Verwaltungsrecht

Ordnungsmaßnahme gegenüber Schülern wegen Drogenkonsums

Aktenzeichen  7 ZB 15.2126

Datum:
27.5.2016
Rechtsgebiet:
Fundstelle:
BeckRS – 2016, 46980
Gerichtsart:
VGH
Gerichtsort:
München
Rechtsweg:
Verwaltungsgerichtsbarkeit
Normen:
BayEUG Art. 86 Abs. 2 S. 1 Nr. 8

 

Leitsatz

1. Dem Konsum von Rauschgift im schulischen Bereich darf mit Nachdruck begegnet werden, weil andernfalls der Erziehungsauftrag der Schule in besonderem Maß leiden würde. (redaktioneller Leitsatz)
2. Im Zusammenhang mit Drogenkonsum durch einen Schüler kann je nach den Umständen des Einzelfalls auch die Ordnungsmaßnahme der Entlassung von der Schule ohne vorherige Androhung gerechtfertigt sein. (redaktioneller Leitsatz)

Verfahrensgang

3 K 14.1189 2015-05-12 Urt VGMUENCHEN VG München

Tenor

I.
Der Antrag auf Zulassung der Berufung wird abgelehnt.
II.
Der Kläger trägt die Kosten des Zulassungsverfahrens.
III.
Der Streitwert für das Zulassungsverfahren wird auf 5.000 Euro festgesetzt.

