Verwaltungsrecht

periodische dienstliche Beurteilung, Grundsatz der Einheitlichkeit des Beurteilungszeitraums, Verlängerung des Beurteilungszeitraums aus im Verantwortungsbereich des Dienstherrn liegenden Gründen, Versetzung des Beurteilers in den Ruhestand, fehlender Unterrichtsbesuch, fehlende Beurteilungsbeiträge des früheren Beurteilers

Aktenzeichen  AN 1 K 19.00856

Datum:
9.2.2021
Rechtsgebiet:
Fundstelle:
BeckRS – 2021, 13558
Gerichtsart:
VG
Gerichtsort:
Ansbach
Rechtsweg:
Verwaltungsgerichtsbarkeit
Normen:
LlbG Art. 56
LlbG Art. 64
LlbG Art. 70 Abs. 8

 

Leitsatz

Tenor

1. Die dienstliche Beurteilung der Klägerin vom 30.12.2016, für den Beurteilungszeitraum vom 1. Januar 2011 bis 31. Dezember 2016, in Gestalt der periodischen dienstlichen Beurteilung vom 12. November 2018 und der Widerspruchsbescheid vom 27.03.2019, …, werden aufgehoben.
2. Die Beklagte wird verpflichtet, der Klägerin eine neue periodische Beurteilung für den Beurteilungszeitraum 1. Januar 2011 bis 31. Dezember 2014 unter Beachtung der Rechtsauffassung des Gerichts zu erteilen.
3. Die Beklagte trägt die Kosten des Verfahrens.
4. Die Beklagte kann die Vollstreckung durch Sicherheitsleistung oder Hinterlegung in Höhe der festgesetzten Kosten abwenden, wenn nicht die Klägerin vor der Vollstreckung Sicherheit in gleicher Höhe leistet.

Gründe

Die zulässige Klage ist begründet.
Die Klägerin hat einen Rechtsanspruch auf die beantragte Aufhebung der dienstlichen Beurteilung, verbunden mit dem Ausspruch, die Beklagte zu verpflichten, die Klägerin unter Beachtung der Rechtsauffassung des Gerichts erneut zu beurteilen (§ 113 Abs. 5 Satz 1 VwGO in entsprechender Anwendung). Denn die periodische dienstliche Beurteilung vom 30. Dezember 2016 in der Fassung vom 12. November 2018 für den Beurteilungszeitraum vom 1. Januar 2011 bis zum 31. Dezember 2016 ist rechtswidrig und verletzt die Klägerin in ihren Rechten.
1. Dienstliche Beurteilungen sind – ihrem Wesen als persönlichkeitsbedingte Werturteile entsprechend – von den Verwaltungsgerichten nur eingeschränkt überprüfbar. Allein der Dienstherr bzw. der für ihn handelnde Vorgesetzte soll nach dem erkennbaren Sinn der Regelungen über die dienstliche Beurteilung (Art. 54 ff. LlbG) ein persönliches Werturteil darüber abgeben, ob und inwieweit der Beamte den ebenfalls grundsätzlich vom Dienstherrn zu bestimmenden fachlichen und persönlichen Anforderungen seines Amtes und seiner Laufbahn entspricht. Die verwaltungsgerichtliche Rechtmäßigkeitskontrolle hat sich gegenüber dieser der gesetzlichen Regelung immanenten Beurteilungsermächtigung darauf zu beschränken, ob der Dienstherr den anzuwendenden Begriff oder den gesetzlichen Rahmen, in dem er sich frei bewegen kann, verkannt hat, ob er von einem unrichtigen Sachverhalt ausgegangen ist, allgemein gültige Wertmaßstäbe nicht beachtet, sachfremde Erwägungen angestellt oder gegen Verfahrensvorschriften verstoßen hat. Soweit der Dienstherr Richtlinien für die Abfassung der dienstlichen Beurteilung erlassen hat, ist vom Gericht auch zu prüfen, ob diese – den Dienstherrn gegenüber dem Beamten vermittels Art. 3 Abs. 1 GG rechtlich bindenden – Richtlinien eingehalten sind und ob sie selbst mit den gesetzlichen Regelungen, speziell denen des Leistungslaufbahngesetzes über die dienstliche Beurteilung, und auch sonst mit gesetzlichen Vorschriften im Einklang stehen (vgl. BVerwG, U.v. 11.12.2008 – 2 A 7.07 – juris; U.v. 21.3.2007 – 2 C 2/06 – juris; U.v. 19.12.2002 – 2 C 31.01 – juris; U.v. 30.4.1981 – 2 C 8/79 – juris).
