Verwaltungsrecht

Prüfbericht über pflegerisch betreute Wohngemeinschaft

Aktenzeichen  12 ZB 16.268

Datum:
21.1.2020
Rechtsgebiet:
Fundstelle:
BayVBl – 2020, 448
Gerichtsart:
VGH
Gerichtsort:
München
Rechtsweg:
Verwaltungsgerichtsbarkeit
Normen:
PfleWoqG Art. 2, Art. 3, Art. 11, Art. 17a, Art. 17d, Art. 19, Art. 22

 

Leitsatz

1. Die Qualifikation einer Wohnform als ambulant betreute Wohngemeinschaft i.S.v. Art 2 Abs. 3 Satz 1 PfleWoqG setzt voraus, dass diese nicht nur darauf abzielt, pflegebedürftigen Menschen die Inanspruchnahme externer Pflege- und Betreuungsleistungen gegen Entgelt zu ermöglichen; sie muss vielmehr zugleich auch dem Wohnen in einem gemeinsamen Haushalt dienen. (Rn. 41) (redaktioneller Leitsatz)
2. Sind die Bewohner einer Wohngemeinschaft „intensivpflegebedürftig“ bzw. liegen sie im Wachkoma, sodass weder eine wechselseitige Kommunikation untereinander noch ein Minimum an gemeinsamen Veranstaltungen – beispielsweise gemeinsame Mahlzeiten – stattfindet, fehlt es am Merkmal des Lebens in einem gemeinsamen Haushalt, sofern dieses Defizit nicht durch ein intensives, die täglichen (Pflege- und Lebens-)Abläufe (mit-)gestaltendes, am mutmaßlichen Willen des Betroffenen orientiertes Tätigwerden des gesetzlichen Vertreters (Betreuers) kompensiert wird. (Rn. 42) (redaktioneller Leitsatz)
3. Besteht in einer ambulant betreuten Wohngemeinschaft ein Selbstverwaltungsgremium nach Art. 22 PfleWoqG, ist die Selbstbestimmung der Bewohnerinnen und Bewohner i.S.v. Art. 2 Abs. 3 Satz 3 Nr. 1 PfleWoqG nur dann gewährleistet, wenn das Gremium die Aufgabe der internen Qualitätskontrolle und die Regelung der Angelegenheiten des täglichen Lebens in der Wohngemeinschaft effektiv wahrnimmt. Hierfür reicht ein nur zweimaliges Zusammentreten des Gremiums pro Jahr jedenfalls dann nicht aus, wenn im Übrigen keine Koordinierung und Absprache zwischen den Bewohnern bzw. ihren Betreuern stattfindet. (Rn. 52) (redaktioneller Leitsatz)
4. Verfügen die Bewohner einer ambulant betreuten Wohngemeinschaft bzw. ihre Betreuer nicht über Haus- und Wohnungsschlüssel und übt der Pflege- oder Betreuungsdienst damit faktisch das Hausrecht in der Wohngemeinschaft aus, besitzt letzterer nicht lediglich einen Gaststatus i.S.v. Art. 2 Abs. 3 Satz 3 Nr. 3 PfleWoqG. (Rn. 54) (redaktioneller Leitsatz)
5. Übernimmt ein Pflege- und Betreuungsdienst die 24-stündige Vollversorgung von pflegebedürftigen Menschen, liegt keine „ambulante Betreuung“ von Bewohnern einer Wohngemeinschaft mehr vor. Auch in diesem Fall kommt dem Pflege- und Betreuungsdienst kein Gaststatus i.S.v. Art. 2 Abs. 3 Satz 3 Nr. 3 PfleWoqG zu. (Rn. 56) (redaktioneller Leitsatz)

Verfahrensgang

M 17 K 14.4341 2015-10-29 Urt VGMUENCHEN VG München

Tenor

I. Der Antrag auf Zulassung der Berufung wird abgelehnt.
II. Die Klägerin trägt die Kosten des Zulassungsverfahrens.
III. Der Streitwert wird für das Zulassungsverfahren auf 5.000,00 € festgesetzt.

Gründe

Die Klägerin wendet sich mit ihrer Klage gegen den von der Fachstelle für Pflege- und Behinderteneinrichtungen – Qualitätsentwicklung und Aufsicht – (FQA) der Beklagten über die von ihr pflegerisch betreute „Wohngemeinschaft“ in der R.-Straße in M. erstellten Prüfbericht vom 9. April 2013. Nach Abweisung ihres Aufhebungsgantrags durch Urteil des Verwaltungsgerichts München vom 29. Oktober 2015 verfolgt sie ihr Begehren mit dem Antrag auf Zulassung der Berufung weiter.
I.
1. Die Klägerin, vormals als „P. V. – Außerklinische Intensivpflege C. S.-B. GmbH & Co. KG“ auftretend, seit Ende 2009 als „P. V. A. I. GmbH“ und seit 1. Juli 2013 unter „G. Gesellschaft für medizinische Intensivpflege B. mbH“ firmierend, betreibt einen Pflegedienst und bietet dabei u.a. die Vermittlung von Betreuungsplätzen in der von ihr als „ambulant betreute Wohngemeinschaft“ bezeichneten Einrichtung in der R.-Straße … in M. an. Der Schwerpunkt ihrer Tätigkeit liegt dabei auf der 24-stündigen, intensivpflegerischen Betreuung von beatmungspflichtigen Patienten und Wachkomapatienten. Die „Wohngemeinschaft“ in der R.-Straße befindet sich im 10. Stock eines ehemaligen Krankenhauses, bei dem eine Station zu einzelnen Zimmern sowie mehreren Gemeinschafts- und Funktionsräumen umgebaut wurde. Die einzelnen „Appartements“ wurden zunächst von der I. GmbH, später von der GW. gGmbH, die jeweils als Hauptmieter auftrat, an die Pflegebedürftigen untervermietet. Aktuell vermittelt die IGW. GmbH die entsprechenden „Plätze“ in der „Wohngemeinschaft“. In ihrem Internetauftritt bewerben sowohl die Klägerin wie auch die IGW. GmbH neben weiteren auch die streitgegenständliche „Wohngemeinschaft“ („Wohngemeinschaft M. OEZ“).
2. Nachdem die Fachstelle (Heimaufsicht) der Beklagten mit Bescheid vom 9. März 2011 die „Wohngemeinschaft“ als stationäre Einrichtung i.S.v. Art. 2 Abs. 1 des Gesetzes zur Regelung der Pflege-, Betreuungs- und Wohnqualität im Alter und bei Behinderung (Pflege- und Wohnqualitätsgesetz – PfleWoqG) qualifiziert und der Klägerin als „Initiatorin“ der „Einrichtung“ die Aufnahme weiterer Bewohnerinnen und Bewohner bis zur Vorlage einer baurechtlichen Genehmigung untersagt hatte, löste die Klägerin die „Wohngemeinschaft“ zunächst Mitte März 2011 auf und verlegte die Bewohner in andere Einrichtungen. Der Bescheid vom 9. März 2011 erwuchs in Bestandskraft. Ab dem 31. August 2011 nahm die Klägerin nach vorheriger Anzeige bei der Beklagten die Betreuung intensivpflegebedürftiger Patienten in der „Wohngemeinschaft“ in der R.-Straße wieder auf. Dabei ging und geht die Klägerin nach wie vor davon aus, dass es sich bei der „Einrichtung“ nicht um eine stationäre Einrichtung i.S.v. Art. 2 Abs. 1 PfleWoqG, sondern vielmehr um eine ambulant betreute Wohngemeinschaft nach Art. 2 Abs. 3 Satz 1 PfleWoqG handelt.
In der Folge betrieb die Klägerin die „Rücknahme“ des Bescheids vom 9. März 2011 bzw. die „Einstufung“ der „Einrichtung“ in der R.-Straße als ambulant betreute Wohngemeinschaft gegenüber der Beklagten, die indes an deren Qualifikation als stationäre Einrichtung festhielt. Das diesbezüglich angestrengte Klageverfahren blieb erfolglos (vgl. hierzu den Beschluss des Senats vom 9.3.2015 – 12 ZB 12.1640 – BeckRS 2015, 43681).
3. Bei einer unangekündigten Prüfung der Einrichtung am 15. Mai 2012 stellte die Fachstelle der Beklagten fest, dass in der „Wohngemeinschaft“ insgesamt 15 Plätze vorgehalten würden. Aktuell hätten 13 Bewohner in der Einrichtung gelebt, von denen zum Prüfungszeitpunkt elf anwesend gewesen seien. Eine weitere unangemeldete Prüfung führten Mitarbeiter der Beklagten am 22. November 2012 durch. Ergänzend hierzu wurden am 26. und am 29. November 2012 insgesamt sechs Angehörige von Bewohnern der Einrichtung telefonisch befragt. Zu den anlässlich der Prüfung festgestellten Mängeln gab die Fachstelle der Beklagten der Klägerin mit Schreiben vom 13. Februar 2013 Gelegenheit zur Äußerung. Es sei weiterhin davon auszugehen, dass es sich bei der „Wohngemeinschaft“ in der R.-Straße um eine stationäre Einrichtung mit vollstationärer Intensivpflege handele. Von 14 vollstationären Einzelwohnplätzen seien zum Prüfungszeitpunkt neun Plätze belegt gewesen; mit einem der acht anwesenden Bewohner habe ein Gespräch geführt werden können. Mit Unterstützung des Pflegepersonals werde den Bewohnern einmal am Tag eine warme Mahlzeit zubereitet, die laut Ernährungsprotokoll entweder aus Tütensuppen, Fertigpizza oder Nudeln mit fertiger Pestosauce bestehe. Die „Wohngemeinschaft“ besitze ein Selbstverwaltungsgremium, das im Jahr 2012 zweimal getagt habe, jeweils initiiert von der Klägerin, deren Vertreter auch an den Sitzungen teilgenommen und das Protokoll geführt hätten. In der Einrichtung stünden derzeit mehrere Zimmer leer. Eines dieser Zimmer werde als Gästezimmer, u.a. für das Personal der Klägerin, genutzt. Das Zimmer sei zum Prüfungszeitpunkt abgeschlossen und der Schlüssel nicht auffindbar gewesen. Darüber hinaus gäbe es in der Einrichtung auch Schulungs- und Mitarbeiterräume. Bewohnereinzüge seien ausschließlich und ohne anderweitige Absprache von der Klägerin vollzogen worden. Kommunikation und Absprachen unter den Angehörigen und Patienten würden lediglich zu den Gremiensitzungen stattfinden. Aufgrund dessen und des hohen Schutzbedürfnisses der Klientel werde die Einrichtung weiterhin als stationäre Einrichtung nach Art. 2 Abs. 1 PfleWoqG qualifiziert. Als erheblicher Mangel sei im Rahmen der Prüfung festgestellt worden, dass bei drei Bewohnern am Bett beidseitig Bettgitter angebracht worden seien. Hierfür habe keine rechtliche Legitimation bestanden. Lediglich die Zustimmung der Angehörigen zu freiheitseinschränkenden Maßnahmen habe vorgelegt werden können.