Gründe

I. Der Kläger ist Schüler an der Realschule und wendet sich gegen die von der Beklagten mit Bescheid vom 16. Dezember 2013 ausgesprochene Ordnungsmaßnahme der Androhung der Entlassung. Den hiergegen gerichteten Widerspruch des Klägers hat die Beklagte mit Widerspruchsbescheid vom 20. Februar 2014 zurückgewiesen. Wegen der Einzelheiten wird auf die Gründe der Bescheide Bezug genommen.
Das Bayerische Verwaltungsgericht München hat die auf Aufhebung der angefochtenen Bescheide der Beklagten vom 16. Dezember 2013 und vom 20. Februar 2014 gerichtete Klage mit Urteil vom 12. Mai 2015 abgewiesen. Auf die Entscheidungsgründe des Urteils wird verwiesen.
Mit seinem Antrag auf Zulassung der Berufung macht der Kläger unter Wiederholung und Vertiefung seines Vorbringens im erstinstanzlichen Verfahren ernstliche Zweifel an der Richtigkeit des Urteils des Verwaltungsgerichts geltend (§ 124 Abs. 2 Nr. 1 VwGO). Die Anhörung des Klägers und seiner Eltern vor Erlass der Ordnungsmaßnahme sei fehlerhaft gewesen. Der Kläger habe nicht ohne vorherige Verständigung seiner Eltern „verhört“ werden dürfen und sei zudem auf sein „Aussageverweigerungsrecht“ hinzuweisen gewesen. Auch sei die Unterrichtung der Eltern über das Fehlverhalten des Klägers nicht hinreichend konkret gewesen. Die Ordnungsmaßnahme verstoße im Übrigen gegen den Grundsatz der Verhältnismäßigkeit, weil der Kläger „keine aktiven Handlungen entfaltet“ habe, um an die Drogen zu gelangen. Das Verwaltungsgericht habe ferner das (dem Drogenkonsum auf dem Schulhof vorangegangene) „Kiffen im Olympiapark“ zu Unrecht als schulisch relevantes Verhalten qualifiziert. Außerdem habe die Schulleitung ihre Fürsorgepflicht verletzt, weil sie bereits vor dem streitgegenständlichen Vorfall Kenntnis gehabt habe, dass an der Schule Drogen konsumiert würden und untätig geblieben sei. Wegen der Einzelheiten der Begründung wird auf den Schriftsatz des Klägerbevollmächtigten vom 19. Oktober 2015 Bezug genommen.
Die Beklagte widersetzt sich dem Begehren des Klägers.
Wegen der weiteren Einzelheiten zum Sach- und Streitstand wird auf die Gerichtsakten und die Behördenakte verwiesen.
II. Der Antrag auf Zulassung der Berufung hat keinen Erfolg.
1. Der vom Kläger geltend gemachte Zulassungsgrund liegt nicht vor. An der Richtigkeit des angefochtenen Urteils des Verwaltungsgerichts bestehen keine ernstlichen Zweifel (§ 124 Abs. 2 Nr. 1 VwGO). Der Senat folgt den Gründen des angefochtenen Urteils und nimmt zur Vermeidung von Wiederholungen hierauf Bezug (§ 122 Abs. 2 Satz 3 VwGO). Im Hinblick auf das Vorbringen des Klägers im Zulassungsverfahren ist lediglich ergänzend zu bemerken:
a) Der Einwand, die Anhörung des Klägers und seiner Eltern vor Erlass der Ordnungsmaßnahme sei fehlerhaft gewesen, ist unbegründet. Die Eltern des Klägers sind von der Beklagten mit Schreiben vom 25. November 2013 über das Fehlverhalten des Klägers („Verstoß gegen das Betäubungsmittelgesetz durch den Konsum illegaler Drogen auf dem Schulhof und im Olympiapark“) unterrichtet und auf die Möglichkeit hingewiesen worden, sich (mit dem Kläger) persönlich vor dem Disziplinarausschuss zu äußern. Von dieser Möglichkeit haben der Kläger und seine Eltern Gebrauch gemacht. Die Beschreibung des klägerischen Fehlverhaltens im Schreiben vom 25. November 2013 war bereits hinreichend konkret. Im Hinblick auf die Aufklärung des Sachverhalts durch die Beklagte sind entgegen der Ansicht des Klägers auch weder die Bestimmungen der Strafprozessordnung noch des Jugendgerichtsgesetzes einschlägig. Der Sachverhalt ist im Übrigen unstreitig.
b) Die streitgegenständliche Ordnungsmaßnahme (Androhung der Entlassung von der Schule nach Maßgabe des Art. 86 Abs. 2 Satz 1 Nr. 8 des Bayerischen Gesetzes über das Erziehungs- und Unterrichtswesen [BayEUG] in der Fassung der Bekanntmachung vom 31.5.2000 [GVBl S. 414; BayRS 2230-1-1-K], zuletzt geändert durch Gesetz vom 22.12.2015 [GVBl S. 458]) ist nicht unverhältnismäßig. In der Rechtsprechung des Senats ist anerkannt, dass dem Konsum von Rauschgift im schulischen Bereich mit Nachdruck begegnet werden darf, weil andernfalls der Erziehungsauftrag der Schule in besonderem Maß leiden würde (vgl. z. B. BayVGH, B. v. 14.6.2002 – 7 CS 02.776 – juris Rn. 50). In diesem Zusammenhang kann je nach den Umständen des Einzelfalls auch die Ordnungsmaßnahme der Entlassung von der Schule ohne vorherige Androhung gerechtfertigt sein. Wenn die Beklagte in ihren angefochtenen Bescheiden den streitgegenständlichen Tatbestand – auch unter Berücksichtigung der bisherigen Unauffälligkeit des Klägers und der von ihm gezeigten Reue – dahin würdigt, dass als Ordnungsmaßnahme die Androhung der Entlassung ausreicht, um dem Kläger die Chance zu geben, künftig sein Verhalten zu kontrollieren und angebotenen Versuchungen dauerhaft zu widerstehen, ist dies danach gerichtlich nicht zu beanstanden. Zu Recht hat die Beklagte dabei auch den vorangegangenen Vorfall außerhalb des Schulgeländes („Kiffen im Olympiapark“) in ihre Würdigung einbezogen, weil dieser Vorfall – an dem Mitschüler des Klägers maßgeblich beteiligt waren – mit dem späteren Vorfall auf dem Schulgelände in einem sachlichen Zusammenhang steht. Auf die Frage, ob die Schulleitung bereits zu einem früheren Zeitpunkt (weitere) Maßnahmen im Hinblick auf den Drogenkonsum an ihrer Schule hätte ergreifen können, kommt es vorliegend nicht an. Eine etwaige Untätigkeit vermag weder das vom Kläger eingeräumte Fehlverhalten zu relativieren noch die Rechtmäßigkeit der streitgegenständlichen Ordnungsmaßnahme in Zweifel zu ziehen.
2. Die Kostenentscheidung beruht auf § 154 Abs. 2 VwGO. Die Streitwertfestsetzung für das Zulassungsverfahren ergibt sich aus § 47 Abs. 3 und § 52 Abs. 1 GKG und entspricht der Streitwertfestsetzung im erstinstanzlichen Verfahren.
3. Dieser Beschluss ist unanfechtbar (§ 152 Abs. 1 VwGO).


Ähnliche Artikel

Bankrecht

Schadensersatz, Schadensersatzanspruch, Sittenwidrigkeit, KapMuG, Anlageentscheidung, Aktien, Versicherung, Kenntnis, Schadensberechnung, Feststellungsziele, Verfahren, Aussetzung, Schutzgesetz, Berufungsverfahren, von Amts wegen
Mehr lesen

IT- und Medienrecht

Abtretung, Mietobjekt, Vertragsschluss, Kaufpreis, Beendigung, Vermieter, Zeitpunkt, Frist, Glaubhaftmachung, betrug, Auskunftsanspruch, Vertragsurkunde, Auskunft, Anlage, Sinn und Zweck, Vorwegnahme der Hauptsache, kein Anspruch
Mehr lesen


Nach oben