Verwaltungsrecht

Rechtswidriger Widerruf der Flüchtlingseigenschaft wegen Mitgliedschaft in terroristischer Vereinigung

Aktenzeichen  M 22 K 17.48782

Datum:
7.3.2019
Rechtsgebiet:
Fundstelle:
BeckRS – 2019, 15014
Gerichtsart:
VG
Gerichtsort:
München
Rechtsweg:
Verwaltungsgerichtsbarkeit
Normen:
AsylG § 3 Abs. 2, Abs. 4, § 73 Abs. 1 S. 1, Abs. 2 S. 1, S. 2
AufenthG § 60 Abs. 8 S. 1
StGB § 129a, § 129b Abs. 1 S. 2
IStGH-Statut Art. Abs. 2

 

Leitsatz

1. Wird nachträglich bekannt, dass bereits zum Zeitpunkt der Zuerkennung der Flüchtlingseigenschaft Ausschlussgründe vorlagen, kann ein Widerruf der Flüchtlingseigenschaft nicht auf § 73 Abs. 1 S. 1 AsylG gestützt werden. In Betracht kommt nur eine Rücknahme der Zuerkennung der Flüchtlingseigenschaft nach § 73 Abs. 2 S. 2.  (Rn. 45 – 47) (redaktioneller Leitsatz)
2. Die Ausschlussklausel des § 3 Abs. 2 S. 1 Nr. 1 AsylG findet auf Handlungen Anwendung, die nach internationalem Recht als Kriegsverbrechen oder Verbrechen gegen die Menschlichkeit einzustufen sind. Das Vorliegen dieses Ausschlussgrundes setzt voraus, dass schwerwiegende Gründe die Annahme rechtfertigen, dass der Betreffende vor seiner Einreise in das Bundesgebiet eine schwere nichtpolitische Straftat begangen, zu einer solchen Tat angestiftet oder sich in sonstiger Weise daran beteiligt hat. Als schwere Straftaten in diesem Sinne sind unter anderem terroristische Handlungen anzusehen, die durch ihre Gewalt gegenüber der Zivilbevölkerung gekennzeichnet sind, auch wenn mit ihnen vorgeblich politische Ziele verfolgt werden. (Rn. 52 – 61) (redaktioneller Leitsatz)
3. Handlungen des internationalen Terrorismus stehen allgemein und unabhängig von ihrer strafrechtlichen Relevanz in Widerspruch zu den Zielen und Grundsätzen der Vereinten Nationen und stellen ein Zuwiderhandeln im Sinne des § 3 Abs. 2 Satz 1 Nr. 3 AsylG dar. (Rn. 62) (redaktioneller Leitsatz)
4. Handlungen, die sich weder als Kriegsverbrechen noch als Verbrechen gegen die Menschlichkeit darstellen, können auch nicht als schwere nichtpolitische Straftat eingestuft werden. (Rn. 63 – 69) (redaktioneller Leitsatz)
5. In beiden Alternativen des § 60 Abs. 8 S. 1 AufenthG hat im Rahmen einer Prognoseentscheidung eine individuelle Prüfung der tatsächlichen Gefährlichkeit des Betroffenen für die Aufnahmegesellschaft zu erfolgen, in die dessen Verhalten und die gesamten Gegebenheiten einzubeziehen sind. Gegebenenfalls ist auch die resozialisierende, individuell wie generalpräventive Wirkung verhängter und verbüßter Strafen zugunsten des Betroffenen zu berücksichtigen. Dies gilt auch für die der Aussetzung der Vollstreckung eines Strafrestes zur Bewährung zugrunde liegende günstige Sozialprognose. Sie spricht als Indiz gegen eine Wiederholungsgefahr. Zu würdigen sind außerdem die konkreten Umstände der der Verurteilung zugrunde liegenden Straftat. Eine Wiederholungsgefahr besteht umso weniger, je mehr es sich dabei um eine auf einem singulären Konflikt beruhende Tat handelt. (Rn. 71 – 72) (redaktioneller Leitsatz)

Tenor

I. Der Bescheid des Bundesamtes für Migration und Flüchtlinge vom 28. August 2017 wird in Nr. 1 und 2 aufgehoben.
II. Die Beklagte hat die Kosten des Verfahrens zu tragen.
III. Die Kostenentscheidung ist vorläufig vollstreckbar. Die Beklagte darf die Vollstreckung durch Sicherheitsleistung oder Hinterlegung in Höhe des vollstreckbaren Betrags abwenden, wenn nicht der Kläger vorher Sicherheit in gleicher Höhe leistet.