Dem trat die Klägerin mit Schreiben vom 18. März 2013 entgegen. Sie vertrete nach wie vor die Auffassung, dass es sich bei der „Einrichtung“ in der R.-Straße um eine ambulant betreute Wohngemeinschaft i.S.v. Art. 2 Abs. 3 Satz 1 PfleWoqG handele. Wie aus der Beschriftung der Türklingeln und der Briefkästen zu entnehmen sei, wohnten dort nur Privatpersonen. Eine „Einrichtung“ sei in der R.-Straße weder gemeldet noch als Gesellschaft ansässig. Die Zimmervergabe erfolge durch die Wohngemeinschaft selbst und den Vermieter. Zur Vorbereitung der Gremiensitzungen habe die Sprecherin des Gremiums eine Mitarbeiterin der Klägerin gebeten, sie zu unterstützen. Auf Wunsch der Angehörigen hätten Vertreter der Klägerin sowie des Vermieters bei der Gremiensitzung für Fragen zur Verfügung gestanden. Sie besäßen indes kein Stimmrecht. Weiter entspreche es nicht den Tatsachen, dass in der Einrichtung Schulungs- oder Mitarbeiterräume vorgehalten würden. Kommunikation, Vertragsverhandlungen und der Vertragsabschluss würden ausweislich der vorgelegten Mietverträge und eines Schreibens des Vermieters ausschließlich zwischen Vermieter und Bewohner stattfinden. Weiter treffe es nicht zu, dass lediglich bei den Gremiensitzungen unter den Angehörigen und Patienten Absprachen getroffen würden und Kommunikation stattfinde. Ausweislich des letzten Protokolls habe das Gremium über Besuchsregelungen und über das Hausrecht gesprochen und hierfür Regelungen aufgestellt. Was das Anbringen von Bettgittern beträfe, stelle dies grundsätzlich nur dann eine freiheitsentziehende Maßnahme dar, wenn durch sie der Betroffene in seiner körperlichen Bewegungsfreiheit eingeschränkt werde. Dies sei jedoch dann nicht der Fall, wenn er zu einer willensgesteuerten Aufenthaltsveränderung nicht in der Lage sei.
4. Daraufhin erstellte die Fachstelle der Beklagten am 9. April 2013 einen Prüfbericht nach Maßgabe des Pflege- und Wohnqualitätsgesetzes, der mit einer Rechtsbehelfsbelehrung:versehen war. Mit Bescheid vom gleichen Tag setzte sie für die Durchführung der Prüfung am 22. November 2012 eine Gebühr i.H.v. 42,00 € sowie Auslagen i.H.v. 5,60 € fest. Die Einrichtung habe 14 Bewohnerplätze nach Art. 4 PfleWoqG angezeigt. Gegen beide Bescheide erhob die Klägerin, damals noch als „P.V. außerklinische I. GmbH“ firmierend, Widerspruch. Mit Änderungsbescheid vom 22. August 2014 ermäßigte die Beklagte die Gebührenforderung auf 39,00 €, da bzgl. der angezeigten Bewohnerplätze nunmehr von 13 Plätzen ausgegangen werde.
Den Widerspruch gegen den Prüfbericht wies die Regierung von Oberbayern mit Widerspruchsbescheid vom 3. September 2014 zurück und stellte das Widerspruchsverfahren gegen den Kostenbescheid insoweit ein, als die Gebührenforderung ermäßigt worden war; im Übrigen wies sie auch den Widerspruch gegen den Kostenbescheid zurück.
Die Beklagte habe zutreffend festgestellt, dass es sich bei der von der Klägerin betreuten „Wohngemeinschaft“ um eine stationäre Einrichtung handele. Die Klägerin stelle für die Bewohner Betreuungs- und Pflegeleistungen zur Verfügung. Zwar würden die Mietverträge mit einem Dritten geschlossen, was jedoch nicht ausschließe, dass es sich um eine stationäre Einrichtung handele. Der Bestand der „Wohngemeinschaft“ sei vom Wechsel und der Zahl der Bewohner unabhängig. Ferner werde die Einrichtung auch entgeltlich betrieben. Weiter sei die Selbstbestimmung der Bewohner nicht in dem Umfang gewährleistet, wie ihn Art. 22 PfleWoqG voraussetze. Zwar bestehe ein Gremium, das jedoch 2012 nur zweimal und 2013 nur einmal getagt habe; an der letzten Sitzung hätten lediglich vier Personen teilgenommen. Es sei schwer vorstellbar, dass bei ein bis zwei Sitzungen im Jahr, an der nur ein Teil der Bewohner bzw. deren Betreuer teilnehme, alles geregelt werde, was für das Zusammenleben notwendig sei. Da bereits bei der Prüfung am 15. Mai 2012 festgestellt worden sei, dass die Einrichtung zu diesem Zeitpunkt mit 13 Personen belegt gewesen sei, seien dort jedenfalls auch 13 Plätze vorhanden.
Weiter habe der Prüfbericht zu Recht einen erheblichen Mangel festgestellt, da bei drei Bewohnern beidseitig Bettgitter angewandt worden seien, ohne dass hierfür die rechtliche Legitimation habe vorgelegt werden können. Da nur im Ausnahmefall eine fehlende Genehmigungsbedürftigkeit für diese freiheitsentziehende Maßnahme bestehe, bedürfe es für dessen Feststellung der qualifizierten Stellungnahme eines Arztes, die den Schluss zulasse, der Betroffene sei nicht mehr in der Lage, willentlich sein Bett zu verlassen.
Weiter erweise sich auch der abgeänderte Kostenbescheid als rechtmäßig, da er zu Recht davon ausgehe, dass mindestens 13 Bewohnerplätze in der Einrichtung vorgehalten würden.
5. Hiergegen erhob die Klägerin am 23. September 2014 Klage und beantragte, den Prüfbericht vom 9. April 2013 in der Form des Widerspruchsbescheids vom 3. September 2014 sowie den Kostenbescheid vom 9. April 2013 im der Form des Widerspruchsbescheids vom 3. September 2014 sowie des Änderungsbescheids vom 22. August 2014 aufzuheben.
Die Klage wies das Verwaltungsgericht mit Urteil vom 29. Oktober 2015 ab. Zwar erweise sie sich als zulässig; insbesondere stelle die Anfechtungsklage gegen den Prüfbericht nach § 42 Abs. 1 VwGO die richtige Klageart dar, denn soweit der Prüfbericht vom 9. April 2013 eine erheblichen Mangel feststelle, liege hierin gegenüber der Klägerin ein feststellender Verwaltungsakt.
Materiell sei die Klage hingegen unbegründet, da sowohl der Prüfbericht wie auch der Kostenbescheid vom 9. April 2013, jeweils in Gestalt des Widerspruchsbescheids vom 3. September 2014 bzw. Änderungsbescheids vom 2. September 2014, rechtmäßig seien und die Klägerin nicht in ihren Rechten verletzten.
Der Prüfbericht habe seine Rechtsgrundlage in Art. 6 Abs. 2 i.V.m. Art. 11, 13 PfleWoqG in der Fassung vom 8. Juli 2008. In dieser Fassung finde das Gesetz auf die im November 2012 durchgeführte Prüfung und den Erlass des Prüfberichts am 9. April 2013 Anwendung. Bei dem Prüfbericht handele es sich um einen feststellenden Verwaltungsakt, soweit er sich nicht auf eine bloße Sachverhaltsschilderung beschränke, sondern eine verbindliche Feststellung von Mängeln enthalte. Zwar habe das Pflege- und Wohnqualitätsgesetz in der bis zum 30. Juni 2013 geltenden Fassung keine ausdrückliche Befugnis zum „Erlass“ eines Prüfberichts als feststellendem Verwaltungsakt enthalten. Art. 6 Abs. 2 PfleWoqG habe lediglich die Verpflichtung des Trägers der jeweiligen Einrichtung zur Veröffentlichung von im Rahmen der Qualitätssicherung nach Art. 11 PfleWoqG erstellten Prüfberichten normiert. Nach Art. 11 Abs. 2 Satz 1 Nrn. 1 und 2 PfleWoqG besäßen die Vertreter der zuständigen Behörde jedoch die Befugnis, die für eine Einrichtung genutzten Grundstücke und Räume zu betreten und Prüfungen und Besichtigungen vorzunehmen. Art. 11 Abs. 10 PfleWoqG sehe darüber hinaus lediglich die Verpflichtung der zuständigen Organisationseinheiten zum Austausch von Prüfberichten vor. Art. 13 PfleWoqG eröffne die Möglichkeit, die Anforderungen des Gesetzes mittels behördlicher Anordnungen durchzusetzen. Voraussetzung hierfür sei nach Art. 13 Abs. 1, Abs. 2 PfleWoqG die Feststellung von Mängeln bzw. erheblichen Mängeln. Angesichts dieser Regelungen besitze die zuständige Behörde auch die Befugnis, diese Feststellungen rechtsverbindlich durch (feststellenden) Verwaltungsakt zu treffen.
Die genannten Prüf- und Kontrollbefugnisse fänden nicht nur auf stationäre Einrichtungen i.S.v. Art. 2 Abs. 1 PfleWoqG, sondern nach Art. 2 Abs. 3 Satz 4 PfleWoqG auch auf sog. ambulant betreute Wohngemeinschaften i.S.v. Art. 2 Abs. 3 Satz 1 PfleWoqG Anwendung, wenn diese die Voraussetzungen des Art. 2 Abs. 3 Satz 3 PfleWoqG nicht erfüllten. Diesbezüglich unterscheide das Gesetz zwischen privilegierten ambulant betreuten Wohngemeinschaften, bei denen die Merkmale des Art. 2 Abs. 3 Satz 3 Nrn. 1 bis 5 PfleWoqG vorliegen, und sonstigen ambulant betreuten Wohngemeinschaften, die nach Art. 2 Abs. 3 Satz 4 PfleWoqG stationären Einrichtungen im Hinblick auf die Anwendung des Zweiten Teils des Gesetzes gleichgestellt würden, ohne dass sie dabei die in Art. 2 Abs. 1 Nrn. 1 bis 3 PfleWoqG definierten Merkmale einer stationären Einrichtung aufweisen müssten oder gar zu einer solchen würden.
Bei der von der Klägerin betreuten Einrichtung in der R.-Straße handele es sich nicht um eine ambulant betreute Wohngemeinschaft i.S.v. Art. 2 Abs. 3 Satz 3 PfleWoqG. Es spreche bereits Einiges dafür, dass sie das Merkmal „Leben in einem gemeinsamen Haushalt“ nach Art. 2 Abs. 3 Satz 1 PfleWoqG nicht erfülle, da keine bzw. kaum Anhaltspunkte für ein gemeinschaftliches Wirken (z.B. Einkaufen, Kochen) oder gemeinsame Freizeitaktivitäten der Bewohner ersichtlich seien. Weiter könne dahingestellt bleiben, ob die Merkmale einer stationären Einrichtung i.S.v. Art. 2 Abs. 1 Satz 1 PfleWoqG erfüllt seien. Denn selbst wenn man von einer Einstufung als „ambulant betreute Wohngemeinschaft“ ausgehen wollte, unterläge diese den Bestimmungen der Art. 11 bis 17a des Pflege- und Wohnqualitätsgesetzes, da die Voraussetzungen der Privilegierung nach Art. 2 Abs. 3 Satz 3 PfleWoqG nicht gegeben seien. Dem stehe nicht entgegen, dass der streitgegenständliche Prüfbericht vom 9. April 2013 die Einrichtung als „stationäre Einrichtung“ bezeichne, da dies nicht in dem mit der Anfechtungsklage angreifbaren, feststellenden Teil des Prüfberichts erfolge.
