV statthaft. Eine Meinungsverschiedenheit könne sich zwar nach der Rechtsprechung des Verfassungsgerichtshofs über den Wortlaut dieser Vorschrift hinaus auch darauf beziehen, ob ein vom Landtag verabschiedetes Gesetz im Widerspruch zur Verfassung stehe. Dann müsse die Meinungsverschiedenheit über die Verfassungsmäßigkeit aber bereits im Gesetzgebungsverfahren zutage getreten sein. Daran fehle es hier. Zweifel an der Verfassungsmäßigkeit des Wahlverfahrens seien weder im ursprünglichen Gesetzgebungsverfahren in den Jahren 1999/2000 noch bei der Beratung des Änderungsgesetzes im Jahr 2010 geäußert worden; lediglich die Frage eines Grundmandats für alle Fraktionen sei in der ursprünglichen Beratung zwischen der Fraktion BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN und der parlamentarischen Mehrheit strittig gewesen.
Haupt- und Hilfsantrag seien auch nicht als Verfassungsstreitigkeit nach Art. 64 BV (Organstreit) zulässig, die erfordere, dass der Antragsteller die mögliche Verletzung von eigenen, durch die Bayerische Verfassung eingeräumten Organrechten in Bezug auf den Streitgegenstand – durch die beanstandete Maßnahme oder Unterlassung – geltend machen könne. Die streitgegenständliche Maßnahme wäre im hiesigen Fall nach der Fassung der Anträge das Gesetz selbst. Eine potenzielle Verletzung von Organrechten der Antragsteller dadurch ergäbe sich aber nur dann, wenn bereits der Wortlaut der Norm unmittelbar, also ohne weitere Konkretisierung, die Rechtsstellung der Antragsteller berühren würde. Dies sei ersichtlich nicht der Fall, das Problem liege allenfalls in der Anwendung, nicht in der Fassung des Art. 2 PKGG.
Das Begehren der Antragsteller sei auch nicht in Form eines unbenannten Normverifikationsverfahrens statthaft. Wie auch im Verwaltungs- und Verfassungsprozessrecht des Bundes seien Normenkontrollanträge abgesehen von der Ausnahme des § 76 Abs. 1 Nr. 2 BVerfGG stets nur als negative Anträge zulässig, gerichtet auf die Feststellung der Unvereinbarkeit einer Norm mit der Verfassung bzw. deren Nichtigkeit. Soweit der rheinlandpfälzische Verfassungsgerichtshof in der von den Antragstellern zitierten Entscheidung die Statthaftigkeit eines positiven Normbestätigungsantrags bejaht habe, liege der dort entschiedene Fall ganz anders als der hiesige und sei die verfassungsrechtliche Ausgangslage nicht vergleichbar. Das bayerische Verfassungsrecht kenne kein einheitliches prinzipales Normenkontrollverfahren, sondern regle das Recht der Normenkontrolle sehr differenziert. Erst recht lasse sich die Verfahrensart einer positiven Normbestätigungskontrolle nicht aus dem Rechtsgedanken des § 76 Abs. 1 Nr. 2 BVerfGG ableiten, da eine solche Ableitung jedenfalls erfordern würde, dass die Landtagsmehrheit Art. 2 Abs. 1 PKGG zuvor als verfassungswidrig behandelt hätte. Dies sei aber nicht der Fall. Schließlich widerspreche die Annahme eines unbenannten Normverifikationsverfahrens der inneren Systematik der verfassungsgerichtlichen Verfahrensarten und dem Grundgedanken sowohl des Art. 64 BV als auch des Art. 93 Abs. 1 Nr. 1 GG.
Aus der Unzulässigkeit des Hauptantrags folge die Unzulässigkeit auch des Hilfsantrags, da der Antrag auf verfassungskonforme Auslegung gegenüber einem Normenkontrollantrag keinen selbstständigen Gegenstand habe; jedenfalls könne ein unzulässiger Normbestätigungsantrag nicht hilfsweise als Antrag auf authentische Gesetzesauslegung gleichen Inhalts zulässig sein.
Die Anträge seien jedenfalls unbegründet. Die Verbindung von proportionalem Vorschlagsrecht und Mehrheitswahl in Art. 2 Abs. 1 PKGG verletze nicht das aus Art. 13 Abs. 2, Art. 16 a BV abgeleitete Gebot der Chancengleichheit der Abgeordneten und der Fraktionen und sei verfassungsrechtlich zulässig. Auch die Handhabung der Regelung durch den Bayerischen Landtag in der 18. Wahlperiode sei mit Gesetz und Verfassung vereinbar.
2. Die Landtagsfraktionen der CSU, der FREIEN WÄHLER, von BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN, der SPD und der FDP (Antragsgegner zu 2 bis 6) halten in ihrer gemeinsamen Stellungnahme Haupt- und Hilfsantrag ebenfalls für unzulässig, jedenfalls für unbegründet.
Bei der seitens der Antragsteller gewählten Verfahrensart handle es sich um eine Meinungsverschiedenheit im Sinn des Art. 75 Abs. 3 BV, die sich ungeachtet des missverständlichen Wortlauts der Vorschrift auf die Frage beziehen dürfe, ob durch ein Gesetz die Verfassung verletzt werde. Eine solche Meinungsverschiedenheit müsse sich aber bereits im Gesetzgebungsverfahren herausgebildet haben und erkennbar geworden sein; Gegenstand der Meinungsverschiedenheit könnten nur Rügen sein, die bereits im parlamentarischen Verfahren vorgetragen wurden. Zweifel an der Verfassungskonformität der betroffenen Vorschriften des Parlamentarischen Kontrollgremium-Gesetzes seien aber weder im ursprünglichen Gesetzgebungsverfahren noch bei der Gesetzesänderung im Jahr 2010 geäußert worden; auch in der 18. Legislaturperiode habe keine der im Landtag vertretenen Fraktionen die Verfassungskonformität des Gesetzes infrage gestellt.
