Verwaltungsrecht

Offensichtlich unbegründeter Asylantrag einer georgischen Staatsangehörigen

Aktenzeichen  Au 6 K 18.30908

Datum:
19.6.2018
Rechtsgebiet:
Fundstelle:
BeckRS – 2018, 17128
Gerichtsart:
VG
Gerichtsort:
Augsburg
Rechtsweg:
Verwaltungsgerichtsbarkeit
Normen:
AsylG § 3, § 4, § 30 Abs. 1
AufenthG § 59 Abs. 3 S. 1, § 60 Abs. 5, Abs. 7, § 60a
GG Art. 6 Abs. 1
EMRK Art. 8 Abs. 1

 

Leitsatz

1 Finanzielle und gesundheitliche Probleme stellen offensichtlich keine asyl- oder flüchtlingsrelevante Verfolgung in Anknüpfung an eines der in § 3 Abs. 1 Nr. 1 AsylG genannten Merkmale dar. (Rn. 15) (redaktioneller Leitsatz)
2 Der Wunsch nach Aufrechterhaltung der ehelichen Lebensgemeinschaft im Bundesgebiet unter Berufung auf den Schutz von Ehe und Familie nach Art. 6 Abs. 1 GG und Art. 8 Abs. 1 EMRK führt allenfalls zur Prüfung eines inlandsbezogenen Abschiebungshindernisses nach § 60a Abs. 2 S. 1 AufenthG, das einer Abschiebungsandrohung nach § 59 Abs. 3 S. 1 AufenthG nicht entgegensteht. (Rn. 21) (redaktioneller Leitsatz)

Tenor

I. Die Klage wird abgewiesen.
II. Die Klägerin hat die Kosten des Verfahrens zu tragen.
III. Das Urteil ist hinsichtlich der Kosten vorläufig vollstreckbar. Die Klägerin darf die Vollstreckung durch die Beklagte durch Sicherheitsleistung in Höhe des vollstreckbaren Betrags abwenden, wenn nicht die Beklagte vor der Vollstreckung Sicherheit in gleicher Höhe leistet.

