Verwaltungsrecht

Rechtsschutzinteresse, Anordnung der aufschiebenden Wirkung, Aufschiebende Wirkung, Vollziehbar Ausreisepflichtige, Vollziehbarkeit der Ausreisepflicht, Ausreisepflichtiger, Aufenthaltstitel, Prozeßbevollmächtigter, Verwaltungsgerichte, Befristung, Antragstellers, Aufenthaltsverbot, Titelerteilungssperre, Erteilung einer Aufenthaltserlaubnis, Verlängerung der Aufenthaltserlaubnis, Antragsgegner, Freiheitsstrafen, Klage gegen, Entziehungsanstalt, Handeltreiben mit Betäubungsmitteln

Aktenzeichen  M 4 S 20.6589

Datum:
22.2.2021
Rechtsgebiet:
Fundstelle:
BeckRS – 2021, 3491
Gerichtsart:
VG
Gerichtsort:
München
Rechtsweg:
Verwaltungsgerichtsbarkeit
Normen:
VwGO § 80 Abs. 5
AufenthG § 11 Abs. 1, § 11 Abs. 2, § 11 Abs. 3 Satz 1, § 84 Abs. 1 Satz 1 Nr. 1, § 84 Abs. 1 Satz 1 Nr. 7, § 50 Abs. 1, § 51 Abs. 1 Nr. 1, § 51 Abs. 1 Nr. 5, § 58 Abs. 2 Satz 1 Nr. 2, § 58 Abs. 2 Satz 2, § 81 Abs. 4, § 60 Abs. 5, § 60 Abs. 7

 

Leitsatz

Tenor

I. Der Antrag wird abgelehnt.
II. Der Antragsteller trägt die Kosten des Verfahrens.
III. Der Streitwert wird auf 2.500 Euro festgesetzt.

Gründe

I.
Der Antragsteller wendet sich in der Hauptsache gegen seine Ausweisung und die Ablehnung seines Antrags auf Erteilung der Aufenthaltserlaubnis. Im Eilverfahren begehrt er nur die Anordnung der aufschiebenden Wirkung seiner Klage gegen das Einreise- und Aufenthaltsverbot (EAV).
Der Antragsteller ist 57 Jahre alt und Staatsangehöriger der Vereinigten Staaten von Amerika. Er wurde 1963 in München als Sohn einer deutschen Mutter geboren und wuchs in Deutschland auf. Sein US-amerikanischer Vater verstarb im Jahr 1968. Der Kläger ist seit dem … 2016 in zweiter Ehe mit einer deutschen Staatsangehörigen verheiratet. Die beiden Söhne des Antragstellers sind 40 Jahre bzw. 35 Jahre alt und deutsche Staatsangehörige. Der jüngere Sohn des Klägers ist blind. Nach seinen Angaben hat der Antragsteller mittlerweile auch ein Enkelkind.
Der Antragsteller besuchte u.a. eine amerikanische Schule in München und fällt seit 1979 mit der Begehung von Straftaten auf (u.a. Körperverletzungsdelikte, Fahren ohne Fahrerlaubnis, Betäubungsmitteldelikte, Diebstahl, Betrug). Eine Ausbildung hat der Antragsteller nicht abgeschlossen. Der Antragsteller ist alkohol- und drogenabhängig.
Vom … 2013 bis zum … 2015 befand sich der Antragsteller stationär im … zur Vollstreckung eines Maßregelvollzugs gemäß § 64 StGB aufgrund einer Verurteilung durch das Amtsgericht München vom … Der Antragsteller wurde wegen gefährlicher Körperverletzung in Tatmehrheit mit versuchter Körperverletzung in zwei Fällen und Beleidigung zu einer Freiheitsstrafe von zwei Jahren und drei Monaten verurteilt und die Unterbringung im Maßregelvollzug angeordnet.
Mit Urteil vom 17. Oktober 2018 verurteilte das Amtsgericht München den Antragsteller wegen vorsätzlichen unerlaubten Handeltreibens mit Betäubungsmitteln in 40 tatmehrheitlichen Fällen zu einer Gesamtfreiheitsstrafe von drei Jahren und drei Monaten (Az.: 1119 Ls 361 Js 219646/16). Der Antragteller hatte von März 2016 bis Oktober 2016 mit Kokain gehandelt. Das Urteil wurde im Berufungsverfahren im Rechtsfolgenausspruch zu Gunsten des Antragstellers abgeändert.
Am 17. Dezember 2018 verurteilte das Amtsgericht München (Az.: 922 Ds 434 Js 158178/18) den Antragsteller zu einer Freiheitsstrafe von sechs Monaten wegen fahrlässiger Trunkenheit im Verkehr.
Am 2. Oktober 2019 wurde der Antragsteller vorläufig fest- und anschließend in Untersuchungshaft genommen. Er führte bei seiner Festnahme 10.510 Ecstasy-Tabletten mit sich und stand unter dem Einfluss von Alkohol und Betäubungsmitteln. Bis zum 3* … 2019 befand sich der Antragsteller deshalb in einer Klinik, die bei ihm Polytoxikomanie mit akuten Entzugserscheinungen, chronischen Alkoholabusus (zwei Flaschen Wodka täglich), Kokainabusus (täglich), Zustand nach Herionabusus vor 30 Jahren, hypertensive Entgleisung bei bekannter arterieller Hypertonie und Verdacht auf Leberzirrhose diagnostizierte.