Einen positiven Normbestätigungsantrag kenne weder die Bayerische Verfassung noch das Gesetz über den Bayerischen Verfassungsgerichtshof. Normenkontrollanträge seien grundsätzlich negativ auf die Feststellung der Unvereinbarkeit einer Norm mit der Verfassung gerichtet; aus der Tenorierungsmöglichkeit der Vereinbarkeit einer Norm mit der Verfassung ergebe sich nicht die Zulässigkeit eines Normbestätigungsantrags. Die von den Antragstellern zitierte Entscheidung des rheinlandpfälzischen Verfassungsgerichtshofs sei nicht auf Bayern übertragbar, dessen Verfassungsprozessrecht keine abstrakte Normenkontrolle kenne. Auch wenn die Meinungsverschiedenheit quasi eine solche Rolle einnehme, werde sie dennoch als Unterfall eines Organstreits und damit – im Gegensatz zur abstrakten Normenkontrolle – als kontradiktorisches Verfahren verstanden. Im Übrigen fehle es auch an der für einen Normbestätigungsantrag auf Bundesebene gemäß § 76 Abs. 1 Nr. 2 BVerfGG erforderlichen Zulässigkeitsvoraussetzung, dass der Antragsteller Bundes- oder Landesrecht für nach wie vor gültig halte, nachdem ein Gericht, eine Verwaltungsbehörde oder ein Organ des Bundes oder eines Landes das Recht als unvereinbar mit dem Grundgesetz oder sonstigem Bundesrecht nicht angewendet habe. Im vorliegenden Verfahren hätten weder der Bayerische Landtag noch die Antragsgegner zu 2 bis 6 die Gültigkeit des Art. 2 Abs. 1 PKGG infrage gestellt. Ein Streit um die vorzugswürdige Auslegung einer Norm, bei dem die grundsätzliche Geltung der Norm von keinem Beteiligten bestritten werde, könne nicht Gegenstand eines Normbestätigungsverfahrens sein.
Der Hilfsantrag sei aus den genannten Gründen ebenfalls unzulässig. Er gehe sogar noch über die im Bundesverfassungsgerichtsgesetz vorgesehene bloße Bestätigung der Verfassungskonformität hinaus, indem eine bestimmte Auslegung der Norm erreicht werden solle. Ein solches Verfahren kenne selbst das Bundesverfassungsgerichtsgesetz nicht.
Die Anträge seien zudem unbegründet. Die Regelung in Art. 2 Abs. 1 PKGG sei nicht nur verfassungsgemäß, sondern werde auch ordnungsgemäß im Bayerischen Landtag angewendet. Insbesondere sei für jeden vorgeschlagenen Kandidaten der AfD-Fraktion in den vier durchgeführten Wahlgängen eine geheime Wahl im Plenum durchgeführt worden, bei der jedoch kein Kandidat die erforderlichen Stimmen auf sich habe vereinigen können. Bei keinem der Wahlgänge sei eine Wahlempfehlung durch die Antragsgegner zu 2 bis 6 an ihre jeweiligen Abgeordneten ausgegeben worden. Das Parlamentarische Kontrollgremium sei auch mit sechs Mitgliedern voll funktions- und beschlussfähig.
Im Übrigen schließen sich die Antragsgegner zu 2 bis 6 den Ausführungen des Antragsgegners zu 1 an.
IV.
Die Bayerische Staatsregierung ist der Auffassung, dass Haupt- und Hilfsantrag sowohl unzulässig als auch unbegründet seien.
Die angestrengte Meinungsverschiedenheit erweise sich schon in verfassungsprozessualer Hinsicht als unzulässig.
Bei dieser Verfahrensart handle es sich nach Art. 75 Abs. 3 BV i. V. m. Art. 49 Abs. 1 VfGHG um ein kontradiktorisches Verfahren darüber, ob durch ein Gesetz „die Verfassung geändert“, d. h. verletzt werde. Die Meinungsverschiedenheit müsse zwischen am Gesetzgebungsverfahren beteiligten Organen oder Teilen derselben entstanden sein, die Antragsteller und Antragsgegner bildeten. Weiter müsse sich die Meinungsverschiedenheit bereits im Gesetzgebungsverfahren – zwischen Einbringung und Schlussabstimmung im Landtag – herausgebildet haben und erkennbar geworden sein. Über die Verfassungskonformität der hier betroffenen Vorschriften sei aber zu keiner Zeit im parlamentarischen Gesetzgebungsverfahren eine Meinungsverschiedenheit zwischen den Antragstellern und den Antragsgegnern geführt worden. Niemand habe die Verfassungskonformität der gesetzlichen Regelung bestritten, vielmehr sei nur die Nichtwahl der bisher vorgeschlagenen Kandidaten in der Kritik gewesen. Die geltende Fassung des Art. 2 Abs. 1 PKGG basiere auf einem konsensual erarbeiteten Gesetzentwurf vom 21. November 2008.
Unabhängig davon kenne weder die Bayerische Verfassung noch das Gesetz über den Bayerischen Verfassungsgerichtshof einen Normbestätigungsantrag. Insofern unterscheide sich die Rechtslage maßgeblich von der Situation auf Bundesebene, auf der gemäß § 76 Abs. 1 Nr. 2 BVerfGG ein Antrag auf Normbestätigung als Unterfall einer abstrakten Normenkontrolle im Sinn von Art. 93 Abs. 1 Nr. 2 GG angesehen werde. Das Ziel des vorliegenden Antrags gehe sogar noch über die dort vorgesehene bloße „Normbestätigung“ hinaus, indem eine bestimmte Auslegung erreicht werden solle. Den Antragstellern gehe es auch im Hauptantrag letztlich darum, ihre präferierte Auslegung verfassungsgerichtlich bestätigt zu bekommen; ein solches Verfahren kenne selbst das Gesetz über das Bundesverfassungsgericht nicht.
Im Übrigen sei ein Normbestätigungsantrag auch auf Bundesebene nur dann zulässig, wenn der Antragsteller Bundes- oder Landesrecht für gültig halte, nachdem ein Gericht, eine Verwaltungsbehörde oder ein Organ des Bundes oder eines Landes das Recht als unvereinbar mit dem Grundgesetz (oder sonstigem Bundesrecht) nicht angewendet habe. Davon seien Konstellationen umfasst, in denen der Antragsteller selbst eine bestimmte Norm für gültig halte, ein anderer Rechtsanwender sie aber wegen verfassungsrechtlicher Bedenken „nicht angewendet“ habe. Im vorliegenden Verfahren sei nicht erkennbar, dass die streitgegenständliche Norm von einer der nach § 76 Abs. 1 Nr. 2 BVerfGG zuständigen Stellen wegen verfassungsrechtlicher Bedenken nicht angewandt worden wäre. Weder der Landtag noch die anderen Landtagsfraktionen würden die Gültigkeit des Art. 2 Abs. 1 PKGG bestreiten.
