Verwaltungsrecht

Nutzungsuntersagung – Eselfarm im Außenbereich

Aktenzeichen  1 CS 21.153

Datum:
27.7.2021
Rechtsgebiet:
Fundstelle:
BeckRS – 2021, 22477
Gerichtsart:
VGH
Gerichtsort:
München
Rechtsweg:
Verwaltungsgerichtsbarkeit
Normen:
BauGB § 35
BayBO Art. 76 S. 2
BayVwVfG Art. 28 Abs. 1, Art. 45 Abs. 1 Nr. 3, Abs. 2

 

Leitsatz

1. Ein Verstoß gegen Art. 28 Abs. 1 BayVwVfG kann nach Art. 45 Abs. 1 Nr. 3, Abs. 2 BayVwVfG durch Nachholung der Anhörung bis zum Abschluss der letzten Tatsacheninstanz eines verwaltungsgerichtlichen Verfahrens geheilt werden. Eine Heilung tritt ein, wenn die Anhörung nachträglich ordnungsgemäß durchgeführt und ihre Funktion für den Entscheidungsprozess der Behörde uneingeschränkt erreicht wird. (Rn. 9) (redaktioneller Leitsatz)
2. Eine funktionsgerecht nachgeholte Anhörung setzt voraus, dass sich die Behörde nicht darauf beschränkt, die einmal getroffene Sachentscheidung zu verteidigen, sondern das Vorbringen des Betroffenen erkennbar zum Anlass nimmt, die Entscheidung kritisch zu überdenken. (Rn. 9) (redaktioneller Leitsatz)
3. Bei den Tätigkeiten einer Eselfarm (Eselwanderungen, tiergestützte Pädagogik und Therapie, Abhaltung von Kursen und Seminaren), die in ihrem Umfang deutlich über eine reine Haltung der Tiere hinausgehen, handelt es sich nicht um privilegiert zulässige (Neben-)Nutzungen. (Rn. 12) (redaktioneller Leitsatz)

Verfahrensgang

M 11 S 20.5464 2020-12-29 Bes VGMUENCHEN VG München

Tenor

I. Das Verfahren wird eingestellt, soweit die Antragsteller die Wiederherstellung der aufschiebenden Wirkung ihrer Klage gegen die Ziffern I.1 und I.3 des Bescheids vom 16. Oktober 2020 beantragt haben. Der Beschluss des Verwaltungsgerichts vom 29. Dezember 2020 ist im Umfang dieser Erledigung unwirksam geworden.
II. Im Übrigen wird die Beschwerde zurückgewiesen.
III. Die Antragsteller tragen die Kosten des Verfahrens in beiden Rechtszügen, soweit das Verfahren für erledigt erklärt worden ist, sowie die Kosten des noch anhängigen Beschwerdeverfahrens als Gesamtschuldner.
IV. Der Streitwert für das Beschwerdeverfahren wird auf 2.500 Euro festgesetzt.