Am 24. März 2020 wurde im Strafverfahren des Amtsgerichts Rosenheim (7 Ls 120 Js 34533/19) ein psychiatrisches Gutachten zur Frage der Schuldfähigkeit des Antragstellers und zu den forensisch-psychiatrischen Vorgaben hinsichtlich der Frage der Unterbringung in einer Entziehungsanstalt gemäß § 64 StGB erstattet. Das Gutachten gibt u.a. wieder, dass das … am … 2015 beim Antragsteller Alkoholabhängigkeit durch multiple Substanzabhängigkeit, Hepatitis-C Subtyp I, arterielle Hypertonie, Amaurosis rechts nach Iritis, Fraktur Halswirbelkörper 6 und 7 mit Verplattung vor Jahren diagnostiziert hat. Weiter gibt das Gutachten wieder, dass aus der Gesundheitsakte der Justizvollzugsanstalt … u.a. hervorgehe, dass der Antragsteller bei seiner Aufnahmeuntersuchung in reduziertem Allgemeinzustand und befriedigendem Ernährungszustand gewesen ist, jedoch als vollzugstauglich angesehen und eine ärztliche Behandlung wegen Alkohols als erforderlich erachtet wurde. Die Untersuchung des Antragstellers durch den psychiatrischen Sachverständigen am … 2020 habe in körperlich-neurologischer Hinsicht einen altersentsprechend wirkenden Mann in gutem Allgemein- und Ernährungszustand ergeben.
Mit seit dem 13. Mai 2020 rechtskräftiger Entscheidung vom 5. Mai 2020 (Az.: 21 Ns 361 Js 219640/16, hinzuverbunden 21 Ns 361 Js 219646/16. Bl. 949 ff. Ausländerakte) änderte das Landgericht München I als Berufungsgericht das Urteil des Amtsgerichts München vom 17. Oktober 2018 im Rechtsfolgenausspruch dahingehend, dass der Antragsteller unter Einbeziehung der Freiheitsstrafe aus der Verurteilung des Amtsgerichts München vom 17. Dezember 2018 (Az.: 922 Ds 434 Js 158178/18) zu einer Freiheitsstrafe von sechs Monaten verurteilt wird und ordnete die Unterbringung des Antragstellers in einer Entziehungsanstalt an. Das Landgericht München I berücksichtigte bei seiner Gesamtstrafenbildung u.a. dass der Antragsteller sich in einem „schlechten allgemeinen Gesundheitszustand“ befand.
Am … 2020 lief die Gültigkeitsdauer der letzten Aufenthaltserlaubnis des Antragstellers vom … 2015 ab.
Mit seit dem 20. Mai 2020 rechtskräftiger Entscheidung vom 12. Mai 2020 sprach das Amtsgericht Rosenheim den Antragsteller des unerlaubten Handeltreibens mit Betäubungsmitteln in nicht geringer Menge in Tateinheit mit vorsätzlichem Fahren ohne Fahrerlaubnis schuldig, verurteilte ihn zu einer Freiheitsstrafe von drei Jahren und sechs Monaten und ordnete die Unterbringung in einer Entziehungsanstalt an (Az.: 7 Ls 120 Js 34533/19).
Mit Schreiben vom 9. Juli 2020 hörte die Antragsgegnerin den Antragsteller zur beabsichtigten Ausweisung und Ablehnung seines Antrags auf Erteilung eines Aufenthaltstitels an. Der Antragsteller trug hierauf mit Schreiben vom 12. Juli 2020 im Wesentlichen vor, er sei in Deutschland geboren und aufgewachsen und fühle sich voll und ganz als Deutscher. Seine Familie (Mutter, Schwestern, Söhne, Ehefrau) lebe in Deutschland. In den USA sei er erst einmal im Urlaub gewesen, Verwandte seien ihm dort nicht bekannt und er spreche kaum Englisch. Außerdem sei er schon 57 Jahre alt und gesundheitlich ziemlich angeschlagen (angehende Leberzirrhose, Halswirbelversteifung, Fingerversteifung, auf dem rechten Auge blind, Suchtprobleme). Er sei voll arbeitsunfähig und zu 70% schwerbehindert. Es werde schwierig, in den USA eine bezahlbare Krankenversicherung zu bekommen, die ihm die notwendige Versorgung garantiere. Seine Ehefrau sei psychisch erkrankt, nur teilerwerbsfähig und auf seine Hilfe angewiesen. Sein Sohn sei blind, lebe im Blindenzentrum und brauche ihn sehr. Auch seine Mutter brauche seine Hilfe mit Haus und Garten, Einkäufen und Arztbesuchen. Er werde eine Therapie machen und straffrei durch die Jahre gehen, die ihm noch blieben (Bl. … f. Ausländerakte). Die Ehefrau des Antragstellers trug mit Schreiben vom 20. Juli 2020 vor, sie halte an der Ehe fest. Sie sei wegen ihrer Erkrankung, zu der sie sich nicht näher äußern wolle, auf die Hilfe des Antragstellers angewiesen. Er sei der einzige Mann im Haus. Sie kenne ihren Mann seit über 40 Jahren (Bl. … ff. Ausländerakte).