Hinsichtlich der Merkmale des Art. 2 Abs. 3 Satz 3 PfleWoqG seien vorliegend die der Nrn. 4 – bauliche, organisatorische und wirtschaftliche Selbstständigkeit der Wohngemeinschaft – und 2 – freie Wählbarkeit von Art und Umfang der Pflege- und Betreuungsleistungen – erfüllt. Zwar sehe § 7 der sog. „Gremiumsvereinbarung“ vor, dass die Beauftragung eines Pflegedienstes per Mehrheitsbeschluss erfolge, an den alle Mieter der Einrichtung gebunden seien. Dies schließe jedoch die freie Wählbarkeit i.S.v. Art. 2 Abs. 3 Satz 3 Nr. 2 PfleWoqG nicht aus. Auch bestehe keine unangemessene Kündigungsfrist, da diese laut Auskunft des Bevollmächtigten der Klägerin in der mündlichen Verhandlung vier Wochen betrage und damit unter einem Monat liege. Schließlich sei nicht ersichtlich, dass eine Kündigung des Pflegedienstvertrags automatisch zur Kündigung des Mietverhältnisses führe.
Nicht gewährleistet sei im vorliegenden Fall hingegen die Selbstbestimmung der Bewohnerinnen und Bewohner der „Wohngemeinschaft“ i.S.v. Art. 2 Abs. 3 Satz 3 Nr. 1 PfleWoqG. Ausgangspunkt bilde hierbei der Schutzzweck der gesetzlichen Regelung. So gebiete der Umstand, dass sich die Bewohner stationärer Einrichtungen, die möglicherweise in ihrer geistigen und körperlichen Bewegungsfähigkeit eingeschränkt seien und sich daher bei auftretenden Missständen nicht mehr selbst helfen könnten, die Notwendigkeit eines ordnungsrechtlichen Schutzes. Angesichts dessen werde in stationären Einrichtungen ein gewisses Maß an struktureller Fremdbestimmung hingenommen. Seien die Bewohner einer Einrichtung hingegen zu einem selbstbestimmten Leben in der Lage, könnte demgegenüber auf einen Teil der staatlichen Qualitätsprüfung der Wohnform verzichtet werden. Im Rahmen einer ambulant betreuten Wohngemeinschaft beinhalte der Begriff der Selbstbestimmung folglich die aktive Selbstorganisation innerhalb der Wohngemeinschaft.
Unzweifelhaft würden in der Einrichtung der Klägerin überwiegend schwerstpflegebedürftige Menschen betreut, die zu Lebensäußerungen über die Fragen des gemeinsamen Haushalts nur sehr eingeschränkt oder gar nicht in der Lage seien. Das Gericht neige insoweit jedoch nicht dazu, schwerstpflegebedürftigen Patienten ein Selbstbestimmungsrecht im Sinne der Vorschrift des Art. 2 Abs. 3 Satz 3 Nr. 1 PfleWoqG abzusprechen. Vielmehr könne für diesen Personenkreis das Selbstbestimmungsrecht auch von Angehörigen oder Betreuern ausgeübt werden.
Selbstbestimmung werde bei einer ambulant betreuten Wohngemeinschaft im Kern durch ein Gremium i.S.v. Art. 22 PfleWoqG gewährleistet, das die Aufgabe der internen Qualitätssicherung gegenüber den Pflege- und Betreuungsdiensten wahrnehme, sodass die Aufsichtsfunktion des Staates nicht vollumfänglich gefordert sei. Zwar sehe Art. 22 PfleWoqG die Einrichtung eines Gremiums nur „in der Regel“ vor. Jedoch sei ein Gremium jedenfalls dann essenziell, wenn – wie im vorliegenden Fall – mehrheitlich schwerstpflegebedürftige Patienten, die zu einer eigenen Lebensäußerung nicht in der Lage und daher in erhöhtem Maße von einem Pflegedienst abhängig seien, betreut würden.
Im vorliegenden Fall weise die Einrichtung zwar ein Gremium auf, das nach § 4 der Gremiumsvereinbarung „in regelmäßigen Abständen“ tage. Tatsächlich hätten sich dessen Mitglieder in den Jahren 2012, 2013 und 2014 nur zweimal jährlich getroffen. Demgegenüber erfordere die Rücknahme der externen Qualitätskontrolle bei ambulant betreuten Wohngemeinschaften jedoch, dass das Gremium seine Funktion als internes Qualitätssicherungsinstrument tatsächlich ausübe. Um die Angelegenheiten des täglichen Lebens eigenverantwortlich und zeitnah zu regeln, habe sich in der Praxis ein Abstand von sechs Wochen zwischen den einzelnen Gremiensitzungen bewährt. Demgegenüber könnten bei dem hier gegebenen Abstand von rund einem halben Jahr zwischen den Gremiensitzungen eilbedürftige Fragen nicht mehr zeitnah geklärt werden. Eine derart seltene Zusammenkunft der Bewohner bzw. ihrer Angehörigen und Betreuer widerspreche vielmehr dem Wesen einer Wohngemeinschaft und sei stattdessen mit der vollkommen anders gelagerten Sach- und Interessenlage einer stationären Einrichtung oder einer Wohnungseigentümergemeinschaft vergleichbar. Darüber hinaus sei nicht ersichtlich, dass die Bewohner bzw. deren Vertreter auf andere Weise regelmäßig in Verbindung getreten seien, um Angelegenheiten des täglichen Lebens kurzfristig zu regeln. Im Gegenteil hätten Angehörige der Bewohner auf telefonische Anfrage der Beklagten im Wesentlichen geäußert, dass kein bzw. kaum Kontakt zu anderen Bewohnern oder deren Angehörigen bestehe.
Eine andere rechtliche Beurteilung ergebe sich auch nicht aus dem Umstand, dass § 4 Abs. 1 Satz 2 der Gremiumsvereinbarung die Möglichkeit einer außerplanmäßigen, kurzfristigen Versammlung eröffne. Da indes mindestens die Hälfte der Mitglieder der Interessengemeinschaft eine derartige Versammlung beantragen müsste, sei – neben der für einen derartigen Antrag bestehenden Hemmschwelle – auch nicht sichergestellt, dass dringliche Probleme einer Minderheit der Bewohner einer zeitnahen Lösung zugeführt werden könnten.
Schließlich spreche gegen die Gewährleistung der Selbstbestimmung durch das eingerichtete Gremium auch, dass laut der übermittelten Sitzungsniederschriften Fragen der strukturellen Gestaltung des Tagesablaufs, der Pflege und der Betreuung nicht behandelt worden seien.
Außerdem lägen auch die Voraussetzungen des Art. 2 Abs. 3 Satz 3 Nr. 3 PfleWoqG nicht vor, wonach den Pflege- und Betreuungsdiensten in der Wohngemeinschaft nur ein Gaststatus zukommen dürfe, sie insbesondere keine Büroräume in der oder in enger räumlicher Verbindung mit der ambulant betreuten Wohngemeinschaft unterhalten dürften. Umgekehrt müsse vielmehr das Hausrecht bei den Bewohnern bzw. ihren Angehörigen oder Betreuern liegen; sie müssten über die entsprechenden Haus- oder Wohnungsschlüssel verfügen. Im vorliegenden Fall seien die Schlüssel jedoch erst in der Gremiumssitzung vom 24. November 2014 ausgegeben worden. Bis zu diesem Zeitpunkt mussten Angehörige und Betreuer der Bewohner – wie die Beklagte in der mündlichen Verhandlung unwidersprochen ausgeführt habe – am Hauseingang klingeln, um von Mitarbeitern der Klägerin, die rund um die Uhr in der Einrichtung anwesend gewesen seien, eingelassen zu werden. Zum Zeitpunkt der Erstellung des Prüfberichts vom 9. April 2013 hätten die Bewohner bzw. ihre Angehörigen und Betreuer daher nicht über das Hausrecht verfügt. Der Klägerin sei daher in der Einrichtung nicht nur lediglich Gaststatus zugekommen.
Weiter habe die Fachstelle der Beklagten im Prüfbericht vom 9. April 2013 zu recht erhebliche Mängel im Qualitätsbereich der freiheitsbeschränkenden Maßnahmen festgestellt. Unstreitig seien bei einer Bewohnerin und zwei Bewohnern am Bett beidseitig Bettgitter angebracht worden, für die lediglich eine Einwilligungserklärung der Angehörigen vorgelegen habe. Nach § 1906 Abs. 4 BGB bedürfe die Freiheitsentziehung einer Person, die unter Betreuung stehe, in einem Heim oder einer sonstigen Einrichtung jedoch der richterlichen Genehmigung. Dies gelte nach § 1906 Abs. 5 Satz 1 BGB auch, wenn Bevollmächtigte des Betroffenen in die Freiheitsbeschränkung eingewilligt hätten. Das Anbringen von Bettgittern stelle eine freiheitsentziehende Maßnahme dar, wenn nicht ausgeschlossen werden könne, dass der Betroffene zu willensgesteuerten Aufenthaltsveränderungen in der Lage wäre. Die Genehmigungsbedürftigkeit entfalle nur dann, wenn der Betroffene in die Maßnahme wirksam eingewilligt habe oder wenn er bewegungsunfähig sei, weil dann keine Freiheitsbeschränkung vorliegen würde. Im vorliegenden Fall habe die Klägerin bei der Begehung am 22. November 2012 für die betroffenen Bewohner zwar Einwilligungen in das Anbringen von Bettgittern durch die Angehörigen vorlegen, nicht jedoch nachweisen können, dass die Bewohner bewegungsunfähig gewesen seien und deshalb die ansonsten erforderliche richterliche Genehmigung nicht habe eingeholt werden müssen.
Die konkrete Handhabung freiheitsentziehender Maßnahmen rechne, zumal Grundfreiheiten der Bewohner tangiert seien, zu den elementaren Qualitätsanforderungen nach Art. 3 Abs. 2 Nrn. 1 bis 4 PfleWoqG. Vor der Anwendung freiheitsentziehender Maßnahmen müssten stets Alternativen geprüft werden. Ein Verstoß gegen Art. 3 Abs. 2 Nrn. 1 bis 4 PfleWoqG begründe stets einen erheblichen Mangel. Zur Konkretisierung dieses Begriffs könne auf Art. 12 Abs. 4 Satz 4 und Art. 13 Abs. 3 Satz 3 PfleWoqG zurückgegriffen werden, sodass im Falle einer konkreten oder abstrakten Gefahr für die Freiheit der Bewohner stets von einem erheblichen Mangel ausgegangen werden müsse. Demzufolge erweise sich die Feststellung eines erheblichen Mangels im Prüfbericht vom 9. April 2013 als rechtmäßig.
Ebenso rechtmäßig sei auch der Kostenbescheid vom 9. April 2013 ergangen. Da es sich bei der streitgegenständlichen Einrichtung nicht um eine ambulant betreute Wohngemeinschaft i.S.v. Art. 2 Abs. 3 Satz 3 PfleWoqG gehandelt habe, habe die Fachstelle der Beklagten zu Recht eine Prüfung nach Art. 11 PfleWoqG durchführen und hierfür von der Klägerin Gebühren und Auslagen verlangen dürfen. Diese richteten sich nach Art. 6 Kostengesetz (KG) i.V.m. Ziff. 7. VI. 4, Tarifstelle 1.6.1, 1.1 des Kostenverzeichnisses nach der Anzahl der klägerseitig der Fachstelle der Beklagten angezeigten Bewohnerplätze. Hierbei sei nicht auf die tatsächliche Belegung der jeweiligen Plätze abzustellen. Bei der Prüfung der Einrichtung am 15. Mai 2012 habe die Beklagte nach Einholung einer Auskunft des Teamleiters Pflege der Klägerin 13 Bewohnerplätze ermittelt und diese Anzahl zutreffend der Gebührenerhebung zugrunde gelegt. Demzufolge sei die Klage gegen den Prüfbericht als unbegründet abzuweisen gewesen.