Gründe

I.
Das im bauplanungsrechtlichen Außenbereich gelegene Vorhabengrundstück (FlNrn. … und … der Gemarkung P) liegt im Bereich des Landschaftsschutzgebiets “Schutz des Hirschberges, des Kerschlacher Forstes und der anschließenden Moränenlandschaften” sowie überwiegend auch im Bereich des Fauna-Flora-Habitat-Gebiets “Moränenlandschaft zwischen Ammersee und Starnberger See”. Die Antragstellerin zu 1 betreibt auf dem Vorhabengrundstück eine im Jahr 2011 gewerblich angemeldete Eselfarm, auf der u.a. eselgestützte Therapie- und Pädagogikangebote, Eselwanderungen sowie verschiedene weitere Kurse angeboten werden, der Antragsteller zu 2 ist Eigentümer der Grundstücke. Nach Durchführung verschiedener Baukontrollen Anfang des Jahres 2020 untersagte der Antragsgegner nach vorheriger Anhörung und Beteiligung der zuständigen Stellen den Antragstellern mit Bescheid vom 16. Oktober 2020 die Nutzung einer Mistlege (Ziff. I.1), des Wohnhauses und der Dreikammergrube (Ziff. I.2) und eines WC-Gebäudes (Ziff. I.3). Die Antragsteller ließen gegen den Bescheid des Antragsgegners vom 16. Oktober 2020 am 30. Oktober 2020 Anfechtungsklage erheben (Az. M 11 K 20.5526), über die noch nicht entschieden wurde.
Mit Beschluss vom 29. Dezember 2020 lehnte das Verwaltungsgericht den im Verfahren gemäß § 80 Abs. 5 VwGO gestellten Antrag der Antragsteller, die aufschiebende Wirkung einer Klage gegen den Bescheid des Antragsgegners vom 16. Oktober 2020 wiederherzustellen, ab. Nach summarischer Prüfung liege der gerügte Anhörungsmangel nicht vor, jedenfalls sei er durch die Antragserwiderung des Landratsamts vom 11. November 2020 im Sinn vom Art. 45 Abs. 1 Nr. 3 i.V.m. Abs. 2 BayVwVfG als geheilt anzusehen. Weder liege eine Genehmigung für die Nutzung der im Außenbereich gelegenen genehmigungsbedürftigen Anlagen vor noch seien die Nutzungen offensichtlich genehmigungsfähig. Bereits an dem seitens des Amts für Ernährung, Landwirtschaft und Forsten (nachfolgende “AELF”) angenommenen Vorliegen eines landwirtschaftlichen Nebenbetriebs bestünden erhebliche Zweifel, erst recht gelte dies, soweit weiter angenommen worden sei, dass alle Anlagen dem Betrieb “dienen” würden. Ein schlüssiges und alle Betriebszweige umfassendes Betriebskonzept sei nicht vorgelegt worden. Die Haltung der Esel selber stelle auch keinen landwirtschaftlichen Betriebszweig dar. Auch sei die ausreichende Erschließung des Vorhabens fraglich. Jedenfalls sei angesichts der exponierten Lage in einem Landschaftsschutzgebiet und in einem FFH-Gebiet zu klären, ob dem Vorhaben öffentliche Belange entgegenstünden. Ermessensfehler seien nicht ersichtlich. Weder sei von einem etwaigen Bestandsschutz auszugehen noch liege eine “qualifizierte” Duldung oder ein sonstiger Vertrauenstatbestand vor. Auch wenn einiges dafür spreche, dass in dem Wohnhaus auch eine Wohnnutzung der Antragsteller stattgefunden habe bzw. stattfinde sei zu berücksichtigen, dass die Antragsteller in geringer Entfernung über eine weitere Wohnung verfügten, in der sie sich gerade in den Wintermonaten immer wieder aufhielten.
Mit ihrer Beschwerde verfolgen die Antragsteller ihr Rechtsschutzbegehren weiter.