Am 21. Juli 2020 ging der Antrag des Antragstellers auf Verlängerung des Aufenthaltstitels vom 14. Juli 2020 bei der Antragsgegnerin ein.
Am … 2020 wurde der Antragsteller ins … verlegt. Mit gutachterlicher Stellungnahme vom … 2020 äußerte sich die Klinik für Forensische Psychiatrie und Psychotherapie des … zur Frage eines Zwischenvollzugs. Aus ihr ergibt sich u.a., dass der Antragsteller eigenmotiviert die opioidbasierte Schmerzmedikation reduziert hat und stattdessen konservative Therapieansätze wie Krankengymnastik in Anspruch nimmt, die ihm nach eigener Aussagen helfen. Auf somatischer Ebene seien ein im Befund unauffälliges EKG sowie ein urologisches und ein augenärztliches Konsil durchgeführt worden. Aufgrund einer Verfügung der Staatsanwaltschaft … vom … 2020 über einen Zwischenvollzug erfolgte eine Verlegung des Antragstellers zurück in die Justizvollzugsanstalt.
Mit Bescheid vom 13. November 2020 wies die Antragsgegnerin den Antragsteller aus der Bundesrepublik Deutschland aus (Nr. 1), lehnte seinen Antrag auf Erteilung einer Aufenthaltserlaubnis ab (Nr. 2), erließ ein Einreise- und Aufenthaltsverbot, das unter Bedingung des Nachweises von Straf-, Drogen- und Alkoholfreiheit auf sechs bzw. ohne Bedingung auf acht Jahre befristet wurde (Nr. 3) und ordnete die Abschiebung aus der Haft bzw. drohte die Abschiebung in die Vereinigten Staaten von Amerika an (Nr. 4). Die Ausweisung wurde auf die massive und langjährige Straffälligkeit des Antragstellers, zuletzt wegen unerlaubtem Handeltreiben mit Betäubungsmitteln, gestützt. Die Erteilung eines Aufenthaltstitels scheitere am Vorliegen des Versagungsgrunds gemäß § 5 Abs. 1 Nr. 2 AufenthG. Auch ohne Ausweisung hätte der Antrag auf Erteilung eines Aufenthaltstitels aus Ermessensgründen versagt werden müssen. Außerdem stehe der Erteilung eines Aufenthaltstitels der absolute Versagungsgrund des § 11 Abs. 1 AufenthG entgegen. Die Antragsgegnerin verwies darauf, dass die Klage gegen das Einreise- und Aufenthaltsverbot keine aufschiebende Wirkung entfalte. Auf die Begründung des Bescheids wird im Übrigen Bezug genommen (§ 117 Abs. 3 VwGO analog).
Mit Schriftsatz seines Prozessbevollmächtigten vom 25. November 2020 beantragte der Antragsteller bei der Staatsanwaltschaft …, die Maßregel gemäß § 64 StGB unverzüglich weiter im … zu vollstrecken. Er führte zur Begründung u.a. aus, „die jetzt noch … vorhandene echte Therapiebereitschaft“ des Antragstellers wäre „mit nahezu an Sicherheit grenzender Wahrscheinlichkeit“ „durch einen dann langjährigen, demotivierenden Strafvollzug nicht nur erheblich gefährdet, sondern mit großer Wahrscheinlichkeit nicht mehr vorhanden“.
Mit Schriftsatz vom 14. Dezember 2020, bei Gericht am selben Tag eingegangen, ließ der Antragsteller Klage gegen die Ausweisung und auf Erteilung einer Aufenthaltserlaubnis erheben (M 4 K 20.6588) und zugleich beantragen,
die aufschiebende Wirkung der Klage gegen Ziffer 3 des Bescheids anzuordnen.