Die verwaltungsgerichtliche Kontrolle kann dagegen nicht dazu führen, dass das Gericht die fachliche oder persönliche Beurteilung des Beamten durch den Dienstherrn in vollem Umfange nachvollzieht oder diese gar durch eine eigene Beurteilung ersetzt (vgl. BVerwG, U.v. 17.9.2015 – 2 C 27/14 – juris; U.v. 26.6.1980 – 2 C 8/78 – juris; BayVGH, B.v. 29.1.1997 – 3 B 95.1662 – juris; U.v. 22.5.1985 – 3 B 94 A.1993 – juris).
Bei der Überprüfung der Beurteilung ist auf die allgemein für die dienstliche Beurteilung von Beamten geltenden Bestimmungen der Art. 54 ff. LlbG und des Abschnitts 3 der Verwaltungsvorschriften zum Beamtenrecht (Bekanntmachung des Bayerischen Staatsministeriums der Finanzen über die Verwaltungsvorschriften zum Beamtenrecht vom 13. Juli 2009, FMBl. S. 190, StAnz. Nr. 35, in der Fassung vom 22.7.2015 – 21 – P 1003/1 – 023 – 19 952/09 – VV-BeamtR sowie auf die zum Beurteilungsstichtag (BVerwG, U.v. 2.3.2000 – 2 C 7/99 – NVwZ-RR 2000, 621 unter Hinweis auf BVerwG, B.v. 14.2.1990 – 1 WB 181/88 – BVerwGE 86, 240; BayVGH, B.v. 27.2.2020 – 3 ZB 18.137 – juris Rn. 6; VG München, U.v. 4.8.2020 – M 5 K 18.2063 – juris Rn. 21) gültigen Beurteilungsrichtlinien abzustellen.
2. Hiervon ausgehend hält die angefochtene dienstliche Beurteilung der verwaltungsgerichtlichen Prüfung nicht stand, denn sie entspricht bereits hinsichtlich der Verlängerung des Beurteilungszeitraums nicht den gesetzlichen Vorgaben in Art. 54 ff. LlbG sowie den hierzu ergangenen Richtlinien der Beklagten bzw. des Bayerischen Staatsministeriums für Unterricht und Kultus.
a) Die Beklagte hat Richtlinien für die dienstliche Beurteilung von Beamtinnen/Beamten und unbefristete Lehrkräfte im Beschäftigungsverhältnis der Stadt … erlassen. Nach Kap. 6 Ziff. 1 Abs. 1 und 2 der zum Beurteilungsstichtag gültigen Beurteilungsrichtlinien sind für die Beurteilungen der Lehrkräfte Kap. 1 und 2 der Städtischen Beurteilungsrichtlinien entsprechend sowie die Richtlinien für die dienstliche Beurteilung und die Leistungsfeststellung der staatlichen Lehrkräfte sowie der Schulleiterinnen und Schulleiter an Schulen in Bayern in der jeweils gültigen Fassung der Bekanntmachung des Bayerischen Staatsministeriums für Unterricht und Kultus (vorliegend die Bekanntmachung vom 7.9.2011 Az.: II.5-5 P 4010.2-6.60 919, geändert durch Bekanntmachung vom 15.7.2015) anwendbar.