6. Gegen dieses Urteil wendet sich nunmehr die Klägerin mit ihrem Antrag auf Zulassung der Berufung, mit dem sie ernstliche Zweifel an der Richtigkeit der verwaltungsgerichtlichen Entscheidung nach § 124 Abs. 2 Nr. 1 VwGO sowie besondere tatsächliche oder rechtliche Schwierigkeiten der Rechtssache nach § 124 Abs. 2 Nr. 2 VwGO geltend macht.
So habe das Verwaltungsgericht rechtsfehlerhaft angenommen, dass bei der von der Klägerin betreuten Intensivpflegewohngemeinschaft die Privilegierungsmerkmale des § 2 Abs. 3 Satz 3 Nrn. 1 und 3 PfleWoqG nicht vorliegen würden. Da in der Wohngemeinschaft ein Selbstverwaltungsgremium existiere, sei nach Art. 22 PfleWoqG davon auszugehen, dass die nach § 2 Abs. 3 Satz 3 Nr. 1 PfleWoqG erforderliche Selbstbestimmung der Bewohnerinnen und Bewohner gewährleistet sei. Insoweit müsse auch dem in Art. 19 lit. a UN-Behindertenrechtskonvention garantierten Recht auf Selbstbestimmung der Wohnform Rechnung getragen werden. Weiter stelle das Verwaltungsgericht an die Arbeit des Selbstverwaltungsgremiums überzogene Anforderungen. Insbesondere sei dessen Zusammentreten nicht im Abstand von jeweils sechs Wochen erforderlich. Diese Auffassung finde im Gesetz keine Grundlage.
Weiter besitze die Klägerin entgegen der Annahme des Verwaltungsgerichts in der „Wohngemeinschaft“ lediglich einen Gaststatus, sodass auch das Merkmal des § 2 Abs. 3 Satz 3 Nr. 3 PfleWoqG erfüllt werde. Die Klägerin übe in der Wohngemeinschaft keinerlei Hausrecht aus. Ihr Gaststatus könne insbesondere auch dann vorliegen, wenn die Bewohner bzw. deren Betreuer für die Wohngemeinschaft keinerlei Schlüssel besitzen würden. In diesem Zusammenhang hätte das Verwaltungsgericht für die Beurteilung des Gaststatus der Klägerin noch weitere Kriterien berücksichtigen müssen.
Weiter lägen auch die von der Beklagten festgestellten Pflegemängel nicht vor. Da die Klägerin die Voraussetzungen einer privilegierten ambulant betreuten Wohngemeinschaft erfülle, hätte die Beklagte ihre Prüfung nicht an den Qualitätsanforderungen des Zweiten Teils des Pflege- und Wohnqualitätsgesetzes ausrichten dürfen, insbesondere keine Pflegemängel nach Art 3 Abs. 2 Nrn. 1 bis 4 PfleWoqG feststellen dürfen, da diese Qualitätsanforderungen nur für stationäre Einrichtungen Geltung beanspruchen würden. Angesichts der rechtlichen Trennung von Pflegedienst und Vermieter fehle es auch an einem Träger der Einrichtung, dem die Verantwortung für die Qualitätssicherung zukomme. Weiter habe das Verwaltungsgericht das Vorliegen der Merkmale einer stationären Einrichtung ausdrücklich offen gelassen. Mithin sei eine Einordnung der angeblichen Pflegemängel unter Art. 3 PfleWoqG nicht möglich. Die Norm finde auf ambulante Pflegedienste keine Anwendung.
Zweifelhaft sei die verwaltungsgerichtliche Entscheidung auch, soweit das Gericht im Hinblick auf die Anwendung freiheitsentziehender Maßnahmen davon ausgegangen sei, dass es am ärztlichen Nachweis der Bewegungsunfähigkeit der Bewohner gefehlt und folglich für die Anbringung von Bettgittern einer richterlichen Genehmigung bedurft habe. Vielmehr hätten die Prüfer der Beklagten bereits anhand der Diagnose sowie der Pflegedokumentation erkennen müssen, dass es sich in den streitgegenständlichen Fällen um Personen gehandelt habe, die zu willensgesteuerten Bewegungen nicht fähig gewesen seien.
Weiter weise die Rechtssache im vorliegenden Fall besondere rechtliche und tatsächliche Schwierigkeiten auf, die die Zulassung der Berufung gebieten würden. In tatsächlicher Hinsicht erweise sich dabei die Frage als besonders schwierig, welche Anforderungen an ein Selbstbestimmungsgremium nach Art. 22 PfleWoqG zu stellen seien, insbesondere wie häufig dieses zu tagen habe.
7. Die Beklagte hat zum Antrag der Klägerin auf Zulassung der Berufung keine Stellung genommen.
Hinsichtlich der weiteren Einzelheiten des Sachverhalts wird auf die dem Senat vorliegenden Gerichts- und Behördenakten einschließlich der Akten des Parallelverfahrens – Az.: 12 ZB 16.21 – verwiesen, ferner auf die Senatsentscheidung vom 9. März 2015 – Az.: 12 ZB 12.1640.
II.
Der Berufungszulassungsantrag erweist sich als unbegründet, da das Verwaltungsgericht die zulässige Klage (1.) gegen den Prüfbericht und den Gebührenbescheid der Beklagten vom 9. April 2013, jeweils in Gestalt des Widerspruchs- bzw. Änderungsbescheids, zu Recht abgewiesen hat. Berufungszulassungsgründe liegen – soweit den Anforderungen des § 124a Abs. 4 Satz 4 VwGO entsprechend dargelegt – nicht vor. So ist insbesondere nicht ernstlich zweifelhaft, dass das Verwaltungsgericht – jedenfalls tendenziell – davon ausgegangen ist, dass es sich bei der von der Klägerin betreuten „Wohngemeinschaft“ nicht um eine ambulant betreute Wohngemeinschaft i.S.v. Art. 2 Abs. 3 Satz 1 PfleWoqG, sondern vielmehr um eine stationäre Einrichtung i.S.v. Art. 2 Abs. 1 PfleWoqG handelt (2.). Dies gilt gleichermaßen, soweit das Verwaltungsgericht mangels Erfüllung einzelner Merkmale des Art. 2 Abs. 3 Satz 3 PfleWoqG nicht vom Vorliegen einer privilegierten ambulant betreuten Wohngemeinschaft ausgegangen ist (3.) mit der Folge, dass auf die von der Klägerin pflegerisch betreute „Einrichtung“ nach Art. 2 Abs. 3 Satz 4 PfleWoqG der Zweite Teil des Pflege- und Wohnqualitätsgesetzes Anwendung findet. Schließlich hat die Klägerin auch nicht substantiiert dargelegt, dass die Beklagte im Prüfbericht vom 9. April 2013 zu Unrecht einen Pflegemangel im Hinblick auf die Anwendung freiheitsentziehender Maßnahmen angenommen hat (4.). Ebenso wenig ist die Berufung wegen besonderer oder tatsächlicher Schwierigkeiten der Rechtssache nach § 124 Abs. 2 Nr. 2 VwGO zuzulassen (5.), sodass der Antrag insgesamt abzulehnen ist.
1. Die auf die Aufhebung des gesamten Prüfberichts der Beklagten vom 9. April 2013 in der Gestalt des Widerspruchsbescheids vom 3. September 2014 sowie des Gebührenbescheids vom 9. April 2013, geändert durch Bescheid vom 22. August 2014 ebenfalls in Gestalt des Widerspruchsbescheids vom 3. September 2014 gerichtete Anfechtungsklage ist insgesamt zulässig.
Klarstellend ist hierzu anzuführen, dass der Prüfbericht vom 9. April 2013 nicht nur insoweit, als er gegenüber der Klägerin Mängel bezeichnet, als feststellender Verwaltungsakt anzusehen ist, sondern – anders als etwa im Fall der Transparenzberichte des Medizinischen Dienstes der Krankenversicherungen (MDK) nach § 115 Elftes Buch Sozialgesetzbuch (SGB XI) – auch hinsichtlich des Tatsachen „beschreibenden“ Teils (zum Rechtsschutz gegen die „Transparenzberichte“ des MDK vgl. Altmiks in Schlegel/Voelzke, jurisPK-SGB XI, 2. Aufl. 2017, § 115 Rn. 93 ff; Knittel in Krauskopf, Soziale Krankenversicherung, Pflegeversicherung, Stand 6/2019, § 115 SGB XI Rn. 3c; Prehn in Berchtold/Huster/Rehborn, Gesundheitsrecht, 2. Aufl. 2018, § 115 SGB XI Rn. 32 ff.). Denn die im Rahmen des Prüfberichts amtlich festgestellten Sachverhalte zeitigen im ordnungsrechtlichen Rahmen des Pflege- und Wohnqualitätsgesetzes beispielsweise im Hinblick auf die Tatbestandsmerkmale des Art. 2 Abs. 3 Satz 3 Nrn. 4 und 5 PfleWoqG, Rechtswirkungen dergestalt, dass sie die rechtliche Qualifikation der jeweiligen Einrichtung und damit das auf sie anwendbare Rechtsregime determinieren. Diesem Umstand hat der Gesetzgeber mit der Einführung von Art. 17d Abs. 1 PfleWoqG durch das Gesetz zur Änderung des Pflege- und Wohnqualitätsgesetzes vom 22. Mai 2013 (GVBl. 2013, 308) Rechnung getragen, wonach nunmehr „Widerspruch und Anfechtungsklage gegen Maßnahmen nach Art. 17a“ PfleWoqG keine aufschiebende Wirkung besitzen (unergiebig zur Frage des VA-Charakters des Prüfberichts hingegen die Gesetzesmaterialien LT-Drucks. 16/15221, S. 11 ff.). Art. 17a PfleWoqG seinerseits normiert die Erstellung eines Pflege-Prüfberichts, der nach Art. 17a Abs. 1 Satz 2 PfleWoqG neben den „am Tag der Überprüfung getroffenen wesentlichen Feststellungen der zuständigen Behörde in dem durch Art. 3 Abs. 2 Nr. 4 festgelegten Qualitätsbereich der pflegerischen Versorgung“ auch „Angaben zu Strukturdaten und allgemeinen Informationen zu der jeweiligen Einrichtung“ enthält (insoweit zu eng Wilcken in Dahlem/Giese/Igl, Heimrecht, Stand 8/2015, Art 17d PfleWoqG Rn. 1 f., wonach sich Widerspruch und Anfechtungsklage nur gegen die Veröffentlichung des Prüfberichts richten sollen; ebenfalls zu eng die „Handreichung zum FQA-Prüfbericht für stationäre Einrichtungen in der Pflege und für Menschen mit Behinderung“ des Bayerischen Sozialministeriums, S. 3 f., wonach nur der Mangelfeststellung im Prüfbericht VA-Qualität zukommen soll; vgl. demgegenüber Dickmann, Heimrecht, 11. Aufl. 2014, D.IV.4 Rn. 30, der von „Widerspruch und Anfechtungsklage gegen den Prüfbericht“ ausgeht). Mithin ist im vorliegenden Fall entsprechend dem umfassenden Klageantrag, den gesamten Prüfbericht in der Gestalt des Widerspruchsbescheids aufzuheben, von einer zulässigen Anfechtungsklage auszugehen.
2. Die Richtigkeit des verwaltungsgerichtlichen Urteils erweist sich entgegen der Ansicht der Klägerin vorliegend nicht i.S.v. § 124 Abs. 2 Nr. 1 VwGO ernstlich zweifelhaft, als das Gericht dazu „neigt“, die von der Klägerin betreute „Wohngemeinschaft“ nicht als ambulant betreute Wohngemeinschaft i.S.v. Art. 2 Abs. 3 Satz 1 PfleWoqG, sondern vielmehr als stationäre Einrichtung i.S.v. Art. 2 Abs. 1 Satz 1 PfleWoqG einzuordnen.