Klage und Antrag wurden im Wesentlichen damit begründet, dass die Familie des Antragstellers wegen Erkrankung bzw. Alters auf die Hilfe des Antragstellers angewiesen sei, der selbst an „fortgeschrittener Hepatitis C“, einer Leberzirrhose „in schwerstem lebensbedrohlichen Ausmaß“ und einer „schweren“ Halswirbelkörperfraktur leide und „schwerste Schmerzmedikamente und Morphinpräparate“ erhalte. Außerdem sei der Antragsteller in schwerem Maße alkohol- und drogenabhängig. Die körperliche Verfassung des Antragstellers entspreche der eines 80-jährigen und es sei davon auszugehen, dass dem Antragsteller bei optimistischer Betrachtungsweise, d.h. bei guter medizinischer Versorgung und Behandlung so wie sie ihm in Deutschland – im eklatanten Gegensatz zu den USA – auch als Mittellosem gewährt werde, nur noch wenige Lebensjahre verblieben. Der Entzug des für den Antragsteller kostenfreien Gesundheitssystems bedeute den faktischen und baldigen Tod in zeitlicher Nähe nach der Ausweisung in die USA. Die deutsche Krankenbasisversicherung, wie sie der Antragsteller als Sozialhilfeempfänger ausschließlich besitze, würde die hohen Behandlungskosten in den USA nicht übernehmen. Der zeitlich unmittelbar nahe Tod nach Abschiebung wäre die Folge der unausweichlichen Nichtbehandlung der Erkrankungen des Antragstellers. Es sei unverhältnismäßig, einen „sterbenskranken alten Mann“ nun „zum Sterben“ in die USA auszuweisen, insbesondere wenn man berücksichtige, dass die Antragsgegnerin in den vergangenen 40 Jahren trotz gleichem strafrechtlichen Sachverhalt ein Überwiegen des Ausweisungsinteresses nie angenommen habe, obwohl die schwerwiegenden gesundheitlichen Probleme damals noch nicht bestanden hätten. Jedenfalls gehe vom Antragsteller schon aus gesundheitlichen Gründen keine Wiederholungsgefahr aus. Weiter sei der Großteil der Straftaten, insbesondere der Jugendverfehlungen, rechtswidrig in die Entscheidung eingestellt worden. Es sei zwingend ein Gefährlichkeitsgutachten einzuholen. Die Antragsgegnerin habe auch das Nachtatverhalten und den Verlauf von Haft und Therapie nicht berücksichtigt. Der bisherige Therapieverlauf des Antragstellers sei „makellos“. Der Antragsteller habe auch überhaupt keinen Bezug zu den USA, spreche die englische Sprache äußerst schlecht und könne sich kaum verständigen. Außerdem habe er trotz seiner äußerst problematischen Vorgeschichte ein äußerst gutes und herzliches Verhältnis zu seinen Kindern. Insbesondere der blinde Sohn sei auch emotional an den Antragsteller gebunden. Mittlerweile sei der Antragsteller auch Großvater. Der Prozessbevollmächtigte legte die gutachterliche Stellungnahme zur Frage eines Zwischenvollzugs des … vom … 2020 und eine Abschrift des Psychiatrischen Gutachtens im Strafverfahren des Amtsgerichts … (7 Ls 120 Js 34533/19) vom … 2020 zur Frage der Schuldfähigkeit des Antragstellers und zu den forensich-psychiatrisch Vorgaben hinsichtlich der Frage der Unterbringung in einer Entziehungsanstalt gemäß § 64 StGB vor.
Mit Schriftsatz vom 7. Januar 2021 legte die Antragsgegnerin die Akten in elektronischer Form vor und beantragte,
den Antrag abzulehnen.
Der Antragsteller sei insgesamt zu Arresten, Jugend- und Freiheitsstrafen in einer Höhe von 21,58 Jahren und Geldstrafen in einer Gesamthöhe von 350 Tagessätzen verurteilt worden. Der Zweidrittelzeitpunkt der Haftentlassung werde zum … 2022 und die Endstrafe am … 2023 erreicht. Die weitere Unterbringung solle ab … 2022 erfolgen. Wegen Verfristung des Verlängerungsantrags sei die Ausreisepflicht seit … 2020 vollziehbar.
Wegen der Einzelheiten des Sach- und Streitstands nimmt das Gericht Bezug auf die Gerichtsakte, auch des Hauptsacheverfahrens, sowie die vorgelegte Behördenakte.
II.
Der Antrag hat keinen Erfolg.
I.
Der Antrag auf Anordnung der aufschiebenden Wirkung der Klage gegen den Erlass und die Befristung des Einreise- und Aufenthaltsverbots (EAV) in Nr. 3 des angegriffenen Bescheids hat keinen Erfolg, weil er unzulässig ist.
1. Folgt man der überzeugenden Auffassung des Verwaltungsgerichtshofs Mannheim, ist der Antrag zwar statthaft, aber mangels Rechtsschutzinteresse unzulässig.
1.1. Der Verwaltungsgerichtshof Mannheim vertritt die Ansicht, dass es sich beim – gemäß § 11 Abs. 1 Satz 1 AufenthG bei einer Ausweisung zwingenden – Erlass eines EAV gemäß § 11 Abs. 1 Satz 1, Abs. 2 Satz 2 AufenthG und der ebenfalls verpflichtend vorzunehmenden Befristung des EAV gemäß § 11 Abs. 2 Satz 3 AufenthG erstens um einen einheitlichen Verwaltungsakt handelt, und zweitens die Klage gegen die Anordnung und die Befristung des EAV (nachfolgend: Klage gegen das EAV) – zumindest hinsichtlich des Erlasses entgegen dem Wortlaut des § 84 Abs. 1 Satz 1 Nr. 7 AufenthG – gemäß § 80 Abs. 2 Satz 1 Nr. 3 VwGO i.Vm. § 84 Abs. 1 Satz 1 Nr. 7 AufenthG keine aufschiebende Wirkung hat (VGH Mannheim, B.v. 13.11.2019 – 11 S 2996/19 – juris Rn. 40 ff.). Dies hat zur Folge, dass der Antrag auf Anordnung der aufschiebenden Wirkung der Klage gegen das EAV statthaft ist.
1.2. Allerdings ist der Antrag vorliegend trotzdem als unzulässig abzulehnen, weil dem Antragsteller ein Rechtsschutzinteresse für den Antrag fehlt.