Der Antragsgegner beantragt die Zurückweisung der Beschwerde. Mit Schreiben vom 7. Juli 2021 legte er den Bescheid des Landratsamts vom 6. Juli 2021 vor, mit dem infolge der zwischen den Beteiligten geführten Vergleichsgesprächen die Ziffern I.1 und I.3 des angefochtenen Bescheids aufgehoben wurden.
Insoweit haben die Beteiligten das Verfahren für erledigt erklärt.
Ergänzend wird auf die Gerichtsakten und die vorgelegten Behördenakten verwiesen.
II.
Soweit die Beteiligten das Verfahren übereinstimmend für erledigt erklärt haben, ist das Verfahren nach § 92 Abs. 3 Satz 1 VwGO in entsprechender Anwendung einzustellen und der Beschluss des Verwaltungsgerichts aus Gründen der Rechtsklarheit in diesem Umfang für wirkungslos zu erklären (§ 173 VwGO i.V.m. § 269 Abs. 3 Satz 1 Halbsatz 2 ZPO). Über die Kosten des Verfahrens haben sich die Beteiligten verständigt.
Im Übrigen hat die zulässige Beschwerde keinen Erfolg. Die im Beschwerdeverfahren dargelegten Gründe, auf die sich die Prüfung im Beschwerdeverfahren beschränkt (§ 146 Abs. 4 Satz 6 VwGO), rechtfertigen keine Abänderung der gerichtlichen Entscheidung. Nach der im Eilverfahren gebotenen summarischen Prüfung der Sach- und Rechtslage hat das Verwaltungsgericht im Hinblick auf die Nutzungsuntersagung für das Wohnhaus und die Dreikammergrube den Antrag auf Wiederherstellung der aufschiebenden Wirkung der Anfechtungsklage zu Recht abgelehnt.
1. Entgegen der Rechtsansicht der Antragsteller liegt der gerügte Anhörungsmangel im Sinn von Art. 28 Abs. 1 BayVwVfG nicht vor. Es muss dabei nicht entschieden werden, ob die Antragsteller jedenfalls aufgrund der in der Bauakte (BVNr. 2919-1592) dokumentierten Telefonate des Bevollmächtigten mit dem zuständigen Abteilungsleiter des Landratsamts sowie der E-Mail vom 14. Oktober 2020 Gelegenheit zur Äußerung und freiwilligen Nutzungsunterlassung im Hinblick auf die mangelhafte Abwasserentsorgung des Wohnhauses und die daraus resultierende Notwendigkeit der Einstellung der Abwassereinleitung hatten. Ebenfalls nicht entschieden werden muss, ob sie in Bezug auf die Abwasserproblematik darauf verwiesen werden können, dass sie während der Durchführung der Prüfung der Fachkundigen Stelle für Wasserwirtschaft am 22. April 2020, bei der festgestellt worden war, dass die Abwasserentsorgung nicht den Regeln der Technik entspricht, vor Ort anwesend waren und ihre Belange äußern konnten und daher ggf. mittels Nachfrage ihres Bevollmächtigten den Aktenvermerk vom 28. April 2020 durch Einsicht in die Bauakten vor Übermittlung am 10. November 2020 hätten einsehen können. Denn jedenfalls wurde eine Anhörung zur Nutzungsuntersagung im Rahmen des erstinstanzlichen Verfahrens zwischenzeitlich ordnungsgemäß nachgeholt. Ein Verstoß gegen Art. 28 Abs. 1 BayVwVfG kann nach Art. 45 Abs. 1 Nr. 3, Abs. 2 BayVwVfG durch Nachholung der Anhörung bis zum Abschluss der letzten Tatsacheninstanz eines verwaltungsgerichtlichen Verfahrens geheilt werden. Eine Heilung tritt ein, wenn die Anhörung nachträglich ordnungsgemäß durchgeführt und ihre Funktion für den Entscheidungsprozess der Behörde uneingeschränkt erreicht wird. Eine funktionsgerecht nachgeholte Anhörung setzt voraus, dass sich die Behörde nicht darauf beschränkt, die einmal getroffene Sachentscheidung zu verteidigen, sondern das Vorbringen des Betroffenen erkennbar zum Anlass nimmt, die Entscheidung