2.1 Art. 2 Abs. 3 Satz 1 PfleWoqG definiert ambulant betreute Wohngemeinschaften als „Wohnformen, die dem Zweck dienen, pflegebedürftigen Menschen das Leben in einem gemeinsamen Haushalt und die Inanspruchnahme externer Pflege- und Betreuungsleistungen gegen Entgelt zu ermöglichen“ [Hervorhebung durch den Senat]. Angesichts dieser kumulativen Zweckrichtung werden „Zweckgemeinschaften“, die ausschließlich auf die gemeinsame Inanspruchnahme von Pflege- und Betreuungsleistungen ausgerichtet sind, mithin auf die Realisierung von Kostenvorteilen durch eine „gepoolte“ Erbringung von Pflegeleistungen, vom Typus der ambulant betreuten Wohngemeinschaft i.S.v. Art. 2 Abs. 3 Satz 1 PfleWoqG grundsätzlich nicht umfasst. Vielmehr muss eine ambulant betreute Wohngemeinschaft, ungeachtet ihrer möglichen „Privilegierung“ nach Art 2 Abs. 3 Satz 3 PfleWoqG, auch und gerade dem Zweck des „Lebens in einem gemeinsamen Haushalt“ dienen. Das „Leben in einem gemeinsamen Haushalt“ stellt jedoch – anders als die „Selbstbestimmung“ der Bewohner einer Einrichtung i.S.v. Art. 2 Abs. 3 Satz 3 Nr. 1 PfleWoqG, bei der die Möglichkeit der Vertretung durch einen Bevollmächtigten bzw. einen Betreuer besteht – vom Tatsächlichen her Anforderungen an die Fähigkeiten der Bewohner der „Wohngemeinschaft“ zur eigenständigen Lebensgestaltung. Sie müssen von ihren geistigen wie auch körperlichen Fähigkeiten jedenfalls grundsätzlich in der Lage sein, ein Minimum an gemeinsamer Lebensführung selbst zu bewältigen. Hierzu rechnet insbesondere die Möglichkeit zur Kommunikation und zum Austausch mit den Mitbewohnern wie auch ein Minimum an gemeinsamen Aktivitäten im Rahmen der Wohngemeinschaft (vgl. hierzu VG Düsseldorf, U.v. 24.11.2017 – 26 K 6422/16 – BeckRS 2017, 132352 Rn. 26; B.v. 16.6.2016 – 26 L 1626/16 – BeckRS 20016, 48504; OVG Münster, B.v. 7.10.2016 – 4 B 777/16 – juris Rn. 10, 17; instruktiv auch zum Begriff des „Wohnens“ in einer ambulant betreuten Wohngemeinschaft aus baurechtlicher Sicht BayVGH, B.v. 3.6.2016 – 15 BV 15.2441 – juris Rn. 24, 30, 32).
Sind umgekehrt die Bewohner einer „Wohngemeinschaft“ dergestalt „intensivpflegebedürftig“ bzw. liegen sie im Wachkoma, dass weder eine wechselseitige Kommunikation untereinander noch ein Minimum an gemeinsamen Veranstaltungen – beispielsweise gemeinsame Mahlzeiten – stattfindet, fehlt es am „Leben in einem gemeinsamen Haushalt“ und damit an einem Kernzweck einer ambulant betreuten Wohngemeinschaft i.S.v. Art. 2 Abs. 3 Satz 1 PfleWoqG. Allein die individuelle pflegerische Betreuung von Wachkomapatienten in einer gemeinsamen „Wohnung“ (sog. „Wachkoma-WG“) führt daher noch nicht zu einer Qualifikation einer derartigen Einrichtung als ambulant betreute Wohngemeinschaft i.S.v. Art. 2 Abs. 3 Satz 1 PfleWoqG, sofern dieses Defizit nicht durch ein intensives, die täglichen (Pflege- und Lebens-)Abläufe (mit-)gestaltendes, am mutmaßlichen Willen des Betroffenen orientiertes Tätigwerden des gesetzlichen Vertreters (Betreuers) kompensiert wird. Ob von einem „Leben in einem gemeinsamen Haushalt“ auch dann ausgegangen werden kann, wenn Betreuer oder Verwandte mit dem Pflegebedürftigen selbst in der „Wohngemeinschaft“ wohnen bzw. sich durch intensives, die täglichen (Pflege- und Lebens-)Abläufe mitgestaltendes Tätigwerden in die Wohngemeinschaft einbringen (vgl. hierzu etwa OVG Bautzen, U.v. 10.9.2015 – 5 A 70/15 – BeckRS 2015, 56017 Rn. 37: „sehr aktive Auftraggebergemeinschaft durch Betreuer oder Angehörige“; VG Oldenburg, U.v. 21.5.2012 – 12 A 1136/11 – BeckRS 2012, 50924), bedurfte in der vorliegenden Fallkonstellation keiner Entscheidung, erweist sich indes nicht als von vornherein ausgeschlossen.
Gemessen an den Feststellungen der Beklagten, die dem streitgegenständlichen Prüfbericht zugrunde liegen, ist die überwiegende Anzahl der Bewohner der „Wohngemeinschaft“ intensivpflegebedürftig bzw. liegt im Wachkoma, findet so gut wie keine Kommunikation zwischen den „Patienten“ statt und fehlt es auch an das tägliche Leben prägenden – zumindest durch den gesetzlichen Vertreter (Betreuer) vermittelten – gemeinsamen Aktivitäten. Demzufolge dient die „Wohngemeinschaft“ im vorliegenden Fall zwar der gemeinschaftlichen Inanspruchnahme von Pflege- und Betreuungsleistungen, nicht hingegen auch einem „Leben in einem gemeinsamen Haushalt“, sodass eine Qualifikation als ambulant betreute Wohngemeinschaft nach Art. 2 Abs. 3 Satz 1 PfleWoqG vorliegend bereits aus diesem Grund ausscheidet.
2.2 Demgegenüber erfüllt die „Wohngemeinschaft“, die die Klägerin pflegerisch betreut, die Anforderungen einer stationären Einrichtung nach Art. 2 Abs. 1 PfleWoqG, wie die Beklagte zutreffend angenommen hat. Danach sind stationäre Einrichtungen im Sinne des Gesetzes Einrichtungen, „die dem Zweck dienen, ältere Menschen, pflegebedürftige Volljährige oder volljährige behinderte oder von Behinderung bedrohte Menschen i.S.d. § 2 Abs. 1 des Neunten Buchs Sozialgesetzbuch aufzunehmen, ihnen Wohnraum zu überlassen sowie Betreuungs- und Pflegeleistungen zur Verfügung zu stellen oder vorzuhalten“. Ferner müssen diese Einrichtungen „in ihrem Bestand vom Wechsel sowie Zahl der Bewohnerinnen und Bewohner unabhängig“ sein und „entgeltlich betrieben werden“. Letztere Kriterien, nämlich Bestand der „Wohngemeinschaft“ unabhängig vom Wechsel sowie der Zahl der Bewohner sowie deren entgeltlicher Betrieb, liegen im vorliegenden Fall offenkundig vor. Darüber hinaus wird den Bewohnern sowohl (im Rahmen von Untermietverhältnissen) Wohnraum überlassen wie auch Betreuungs- und Pflegeleistungen zur Verfügung gestellt. Dass im vorliegenden Fall die Wohnraumüberlassung und die Erbringung von Pflege- und Betreuungsleistungen über unterschiedliche juristische Personen erfolgt, steht der Annahme – trotz der jedenfalls formal bestehenden Trennung der beiden Leistungen – ebenso wenig entgegen wie der Umstand, dass es jedenfalls formal keinen „Träger“ der Einrichtung der Klägerin gibt. Die „Wohngemeinschaft“ ist daher nach Art. 2 Abs. 1 Satz 1 PfleWoqG als stationäre Einrichtung zu qualifizieren. Hiervon ist die Beklagte im Rahmen des streitgegenständlichen Prüfvorgangs auch zutreffend ausgegangen.
2.3 Einer Qualifizierung der „Wohngemeinschaft“ als stationäre Einrichtung i.S.v. Art. 2 Abs. 1 Satz 1 PfleWoqG lässt sich auch nicht Art. 19 lit. a des UN-Übereinkommens über die Rechte von Menschen mit Behinderungen (UN-Behindertenrechtskonvention) entgegenhalten.
Nach Art. 19 der UN-Behindertenrechtskonvention anerkennen die Vertragsstaaten – darunter auch die Bundesrepublik Deutschland – das gleiche Recht aller Menschen mit Behinderungen, mit gleichen Wahlmöglichkeiten wie andere Menschen in der Gemeinschaft zu leben. Im Rahmen der hierfür zu treffenden Maßnahmen gewährleisten die Vertragsstaaten u.a., dass Menschen mit Behinderung gleichberechtigt die Möglichkeit besitzen, ihren Aufenthaltsort zu wählen und zu entscheiden, wo und mit wem sie leben, und nicht verpflichtet sind, in besonderen Wohnformen zu leben (Art. 19 lit. a). Indes vermittelt die genannte Bestimmung, ungeachtet der Frage ihrer unmittelbaren Anwendbarkeit im nationalen Recht (vgl. hierzu LSG Baden-Württemberg, U.v. 25.9.2019 – L 7 SO 4668/15 – BeckRS 2019, 23588, Rn. 62 ff.; OVG Lüneburg, B.v. 12.12.2017 – 13 PA 222/17 – BeckRS 2017, 136031 Rn. 17; LSG Nordrhein-Westfalen, B.v. 6.2.2014 – L 20 SO 436/13 B ER – BeckRS 2014, 66370 sub II. 1. f. aa.: „kein Recht auf ambulante Pflege und Betreuung in der eigenen Wohnung“), der Klägerin als „Initiatorin“ und Betreuerin einer „Einrichtung“ bereits keine eigene Rechtsposition. Es ist ferner auch nicht ersichtlich, wie durch die ordnungsrechtliche Qualifizierung des Typus einer bestimmten Pflegeeinrichtung, deren Rahmenbedingungen die Klägerin und der Vermieter ausgestalten, eine Pflicht von Wachkomapatienten oder beatmungspflichtigen Patienten zum Leben in einer bestimmten Wohnform generiert werden soll. Da die Bewohner der „Wohngemeinschaft“ diese selbst ausgewählt haben und darüber hinaus jederzeit die Möglichkeit besitzen, sich eine andere Betreuungseinrichtung zu suchen, kann von einer „fremdbestimmten“ Wohnform keine Rede sein. Wählen die Pflegebedürftigen die von der Klägerin betreute „Wohngemeinschaft“, wählen sie eine stationäre Einrichtung. Anhaltspunkte dafür, dass die gesetzliche Abgrenzung verschiedener Einrichtungstypen in Art. 2 PfleWoqG zum Ausschluss der Wahl einer ambulant betreuten Wohngemeinschaft auch für intensivpflegebedürftige Patienten führen würde, sind nicht erkennbar, zumal dann nicht, wenn sie durch ein intensives Tätigwerden des gesetzlichen Vertreters (Betreuers) begleitet wird. Die ordnungsrechtliche Qualifikation einer Betreuungseinrichtung beeinflusst daher die Wahl der Wohnform eines behinderten Menschen nicht.