Die Antragsteller könnten auch nicht zulässig eine angeblich fehlerhafte Anwendung der Vorschrift durch die Antragsgegner geltend machen. Ein fehlerhafter Gesetzesvollzug in der Praxis lasse die Frage der Verfassungsmäßigkeit der betreffenden Vorschrift nach ständiger Rechtsprechung des Verfassungsgerichtshofs unberührt.
Die von den Antragstellern herangezogene Rechtsprechung des Verfassungsgerichtshofs des Landes Rheinland-Pfalz sei nicht auf das bayerische Verfassungsprozessrecht übertragbar. Art. 130 Abs. 1 Satz 1 der Verfassung für RheinlandPfalz regle explizit den Fall einer abstrakten Normenkontrolle, während das bayerische Verfassungsprozessrecht eine solche – abgesehen von der Popularklage zum Schutz von Grundrechten – nicht kenne. Auch wenn die Meinungsverschiedenheit nach Art. 75 Abs. 3 BV systematisch gewissermaßen die Rolle einer abstrakten Normenkontrolle einnehme, werde sie als Unterfall eines Organstreits und damit als kontradiktorisches Verfahren verstanden. Die Vorschrift begründe keine Zuständigkeit des Verfassungsgerichtshofs über jede Art von Zweifeln hinsichtlich der Auslegung der Verfassung oder der Vereinbarkeit von einfachem Recht mit Verfassungsrecht.
Der Hilfsantrag sei aus den gleichen Gründen wie der Hauptantrag unzulässig. Auch mit diesem werde unzulässig versucht, eine Norm mit einem Inhalt bestätigen zu lassen, der von den Antragstellern als geboten erachtet und allein verfassungskonform behauptet werde. Im Übrigen ginge er weit über eine Bestätigung der Verfassungskonformität hinaus; er ziele nicht auf eine bloße Auslegung, sondern gleichsam auf eine inhaltliche Änderung bzw. Modifikation einer Norm, die einer Entscheidung des Gesetzgebers bedürfte.
Das Begehren der Antragsteller sei auch in der Sache unbegründet. Es sei verfassungsrechtlich nicht geboten, bei einer Nichtwahl der von einer Fraktion vorgeschlagenen Kandidaten die Ablehnungsgründe darzulegen. Das Parlamentarische Kontrollgremium sei in seiner aktuellen Besetzung arbeits- und funktionsfähig und Vertreter der Oppositionsfraktionen darin angemessen vertreten. Anhaltspunkte für eine rechtsmissbräuchliche Nichtwahl seien nicht ersichtlich. V.
Der Antrag ist im Hauptwie im Hilfsbegehren unzulässig.
1. Der im Verfahren der Meinungsverschiedenheit gemäß Art. 75 Abs. 3 BV, Art. 49 VfGHG zur Entscheidung gestellte Hauptantrag auf Feststellung der Vereinbarkeit des Art. 2 Abs. 1 Satz 1 i. V. m. Satz 3 PKGG mit der Bayerischen Verfassung ist nicht zulässig.
a) Nach Art. 75 Abs. 3 BV entscheidet der Verfassungsgerichtshof Meinungsverschiedenheiten darüber, ob durch ein Gesetz die Verfassung geändert wird oder ob ein Antrag auf unzulässige Verfassungsänderung vorliegt. Diese Voraussetzungen sind gemäß Art. 2 Nr. 8, Art. 49 Abs. 1 VfGHG auch erfüllt, wenn die Meinungsverschiedenheit darüber besteht, ob durch ein Gesetz die Verfassung verletzt wird. Die Meinungsverschiedenheit muss zwischen am Gesetzgebungsverfahren beteiligten Organen oder Teilen derselben entstanden sein. Ihnen stehen Fraktionen gleich, die sich mit gegenteiligen Auffassungen gegenüberstehen. Die Meinungsverschiedenheit muss bereits im Lauf des Gesetzgebungsverfahrens erkennbar geworden sein; zwischen der Meinungsverschiedenheit, wie sie den Gegenstand der Verfassungsstreitigkeit bildet, und den während der Gesetzesberatungen im Landtag erhobenen Rügen muss grundsätzlich Identität hinsichtlich der gesetzlichen Vorschriften und der als verletzt erachteten Verfassungsnormen bestehen (ständige Rechtsprechung; vgl. VerfGH vom 27.7.1972 VerfGHE 25, 97/108 ff. m. w. N.; vom 19.10.1994 VerfGHE 47, 241/252; vom 9.5.2016 VerfGHE 69, 125 Rn. 107; vom 30.7.2018 BayVBl 2019, 158 Rn. 39; vom 28.8.2020 BayVBl 2020, 803 Rn. 37).
b) An einer Meinungsverschiedenheit im beschriebenen Sinn fehlt es hier.
Zwar bestand hinsichtlich der Vorläuferregelung zu Zahl und Wahl der Mitglieder des Parlamentarischen Kontrollgremiums aus dem Jahr 2000 (Art. 1 Abs. 2 PKGG 2000) in den Gesetzesberatungen Streit über die (damals) vorgesehene Mitgliederzahl von fünf Abgeordneten und die Forderung nach einem Grundmandat für alle Fraktionen. An diesen Streit schloss sich ein Verfahren der Meinungsverschiedenheit gemäß Art. 75 Abs. 3 BV zwischen der Landtagsfraktion von BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN als Antragstellerin und der CSU-Landtagsfraktion als Antragsgegnerin an. Über diese Meinungsverschiedenheit hat der Verfassungsgerichtshof am 21. Februar 2002 (VerfGHE 55, 28) entschieden. Er hat insbesondere festgestellt, dass die damalige Beschränkung der Mitgliederzahl in dem Gremium auf fünf Personen durch Belange des Geheimschutzes gerechtfertigt sei. Auch sei das damalige Verfahren für die Wahl der Mitglieder – aus der Mitte des Landtags, wobei gewählt war, wer die Stimmen der Mehrheit der Mitglieder des Landtags auf sich vereinte – verfassungsrechtlich hinnehmbar; es solle gewährleisten, dass nur Abgeordnete gewählt würden, die persönlich das Vertrauen der Mehrheit des Landtags in ihre fachliche Kompetenz und ihre Verschwiegenheit genießen würden. Nach dieser Entscheidung würde allerdings eine Fraktion oder Koalition, die das Gremium einseitig besetzte, im Zweifel missbräuchlich verfahren.