Das Vorliegen eines rechtlich schutzwürdigen Interesses an dem erstrebten Rechtsschutzziel ist in jedem Stadium des Verfahrens Voraussetzung für die Zulässigkeit des Antrags. Ein solches Interesse besteht in diesem Verfahren nur dann, wenn durch die vom Antragsteller erstrebte Anordnung der – gemäß § 80 Abs. 2 VwGO Satz 1 Nr. 3 VwGO i.Vm. § 84 Abs. 1 Satz 1 Nr. 7 AufenthG entfallenen – aufschiebenden Wirkung der Klage (vorläufig) ein rechtlicher oder tatsächlicher Vorteil für den Betroffenen eintreten kann. Dies ist unter den hier gegebenen Umständen jedoch nicht der Fall.
1.2.1. Der Antragsteller hat kein Rechtsschutzinteresse für seinen Antrag, soweit es um die Vollziehbarkeit der Ausreisepflicht bzw. die Verhinderung seiner Ausreise vor einer Entscheidung in der Hauptsache geht.
Nach seinem Vortrag geht es dem Antragsteller darum, im Bundesgebiet bleiben zu können und nicht ausreisen zu müssen. Dieser Vorteil könnte für den Antragsteller jedoch selbst dann nicht eintreten, wenn das Gericht, seinem Antrag stattgebend, die aufschiebende Wirkung der Klage gegen das EAV gemäß § 80 Abs. 5 VwGO anordnen würde.
Denn der Antragsteller ist – unabhängig von seiner Ausweisung und dem darauf beruhenden Einreise- und Aufenthaltsverbot – schon aus zwei Gründen vollziehbar ausreisepflichtig (1.2.1.1.). Dass seine Klage gegen die Ausweisung in Nr. 1 des angegriffenen Bescheids aufschiebende Wirkung entfaltet und die sich aus der Ausweisung ergebende (wirksame) Ausreisepflicht (§§ 50 Abs. 1, 51 Abs. 1 Nr. 5, 84 Abs. 2 Satz 1 AufenthG) nicht vollziehbar ist (§ 58 Abs. 2 Satz 2 AufenthG), spielt daher keine Rolle (1.2.1.2.). Eine Gewährung vorläufigen gerichtlichen Rechtsschutzes hinsichtlich des EAV hätte in Bezug auf die Vollziehbarkeit der Ausreisepflicht also keine aufenthaltsrechtlich erhebliche Verbesserung der Rechtsposition des Antragstellers oder sonstige ihn begünstigende Wirkungen zur Folge (vgl. Schleswig-Holsteinisches Verwaltungsgericht, B.v. 5.1.2017 – 1 B 70/16 – juris Rn. 20 f.).
1.2.1.1. Der Antragsteller ist vollziehbar ausreisepflichtig, weil er einen erforderlichen Aufenthaltstitel nicht mehr besitzt und sein Aufenthaltstitel trotz erfolgter Antragstellung nicht nach § 81 Abs. 4 AufenthG als fortbestehend gilt (§§ 50 Abs. 1, 58 Abs. 2 Satz 1 Nr. 2 AufenthG) (1.2.1.1.1.) und auch, weil seine Klage gegen die Ablehnung seines Antrags auf Erteilung oder Verlängerung des Aufenthaltstitels keine aufschiebende Wirkung hat (§§ 58 Abs. 2 Satz 2, 84 Abs. 1 Satz 1 Nr. 1 AufenthG) (1.2.1.1.2.).
1.2.1.1.1. Der Aufenthaltstitel des Antragstellers ist mit Ablauf seiner Geltungsdauer am … 2020 erloschen (§ 51 Abs. 1 Nr. 1 AufenthG) und der Antragsteller deshalb gemäß § 50 Abs. 1 AufenthG ausreisepflichtig geworden. Diese Ausreisepflicht ist auch vollziehbar (§ 58 Abs. 2 Satz 1 Nr. 2 AufenthG), weil der verspätete Antrag des Antragstellers auf Verlängerung seiner Aufenthaltserlaubnis nicht die Fiktionswirkung des § 81 Abs. 4 Satz 1 AufenthG ausgelöst und die Ausländerbehörde die Fortgeltungswirkung nicht gemäß § 81 Abs. 4 Satz 3 AufenthG angeordnet hat.