b) In formeller Hinsicht dürfte bereits eine unzuständige Stelle die Verlängerung des Beurteilungszeitraums angeordnet haben. Denn wegen der unvorhergesehenen Ruhestandsversetzung des früheren Schulleiters ordnete der Schulreferent der Beklagten zuerst mit schriftlicher Verfügung vom 2. November 2015 und dann mündlich eine Verlängerung des Beurteilungszeitraumes 1. Januar 2011 bis 31. Dezember 2014 bis zuletzt 31. Dezember 2016 für die Wirtschaftsschule im … an. Allerdings wird in Kap. 6 Ziff. 3.4 der Beurteilungsrichtlinien der Beklagten geregelt, dass die Festlegung des Beurteilungszeitraum durch Anordnung des Oberbürgermeisters erfolgt. Da es sich vorliegend jedoch nicht um eine Entscheidung für einzelne, zu beurteilende Lehrkräfte handelt (wie z.B. bei einer Zurückstellung gemäß Art. 56 Abs. 2 LlbG bzw. Kap. 1 Ziff. 6.1 Abs. 3 und Ziff. 6.2 der Beurteilungsrichtlinien der Beklagten), sondern um eine Festlegung für alle ursprünglich zum Stichtag 31. Dezember 2014 zu beurteilenden und in der Wirtschaftsschule am … eingesetzten Lehrkräfte, dürfte eine entsprechende Anordnung über die Verlängerung eines bereits festgelegten Beurteilungszeitraums in die Zuständigkeit des Oberbürgermeisters der Beklagten fallen.
c) Aber auch materiell-rechtlich steht die Verlängerung des Beurteilungszeitraumes nicht in Einklang mit den gesetzlichen Regelungen und den anwendbaren Beurteilungsrichtlinien.
Gemäß Art. 56 Abs. 1, Art. 70 Abs. 8, Art. 64 LlbG, Abschnitt A Ziff. 4.2.1 Buchst. a) der Beurteilungsrichtlinien des Bayerischen Staatsministeriums für Unterricht und Kultus und Kap. 1 Ziff. 6.1. Abs. 1 der Beurteilungsrichtlinien der Beklagten werden Lehrerinnen und Lehrer im Dienst der Beklagten alle vier Jahre periodisch dienstlich beurteilt.
Die dienstliche Beurteilung dient der Verwirklichung des mit Verfassungsrang ausgestatteten Grundsatzes, Beamte nach Eignung, Befähigung und fachlicher Leistung einzustellen und zu befördern (Art. 33 Abs. 2 GG). Ihr Ziel ist es, die den Umständen nach optimale Verwendung des Beamten zu gewährleisten und so die im öffentlichen Interesse liegende Erfüllung hoheitlicher Aufgaben durch Beamte (Art. 33 Abs. 4 GG) bestmöglich zu sichern. Zugleich dient die dienstliche Beurteilung dem berechtigten Anliegen des Beamten, in seiner Laufbahn entsprechend seiner Eignung, Befähigung und Leistung voranzukommen. Die dienstliche Beurteilung soll den Vergleich mehrerer Beamter miteinander ermöglichen. Ihre wesentliche Aussagekraft erhält eine dienstliche Beurteilung erst aufgrund ihrer Relation zu den Bewertungen in den dienstlichen Beurteilungen anderer Beamter. Daraus folgt, dass die Beurteilungsmaßstäbe gleich sein und gleich angewendet werden müssen. Höchstmögliche Vergleichbarkeit von Regelbeurteilungen wird grundsätzlich durch den gemeinsamen Stichtag und den gleichen Beurteilungszeitraum erreicht. Die Einheitlichkeit des Beurteilungszeitraums soll gewährleisten, dass die Beurteilung für alle Beamten gleichmäßig die zu beurteilenden Merkmale nicht nur punktuell, sondern in ihrer zeitlichen Entwicklung unabhängig von einer konkreten Verwendungsentscheidung erfasst (BVerwG, U.v. 9.5.2019 – 2 C 1/18 – juris Rn. 58; U.v. 26.9.2012 – 2 A 2/10 – juris Rn. 9 f.).