In den Gesetzesberatungen der 16. Legislaturperiode, die zur aktuellen inhaltlichen Fassung des Art. 2 Abs. 1 PKGG geführt haben – Gesetz zur Änderung des Parlamentarischen Kontrollgremium-Gesetzes vom 22. Dezember 2008 und Parlamentarisches Kontrollgremium-Gesetz vom 8. November 2010 – bestanden zwischen den Fraktionen keine derartigen unterschiedlichen Rechtsauffassungen.
Der Gesetzentwurf vom 21. November 2008 (LT-Drs. 16/72), mit dem die Mitgliederzahl im Parlamentarischen Kontrollgremium auf sieben angehoben und den Fraktionen ein Vorschlagsrecht im Verhältnis ihrer Stärke gemäß dem Verfahren nach Sainte-Laguë/Schepers eingeräumt wurde, wurde vielmehr konsensual von Abgeordneten aller fünf damaligen Landtagsfraktionen erarbeitet; im Rahmen der Reform im Jahr 2010 stand die inhaltliche Beibehaltung der Vorschrift nicht im Streit, die erfolgte Änderung war lediglich redaktioneller Art. Zudem waren die Antragsteller an den Gesetzesberatungen in den Jahren 2008 und 2010 nicht beteiligt, die Partei Alternative für Deutschland (AfD) wurde erst 2013 gegründet.
Es fehlt daher an einer Grundvoraussetzung für die von den Antragstellern gewählte Verfahrensart der Meinungsverschiedenheit, die – ebenso wie der Organstreit nach Art. 64 BV, Art. 2 Nr. 4, Art. 49 VfGHG – ein echtes kontradiktorisches Verfahren darstellt.
Entgegen der Auffassung der Antragsteller besteht kein Anlass, diese seit langem anerkannte und aus Wortlaut, Entstehungsgeschichte und verfassungsrechtlicher Systematik heraus entwickelte Voraussetzung grundsätzlich zu überdenken. Wie der Verfassungsgerichtshof bereits in seiner Entscheidung vom 27. Juli 1972 (VerfGHE 25, 97/109 f.) hervorgehoben hat, behandelt Art. 75 Abs. 3 BV keinen Fall der abstrakten Normenkontrolle in der Weise, dass die Frage der Vereinbarkeit eines Gesetzes mit dem Verfassungsrecht losgelöst von jedem konkreten Streitfall Gegenstand der gerichtlichen Entscheidung wäre. Der Verfassungsgerichtshof hat im Rahmen dieser Vorschrift vielmehr Meinungsverschiedenheiten der am Gesetzgebungsverfahren beteiligten Organe oder von Teilen derselben zu bereinigen und nicht davon losgelöst über die Auslegung und Anwendung der Verfassung als solcher zu befinden. Art. 75 Abs. 3 BV begründet keine Zuständigkeit des Verfassungsgerichtshofs zur Entscheidung über jede Art von Zweifeln hinsichtlich der Auslegung der Verfassung oder der Vereinbarkeit von einfachem Recht mit Verfassungsrecht. Sowohl seine systematische Stellung im 6. Abschnitt der Bayerischen Verfassung „Die Gesetzgebung“ und sein Wortlaut als auch seine Entstehungsgeschichte zeigen, dass es sich bei dem Verfahren um eine echte Verfassungsstreitigkeit zwischen Verfassungsorganen oder Teilen derselben handelt. Insbesondere kann dabei eine Fraktion, die als Teil des Landtags an einem Gesetzgebungsverfahren mitgewirkt hat, die bereits auf Parlamentsebene von ihren Mitgliedern geäußerten verfassungsrechtlichen Bedenken weiterverfolgen (vgl. nur VerfGH vom 21.11.2016 BayVBl 2017, 192 Rn. 60; BayVBl 2019, 158 Rn. 42, je m. w. N). In einem solchen Fall steht der Zulässigkeit auch ein etwaiger Ablauf der Legislaturperiode zwischen dem Auftreten der Meinungsverschiedenheit im parlamentarischen Verfahren und der Entscheidung des Verfassungsgerichtshofs bzw. der Einreichung des Antrags bei diesem nicht entgegen (vgl. VerfGH vom 21.2.1967 VerfGHE 20, 21/42 f.; VerfGHE 47, 241/253).
Die Antragsteller berufen sich ohne Erfolg darauf, dass diese Zulässigkeitsvoraussetzung ihrer Ansicht nach erfüllt sei. Sie tragen insoweit vor, dass eine „Meinungsverschiedenheit“ zwischen ihnen und den Antragsgegnern darüber bestehe, wie weit das in Art. 2 Abs. 1 Sätze 2 und 6 PKGG geregelte Recht der Abgeordneten reiche, die nach Art. 2 Abs. 1 Satz 3 PKGG von den Fraktionen vorgeschlagenen Kandidaten frei zu wählen bzw. gegebenenfalls auch permanent nicht zu wählen; auch habe die Antragstellerin zu 1 bereits nach der ersten Nichtwahl des von ihr vorgeschlagenen Kandidaten einen Rechtsanspruch auf Besetzung eines Sitzes im parlamentarischen Kontrollgremium reklamiert sowie nach der zweiten Nichtwahl hinreichend deutlich unter Berufung auf den verfassungsrechtlichen Grundsatz der Chancengleichheit die fehlerhafte Anwendung des Art. 2 Abs. 1 PKGG gerügt. Mit diesem Vortrag werden indes allein unterschiedliche Rechtsauffassungen der Verfahrensbeteiligten über die Auslegung einer bestehenden (einfach-)gesetzlichen Vorschrift in der Anwendungspraxis bzw. einer bestimmten Anwendungssituation im Gesetzesvollzug behauptet. An der im Verfahren nach Art. 75 Abs. 3 BV erforderlichen Darlegung einer im Gesetzgebungsverfahren aufgetretenen Meinungsverschiedenheit fehlt es hingegen.