Der Antrag auf Verlängerung der Aufenthaltserlaubnis vom 14. Juli 2020 ist bei der Behörde erst am 21. Juli 2020 und somit nach Ablauf der Geltungsdauer des Aufenthaltstitels am … 2020 eingegangen. Die Behörde hat keine Fortgeltungswirkung gemäß § 81 Abs. 4 Satz 3 AufenthG angeordnet. Die Voraussetzungen des § 81 Abs. 4 Satz 3 AufenthG für eine Ermessensentscheidung über die Anordnung der Fortgeltungswirkung liegen nicht vor, weil schon nicht ersichtlich ist, welche unbillige Härte vermieden werden soll. Es wurde nicht vorgetragen, aus welchem Grund der Antragsteller verhindert war, seinen Antrag rechtzeitig zu stellen. Hierfür ist auch nichts ersichtlich. Der Prozessbevollmächtigte macht lediglich geltend, aufgrund der unzumutbaren Härte, die die Ausweisung und die Titelablehnung rechtswidrig mache, hätte die Antragsgegnerin die Fortgeltungswirkung anordnen müssen. Damit ist aber nicht ansatzweise erklärt, was den Antragsteller an der rechtzeitigen Antragstellung gehindert hat. Es handelt sich zudem auch nicht um eine Verspätung um bloß wenige Tage, sondern um mehrere Monate. Bei diesem Sachverhalt ist eine Ermessensreduzierung auf Null, dass nur die Anordnung der Fortgeltungswirkung die einzig rechtmäßig mögliche Entscheidung wäre, nicht ersichtlich. Entscheidungserheblich kommt es hierauf jedoch nicht an, weil der Antragsteller auch aus einem weiteren Grund vollziehbar ausreisepflichtig ist (s.u. 1.2.1.1.2.).
1.2.1.1.2. Der Antragsteller ist weiter auch gemäß § 58 Abs. 2 Satz 2 AufenthG vollziehbar ausreisepflichtig, weil die Ausländerbehörde seinen Antrag auf Erteilung bzw. Verlängerung eines Aufenthaltstitels abgelehnt und die hiergegen erhobene Klage keine aufschiebende Wirkung hat, § 84 Abs. 1 Satz 1 Nr. 1 AufenthG. Einen Antrag auf Anordnung der aufschiebenden Wirkung der Klage gegen die Ablehnung des Aufenthaltstitels in Nr. 2 des Bescheids hat der Antragsteller nicht gestellt. Auch diese vollziehbare Ausreisepflicht steht mit dem EAV in keinem Zusammenhang, so dass ein Rechtsschutzinteresse nicht erkennbar ist.
1.2.1.2. Dass jedenfalls (auch) die Ausweisung in Nr. 1 des angegriffenen Bescheids einen Aufenthaltstitel des Antragstellers zum Erlöschen gebracht hat (§ 51 Abs. 1 Nr. 5 AufenthG), spielt für das Rechtsschutzinteresse für den Antrag auf Anordnung der aufschiebenden Wirkung der Klage gegen das EAV keine Rolle. Denn (allein) durch die (nicht für sofort vollziehbar erklärte) Ausweisung wird eine vollziehbare Ausreisepflicht nicht begründet.
Zwar führt die Ausweisung zur Ausreisepflicht (§§ 51 Abs. 1 Nr. 5, 50 Abs. 1 AufenthG). Jedoch ist die auf der Ausweisung beruhende Ausreisepflicht des Antragstellers wegen der aufschiebenden Wirkung der Klage gegen die Ausweisung gemäß § 80 Abs. 1 VwGO nicht vollziehbar (§ 58 Abs. 2 Satz 2 AufenthG). Denn die Ausreisepflicht wird erst vollziehbar, wenn die Versagung des Aufenthaltstitels oder der sonstige Verwaltungsakt, durch den der Ausländer nach § 50 Abs. 1 AufenthG ausreisepflichtig ist, vollziehbar ist. Die Ausweisung als Verwaltungsakt, durch den der Ausländer gemäß § 50 Abs. 1 AufenthG ausreisepflichtig wird, ist jedoch wegen der aufschiebenden Wirkung der Klage gegen die Ausweisung noch nicht vollziehbar. Insofern ist ein Rechtsschutzinteresse daher ebenfalls nicht erkennbar.
Zusammenfassend hat der Antragsteller deshalb im Hinblick auf die Vollziehbarkeit der Ausreisepflicht kein Rechtsschutzinteresse für eine Anordnung der aufschiebenden Wirkung der Klage gegen das EAV.
1.2.2. Der Antragsteller hat in der vorliegenden Konstellation aber auch kein Rechtsschutzinteresse, soweit er die Vollziehbarkeit der Titelerteilungssperre vorläufig beseitigen möchte.
Der Erlass des EAV hat eine Titelerteilungssperre zur Folge (§ 11 Abs. 1 Satz 2 Alt. 3 AufenthG). Diese trat bis zur Gesetzesänderung zum 21. August 2019 automatisch als gesetzliche Folge der Ausweisung gemäß § 11 Abs. 1 AufenthG a.F. ein; nunmehr ist sie eine Folge des bei einer Ausweisung zwingend zu erlassenden EAV (§ 11 Abs. 1 Satz 1 AufenthG).
Jedoch besteht für einen Antrag auf Anordnung der aufschiebenden Wirkung der Klage gegen das EAV auch im Hinblick auf die Vollziehbarkeit der Titelerteilungssperre kein Rechtsschutzinteresse. Denn die Titelerteilungssperre ist im vorliegenden Verfahren des vorläufigen Rechtsschutzes ohne Belang, soweit es um die Verhinderung der Vollziehbarkeit der Ausreisepflicht vor Abschluss des Hauptsacheverfahrens geht. Der Antragsteller bleibt nämlich – unabhängig von der Titelerteilungssperre – gemäß § 58 Abs. 2 Satz 1 Nr. 2 AufenthG und §§ 58 Abs. 2 Satz 2, 84 Abs. 1 Nr. 1 AufenthG vollziehbar ausreisepflichtig.