kritisch zu überdenken (vgl. BVerwG, U.v. 17.12.2015 – 7 C 5.14 – BVerwGE 153, 367). Hiervon ausgehend hat das Verwaltungsgericht zutreffend angenommen, dass im Rahmen der Antragserwiderung mit Schriftsatz des Antragsgegners vom 11. November 2020 eine Heilung erfolgt ist. Die hiergegen gerichteten Einwände in der Beschwerdebegründung greifen nicht durch. Der Antragsgegner hat im Rahmen der Antragserwiderung die Argumente der Antragsteller für eine abweichende Entscheidung in Erwägung gezogen und ist abschließend zu der Auffassung gekommen, dass – abgesehen von einer verlängerten Fristsetzung im Hinblick auf die angemessene Verweildauer der Welpen im Gebäude – eine Änderung der getroffenen Entscheidung bezüglich des Wohnhauses nicht veranlasst ist. Damit sind die materiellen Anforderungen an die Nachholung einer zunächst unterbliebenen Anhörung gewahrt. Aus dem Umstand, dass der Antragsgegner im Wesentlichen an seiner Auffassung festgehalten hat, kann nichts Gegenteiliges gefolgert werden. Weder Art. 28 Abs. 1 BayVwVfG noch Art. 45 Abs. 1 Nr. 3, Abs. 2 BayVwVfG gebieten, dass den vorgetragenen Argumenten gefolgt wird.
2. Die Nutzungsuntersagung selbst ist rechtmäßig. Nach Art. 76 Satz 2 BayBO kann die Bauaufsichtsbehörde die Nutzung untersagen, wenn Anlagen im Widerspruch zu öffentlich-rechtlichen Vorschriften genutzt werden. Das Vorliegen der objektiven Voraussetzungen hierfür – die formelle Illegalität, weil die erforderliche Baugenehmigung fehlt – hat das Veraltungsgericht zutreffend festgestellt. Da die Nutzungsuntersagung in erster Linie die Funktion hat, den Bauherrn auf das Genehmigungsverfahren zu verweisen, muss grundsätzlich nicht geprüft werden, ob das Vorhaben auch gegen materielles Recht verstößt. Allerdings darf eine formell rechtswidrige Nutzung aus Gründen der Verhältnismäßigkeit regelmäßig dann nicht untersagt werden, wenn sie offensichtlich genehmigungsfähig ist (vgl. BayVGH, B.v. 9.11.2020 – 9 CS 20.2005 – juris Rn. 18). Das ist nicht der Fall.
Die Genehmigungsfähigkeit des Wohngebäudes lässt sich nicht ohne weiteres feststellen. Die Beschwerde vermag die von dem Verwaltungsgericht angeführten erheblichen Zweifel an dem Vorliegen eines landwirtschaftlichen Nebenbetriebs nicht zu entkräften. Ein landwirtschaftlicher Betrieb ist gekennzeichnet durch eine spezifisch betriebliche Organisation, er erfordert eine Nachhaltigkeit der Bewirtschaftung und es muss sich bei dem Betrieb um ein auf Dauer gedachtes und auf Dauer lebensfähiges Unternehmen handeln (vgl. BVerwG, U.v. 11.10.2012 – 4 C 9.11 – BayVBl 2013, 173; U.v. 16.12.2004 – 4 C 7.04 – BVerwGE 122, 308; BayVGH, U.v. 29.1.2019 – 1 BV 16.232 – BayVBl 2019, 562). Ob sich ein Betrieb auf Dauer als lebensfähig erweist, ist im Wege einer Prognose zu beantworten. Notwendig ist eine Gesamtbetrachtung unter Berücksichtigung aller Umstände des Einzelfalls. Zu den Merkmalen zur Bestimmung der Dauerhaftigkeit und Nachhaltigkeit eines land- oder forstwirtschaftlichen Betriebs, denen indizielle Bedeutung zukommt, zählt auch die Möglichkeit der Gewinnerzielung. Der nach § 35 Abs. 1 Nr. 1 BauGB privilegierte Betrieb muss nach Art und Umfang grundsätzlich geeignet sein, wirtschaftlich, d.h. mit Gewinnerzielungsabsicht, geführt zu werden. Dabei