Durch den Vortrag zur Anwendungspraxis kann dieses Zulässigkeitserfordernis auch nicht ersetzt werden. Der Einwand der Antragsteller, dass ihnen die fehlende Meinungsverschiedenheit während des parlamentarischen Verfahrens nicht „vorgeworfen“ werden könne, weil sie in der 16. Legislaturperiode noch nicht im Landtag vertreten waren, greift nicht durch. Den Antragstellern wird kein Vorwurf gemacht. Sie haben aber ein verfassungsgerichtliches Verfahren mit spezifischen Zulässigkeitsanforderungen eingeleitet, bei dem sie eine Grundvoraussetzung – eindeutig – nicht erfüllen. Für die Klärung jeder Art von Zweifeln an der Vereinbarkeit von einfachem Recht mit Verfassungsrecht ist die Meinungsverschiedenheit, wie dargelegt, nicht konzipiert (vgl. dazu auch sogleich unter c) aa)).
c) Der Antrag ist nicht als sogenannter positiver Normbestätigungsantrag in Analogie zur abstrakten Normenkontrolle des Bundesverfassungsgerichts gemäß Art. 93 Abs. 1 Nr. 2 GG, § 76 Abs. 1 Nr. 2 BVerfGG zulässig.
aa) Für die von den Antragstellern befürwortete Analogie zum Verfahren der abstrakten Normenkontrolle nach den Vorschriften des Grundgesetzes und des Bundesverfassungsgerichtsgesetzes ist kein Raum.
Die Bayerische Verfassung hat den Verfassungsgerichtshof mit umfassenden Zuständigkeiten ausgestattet, um die Grundrechte des Einzelnen und das verfassungsmäßige Funktionieren der Staatsorgane in der Verfassungswirklichkeit so weitgehend wie nur möglich zu gewährleisten. Neben den verschiedenen Aufgabenzuweisungen in Art. 61 ff. BV i. V. m. Art. 15 Abs. 2, Art. 33, 92 (konkrete Normenkontrolle), Art. 48 Abs. 3 und Art. 120 BV bestehen speziell im Hinblick auf die gesetzgeberische Tätigkeit weitere Zuständigkeiten gemäß Art. 75 Abs. 3 BV (Meinungsverschiedenheit) und Art. 98 Satz 4 BV (Popularklage); gemäß Art. 67 BV entscheidet der Verfassungsgerichtshof ferner in den besonderen ihm durch Gesetz zugewiesenen Fällen. Während beispielsweise die Verfassungsbeschwerde nach Art. 66, 120 BV in erster Linie dem Schutz der verfassungsmäßigen Rechte des Einzelnen dient oder der Organstreit gemäß Art. 64 BV die Klärung von Innenstreitigkeiten zwischen Verfassungsorganen des Freistaates Bayern (oder Teilen davon) betrifft, überprüft der Verfassungsgerichtshof in Verfahren der konkreten Normenkontrolle nach Art. 65, 92 BV die Verfassungsmäßigkeit von Gesetzen aus einem laufenden Gerichtsverfahren heraus und damit auf einen konkreten Anlass hin. Die Popularklage gemäß Art. 98 Satz 4 BV ist schließlich ein objektives Verfahren, das im öffentlichen Interesse den Schutz der Grundrechte als Institution bezweckt (vgl. VerfGH vom 13.9.2012 BayVBl 2013, 301/302; Wolff in Lindner/Möstl/Wolff, Verfassung des Freistaates Bayern, 2. Aufl. 2017, Art. 98 Rn. 8; Müller in Meder/Brechmann, Die Verfassung des Freistaates Bayern, 6. Aufl. 2020, Art. 98 Satz 4 Rn. 1).
Ein der abstrakten Normenkontrolle des Art. 93 Abs. 1 Nr. 2 GG entsprechendes Verfahren – danach entscheidet das Bundesverfassungsgericht auf Antrag der Bundesregierung, einer Landesregierung oder eines Viertels der Mitglieder des Bundestages (allgemein) bei Meinungsverschiedenheiten oder Zweifeln über die förmliche und sachliche Vereinbarkeit von Bundesrecht oder Landesrecht mit dem Grundgesetz oder die Vereinbarkeit von Landesrecht mit sonstigem Bundesrecht – enthalten hingegen weder die Bayerische Verfassung noch das Gesetz über den Bayerischen Verfassungsgerichtshof.
Die Funktion einer abstrakten Normenkontrolle übernimmt in Bayern vielmehr in weiten Bereichen die Popularklage nach Art. 98 Satz 4 BV , die an keine Frist gebunden ist, kein kontradiktorisches Streitverfahren darstellt und für die der Antragsteller – „jedermann“ – grundsätzlich keine eigene Rechtsbetroffenheit geltend machen muss. Für ihre Zulässigkeit muss zwar gemäß Art. 55 Abs. 1 Satz 2 VfGHG substanziiert darlegt werden, inwiefern die angegriffene Norm ein Grundrecht oder grundrechtsgleiches Recht der Bayerischen Verfassung – nicht notwendig hinsichtlich des Antragstellers – verletzt. Ist diese „Hürde“ aber genommen und die Popularklage in zulässiger Weise erhoben, erstreckt der Verfassungsgerichtshof seine Prüfung auf alle in Betracht kommenden Normen der Bayerischen Verfassung, selbst wenn sie nicht als verletzt bezeichnet worden sind oder wenn sie keine Grundrechte verbürgen – also etwa auf die Vereinbarkeit mit institutionellen Garantien, Staatszielbestimmungen oder anderem objektiven Verfassungsrecht (ständige Rechtsprechung; vgl. VerfGH vom 23.3.1972 VerfGHE 25, 45/47; vom 13.9.2012 BayVBl 2013, 301/302; vom 21.4.2021 – Vf. 85-VII-20 – juris Rn. 32; Wolff, a. a. O., Art. 98 Rn. 47, 56; Müller, a. a. O., Art. 98 Satz 4 Rn. 18, 29). Dieses in Deutschland einzigartige Rechtsinstitut findet weder in den Verfassungen der anderen Länder noch auf Bundesebene eine Entsprechung (vgl. Müller,
a. a. O., Art. 98 Satz 4 Rn. 1; eingehend zu Unterschieden der Popularklage gegenüber dem Normenkontrollverfahren des Bundesverfassungsgerichts und zur praktischen Bedeutsamkeit der Popularklage Huber, BayVBl 2010, 389/393 f.).