Der Entscheidung des Verwaltungsgerichtshofs Mannheim vom 21. Januar 2020 (11 S 3477/19 – juris), in der das Rechtsschutzinteresse zu Recht nicht problematisiert wurde, lag eine andere Fallkonstellation zu Grunde, der dortige Eilantrag richtete sich u.a. auch gegen die Ablehnung der Erteilung bzw. Verlängerung einer Aufenthaltserlaubnis. Dort hing – anders als vorliegend – die Vollziehbarkeit der Ausreisepflicht des Antragstellers (allein) von der Ablehnung des Antrags auf Erteilung bzw. Verlängerung der Aufenthaltserlaubnis ab, und die Ablehnung beruhte ihrerseits auf der Titelerteilungssperre als Folge des Einreise- und Aufenthaltsverbots, welches seinerseits aufgrund Ausweisung zwingend zu erlassen war. In einem solchen Fall besteht für einen Antrag auf Anordnung der aufschiebenden Wirkung der Klage gegen das EAV ein Rechtsschutzinteresse, weil der rechtliche Vorteil einer entsprechenden gerichtlichen Anordnung darin besteht, dass die trotz der gegen die Versagung erhobenen Klage wegen § 58 Abs. 2 Satz 2 AufenthG i.V.m. § 84 Abs. 1 Satz 1 Nr. 1 AufenthG eingetretene Vollziehbarkeit der Ausreisepflicht wegen Ablehnung eines Aufenthaltstitels aufgrund der Anordnung der aufschiebenden Wirkung entfallen kann: Wenn das Gericht die aufschiebende Wirkung der Klage gegen die Ablehnung der Erteilung des Aufenthaltstitels anordnet, ist die sich hieraus ergebende Ausreisepflicht nämlich nicht (mehr) vollziehbar.
Vorliegend hängt die Vollziehbarkeit der Ausreisepflicht aber gerade nicht allein von der Ablehnung des Titelantrags ab, weil der Antragsteller schon aus anderen Gründen vollziehbar ausreisepflichtig ist (§§ 58 Abs. 2 Satz 1 Nr. 2, 50 Abs. 1 AufenthG bzw. und §§ 58 Abs. 2 Satz 2, 84 Abs. 1 Nr. 1 AufenthG).
1.2.3. Ein Rechtsschutzinteresse besteht auch nicht im Hinblick darauf, dass der Antragsteller als Folge des Erlasses des EAV nicht erneut in das Bundesgebiet einreisen bzw. sich darin aufhalten darf (§ 11 Abs. 1 Satz 2 Alt. 1 und 2 AufenthG) (EAV im eigentlichen Sinn).
Dem Antragsteller geht es nach seinem gesamten Vortrag ersichtlich darum, die Vollziehbarkeit seiner Ausreisepflicht zu beseitigen, nicht um die Vollziehbarkeit des EAV im eigentlichen Sinn. Der Antragsteller hat nicht geltend gemacht, bereits vor Abschluss des Hauptsacheverfahrens aus- und wieder einreisen zu wollen, was ihm im Hinblick auf seine langjährige Inhaftierung auch gar nicht möglich ist. Abgesehen davon wirkt sich das EAV im eigentlichen Sinn erst nach erfolgter Ausreise des Antragstellers aus, so dass ein Rechtsschutzinteresse im Verfahren des vorläufigen Rechtsschutzes nicht ersichtlich ist.
1.2.4. Ein Rechtsschutzinteresse für die Anordnung der aufschiebenden Wirkung der Klage im Hinblick auf die Befristung des EAV gemäß § 11 Abs. 3 Satz 1 AufenthG besteht ebenfalls nicht.
Denn die Rechtmäßigkeit der Dauer der Befristung des EAV ist hinsichtlich der Vollziehbarkeit der Ausreisepflicht regelmäßig unerheblich (vgl. VGH Mannheim, B.v. 21.1.2020 – 11 S 3477/19 – juris Rn. 32).
Somit ist nach dieser Auffassung der Antrag auf Anordnung der aufschiebenden Wirkung der Klage gegen das EAV zwar statthaft, mangels Rechtsschutzinteresses jedoch unzulässig und somit abzulehnen.
2. Unterscheidet man im Hinblick auf den Wortlaut des Gesetzes zwischen dem Erlass eines EAV (§ 11 Abs. 1 Satz 1, Abs. 2 Satz 1, Satz 2 AufenthG) bzw. der Anordnung eines EAV (§ 84 Abs. 1 Satz 1 Nr. 8, Abs. 1 Satz 2 AufenthG) einerseits und seiner Befristung (§ 11 Abs. 2 Satz 3, Satz 5 AufenthG, § 84 Abs. 1 Satz 1 Nr. 7 AufenthG) andererseits (vgl. OVG Sachsen, B.v. 10.12.2019 – 3 B 288/19 – juris Rn. 18, wohl auch in diese Richtung tendierend: Bergmann/Dienelt/Samel, 13. Aufl. 2020, AufenthG § 84 Rn. 14), ist der Antrag ebenfalls unzulässig.