Da es beim Vergleich von Regelbeurteilungen zahlreiche Konstellationen, in denen Abweichungen hinsichtlich des gemeinsamen Stichtags und Zeitraums vorkommen können, z.B. weil für einen Bewerber früher ein anderes Beurteilungsregime mit anderen Zeiträumen und Stichtagen galt oder weil ein Bewerber für längere Zeit beurlaubt war (u.ä.), gibt, sind Einschränkungen des Grundsatzes der Einheitlichkeit des Beurteilungszeitraums hinzunehmen (BVerwG, U.v. 9.5.2019 – 2 C 1/18 – juris Rn. 58), dies allerdings nur, soweit diese auf zwingenden Gründen beruhen. Ein zwingender Grund für das Abweichen vom Grundsatz der Einheitlichkeit des Beurteilungszeitraums liegt z.B. dann nicht vor, wenn der Beurteiler die Tätigkeit des Beamten nur für einen Teil des Beurteilungszeitraums aus eigener Anschauung kennt. Denn wenn der Beurteiler die Leistungsbewertung nicht für den vollständigen Beurteilungszeitraum auf seine eigene Anschauung stützen kann, so hat er, um eine aussagekräftige Tatsachengrundlage für seine Bewertung zu erhalten, Beurteilungsbeiträge sachkundiger Personen einzuholen (BVerwG, U.v. 26.9.2012 – 2 A 2/10 – juris Rn. 11).
Vorliegend wurde der Beurteilungszeitraum für Lehrer an der Wirtschaftsschule im … um insgesamt zwei Jahre verlängert, da der frühere Schulleiter ab Sommer 2014 krankheitsbedingt ausgefallen war und der erst zum 1. Juni 2015 bestellte neue Schulleiter noch Unterrichtsbesuche für die Erstellung der Beurteilungen habe durchführen müssen.
Dies stellt aber nach Überzeugung der Kammer keinen ausreichenden Grund im Sinne der o.g. Rechtsprechung dar.
Bereits einige Monate vor Ende des regulären Beurteilungszeitraums zum 31. Dezember 2014 (spätestens ab der Versetzung in den Ruhestand zum 30. September 2014) stand fest, dass der frühere Schulleiter nicht mehr in den Schuldienst zurückkehren würde. Insoweit gingen die Aufgaben des Schulleiters bis zu einer erneuten Besetzung der Schulleitung auf den Vertreter des Schulleiters über. Entsprechend hätte dieser die bis zum Ablauf des Beurteilungszeitraums noch zur Verfügung stehende Zeit für Unterrichtsbesuche nutzen können. Die Bestellung des neuen Schulleiters mit Wirkung zum 1. Juni 2015 steht einem Tätigwerden des stellvertretenden Schulleiters in den Zeiten der Vakanz der Schulleiterstelle gerade nicht entgegen. Denn Sinn und Zweck einer Vertretungsregelung ist es gerade, im Falle des ungeplanten Ausfalls des Stelleninhabers die Funktionsfähigkeit – hier der schulischen – Abläufe aufrechtzuerhalten. Könnte der stellvertretende Schulleiter regelmäßig anfallende Aufgaben nicht wahrnehmen bzw. erledigen, so würde eine Vertretungsregelung weitgehend leerlaufen.
Da der stellvertretende Schulleiter zum Beurteilungsstichtag diese Funktion bereits seit 1. August 2012 innehatte, dürfte der damalige stellvertretende Schulleiter hinsichtlich der Beurteilung der Klägerin zumindest für die Zeit ab deren Rückkehr aus der Elternzeit (ab 31.7.2013) einen eigenen Eindruck von den Leistungen der Klägerin gehabt haben, möglicherweise aber auch schon für die Zeit vor der Elternzeit der Klägerin, in der der stellvertretende Schulleiter Mitglied der erweiterten Schulleitung war. Im Übrigen hätte der stellvertretende Schulleiter entsprechende Beurteilungsbeiträge sachkundiger Personen (z.B. der jeweiligen Fachbetreuerinnen bzw. Fachbetreuer) einholen können und müssen (BVerwG, U.v. 26.9.2012 – 2 A 2/10 – juris Rn. 11).