Daneben lässt sich zwar auch die von den Antragstellern gewählte Verfahrensart der Meinungsverschiedenheit gemäß Art. 75 Abs. 3 BV als abstrakte Normenkontrolle und damit gewissermaßen als Pendant zum Verfahren nach Art. 93 Abs. 1 Nr. 2 GG begreifen (vgl. VerfGHE 47, 241/252 f.). Sie ist dieser aber nicht nachgebildet und weist ihr gegenüber wesentliche Unterschiede auf. Insbesondere ist sie (vgl. oben unter a) und b)) als kontradiktorisches Verfahren ausgestaltet, während die abstrakte Normenkontrolle nach Art. 93 Abs. 1 Nr. 2 GG kein streitiges Verfahren darstellt, sondern bei ihr die objektive Funktion des Schutzes der Verfassung im Mittelpunkt steht. Die abstrakte Normenkontrolle nach Bundesverfassungsrecht ist ein objektives Beanstandungsverfahren, dem zwar regelmäßig tatsächlich ein Streit über die Verfassungsmäßigkeit einer bestimmten Rechtsnorm zugrunde liegt, bei dem der Streit, die „Meinungsverschiedenheit“, jedoch nicht Antragsvoraussetzung ist; vielmehr genügt ein objektives Klarstellungsinteresse (vgl. BVerfG vom 24.7.1979 BVerfGE 52, 63/80; vom 17.9.1998 BVerfGE 99, 57/66 f.; ausführlich zu den unterschiedlichen Verfahrensarten der abstrakten Normenkontrolle auf Bundesebene und in Bayern Lindner, BayVBl 2015, 433). Die von den Antragstellern befürwortete analoge Heranziehung des § 76 Abs. 1 Nr. 2 BVerfGG kommt daher schon mangels Vergleichbarkeit der jeweiligen verfassungsrechtlichen Ausgangslage nicht in Betracht.
Ebenso wenig können sich die Antragsteller für ihre Ansicht erfolgreich auf die Rechtsprechung des Verfassungsgerichtshofs Rheinland-Pfalz im Beschluss vom 4. April 2014 (VGH A 15/14 – juris) zur dortigen abstrakten Normenkontrolle berufen. Gemäß Art. 130 Abs. 1 Satz 1 der Verfassung für Rheinland-Pfalz können die Landesregierung, der Landtag und jede Landtagsfraktion eine Entscheidung des Verfassungsgerichtshofs darüber beantragen, ob ein Gesetz oder die sonstige Handlung eines Verfassungsorgans, soweit es sich nicht um eine Gesetzesvorlage handelt, verfassungswidrig ist. Der rheinlandpfälzische Verfassungsgerichtshof hat in seiner Entscheidung die Annahme der Statthaftigkeit eines Normbestätigungsantrags maßgeblich auf die objektive, den Vorrang der Verfassung sichernde Funktion des Normenkontrollverfahrens nach Art. 130 Abs. 1 der Verfassung für Rheinland-Pfalz gestützt, der ähnlich der Regelung des Art. 93 Abs. 1 Nr. 2 GG formuliert sei. Dieses Verfahren diene in Zweifelsfragen der Klärung der verfassungsrechtlichen Lage und damit dem Rechtsfrieden; es sei nicht dazu bestimmt, dem Antragsteller zum Recht zu verhelfen, vielmehr solle dem Recht selbst Geltung verschafft werden (VerfGH Rheinland-Pfalz vom 4.4.2014 – VGH A 15/14 – juris Rn. 89, 92). Auch die dortige verfassungsrechtliche Ausgangslage ist der in Bayern also nicht vergleichbar.
bb) Selbst unterstellt, ein Normbestätigungsverfahren in Analogie zur abstrakten Normenkontrolle des Bundesverfassungsgerichts gemäß Art. 93 Abs. 1 Nr. 2 GG, § 76 Abs. 1 Nr. 2 BVerfGG wäre auch vor dem Bayerischen Verfassungsgerichtshof statthaft, wäre der Antrag unzulässig.
Denn es fehlte an dem für eine derartige abstrakte Normenkontrolle gegebenenfalls notwendigen objektiven Klarstellungsinteresse an der Gültigkeit der betroffenen Norm.
Nach ständiger Rechtsprechung des Bundesverfassungsgerichts ist das erforderliche objektive Klarstellungsinteresse zwar bei Normenkontrollanträgen, die wie regelmäßig auf Normverwerfung gerichtet sind (§ 76 Abs. 1 Nr. 1 BVerfGG), indiziert, wenn ein berechtigter Antragsteller – ein auf das Grundgesetz in besonderer Weise verpflichtetes Organ oder Organteil – von der Unvereinbarkeit der Norm mit höherrangigem Bundesrecht überzeugt ist und eine diesbezügliche Feststellung beim Bundesverfassungsgericht beantragt (vgl. aus neuester Zeit z. B. BVerfG vom 25.3.2021 NJW 2021, 1377 Rn. 66). Für den Ausnahmefall eines Antrags auf positive Normbestätigung gilt gemäß § 76 Abs. 1 Nr. 2 BVerfGG indes anderes. Ein solcher ist nur dann zulässig, wenn einer der berechtigten Antragsteller Bundes- oder Landesrecht für gültig hält, nachdem ein Gericht, eine Verwaltungsbehörde oder ein Organ des Bundes oder eines Landes das Recht als unvereinbar mit dem Grundgesetz oder sonstigem Bundesrecht nicht angewendet hat. Es bedarf der gesonderten Darlegung eines objektiven Klarstellungsinteresses. Ein besonderer Anlass für die Bestätigung einer Norm, von deren Verfassungsmäßigkeit in der Regel auszugehen ist, kann nach der Rechtsprechung des Bundesverfassungsgerichts erst dann bestehen, wenn die streitgegenständliche Norm von einer der enumerativ aufgeführten Stellen gerade wegen ihrer angeblichen Verfassungs- (oder Bundesrechts-)widrigkeit nicht angewandt, nicht vollzogen oder in sonst relevanter Weise missachtet und ihre Geltung damit in einer Weise infrage gestellt wird, die ihre praktische Wirksamkeit beeinträchtigt (vgl. nur BVerfG vom 7.11.2002 BVerfGE 106, 244/250 f. m. w. N.; Rozek in Maunz/Schmidt-Bleibtreu/ Klein/Bethge, BVerfGG, § 76 Rn. 50; Karpenstein in Walter/Grünewald, BeckOK BVerfGG, § 76 Rn. 16).