3. Selbst wenn man mit dem Verwaltungsgericht zu Gunsten der Klägerin vorliegend davon ausginge, dass es sich bei der von ihr betreuten „Wohngemeinschaft“ um eine ambulant betreute Wohngemeinschaft i.S.v. Art. 2 Abs. 3 Satz 1 PfleWoqG handelte, fehlte es – wie das Verwaltungsgericht in der angefochtenen Entscheidung zutreffend herausgearbeitet hat – an der Erfüllung der Privilegierungsmerkmale des Art. 2 Abs. 3 Satz 3 Nrn. 1 und 3 PfleWoqG (nachfolgend 3.1 und 3.2), sodass die „Wohngemeinschaft“ jedenfalls als quasi-stationäre Wohngemeinschaft einzustufen wäre mit der Folge, dass nach Art. 2 Abs. 3 Satz 4 PfleWoqG ebenso wie bei stationären Einrichtungen der Zweite Teil des Pflege- und Wohnqualitätsgesetzes Anwendung fände. Darüber hinaus fehlt es aus Sicht des Senats entgegen der Auffassung des Verwaltungsgerichts auch an den Merkmalen des Art. 2 Abs. 3 Satz 3 Nr. 2 PfleWoqG – freie Wahl des Betreuungs- und Pflegedienstes (3.3) – sowie Art. 2 Abs. 3 Satz 3 Nr. 5 PfleWoqG – Obergrenze für pflege- und betreuungsbedürftige Personen in einer ambulant betreuten Wohngemeinschaft (3.4).
3.1 Ausgehend von einer unterschiedlichen Schutzbedürftigkeit pflege- und betreuungsbedürftiger Personen gestaltet der Gesetzgeber im Pflege- und Wohnqualitätsgesetz die ordnungsrechtlichen Befugnisse der Fachstelle (FQA) der Beklagten unterschiedlich intensiv aus. Während die strukturelle Abhängigkeit eines Pflegebedürftigen in einer stationären Einrichtung gleichsam kompensatorisch weitreichende Überwachungs- und Eingriffsbefugnisse der Fachstelle nach sich zieht, werden diese bei einer sog. privilegierten ambulant betreuten Wohngemeinschaft, die die Kriterien des Art. 2 Abs. 3 Satz 3 PfleWoqG vollumfänglich erfüllt, dergestalt zurückgenommen, dass der Zweite Teil des Pflege- und Wohnqualitätsgesetzes nicht anzuwenden ist, stattdessen der Dritte Teil sowie ergänzend die Art. 24 und 25 PfleWoqG zur Anwendung kommen. Liegen die Privilegierungsmerkmale hingegen nicht kumulativ vor, findet wie bei stationären Einrichtungen der Zweite Teil des Pflege- und Wohnqualitätsgesetzes Anwendung; es handelt sich in diesem Fall um eine sog. quasi-stationäre Wohngemeinschaft.
Als erstes Privilegierungsmerkmal einer ambulant betreuten Wohngemeinschaft nennt Art. 2 Abs. 3 Satz 3 Nr. 1 PfleWoqG die Gewährleistung der Selbstbestimmung der Bewohnerinnen und Bewohner. Dem liegt nach dem Konzept der abgestuften Schutzwürdigkeit der Gedanke zugrunde, dass die Ausübung des Selbstbestimmungsrechts den Bewohnern einer ambulant betreuten Wohngemeinschaft die Möglichkeit gibt, intern die erforderliche Qualitätskontrolle des Pflegedienstes aber auch der Gestaltung der räumlichen Umgebung und des Alltags selbst wahrzunehmen. Beseitigt die Wahrnehmung der Selbstbestimmungsmöglichkeiten der Bewohner der Wohngemeinschaft die strukturelle Abhängigkeit zu einem Einrichtungsträger, rechtfertigt dies eine Zurücknahme der externen Qualitätskontrolle durch die Heimaufsicht bzw. die Fachstelle (FQA) des Beklagten.
Ergänzend hierzu bestimmt Art. 22 PfleWoqG, dass zur Gewährleistung der Selbstbestimmung der Bewohner einer ambulant betreuten Wohngemeinschaft nach Art. 2 Abs. 3 Satz 3 Nr. 1 PfleWoqG in der Regel ein Gremium einzurichten ist, das die interne Qualitätssicherungsfunktion ausübt und die Angelegenheiten des täglichen Lebens regelt (Satz 1). In diesem Gremium müssen nach Art. 22 Satz 2 PfleWoqG alle Bewohnerinnen und Bewohner sowie für den Fall, dass diese ihre Angelegenheiten nicht mehr selbstständig regeln können, deren Betreuer oder Angehörige vertreten sein. Ferner dürfen nach Art 22 Satz 3 PfleWoqG weder die Vermieterinnen bzw. Vermieter noch ein evtl. vorhandener Träger noch die Pflege- und Betreuungsdienste in diesem Gremium ein Stimmrecht besitzen.
Soweit Art. 22 Satz 1 PfleWoqG konkret verlangt, dass das Selbstbestimmungsgremium der ambulant betreuten Wohngemeinschaft die interne Qualitätssicherungsfunktion ausübt und die Angelegenheiten des täglichen Lebens regelt, liegt hierin zugleich das Erfordernis einer effektiven Aufgabenwahrnehmung durch das Gremium (vgl. hierzu VG Augsburg, U.v. 22.7.2014 – Au 3 K 13.444 – BeckRS 2014, 56697 Rn. 59). Denn nur die tatsächliche und effektive Ausübung der internen Qualitätskontrolle und der Regelung der Angelegenheiten des täglichen Lebens durch das Gremium erlaubt den Schluss auf die hinreichende Gewährleistung der Selbstbestimmung der Bewohner und damit einhergehend deren geringere Schutzbedürftigkeit, die ihrerseits zum Zurückschrauben der externen Kontrolle durch die Heimaufsicht führt. Insofern erweist sich die Auffassung der Klägerin, allein das Bestehen eines Selbstverwaltungsgremiums in einer ambulant betreuten Wohngemeinschaft gewährleiste bereits per se die Selbstbestimmung der Bewohner und erfülle damit gleichsam automatisch den Privilegierungstatbestand des Art. 2 Abs. 3 Satz 3 Nr. 1 PfleWoqG, als unzutreffend.
Umgekehrt ist die Auffassung des Verwaltungsgerichts, die effektive Aufgabenwahrnehmung durch das Selbstverwaltungsgremium erfordere dessen Zusammentreten etwa alle sechs Wochen, die sich auf die Erfahrungswerte von Modellprojekten stützt, nicht zu beanstanden (vgl. hierzu Bayerisches Staatsministerium für Gesundheit und Pflege [Hg.], Selbstbestimmt leben in ambulant betreuten Wohngemeinschaften, Stand 9/2014, S. 52 ferner Anhang S. 3). Denn sowohl die Reaktion auf aufgetretene Qualitätsmängel bei Pflege- und Betreuung wie auch die konkrete Gestaltung des täglichen Lebens erfordern eine zeitnahe Befassung des Gremiums mit den entsprechenden Fragen (vgl. hierzu OVG Bautzen, U.v. 10.9.2015 – 5 A 70/15 – BeckRS 2015, 56017 Rn. 41). Daraus folgt zugleich, dass ein Zusammentreten des Selbstverwaltungsgremiums nur zweimal im Jahr, wie in der von der Klägerin betreuten „Wohngemeinschaft“ praktiziert, nicht geeignet ist, eine effektive Qualitätskontrolle ebenso wie eine effektive Regelung der Angelegenheiten des täglichen Lebens zu gewährleisten. Ebenso wenig weisen die vom Selbstverwaltungsgremium der „Wohngemeinschaft“ in den hier maßgeblichen Jahren 2012 bis 2014 behandelten Fragen auf eine effektive Wahrnehmung von Qualitätskontrolle der Pflege wie auch auf eine Regelung bzw. Strukturierung des Alltags hin. Mithin besteht bei der von der Klägerin betreuten „Wohngemeinschaft“ zwar formal ein Selbstverwaltungsgremium, es gewährleistet indes nicht – wie das Verwaltungsgericht zutreffend herausgearbeitet hat – die Selbstbestimmung der Bewohnerinnen und Bewohner.
Soweit die Klägerin im Rahmen der Zulassungsbegründung darauf hinweist, dass Art. 22 Satz 1 PfleWoqG die Einrichtung eines Gremiums zur Gewährleistung der Selbstbestimmung der Bewohner der Wohngemeinschaft nur „in der Regel“ vorsieht, mithin Raum für alternative Möglichkeiten der Ausübung der internen Qualitätssicherungsfunktion und der Regelung der Angelegenheiten des täglichen Lebens eröffnet, trifft dies zu. Indes zeigt die Klägerin nicht auf, welche alternative Selbstbestimmungsformen – neben dem eingerichteten Selbstverwaltungsgremium – in der „Wohngemeinschaft“ bestehen. Nicht zielführend ist insoweit der Verweis auf die vom Medizinischen Dienst der Krankenkassen (MDK) durchgeführten Prüfungen der „Wohngemeinschaft“ nach dem Elften Buch Sozialgesetzbuch, die der Klägerin ein gutes Pflegeniveau bescheinigen. Denn durch eine externe Kontrolle kann schon per se nicht die als Ausdruck der Selbstbestimmung der Bewohner geforderte „interne Qualitätssicherungsfunktion“ ersetzen. Hinzu kommt, dass die Prüfungen durch den MDK regelmäßig nur in jährlichem Abstand stattfinden und so eine zeitnahe Reaktion auf Qualitätsmängel in der Pflege noch weniger gewährleistet erscheint als durch ein in halbjährigem Abstand tagendes Gremium. Darüber hinaus vermag die Prüfung durch den MDK von ihrem Gegenstand her nicht die einem Selbstverwaltungsgremium überantwortete Regelung der Angelegenheiten des täglichen Lebens zu substituieren. Schließlich hat die bei den Bewohnern bzw. Betreuern von der Beklagten parallel zur Prüfung der „Wohngemeinschaft“ durchgeführte Befragung ergeben, dass jenseits des eingerichteten Gremiums weder eine Qualitätskontrolle noch eine Abstimmung der Bewohner bzw. Betreuer über die Angelegenheiten des täglichen Lebens stattfindet. Demzufolge fehlt es im vorliegenden Fall trotz der Installierung eines „Gremiums“ an der Gewährleistung der Selbstbestimmung der Bewohnerinnen und Bewohner der „Wohngemeinschaft“.
3.2 Nach Art. 2 Abs. 3 Satz 3 Nr. 3 PfleWoqG erfordert die Privilegierung einer ambulant betreuten Wohngemeinschaft weiterhin, dass den Pflege- und Betreuungsdiensten in der Wohngemeinschaft nur ein „Gaststatus“ zukommen darf, sie insbesondere keine Büroräume in der oder in enger räumlicher Verbindung mit der ambulant betreuten Wohngemeinschaft unterhalten dürfen. Das „Hausrecht“ muss demzufolge in der ambulant betreuten Wohngemeinschaft ausschließlich bei den Bewohnern liegen. Dies war indes jedenfalls bis November 2014 nach den von der Klägerin nicht bestrittenen Feststellungen der Fachstelle der Beklagten schon deshalb nicht der Fall, weil bis zu diesem Zeitpunkt weder die Bewohner der „Wohngemeinschaft“ noch deren Verwandte oder Betreuer über Hausschlüssel bzw. Schlüssel zu den einzelnen „Appartements“ verfügt haben, sie vielmehr von Mitarbeitern der Klägerin nach vorherigem Läuten erst den Zutritt eröffnet erhielten (vgl. hierzu die Gesetzesbegründung zum PfleWoqG LT-Drucks. 15/10182, S. 20: „Maßgeblich dafür ist, dass das Hausrecht im Rahmen des Mieterstatus bei den Bewohnerinnen und Bewohnern der Wohngemeinschaft bzw. ihren gesetzlichen Vertretern liegt und der Pflege- und Betreuungsdienst einen Gaststatus hat. Dazu gehört, dass die Bewohnerinnen und Bewohner bzw. deren Angehörige oder gesetzliche Betreuerinnen oder Betreuer einen Haus- oder Wohnungsschlüssel haben.“). Mithin hatte die Klägerin faktisch die Rolle des Hausherren übernommen, was der Annahme eines Gaststatus stets entgegensteht (vgl. hierzu für die niedersächsische Rechtslage VG Oldenburg, U.v. 21.5.2012 – 12 A 1136/11 – BeckRS 2012, 50924).