Gründe

Die zulässige Klage ist unbegründet. Die Voraussetzungen für die Zuerkennung der Flüchtlingseigenschaft und für die Gewährung subsidiären Schutzes nach § 4 AsylG liegen offensichtlich nicht sowie für die Feststellung nationaler Abschiebungsverbote nach § 60 Abs. 5 und Abs. 7 Satz 1 AufenthG nicht vor (§ 113 Abs. 5 VwGO). Der angefochtene Bescheid des Bundesamtes vom 2. Mai 2018 ist daher rechtmäßig und verletzt die Klägerin nicht in ihren Rechten (§ 113 Abs. 1 Satz 1 VwGO). Es wird Bezug genommen auf die Gründe des angefochtenen Bescheids (§ 77 Abs. 2 AsylG) und ergänzend ausgeführt:
Ein Asylantrag ist offensichtlich unbegründet, wenn die Voraussetzungen für eine Anerkennung als Asylberechtigter und die Voraussetzungen für internationalen Schutz offensichtlich nicht vorliegen (§ 30 Abs. 1 AsylG). Nach der Rechtsprechung des Bundesverfassungsgerichts setzt eine Abweisung der Asylklage als offensichtlich unbegründet voraus, dass im maßgeblichen Zeitpunkt der Entscheidung des Verwaltungsgerichts an der Richtigkeit der tatsächlichen Feststellungen des Gerichts vernünftigerweise keine Zweifel bestehen können und bei einem solchen Sachverhalt nach allgemein anerkannter Rechtsauffassung die Abweisung der Klage sich dem Verwaltungsgericht geradezu aufdrängt (vgl. BVerfG, B.v. 20.9.2001 – 2 BvR 1392/00 – InfAuslR 2002, 146). Aus den Gründen muss sich klar ergeben, weshalb dieser Ausspruch in Betracht kommt, insbesondere, warum der Asylantrag nicht nur als schlicht unbegründet, sondern als offensichtlich unbegründet abgewiesen worden ist (vgl. grundlegend BVerfG, B.v. 3.9.1996 – 2 BvR 2353/95 – BayVBl 1997, 15; BVerfG, B.v. 2.5.1984 – 2 BvR 1413/83 – juris Rn. 27). Dieser Maßstab muss entsprechend auch für die behördliche Offensichtlichkeitsentscheidung nach § 30 AsylG gelten. Es kommt also darauf an, ob die Offensichtlichkeitsentscheidung in Bezug auf die geltend gemachten Asylgründe mit der erforderlichen Richtigkeitsgewähr bestätigt werden kann.
1. Ein Anspruch auf die Zuerkennung der Flüchtlingseigenschaft besteht für die Klägerin nach § 30 Abs. 1 AsylG offensichtlich nicht.
Dem Vortrag der Klägerin lassen sich keinerlei Anhaltspunkte dafür entnehmen, dass sie aus Georgien vorverfolgt ausgereist wäre oder bei einer Rückkehr dorthin einer flüchtlingsrelevanten Verfolgung ausgesetzt wäre (§ 30 Abs. 1 AsylG). Die Klägerin ist unbehelligt auf dem Landweg aus Georgien ausgereist und kann mit Hilfe eines wieder beschaffbaren Reisepasses unbehelligt in ihren Herkunftsstaat zurückkehren. Letztlich macht die Klägerin offensichtlich keine asyl- oder flüchtlingsrelevante Verfolgung in Anknüpfung an eines der in § 3 Abs. 1 Nr. 1 AsylG genannten Merkmale geltend, sondern finanzielle und gesundheitliche Probleme.
2. Ein Anspruch auf die Zuerkennung des subsidiären Schutzstatus i.S. des § 4 Abs. 1 AsylG besteht für die Klägerin nach § 30 Abs. 1 AsylG offensichtlich nicht.
Nach § 4 Abs. 1 Satz 1 AsylG ist ein Ausländer subsidiär Schutzberechtigter, wenn er stichhaltige Gründe für die Annahme vorgebracht hat, dass ihm in seinem Herkunftsland ein ernsthafter Schaden droht. Als ernsthafter Schaden gilt dabei auch die Gefahr der Folter oder unmenschlicher oder erniedrigender Behandlung oder Bestrafung (§ 4 Abs. 1 Satz 2 Nr. 2 AsylG). Die Art der Behandlung oder Bestrafung muss eine Schwere erreichen, die dem Schutzbereich des Art. 3 EMRK zuzuordnen ist und für den Fall, dass die Schlechtbehandlung von nichtstaatlichen Akteuren ausgeht, muss der Staat erwiesenermaßen nicht in der Lage oder nicht willens sein, Schutz zu gewähren (§ 4 Abs. 3 Satz 1 AsylG i.V.m. § 3 c Nr. 3 AsylG).
Gemessen an diesen Maßstäben hat die Klägerin offensichtlich keinen Anspruch auf die Gewährung subsidiären Schutzes i.S. des § 4 Abs. 1 AsylG. Ihre Schilderungen geben keinen Ansatzpunkt für die Annahme irgendeiner Gefahr für eine ihr bei der Rückkehr drohende unmenschliche oder erniedrigende Behandlung i.S. des § 4 Abs. 1 Satz 1 AsylG.
3. Ein Anspruch auf Feststellung von Abschiebungshindernissen nach § 60 Abs. 5 und Abs. 7 Satz 1 AufenthG besteht für die Klägerin nicht. Auch insoweit wird auf die Ausführungen im angefochtenen Bescheid in vollem Umfang Bezug genommen (§ 77 Abs. 2 AsylG).
Hierbei ist zu berücksichtigen, dass die Klägerin selbst nicht lebensbedrohlich erkrankt ist. Soweit sie auf die Herzerkrankung ihres Ehemannes verweist, um ein eigenständiges Bleiberecht in Deutschland zu beanspruchen, führt dies in ihrer Person nicht zur Annahme eines zielstaatsbezogenen Abschiebungsverbots nach § 60 Abs. 5 und Abs. 7 Satz 1 AufenthG, auf welches sich die Prüfungs- und Entscheidungskompetenz der Beklagten nach § 31 Abs. 3 Satz 1 i.V.m. § 34 Abs. 1 Satz 1 Nr. 4 AsylG beschränkt.
Der Wunsch nach Aufrechterhaltung der ehelichen Lebensgemeinschaft im Bundesgebiet unter Berufung auf den Schutz von Ehe und Familie nach Art. 6 Abs. 1 GG und Art. 8 Abs. 1 EMRK führt allenfalls zur Prüfung eines inlandsbezogenen Abschiebungshindernisses nach § 60a Abs. 2 Satz 1 AufenthG, das allein in der Prüfungs- und Entscheidungskompetenz der Ausländerbehörde liegt, daher nicht Streitgegenstand des vorliegenden Asylverfahrens ist und einer Abschiebungsandrohung nach § 59 Abs. 3 Satz 1 AufenthG nicht entgegensteht.
4. Nachdem sich auch die Befristung des Einreise- und Aufenthaltsverbotes nach § 11 Abs. 1 AufenthG i.V.m. § 114 VwGO als Maßstab der gerichtlichen Prüfungskompetenz als nicht ermessensfehlerhaft und daher rechtmäßig erweist – sie und ihr Ehemann haben kein gesichertes Bleiberecht in Deutschland, sondern können die eheliche Lebensgemeinschaft grundsätzlich auch in Georgien führen –, war die Klage mit der Kostenfolge des § 154 Abs. 1 VwGO abzuweisen. Gerichtskosten werden nicht erhoben (§ 83b AsylG). Die Entscheidung über die vorläufige Vollstreckbarkeit folgt aus § 167 Abs. 2 VwGO i.V.m. §§ 708 ff. ZPO.


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