Aus dem Vortrag der Antragsteller ergibt sich kein objektives Klarstellungsinteresse in diesem Sinn. Sie rügen zwar, dass „der Landtag“ in mehreren Wahlgängen ihre je gemäß Art. 2 Abs. 1 Satz 3 PKGG unterbreiteten Vorschläge zur Wahl eines Mitglieds bzw. stellvertretenden Mitglieds für das Parlamentarische Kontrollgremium bereits mehrfach nicht mit der erforderlichen Mehrheit (Art. 2 Abs. 1 Sätze 2 und 6 PKGG) angenommen habe. Dieser Normvollzug einer „kontinuierlichen, voraussetzungslosen Nichtwahl von Kandidaten einer Fraktion“ ohne „einzelfallspezifische sachliche Gründe“ komme einer Nichtanwendung der Norm gleich und sei weder verfassungs- noch gesetzeskonform. Die Antragsteller behaupten aber nicht, dass sich die Antragsgegner in der Normanwendung auf eine Verfassungswidrigkeit des Art. 2 Abs. 1 Sätze 1 und 3 PKGG berufen würden. Ihrem Vortrag nach beruhen die jeweiligen Wahlergebnisse vielmehr darauf, dass die Antragsgegner die (einfachrechtliche) Vorschrift des Art. 2 Abs. 1 PKGG insgesamt unzutreffend, nämlich verfassungsrechtlichen Maßgaben nicht genügend, auslegten. Es kann also nicht die Rede davon sein, dass nach dem Vorbringen der Antragsteller die streitgegenständliche Norm von den Antragsgegnern „gerade wegen ihrer angeblichen Verfassungswidrigkeit“ nicht angewandt worden wäre.
d) Eine etwaige Auslegung des Hauptantrags als Antrag in einer anderen Verfahrensart oder eine dahin gehende Umdeutung kommen nicht in Betracht.
Die Antragsteller stellen ihre Anträge bewusst im Verfahren der Meinungsverschiedenheit zur Entscheidung. Sie wollen ausdrücklich „losgelöst von ihrer etwaigen eigenen Verletzung ihrer subjektiven Rechte eine objektive Klärung der korrekten Auslegung von Art. 2 PKGG erreichen“.
Angesichts dessen scheidet insbesondere eine etwaige Einordnung als Verfassungsstreitigkeit gemäß Art. 64 BV, Art. 49 VfGHG von vornherein aus. Im Organstreit muss der Antragsteller für die Antragsbefugnis schlüssig darlegen, durch eine Maßnahme oder ein Verhalten des Antragsgegners in seinen eigenen, durch die Verfassung geschützten Rechten verletzt oder gefährdet zu sein (ständige Rechtsprechung; vgl. VerfGH vom 27.11.1985 VerfGHE 38, 165/174; vom 26.7.2006 VerfGHE 59, 144/177; vom 26.2.2019 NVwZ-RR 2019, 841 Rn. 46).
Das machen die Antragsteller gerade nicht geltend; sie sind vielmehr der Ansicht, dass ein Organstreitverfahren „vorliegend ersichtlich nicht zulässig“ sei. Die Umdeutung eines Antrags in den einer anderen Verfahrensart entgegen dem ausdrücklichen Willen des Antragstellers kommt nicht in Betracht. Die Antragsteller haben auch – bewusst – kein Popularklageverfahren gemäß Art. 98 Satz 4 BV, Art. 55 Abs. 1 VfGHG eingeleitet; dem insoweit bestehenden Erfordernis der substanziierten Darlegung eines Grundrechtsverstoßes (vgl. oben unter c) aa)) würde ihr Vortrag im Übrigen ebenfalls offenkundig nicht genügen.
2. Der auf eine bestimmte, als allein verfassungskonform behauptete Auslegung des Art. 2 Abs. 1 Satz 2 i. V. m. Satz 6 PKGG gerichtete Hilfsantrag ist ebenfalls unzulässig.
Auch der Hilfsantrag wird im Verfahren der Meinungsverschiedenheit gemäß Art. 75 Abs. 3 BV, Art. 49 VfGHG zur Entscheidung gestellt. Nach Auffassung der Antragsteller handelt es sich hierbei um einen klassischen Antrag auf Entscheidung über eine Meinungsverschiedenheit in Gestalt eines Normverwerfungsantrags, jedoch gerichtet auf eine verfassungskonforme Auslegung.
a) Dieser Antrag ist entsprechend den Ausführungen zum Hauptantrag schon deswegen unzulässig, weil es an einer Grundvoraussetzung für die von den Antragstellern gewählte Verfahrensart fehlt. Wie oben unter 1. a) und b) näher dargelegt, muss die Meinungsverschiedenheit zwischen am Gesetzgebungsverfahren beteiligten Organen oder Teilen derselben entstanden und bereits im Lauf des Gesetzgebungsverfahrens erkennbar geworden sein; zwischen der Meinungsverschiedenheit, wie sie den Gegenstand der Verfassungsstreitigkeit bildet, und den während der Gesetzesberatungen im Landtag erhobenen Rügen muss grundsätzlich Identität bestehen. In den Gesetzesberatungen im Landtag, die zur aktuellen inhaltlichen Fassung des Art. 2 Abs. 1 PKGG geführt haben, gab es jedoch keine Meinungsverschiedenheit in diesem Sinn, es besteht auch weder Anlass, diese Verfahrensvoraussetzung in Zweifel zu ziehen, noch wurde ihr durch den Vortrag zum Normvollzug Rechnung getragen.
b) Im Übrigen wäre der Hilfsantrag auch inhaltlich unzulässig. Denn er hat zum Gegenstand, für eine spezielle Konstellation im Normvollzug eine einfachgesetzliche Vorschrift nur in einer bestimmten, als allein verfassungskonform behaupteten Auslegung für mit der Verfassung vereinbar zu erklären.