Soweit die Klägerin in der Zulassungsbegründung vorträgt, ihr könne auch dann ein „Gaststatus“ zukommen, wenn die Bewohner der Wohngemeinschaft bzw. deren Betreuer nicht über Schlüssel verfügten, weil für die Zuerkennung des „Gaststatus“ noch weitere Kriterien zu berücksichtigen seien, insbesondere, dass der Verbleib der Bewohner in der Wohngemeinschaft bis zu ihrem Lebensende möglich sei, dass die Klägerin in keiner rechtlichen Beziehung zum Vermieter der „Wohngemeinschaft“ stehe, dass Gremiensitzungen ohne Beteiligung des Pflegedienstes durchgeführt würden und dass die Bewohner bzw. deren Betreuer vom Gaststatus der Klägerin in der „Wohngemeinschaft“ Kenntnis hätten, kann sie damit nicht durchdringen. So erschließt es sich nicht, wie sich ein lebenslanges Wohnrecht eines Bewohners der „Wohngemeinschaft“ auf den „Gaststatus“ der Klägerin auswirken soll, ebenso wenig wie die behauptete rechtliche Unabhängigkeit von Klägerin und Vermieter auf den an tatsächliche Gegebenheiten anknüpfenden „Gaststatus“ durchschlagen sollen. Gleiches gilt für die behauptete Nichtbeteiligung an Gremiensitzungen, der indes die tatsächliche „Mithilfe“ bei deren Organisation, das „Zurverfügungstehen“ für Fragen sowie die Protokollierung der Gremiensitzung durch Mitarbeiter der Klägerin entgegenstehen. Schließlich führt auch der behauptete Umstand, dass den Bewohnern der „Wohngemeinschaft“ bzw. deren Betreuern der „Gaststatus“ der Klägerin bekannt sei, nicht zu dessen tatsächlichem Vorliegen. Insoweit argumentiert die Klägerin ersichtlich mit einer petitio principii.
Umgekehrt sprechen im vorliegenden Fall über die Handhabung des Hausrechts hinaus noch weitere Umstände gegen einen „Gaststatus“ der Klägerin in der „Wohngemeinschaft“. So spricht Vieles dafür, dass sie in den Räumlichkeiten der R.-Straße entgegen der ausdrücklichen gesetzlichen Vorgabe ein Büro unterhält. Dies ergibt sich zum einen aus den von der Beklagten im Rahmen der Überprüfung der Einrichtung gefertigten Fotoaufnahmen. Zum anderen folgt ein fehlender Gaststatus auch aus dem Umstand, dass die Klägerin gegenüber den überwiegend intensivpflegebedürftigen Bewohnern der WG, zum Teil Wachkomapatienten, im Schichtbetrieb 24 Stunden täglich Pflege- und Betreuungsleistungen erbringt (vgl. hierzu OVG Bautzen, U.v. 10.9.2015 – 5 A 70/15 – BeckRS 2015, 56017 Rn. 33; a.A. zur sog. Rund-um-die-Uhr-Betreuung OVG Magdeburg, U.v. 10.2.2015 – 4 L 51/14 – BeckRS 2015, 44953 LS 3). Schon von ihrem Umfang her kann eine derartige Dienstleistung nicht mehr „ambulant“ als „Gast“ in der „Wohngemeinschaft“ erfolgen; sie bedarf vielmehr einer entsprechenden Logistik, einschließlich der Erstellung eines Dienstplans, Aufenthalts- und Sanitärräume für die Mitarbeiter etc. (vgl. zur Gefahr der Übernahme einer „Hausherrenrolle“ durch den beauftragten Dienstleistungsanbieter im Falle einer 24-Stunden-Betreuung von hilfs- und pflegebedürftigen Menschen: Bayerisches Staatsministerium für Gesundheit und Pflege [Hg.], Selbstbestimmt leben in ambulant betreuten Wohngemeinschaften, Stand 9/2014, S. 38). Im Ergebnis ist daher festzuhalten, dass auch die Einwände der Klägerin gegen den vom Verwaltungsgericht angenommenen fehlenden „Gaststatus“ der Klägerin i.S.v. Art. 2 Abs. 3 Satz 3 Nr. 3 PfleWoqG nicht durchgreifen.
3.3 Hinzu kommt, dass entgegen der Auffassung des Verwaltungsgerichts auch das Tatbestandsmerkmal des Art. 3 Abs. 3 Satz 3 Nr. 2 PfleWoqG nicht vorliegt. Danach ist es für die Annahme der Privilegierung der ambulant betreuten Wohngemeinschaft erforderlich, dass die Bewohnerinnen und Bewohner oder deren gesetzliche Betreuungspersonen die Betreuungs- und Pflegedienste sowie Art und Umfang der Betreuungs- und Pflegeleistungen frei wählen können. Dass dies bei der von der Klägerin betreuten Wohngemeinschaft in der R.-Straße der Fall ist, erscheint angesichts der Ausgestaltung der individuellen Pflegevereinbarung wie auch der sog. „Gremiumsvereinbarung“ vom 15. Juni 2012 zweifelhaft. Zwar sieht der Musterpflege- und – betreuungsvertrag, den die Klägerin der Beklagten vorgelegt hat, die Möglichkeit der Kündigung des Dienstes der Klägerin mit einer Frist von 14 Tagen zum Monatsende vor. Indes soll diese Kündigungsmöglichkeit dann nicht bestehen, wenn der Vertrag zeitlich befristet geschlossen worden ist.
Hinzu kommt, dass nach der sog. „Gremiumsvereinbarung“ vom 15. Juni 2012, der jeder neue Mieter der „Wohngemeinschaft“ mit Abschluss des Mietvertrages beizutreten hat, zunächst die Wahl des Dienstleistungsanbieters durch Mehrheitsbeschluss erfolgt und in der Folge alle Mieter verpflichtet sind, ausschließlich den mehrheitlich gewählten Anbieter mit ihrer Versorgung zu beauftragen (vgl. § 7 der Gremiumsvereinbarung). Demzufolge ist es weder einem neu in die „Wohngemeinschaft“ einziehenden Mieter möglich, einen anderen als den mehrheitlich gewählten Pflegedienst zu beauftragen noch besteht die Möglichkeit, als einzelnes Mitglied der „Wohngemeinschaft“ den Pflegedienstanbieter – etwa bei auftretenden Qualitätsmängeln – zu wechseln. Hierzu bedürfte es nach der genannten Regelung ebenfalls eines Mehrheitsbeschlusses und des Wechsels des Dienstleisters durch alle Mitglieder der „Wohngemeinschaft“. Dass nach der Gesetzesbegründung zum Pflege- und Wohnqualitätsgesetz (LT-Drucks. 15/10182, S. 20), die zunächst die Wahlfreiheit stark in den Vordergrund rückt, diese jedoch zugleich auch dann gewährleistet wissen will, wenn „der Pflege- oder Betreuungsdienst bzw. Inhalt und Umfang der allgemeinen Pflege- und Betreuungsleistungen durch eine Mehrheitsentscheidung der Bewohner bzw. der Betreuer in einem Gremium bestimmt wird (Auftragsgemeinschaft)“, lässt sich jedenfalls für den Fall eines Wechsels des Dienstleistungsanbieters während des laufenden Pflege- und Betreuungsverhältnisses beispielsweise wegen Qualitätsmängeln nicht nachvollziehen (vgl. VG Düsseldorf, U.v. 24.11.2017 – 26 K 6422/16 – BeckRS 2017, 132352 Rn. 28; hierzu auch OVG Magdeburg, U.v. 10.2.2015 – 4 L 51/14 – BeckRS 2015, 44953 LS 4, das die Wahlfreiheit auch im Rahmen einer „kollektiven Wahlfreiheit und Mehrheitsentscheidung“ gewahrt sieht; zur Mehrheitsentscheidung bei der Wahl des Pflegedienstes vgl. ferner OVG Münster, B.v. 7.10.2016 – 4 B 777/16 – BeckRS 2016, 53362 Rn. 14).
Im vorliegenden Fall läuft das im Pflege- und Betreuungsvertrag vereinbarte 14-tägige Kündigungsrecht faktisch leer. Angesichts der Vertragskonstruktion, die das Mietverhältnis über die Gremiumsvereinbarung mit dem individuellen Pflege- und Betreuungsvertrag verknüpft, kann jedenfalls, was die Möglichkeit eines Wechsels des Dienstleistungsanbieters als Mitglied der „Wohngemeinschaft“ betrifft, von der „freien Wahl“ des Pflege- und Betreuungsdienstes keine Rede sein. Die Bewohner der Einrichtung in der R.-Straße sind vielmehr allein auf die Klägerin festgelegt.
3.4 Schließlich erfüllt die streitgegenständliche „Wohngemeinschaft“ auch das Kriterium des Art. 2 Abs. 3 Satz 3 Nr. 5 PfleWoqG nicht, wonach in einer ambulant betreuten Wohngemeinschaft nicht mehr als zwölf pflege- und betreuungsbedürftige Personen wohnen dürfen.
Aus rechtssystematischen Gründen ist für die Feststellung der Überschreitung dieser Obergrenze für Mitglieder einer ambulant betreuten Wohngemeinschaft nicht die tatsächliche Belegung der Zimmer, sondern vielmehr die Gesamtzahl der in der „Wohngemeinschaft“ vorhandenen Plätze maßgeblich. Ein Abstellen auf die in der Praxis offenkundig schwankende Belegung der Einrichtung in der R.-Straße – im Mai 2012 13 Bewohner, im November 9 Bewohner – hätte andernfalls zur Folge, dass sich die rechtliche Einordnung und damit die jeweils einzuhaltenden Standards der Einrichtung angesichts der Regelung in Art. 2 Abs. 3 Satz 3 Nr. 5 PfleWoqG bei Über- bzw. Unterschreiten der Obergrenze permanent ändern würde. Einem ständigen Wechsel des Status einer Einrichtung je nach aktueller Belegung steht indes das Interesse der Bewohner an einem verbindlichen und verlässlichen Rechtsregime entgegen. Mithin gebietet es die gesetzliche Systematik, im Rahmen von Art. 2 Abs. 3 Satz 3 Nr. 5 PfleWoqG nicht auf die tatsächlich belegten Appartements einer „Wohngemeinschaft“ sondern stattdessen auf die vorhandenen und für eine Nutzung durch Pflegebedürftige zur Verfügung stehenden Plätze abzustellen.
Dies bedeutet, dass im vorliegenden Fall, bei dem die Klägerin der Fachstelle der Beklagten zunächst 14 Plätze angezeigt hatte, einer der Plätze als Gastzimmer bzw. Übernachtungszimmer für Mitarbeiter der Klägerin genutzt wurde, von einer Einrichtung mit 13 Plätzen auszugehen ist. Dies entspricht zugleich der im Rahmen der Überprüfung im Mai 2012 vorgefundenen tatsächlichen Belegung.