kommt der Gewinnerzielung bei einer Neugründung eines Nebenerwerbsbetriebs eine größere Bedeutung zu als bei der Erweiterung eines bereits seit etlichen Jahren bestehenden landwirtschaftlichen Betriebs mit niedriger Rentabilität (vgl. BVerwG, U.v. 11.10.2012 a.a.O.; BayVGH, B.v. 9.2.2021 – 9 ZB 19.1397 – juris Rn. 8). Fehlt es an dem Nachweis eines Gewinns, können durchaus andere Indizien für die Nachhaltigkeit der Bewirtschaftung und damit für die Betriebseigenschaft im Sinne des § 35 Abs. 1 Nr. 1 BauGB sprechen.
Gemessen an diesen Maßstäben kann nach summarischer Prüfung nicht offensichtlich von dem Vorliegen eines landwirtschaftlichen Nebenerwerbsbetriebs ausgegangen werden. Die Haltung der rd. 30 Schafe, 4 Rinder, 2 Ziegen, 28 Bienenvölker und 10 Hühner sowie die Ernteproduktion begründen für sich genommen keinen landwirtschaftlichen Betrieb. Unabhängig von der Stellungnahme des AELF vom 10. Juni 2006, bei der nachvollziehbare Angaben fehlen, kann den vorgelegten Akten entnommen werden, dass die Antragsteller die Schafhaltung im Wesentlichen als Selbstversorgung betreiben und die Felle größtenteils verschenken. Insoweit fehlt es bereits an der erforderlichen Betriebsorganisation für die Annahme eines landwirtschaftlichen Betriebs (vgl. BVerwG, U.v. 13.4.1983 – 4 C 62.78 – DÖV 1983, 816). Größere Einkünfte aus dem Heuballenverkauf sind nicht ersichtlich. Ob bzw. in welcher Höhe (künftige) Einkünfte aus der geplanten Erweiterung der Rinderhaltung zu erzielen sind, lässt sich mangels Konkretisierungen im Betriebskonzept nicht feststellen. Ausführungen dazu, über welche langjährigen praktischen Erfahrungen die Antragsteller im Hinblick auf die geplante Rinderhaltung verfügen, sind nicht ersichtlich. Das Beschwerdevorbringen erschöpft sich zudem in der Kritik, das Verwaltungsgericht habe verkannt, dass es sich um einen kleinstrukturierten, landwirtschaftlichen (Gesamt-)Betrieb handle, der sich nicht auf einen Betriebszweig fokussiere, sondern die Diversifizierung ehemals bestehender Betriebe einschließlich der Eselhaltung fortführe und daher eine ursprüngliche Landwirtschaft darstelle, es zeigt aber selbst keine Umstände auf, die für die Nachhaltigkeit der landwirtschaftlichen Bewirtschaftung und damit für die Betriebseigenschaft im Sinn des § 35 Abs. 1 Nr. 1 BauGB sprechen. Die zum Beleg dafür, dass dieses Konzept einen landwirtschaftlichen Betrieb rechtfertigen kann, angeführten Entscheidungen des Bundesverwaltungsgerichts betreffen das Merkmal des “Dienens” und setzen einen bestehenden landwirtschaftlichen Betrieb voraus (vgl. BVerwG, U.v. 16.5.1991 – 4 C 2.89 und U.v. 13.12.1974 – 4 C 22.73). Im Übrigen erschließt sich dem Senat angesichts der dargestellten überwiegend eigennützigen Tierhaltung nicht, dass die Landwirtschaft einen spürbaren Beitrag zum Familieneinkommen leisten kann. Die Haltung der Esel dürfte entgegen der Auffassung der Antragsteller nicht als eigener Betriebszweig der Landwirtschaft anzusehen sein. Denn diese werden ersichtlich für den gewerblichen Betrieb der Eselfarm und das dort typischerweise enthaltene pädagogische Angebot gehalten. Die hier zu beurteilende Situation unterscheidet sich auch erkennbar von einer Pensionstierhaltung, da die Esel der Antragstellerin zu 1 im