Dass Beurteilungsbeiträge des früheren Schulleiters hinsichtlich der Klägerin nicht vorhanden waren, hat keine Auswirkungen. Zwar soll entsprechend Abschnitt 3 Ziff. 11.1 Satz 6 VV-BeamtR bei einem Wechsel des unmittelbaren Vorgesetzten der frühere unmittelbare Vorgesetzte gehört werden bzw. hat nach Abschnitt A Ziff. 4.6.1 Buchst. a) der Beurteilungsrichtlinien des Bayerischen Staatsministeriums für Unterricht und Kultus der frühere Schulleiter bei Versetzung in den Ruhestand oder an eine andere Dienststelle, u.ä., dem Nachfolger aussagekräftige Unterlagen für die Erstellung der Beurteilung zu übergeben. Ist dies aber – wie vorliegend – trotz intensiver Bemühungen nicht möglich, so sind andere Informationsquellen einzubeziehen, um zu gewährleisten, dass die Regelbeurteilung die Leistung des Beurteilten während des gesamten Beurteilungszeitraums umfasst (BVerwG, U.v. 9.5.2019 – 2 C 1/18 – juris Rn. 58; U.v. 26.9.2012 – 2 A 2/10 – juris Rn. 9 f.).
Im Übrigen erscheint die Verlängerung des Beurteilungszeitraums auch nicht als geeignetes Mittel, um beim Fehlen von Beurteilungsbeiträgen des früheren Beurteilers sicherzustellen, dass die Leistungen des zu Beurteilenden für den gesamten Beurteilungszeitraum in die Beurteilung einbezogen werden können. Denn durch die Verlängerung des Beurteilungszeitraum kennt der Beurteiler die Tätigkeit des Beamten zwar für einen zusätzlichen Teil des Beurteilungszeitraums aus eigener Anschauung, aber noch immer nicht für den Abschnitt des Beurteilungszeitraums, für den bei ihm keine eigenen Erkenntnisse hinsichtlich des zu beurteilenden Beamten vorliegen.
Ebenfalls unbeachtlich ist, dass es innerhalb des regulären Beurteilungszeitraums möglicherweise nicht zu Unterrichtsbesuchen bei der Klägerin gekommen ist bzw. diese nicht nachvollziehbar dokumentiert wurden. Nach Abschnitt A Ziff. 4.1.1 der Beurteilungsrichtlinien des Bayerischen Staatsministeriums für Unterricht und Kultus sind für die Beurteilung Beobachtungen, die innerhalb und außerhalb des Unterrichts gemacht werden, heranzuziehen. Als Hilfe dienen dabei vor allem Unterrichtsbesuche, daneben die Überprüfung der Aufgabenstellung, der Korrektur und Bewertung von Schülerarbeiten, die persönliche Aussprache sowie die Stellungnahme von weiteren am Beurteilungsverfahren beteiligten Personen. Auch der Leistungsfortschritt der Klasse ist ein wichtiger Indikator. Gemäß Abschnitt A Ziff. 4.1.2 der Beurteilungsrichtlinien des Bayerischen Staatsministeriums für Unterricht und Kultus sollen Unterrichtsbesuche mehrmals – über den Beurteilungszeitraum verteilt – erfolgen. Nach Abschnitt A Ziff. 4.1.3 der Beurteilungsrichtlinien des Bayerischen Staatsministeriums für Unterricht und Kultus können Stellvertreterinnen bzw. Stellvertreter des Schulleiters, Mitglieder der erweiterten Schulleitung sowie Fachbetreuerinnen bzw. Fachbetreuer an den Unterrichtsbesuchen beteiligt werden. Auch wenn danach die Unterrichtsbesuche durchaus eine bedeutsame Rolle bei den Beurteilungen von Lehrkräften zukommt, so machen die Regelungen der Beurteilungsrichtlinien des Bayerischen Staatsministeriums für Unterricht und Kultus deutlich, dass es sich bei den Unterrichtsbesuchen nicht um die allein ausschlaggebende Form der Informationsgewinnung handelt. Fehlt es demnach aufgrund unplanbarer und unerwarteter Entwicklungen an entsprechenden Unterrichtsbesuchen, so muss sich der Beurteiler innerhalb des Beurteilungszeitraums die erforderlichen Erkenntnisse über den zu beurteilenden Lehrer anderweitig verschaffen.