Soweit die Klägerin in diesem Zusammenhang vorträgt, sie werde bei nicht mehr als 12 Bewohnern der „Wohngemeinschaft“ die pflegerische Betreuung übernehmen, führt dies nicht zu einer anderen Bewertung der Einrichtung. Denn die Klägerin hat, aufgrund der von ihr behaupteten rechtlichen Trennung von Vermietung und Pflege, nach ihrem eigenen Sachvortrag keinerlei Einfluss darauf, wie viele der vorhandenen Appartements durch den Vermieter belegt werden. Damit bleibt es im vorliegenden Fall bei 13 vorhandenen Plätzen. Demzufolge erfüllt die von der Klägerin betreute „Wohngemeinschaft“ auch das Privilegierungskriterium des Art. 2 Abs. 3 Satz 3 Nr. 5 PfleWoqG nicht.
3.5 Folglich ist mit dem Verwaltungsgericht davon auszugehen, dass es sich bei der Einrichtung in der R.-Straße in M. aufgrund der Nichterfüllung der Kriterien des Art. 2 Abs. 3 Satz 3 PfleWoqG jedenfalls um eine quasi-stationäre Einrichtung handelt, auf die nach Art. 2 Abs. 3 Satz 4 PfleWoqG der Zweite Teil des Pflege- und Wohnqualitätsgesetzes Anwendung findet, sofern nicht bereits, wie unter 2. ausgeführt, von einer Einordnung als stationäre Einrichtung i.S.v. Art. 2 Abs. 1 Satz 1 PfleWoqG auszugehen ist.
Dieser Befund entspricht auch einer am Schutzkonzept des Pflege- und Wohnqualitätsgesetzes orientierten lebensnahen Betrachtung der „Wohngemeinschaft“ in der R.-Straße. So befinden sich gerade intensivpflegebedürftige Personen wie auch Personen im Wachkoma, mögen sie auch rechtlich über Betreuer bzw. Bevollmächtigte handlungsfähig sein, typischerweise in einem strukturellen Abhängigkeitsverhältnis zu dem sie betreuenden Pflegedienst. Zugleich bedürfen sie regelmäßig hochqualifizierter Rund-um-die-Uhr-Pflege. Das hohe Schutzbedürfnis dieser Personengruppe gebietet es daher offenkundig, Einrichtungen, die diesen Personenkreis pflegen, ordnungsrechtlich ebenso zu behandeln wie stationäre Einrichtungen (in diesem Sinne auch OVG Greifswald, B.v. 18.7.2016 – 1 M 235/16 – BeckRS 2016, 52616, Rn. 20 für die Rechtslage in Mecklenburg-Vorpommern). Der Versuch der Klägerin, eine Einordnung sog. Intensivpflege- bzw. Wachkoma-Wohngemeinschaften als ambulant betreute Wohngemeinschaften i.S.v. Art. 2 Abs. 3 Satz 1 PfleWoqG zu erwirken, erweist sich demgegenüber als geradezu lebensfremd.
4. Die Beklagte hat weiterhin auch entgegen der Auffassung der Klägerin im streitgegenständlichen Prüfbericht vom 9. April 2013 zu Recht Pflegemängel im Hinblick auf freiheitsentziehende Maßnahmen bei drei Bewohnern der Einrichtung in der R.-Straße festgestellt.
4.1 Soweit die Klägerin dem zunächst entgegenhält, sie unterliege als „Betreuerin“ einer privilegierten ambulant betreuten Wohngemeinschaft dem Zweiten Teil des Pflege- und Wohnqualitätsgesetzes nicht mit der Folge, dass die Fachstelle der Beklagten bereits keine Kompetenz zur Durchführung einer heimaufsichtlichen Prüfung sowie der Erstellung eines Prüfberichts besitze, kann sie damit nicht durchdringen. Wie vorstehend aufgezeigt, handelt es sich bei der von der Klägerin betreuten „Wohngemeinschaft“ in jedem Fall um eine quasi-stationäre Wohngemeinschaft, auf die nach Art. 2 Abs. 3 Satz 4 PfleWoqG der Zweite Teil des Gesetzes Anwendung findet.
Fehl geht darüber hinaus der weitere Ansatz der Klägerin, sie unterliege als ambulanter Pflegedienst nicht den Qualitätsanforderungen des Art. 3 Abs. 2 PfleWoqG, da diese ausschließlich an den Träger bzw. die Leitung einer stationären Einrichtung adressiert seien. Dem steht bereits die ausdrückliche gesetzliche Verweisung in Art. 2 Abs. 3 Satz 4 PfleWoqG für quasi-stationäre Wohngemeinschaften auf den Zweiten Teil des Pflege- und Wohnqualitätsgesetzes, der in Art. 3 die Qualitätsanforderungen an Einrichtungen zum Gegenstand hat, entgegen: Die Bestimmung gebietet mithin eine sinngemäße Anwendung der einzuhaltenden Qualitätskriterien und – in Ermangelung eines Trägers – ebenfalls sinngemäße Erstreckung auf den Initiator bzw. „Verantwortlichen“ der „Wohngemeinschaft“. Jedenfalls was die Anforderungen an die einzuhaltende pflegerische Qualität einschließlich die Handhabung freiheitsentziehender Maßnahmen nach Art. 3 Abs. 2 Nr. 4 PfleWoqG anbetrifft, richten sich diese offenkundig an denjenigen, der für Pflege- und Betreuung der Bewohner der „Wohngemeinschaft“ verantwortlich ist, d.h. im vorliegenden Fall an die Klägerin, die mit allen Bewohnern der „Wohngemeinschaft“ in der R.-Straße Pflege- und Betreuungsverträge abgeschlossen hat (zum richtigen Adressaten vgl. VG Augsburg, U.v. 22.7.2014 – Au 3 K 13.444 – BeckRS 2014, 56697 Rn. 66). Sie ist mithin entgegen ihrem Vortrag in der Zulassungsbegründung der richtige Adressat der festgestellten Mängel im Umgang mit freiheitsentziehenden Maßnahmen (Bettgitter) bei drei Bewohnern der „Wohngemeinschaft“.
4.2 Die Klägerin ist ferner der Annahme des Verwaltungsgerichts und der Beklagten, die Anbringung von Bettgittern bei drei Bewohnern der Einrichtung hätte neben der Einwilligung der Betreuer der Betroffenen auch einer richterlichen Genehmigung bedurft, sofern nicht durch ärztliches Attest deren Unfähigkeit zu willentlich gesteuerten Bewegungen nachgewiesen ist, nicht substantiiert entgegengetreten.
Zwar geht sie vom Ansatzpunkt zutreffend von der Rechtsprechung des Bundesgerichtshofs zu § 1906 Abs. 4, Abs. 2 BGB aus, wonach eine die richterliche Genehmigung erfordernde Freiheitsentziehung (durch Anbringen von Bettgittern) dann nicht gegeben ist, wenn der Betroffene zweifelsfrei zu willensgesteuerten Bewegungen nicht (mehr) in der Lage ist (vgl. BGH, B.v. 27.6.2012 – XII ZB 24/12 – NJW-RR 2012, 1281; Brilla in BeckOGK-BGB, Stand 1.10.2019, § 1906 Rn. 125 f.; Dodegge in Dodegge/Roth, systematischer Praxiskommentar Betreuungsrecht, 5. Aufl. 2018, Rn. 84; Schneider in Münchener Kommentar zum BGB, 8. Aufl. 2020, § 1906 Rn. 50). Dass die Beklagte hierfür einen Nachweis durch ein ärztliches Attest fordert, ist grundsätzlich nicht zu beanstanden, da angesichts der ärztlichen Fachkunde bei Ausstellung eines entsprechenden Attests vom zweifelsfreien Vorliegen der Bewegungsunfähigkeit auszugehen ist. Der Klägerin ist weiter durchaus zuzugeben, dass es möglicherweise neben dem ärztlichen Attest noch weitere Möglichkeiten gibt, zweifelsfrei festzustellen, dass eine Person zu willensgesteuerten Bewegungen nicht mehr in der Lage ist. Sie hat es indes versäumt, im vorliegenden Fall bezogen auf die drei betroffenen Bewohner darzulegen, welche konkreten Umstände hier den Schluss erlaubt haben, es liege Bewegungsunfähigkeit vor, sodass das Anbringen von Bettgittern keine Freiheitsbeschränkung zur Folge hatte. Der allgemeine Hinweis darauf, dies ließe sich etwa aus der Pflegedokumentation ablesen, reicht hierfür nicht aus. Mithin genügt die Klägerin bezogen auf die im Prüfbericht festgestellten Mängel bei freiheitsentziehenden Maßnahmen dem Darlegungsgebot des § 124a Abs. 4 Satz 4 VwGO nicht.
Im Ergebnis ist daher festzuhalten, dass ernstliche Zweifel an der Richtigkeit des verwaltungsgerichtlichen Urteils, die nach § 124 Abs. 2 Nr. 1 VwGO die Zulassung der Berufung erforderten, nicht vorliegen bzw. nicht substantiiert dargelegt sind.
5. Die Berufung ist darüber hinaus auch nicht wegen besonderer tatsächlicher oder rechtlicher Schwierigkeiten nach § 124 Abs. 2 Nr. 2 VwGO zuzulassen.
So machen die Darlegungen der Klägerin bereits nicht deutlich, welche besonderen Schwierigkeiten im Tatsächlichen der vorliegende Fall aufwerfen soll, die eine Klärung in einem Berufungsverfahren erfordern. Dem dem Prüfbericht zugrunde liegenden Sachverhalt ist die Klägerin nicht entgegengetreten; auch fehlen jegliche Anhaltspunkte für eine im Berufungsverfahren durchzuführende Beweisaufnahme.
Darüber hinaus wirft der vorliegende Fall auch keine besonderen rechtlichen Schwierigkeiten auf, die die Klägerin bei der Beurteilung des Kriteriums der Selbstbestimmung in Art. 2 Abs. 3 Satz 3 Nr. 1 PfleWoqG bzw. bei der Ausgestaltung des Selbstverwaltungsgremiums nach Art. 22 PfleWoqG verortet. Ungeachtet dessen, dass sich die Anforderungen an die Selbstbestimmung der Bewohner mit Hilfe der herkömmlichen Auslegungsmethoden – wie unter 3.1 dargestellt – ermitteln lassen, erwiese sich diese Rechtsfrage jedenfalls nicht als entscheidungserheblich, da die streitgegenständliche Einrichtung in der R.-Straße weitere Kriterien einer privilegierten ambulant betreuten Wohngemeinschaft nicht erfüllt. Inwieweit sich hinsichtlich der vom Verwaltungsgericht verneinten Annahme eines „Gaststatus“ der Klägerin in der Einrichtung besonders schwierige Rechtsfragen stellen sollen, hat die Klägerin nicht dargelegt. Demzufolge scheidet die Zulassung der Berufung nach § 124 Abs. 2 Nr. 2 VwGO ebenfalls aus.
Der Zulassungsantrag war daher insgesamt abzulehnen.
6. Die Klägerin trägt nach § 154 Abs. 2 VwGO die Kosten des Zulassungsverfahrens. Der Streitwert bestimmt sich für das Zulassungsverfahren nach § 52 Abs. 2 GKG. Mit der Ablehnung des Zulassungsantrags wird das verwaltungsgerichtliche Urteil nach § 124a Abs. 5 Satz 4 VwGO rechtskräftig.
Dieser Beschluss ist nach § 152 Abs. 1 VwGO unanfechtbar.


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