Zwar kann und muss nach ständiger Rechtsprechung des Verfassungsgerichtshofs im Rahmen der Prüfung einer als grundrechts- oder verfassungswidrig angefochtenen Norm auf zulässige Antragstellung hin (sei es gemäß Art. 98 Satz 4, Art. 92 oder Art. 75 Abs. 3 BV) als Vorfrage gegebenenfalls eine Auslegung der angegriffenen Bestimmung erfolgen. Denn eine Vorschrift ist nur dann für verfassungswidrig zu erklären, wenn keine nach anerkannten Auslegungsgrundsätzen zulässige und mit der Verfassung zu vereinbarende Auslegung möglich ist (vgl. VerfGH vom 30.1.2006 VerfGHE 59, 23/24; vom 28.8.2020 BayVBl 2020, 803 Rn. 62 m. w. N.; Wolff in Lindner/Möstl/Wolff, Verfassung des Freistaates Bayern, Art. 98 Rn. 28 f., 62; Müller in Meder/Brechmann, Die Verfassung des Freistaates Bayern, Art. 98 Satz 4 Rn. 42; vgl. auch BVerfG vom 9.1.1991 BVerfGE 83, 201/214 f.). Gegenstand der verfassungsgerichtlichen Überprüfung ist aber stets die Rechtsvorschrift, wie sie sich in ihrem objektiven Sinn darstellt, nicht hingegen die Auslegung, die sie beim Vollzug im Einzelfall gefunden hat (vgl. zur Popularklage VerfGH vom 28.4.1976 VerfGHE 29, 44/50); es geht gerade nicht darum, eine angegriffene Rechtsnorm einfachrechtlich verbindlich auszulegen (vgl. VerfGH vom 7.10.1988 VerfGHE 41, 106/111; vom 6.4.1989 VerfGHE 42, 41/48; Wolff, a. a. O., Rn. 28 f.; Müller, a. a. O., Rn. 35). Auch darf der normative Gehalt einer Vorschrift nicht erst durch die Auslegung festgesetzt oder grundlegend neu bestimmt werden (vgl. VerfGH vom 10.6.2021 – Vf. 25-VII-21 – juris Rn. 46; Wolff, a. a. O., Rn. 29). Genau darauf zielt aber der Hilfsantrag der Antragsteller – ob in ursprünglicher oder zuletzt modifizierter Fassung – der Sache nach ab.
Zudem stellte es einen unzulässigen Umkehrschluss dar, aus der Überprüfungsmöglichkeit einer solchen Vorfrage durch den Verfassungsgerichtshof bei einem auf Normverwerfung gerichteten Antrag und aus seiner Befugnis zur Erklärung einer verfassungsgemäßen Auslegung einer Norm (vgl. Art. 25 Abs. 7 und Art. 27 Abs. 3 VfGHG) generell zu folgern, dass auch die Antragstellung selbstständig darauf gerichtet sein kann. Ob und unter welchen Voraussetzungen eine derartige Antragstellung in besonderen Fällen oder bei anderer verfassungsrechtlicher Ausgangslage (insbesondere bei grundsätzlicher Statthaftigkeit positiver Normbestätigungsanträge) zulässig sein mag, kann dahinstehen. Im vorliegenden Fall geht es den Antragstellern jedenfalls nicht darum, mit ihrem Hilfsantrag letztlich – u. U. zulässig – eine generelle Teilnichtigkeit der betroffenen Bestimmungen geltend zu machen. Sie beanstanden im Ergebnis vielmehr (lediglich) eine aus ihrer Sicht verfassungswidrige Anwendung und damit verbundene Auslegung einer einfachrechtlichen Norm durch die Antragsgegner im (wiederholten) Einzelfall. Für derartige Beanstandungen ist das Verfahren der Meinungsverschiedenheit jedoch nicht vorgesehen.
3. Für eine von den Antragstellern in der mündlichen Verhandlung im Hinblick auf die Entscheidungen des Thüringer Verfassungsgerichtshofs vom 14. Oktober 2020 (BayVBl 2021, 121) und 26. April 2021 (Az. 11/21 – juris) angeregte Divergenzvorlage an das Bundesverfassungsgericht gemäß Art. 100 Abs. 3 GG besteht kein Anlass. Eine Divergenzvorlage setzt voraus, dass ein Landesverfassungsgericht bei der Auslegung des Grundgesetzes von einer Entscheidung des Bundesverfassungsgerichts oder des Verfassungsgerichts eines anderen Landes abweichen will und seine Rechtsansicht in dieser Frage für seine Entscheidung erheblich ist (vgl. z. B. BVerfG vom 15.10.1997 BVerfGE 96, 345/358). Für die hier entscheidungserheblichen Rechtsfragen der Unzulässigkeit der gestellten Normenkontrollanträge besteht eine solche Abweichung weder im Hinblick auf die zitierten Entscheidungen des Thüringer Verfassungsgerichtshofs, die in Verfahren der einstweiligen Anordnung im Zusammenhang mit Organstreitverfahren ergangen sind, noch sonst.
VI.
Das Verfahren ist kostenfrei (Art. 27 Abs. 1 Satz 1 VfGHG).


Ähnliche Artikel

Bankrecht

Schadensersatz, Schadensersatzanspruch, Sittenwidrigkeit, KapMuG, Anlageentscheidung, Aktien, Versicherung, Kenntnis, Schadensberechnung, Feststellungsziele, Verfahren, Aussetzung, Schutzgesetz, Berufungsverfahren, von Amts wegen
Mehr lesen

IT- und Medienrecht

Abtretung, Mietobjekt, Vertragsschluss, Kaufpreis, Beendigung, Vermieter, Zeitpunkt, Frist, Glaubhaftmachung, betrug, Auskunftsanspruch, Vertragsurkunde, Auskunft, Anlage, Sinn und Zweck, Vorwegnahme der Hauptsache, kein Anspruch
Mehr lesen


Nach oben