Im Übrigen hätte dem stellvertretenden Schulleiter bis zum Ende des Beurteilungszeitraums ausreichend Zeit zur Verfügung gestanden, um Unterrichtsbesuche vorzunehmen, insbesondere wenn er – wie bereits ausgeführt – Mitglieder einer ggf. vorhandenen erweiterten Schulleitung bzw. Fachbetreuerinnen bzw. Fachbetreuer an den Unterrichtsbesuchen beteiligt hätte.
Hinzu kommt, dass die Verlängerung des Beurteilungszeitraums um insgesamt zwei Jahre nicht auf sachdienliche Erwägungen zu beruhen scheint, sondern eher willkürlich festgelegt sein dürfte. Für das Gericht erschließt sich nicht, weshalb gerade ein Zeitraum von zwei Jahren erforderlich gewesen sein sollte. Dies insbesondere, da die Beurteilungsrichtlinien der Beklagten in Kap. 1 Ziff. 6.2 Abs. 1 vorgeben, dass der Beurteilungszeitraum mindestens ein Jahr betragen muss. Daraus ergibt sich nach Überzeugung der Kammer, dass grundsätzlich ein Zeitraum von einem Jahr, innerhalb dessen ein zu beurteilender Beamter die ihm zugewiesenen Aufgaben ausgeübt hat, ausreicht, um die Leistungen, Fähigkeiten und Eignung eines Beamten beurteilen zu können. Demnach muss einem Beurteiler aber auch ein Jahr genügen, um sich die für die Beurteilung relevanten Erkenntnisse zu beschaffen. Dass dies im Falle der Klägerin nicht zutreffen sollte, ist nicht erkennbar.
Letztlich sieht die Kammer die Überlegungen, dass der unerwartete Ausfall des früheren Schulleiters kein zwingender Grund für das Abweichen vom Grundsatz der Einheitlichkeit des Beurteilungszeitraums sein kann, auch durch die gesetzliche Regelung des Art. 56 Abs. 2 LlbG, die entsprechend sowohl in Kap. 1 Ziff. 6.2 der Beurteilungsrichtlinien der Beklagten als auch in Abschnitt A Ziff. 4.2.1 Buchst. d) der Beurteilungsrichtlinien des Bayerischen Staatsministeriums für Unterricht und Kultus enthalten ist, bestätigt. Danach ist ein Hinausschieben der Beurteilung möglich aus in der Person des zu Beurteilenden liegenden, wichtigen Gründen, nicht aber aus Gründen, die im Verantwortungsbereich des Dienstherrn liegen. Dies insbesondere unter Berücksichtigung, dass durch die Verlängerung des Beurteilungszeitraums bis zum 31. Dezember 2016 Auswirkungen auch für den folgenden Beurteilungszeitraum, der eigentlich vom 1. Januar 2015 bis 31. Dezember 2018 festgelegt gewesen wäre, ergeben. Entsprechend der Anordnung des Schulreferenten vom 2. November 2015 wurde der Stichtag für die nächste periodische Beurteilung bei der Wirtschaftsschule im … auf den 31. Dezember 2020 festgelegt, so dass für einen derzeit nicht feststellbaren Zeitraum ein einheitlicher Beurteilungszeitraum für die an der Wirtschaftsschule am … und die an anderen Schulen eingesetzten Lehrerinnen und Lehrer im Dienste der Beklagten nicht gewährleistet ist.
Entsprechend war die streitgegenständliche Beurteilung aufzuheben und die Beklagte zu verpflichten, die Klägerin für den regulären Beurteilungszeitraum vom 1. Januar 2011 bis 31. Dezember 2014 unter Beachtung der Rechtsauffassung des Gerichts erneut periodisch zu beurteilen.
3. Die Kostenentscheidung beruht auf §§ 161 Abs. 1, 154 Abs. 1 VwGO, der Ausspruch über die vorläufige Vollstreckbarkeit auf § 167 VwGO i.V.m. §§ 708 Nr. 11, 711 ZPO. Gründe, die Berufung nach § 124a Abs. 1 VwGO zuzulassen, liegen nicht vor.


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