2.1. Die Klage gegen den Erlass des EAV hat dann nämlich schon nach dem Grundsatz gemäß § 80 Abs. 1 VwGO aufschiebende Wirkung, mit der Folge, dass ein Antrag auf Anordnung der aufschiebenden Wirkung ins Leere geht.
2.2. Für den Antrag, die aufschiebende Wirkung der Klage gegen die Befristung des EAV anzuordnen, fehlt das Rechtsschutzinteresse (vgl. OVG Sachsen, B.v. 10.12.2019 – 3 B 288/19 – juris Rn. 17 und s.o.).
Der Antrag ist somit auch nach dieser Auffassung unzulässig und abzulehnen, weshalb eine Entscheidung darüber, welcher Auffassung man folgt, nicht erforderlich ist.
3. Ohne dass es für die Entscheidung darauf ankommt, neigt das Gericht trotz der Probleme im Hinblick auf den Wortlaut des § 84 Abs. 1 Satz 1 Nr. 7 AufenthG, auf die der Verwaltungsgerichtshof Mannheim ausführlich eingeht (B.v. 13.11.2019 – 11 S. 2 2996/19 – juris Rn. 40 ff.), zur ersten Auffassung. Sie hat zwar im Ergebnis eine gekünstelt wirkende Aufspaltung der Befristung des EAV in eine Entscheidung über das „Ob“ der Befristung, das gesetzlich verpflichtend ist (§ 11 Abs. 2 Satz 3 AufenthG), und eine Ermessensentscheidung über die Länge der Frist zu Folge (§ 11 Abs. 3 Satz 1 AufenthG). Jedoch ist diese Aufspaltung nunmehr im Gesetz so angelegt. Außerdem ist es auch nicht überzeugender, die Entscheidung über die Befristung als eine einheitliche zu betrachten, wenn sie sich aus einem gebundenen Teil und einem Ermessenteil zusammensetzt. Dies wäre jedoch wohl die Konsequenz der Gegenmeinung, die – ihrerseits auch gegen den Gesetzeswortlaut (§ 11 Abs. 2 Satz 3 AufenthG) – unberücksichtigt lässt, dass der Gesetzgeber die Anordnung der Befristung nunmehr ausdrücklich geregelt hat.
Der Auffassung des Verwaltungsgerichtshofs, dass es sich bei der Anordnung und Befristung eines EAV um einen einheitlichen Verwaltungsakt handelt, der nicht zwischen der Anordnung des Verbots und dessen Befristung aufgespalten werden kann, haben sich das Oberverwaltungsgericht Lüneburg (U.v. 6.5.2020 -13 LB 190/19 – juris Rn. 54) und das Oberverwaltungsgericht Berlin-Brandenburg (U.v. 6.7.2020 – OVG 3 B 2/20 – juris Rn. 17) angeschlossen. Zimmerer scheint ebenfalls zu dieser Rechtsansicht zu tendieren (BeckOK MigrR/Zimmerer, 7. Ed. 1.1.2021, AufenthG § 84 Rn. 14 f.). Anders entschieden hat das Oberverwaltungsgericht Sachsen (B.v. 10.12.2019 – 3 B 288/19 – juris), allerdings ohne Auseinandersetzung mit der Entscheidung des VGH Mannheim vom 13. November 2019. Auf die Schwierigkeiten bzgl. § 84 AufenthG weist Samel in der Kommentierung von Bergmann/Dienelt (13. Aufl. 2020, AufenthG § 84 Rn. 14) hin.
4. Da der Antrag bereits wegen Unzulässigkeit abzulehnen ist, kommt es auf das materielle Vorbringen des Antragstellers zur Rechtmäßigkeit der Ausweisung vorliegend nicht an. Das Gericht verweist in diesem Zusammenhang jedoch auf die obergerichtliche Rechtsprechung, insbesondere des Bayerischen Gerichtshofs, wonach die Frage eines zielstaatsbezogenen Abschiebungshindernisses (§ 60 Abs. 5 und Abs. 7 AufenthG) oder eines inlandsbezogenen Abschiebungshindernisses (§ 60a Abs. 2 Satz 1 AufenthG) die Rechtmäßigkeit der Ausweisungsverfügung unberührt lässt und erst bei der Vollstreckung der Abschiebungsandrohung Bedeutung erlangt (BayVGH, B.v. 16.4.2020 – 10 ZB 20.536 – juris Rn. 11; B.v. 28.1.2020 – 10 ZB 19.2452 – juris Rn. 6; B.v. 13.1.2020 – 10 ZB 19.1599 – juris Rn. 14; B.v. 12.8.2019 – 10 ZB 19.1004 – juris Rn. 6; B.v. 1.2.2019 – 10 ZB 18.2455 – juris Rn. 10; OVG Bremen, U.v. 5.7.2019 – 2 B 98.18 – juris Rn. 12).
II.
Der Antragsteller trägt als unterliegender Teil die Kosten des Verfahrens, § 154 Abs. 1 VwGO.
III.
Die Streitwertfestsetzung beruht auf §§ 53 Abs. 2 Nr. 2, 52 Abs. 1 GKG i.V.m. Nrn. 1.5 und 8.2. des Streitwertkatalogs.


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