Wesentlichen für die gegenüber ihren Kunden zu erbringenden Leistungen vorgehalten werden. Jedenfalls handelt es sich bei den Tätigkeiten der Eselfarm (Eselwanderungen, tiergestützte Pädagogik und Therapie, Abhaltung von Kursen und Seminaren über verschiedene Themen), die in ihrem Umfang deutlich über eine reine Haltung der Tiere hinausgehen, nicht um privilegiert zulässige (Neben-)Nutzungen (vgl. BVerwG, B.v. 28.8.1998 – 4 B 66.98 – BauR 1999, 33). Dass die Eselhaltung nach den Ausführungen der Antragsteller nur einen geringen Umfang im Verhältnis zum restlichen Betrieb darstellen soll, ist nach den vorliegenden Akten und der Einlassung der Antragsteller insbesondere unter Hinweis auf die besonderen Qualifikationen der Antragstellerin zu 1 wenig nachvollziehbar.
Das Verwaltungsgericht hat auch zu Recht Zweifel an dem Vorliegen des Merkmals des “Dienens” geäußert (zur Auslegung des Merkmals des “Dienens” vgl. BVerwG, U.v. 19.6.1991 – 4 C 11.89 – NVwZ-RR 1992, 401; U.v. 16.5.1991 – 4 C 2.89 – NVwZ-RR 1992, 400; U.v. 22.11.1985 – 4 C 71.82 – NVwZ 1986, 644; U.v. 3.11.1972 – IV C 9.70 – BVerwGE 41, 138; BayVGH, B.v. 20.8.2019 – 15 ZB 18.2106 – juris Rn. 21; U.v. 29.1.2019 – 1 BV 16.232 – BayVBl 2019, 562; U.v. 11.4.2017 – 1 B 16.2509 – BayVBl 2018, 168; U.v. 20.7.2005 – 2 BV 04.1088 – juris Rn. 17). Soweit die Antragsteller geltend machen, dass in der von dem Verwaltungsgericht angeführten Entscheidung des Verwaltungsgerichtshofs vom 9. August 2007 (25 ZB 06.2528) mangels ausreichender Futtergrundlage die Voraussetzungen des § 201 BauGB verneint worden seien und sich die Aussage, dass eine reittherapeutische Praxis grundsätzlich ungeeignet sei, den Begriff der Landwirtschaft aus § 201 BauGB zu erfüllen, auf eine Entscheidung des Bundesverwaltungsgerichts aus dem Jahr 1995 betreffend einen Rennpferdestall bezogen habe, wohingegen die Tierhaltung nunmehr in § 201 BauGB aufgeführt worden sei, übersehen sie, dass insoweit die Elemente landwirtschaftlicher Bodennutzung als dem Therapiebetrieb wirtschaftlich völlig untergeordnet und zu einem nachhaltigen lebensfähigen Betrieb untauglich angesehen worden waren. Die wiederholte Behauptung, es liege ein landwirtschaftlicher Betrieb vor, vermag daran nichts zu ändern. Zu den von dem Verwaltungsgericht weiter erhobenen erheblichen Zweifel hinsichtlich der Erforderlichkeit eines “Betriebsleiterwohnhauses” vor Ort verhält sich der Beschwerdevortrag nicht.
Im Übrigen hat das Verwaltungsgericht zu Recht darauf abgestellt, dass sich angesichts der Mängel bei der Trinkwasserversorgung und der Abwasserentsorgung auch die Frage der ausreichenden Erschließung stellt sowie zu klären ist, ob dem Vorhaben aufgrund der exponierten Lage des Vorhabengrundstücks in einem Landschaftsschutzgebiet und in einem FFH-Gebiet öffentliche Belange entgegenstehen. Dass das Vorhabengrundstück nach den Angaben der Antragsteller zwischenzeitlich in ein Gebiet nach Art. 70 Abs. 1 Satz 1 Nr. 2 BayWG aufgenommen worden sein soll, vermag daran nichts zu ändern.
Dass die Nutzungsuntersagung keinen Ermessensfehler aufweist, hat das Verwaltungsgericht ebenfalls umfangreich begründet (BA S.19 ff.). Nach den Ausführungen im angegriffenen Bescheid bestehen keine Zweifel daran, dass die Baubehörde von den bis 2019 vorgenommenen Baumaßnahmen keine Kenntnis hatte. Es kann daher nicht die Rede davon sein, dass das Wohnhaus seit ca. 70 Jahren geduldet worden sei. Ein besonderes Verhalten der Bauaufsichtsbehörde, aufgrund dessen die Antragsteller annehmen durften, dass diese von ihrer Einschreitungsbefugnis keinen Gebrauch machen werde, legen die Antragsteller nicht dar und ist auch nicht ersichtlich. Im Übrigen erscheint es angesichts der vorliegenden Luftbilder seit dem Jahr 2003 fraglich, ob es sich um einen angeblich seit Jahrzehnten bestehenden Betrieb handelt, zumal einige Gebäude erst in den vergangenen Jahren errichtet wurden und auch die Dachkonstruktion des Wohngebäudes angehoben worden ist.
Auch soweit die Antragsteller geltend machen, die Nutzungsuntersagung sei unverhältnismäßig, trifft dies nicht zu. Das Beschwerdevorbringen stellt nicht in Frage, dass die Antragsteller (in der Nähe des Vorhabengrundstücks) eine andere Wohnung haben, die sie nutzen können. Dass sie diese Wohnung subjektiv nicht als ihr Zuhause ansehen, ändert daran nichts. Im Hinblick auf die vorstehend aufgeführten Zweifel an dem Vorliegen eines landwirtschaftlichen Nebenerwerbsbetriebs und der planungsrechtlichen Zulässigkeit eines Wohn- oder Betriebsgebäudes kommen mildere Mittel, wie beispielsweise die Aufforderung zur Bauantragstellung sowie die nachträgliche Erfüllung der wasserrechtlichen und naturschutzrechtlichen Anforderungen, nicht in Betracht. Unabhängig von der (noch) vorliegenden Gefahr von nachteiligen Veränderungen des Grundwassers weist der Antragsgegner zu Recht darauf hin, dass auch die Fachkundige Stelle für Wasserwirtschaft in der E-Mail vom 11. Mai 2020 ausdrücklich festhält, dass kein Abwasser mehr zufließen darf, eine Nutzung als Wohnhaus somit nicht möglich ist. Aber auch wenn die Voraussetzungen des Art. 70 Abs. 1 Satz 1 Nr. 2 BayWG unterstellt werden, liegt nach den vorstehenden Ausführungen ein Bedarf für ein landwirtschaftliches Betriebsgebäude nicht offensichtlich vor. Entgegen der Auffassung der Antragsteller muss auch weder ein etwaiges Ergebnis einer weiteren Nachfrage beim AELF abgewartet werden noch steht die im Petitionsverfahren gemachte Zusage, bis zum Abschluss des Verfahrens von einer Beseitigungsanordnung abzusehen, einer Nutzungsuntersagung entgegen.
Soweit die Antragsteller geltend machen, dass kein Interesse am sofortigen Vollzug der Nutzungsuntersagung bezüglich des Wohnhauses bestehe, darf nicht übersehen werden, dass die Antragsteller im Vergleich zu anderen Antragstellern, die sich ordnungsgemäß verhalten, ohne Beachtung des vorgeschriebenen Baugenehmigungsverfahrens über Jahre tatsächliche wirtschaftliche Vorteile gezogene haben. Der behaupteten Unverhältnismäßigkeit steht daher auch das öffentliche Interesse entgegen, dass die präventive Kontrolle der Bauaufsicht auch in anderen Fällen unterlaufen werden könnte.
Die Antragsteller haben die Kosten des Beschwerdeverfahrens als Gesamtschuldner zu tragen, weil ihr Rechtsmittel erfolglos geblieben ist (§ 154 Abs. 2, § 159 Satz 2 VwGO). Die Streitwertfestsetzung für das Beschwerdeverfahren beruht auf § 47 Abs. 1 Satz 1, § 52 Abs. 1, § 53 Abs. 2 Nr. 2 und § 63 Abs. 2 Satz 1 GKG.


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