Gründe

Die Klage ist zulässig und hat auch in der Sache Erfolg, da der Bescheid, soweit er angefochten wurde, rechtswidrig ist und den Kläger in seinen Rechten verletzt (§ 113 Abs. 1 VwGO). Die Voraussetzungen für einen Widerruf oder eine Rücknahme der dem Kläger zuerkannten Flüchtlingseigenschaft sind im maßgeblichen Zeitpunkt der mündlichen Verhandlung der Kammer (§ 77 Abs. 1 Satz 1 Halbs. 1 AsylG) nicht gegeben.
1. Die Beklagte hat ihre Entscheidung auf § 73 Abs. 1 Satz 1 AsylG gestützt. Nach dieser Bestimmung ist die Zuerkennung der Flüchtlingseigenschaft unverzüglich zu widerrufen, wenn ihre Voraussetzungen nicht mehr vorliegen.
Hierzu ist vorab festzustellen, dass jedenfalls die geltend gemachten Ausschlussgründe nach § 3 Abs. 2 AsylG, wenn der Auffassung der Beklagten in der Sache zu folgen wäre, bereits vor Ergehen der zuerkennenden Statusentscheidung vorgelegen haben und bei einer solchen Fallgestaltung eine Anwendung des § 73 Abs. 1 Satz 1 AsylG nicht in Betracht kommt. Zwar gestattet die Regelung auch die Aufhebung rechtswidriger Zuerkennungen, setzt aber stets eine entscheidungserhebliche nachträgliche Veränderung der für die Beurteilung maßgeblichen Verhältnisse voraus (vgl. BVerwG, U.v. 19.9.2000 – 9 C 12/00 – juris Rn 8 ff.). An einer solchen fehlt es aber beim bloßen nachträglichen Bekanntwerden bereits zum Zeitpunkt der Zuerkennung vorliegender Ausschlussgründe.
Dieser Umstand alleine würde allerdings eine Aufhebung des Bescheides nicht rechtfertigen. Vielmehr wäre ggf. zu prüfen, ob dieser auf die Regelung des § 73 Abs. 2 Satz 2 i.V.m. Satz 1 AsylG gestützt werden könnte, wonach die Zuerkennung der Flüchtlingseigenschaft zurückzunehmen ist, wenn sie auf Grund unrichtiger Angaben oder infolge Verschweigens wesentlicher Tatsachen erteilt worden ist und der Ausländer auch nicht aus anderen Gründen die Zuerkennung beanspruchen kann. Da beide Maßnahmen, sowohl der Widerruf nach § 73 Abs. 1 Satz 1 AsylG wie auch die Rücknahme nach § 73 Abs. 2 AsylG, prinzipiell auf dieselbe Rechtsfolge gerichtet sind (auch wenn die Aufhebung in zeitlicher Hinsicht differieren mag) und es sich in beiden Fällen um gebundene Verwaltungsentscheidungen handelt, wäre das Gericht unabhängig von der Begründung des Bescheides nach § 113 Abs. 1 VwGO von sich aus zur Prüfung verpflichtet, ob der Verwaltungsakt mit dem objektiven Recht in Einklang steht und, falls nicht, ob er den Kläger in seinen Rechten verletzt. Die Heranziehung anderer als im angefochtenen Bescheid angeführter Normen oder Tatsachen wäre dem Gericht nur dann verwehrt, wenn dies zu einer Wesensveränderung des angefochtenen Bescheids führen würde oder der Betroffene in seiner Rechtsverfolgung unzumutbar beeinträchtigt würde, wovon hier nicht ausgegangen werden kann (vgl. BVerwG, U.v. 24.11.1998 – 9 C 53/97 – juris Rn. 16).
Die formellen Voraussetzungen für eine Rücknahmeprüfung wären vorliegend auch erfüllt, da der Kläger im Verwaltungsverfahren unrichtige Angaben zu seiner Mitgliedschaft bei der Ahrar al-Sham gemacht hat und auf der Hand liegt, dass das Bundesamt, hätte der Kläger zutreffende Angaben gemacht, die Zuerkennung nicht ausgesprochen hätte (zur Frage, ob bei anfänglicher Rechtswidrigkeit des Bescheides, wenn die Voraussetzungen des § 73 Abs. 2 AsylG nicht vorliegen, eine Rücknahme auf der Grundlage des § 48 VwVfG in Betracht käme, vgl. Hofmann, Ausländerrecht, 2. Aufl. 2016, § 73 AsylG Rn. 6 und Hailbronner, AsylG, Stand: Jan. 2019, § 73 Rn. 24).
Im Ergebnis stellt sich hier die Frage nach einem Austausch der Rechtsgrundlage (oder einer Umdeutung) indes nicht, da Ausschlussgründe nach § 3 Abs. 2 AsylG entgegen der Auffassung der Beklagten nicht vorliegen.
Bezüglich des weiter geltend gemachten Ausschlussgrundes nach § 3 Abs. 4 AsylG i.V.m. § 60 Abs. 8 Satz 1 Alt. 1 AufenthG dürfte, was die Frage der Anwendbarkeit der Vorschriften über den Widerruf oder die Rücknahme angeht, dasselbe wie vorstehend ausgeführt gelten, da die Beklagte die Annahme, der Kläger sei aus schwerwiegenden Gründen als Gefahr für die Sicherheit der Bundesrepublik Deutschland anzusehen, auf dessen frühere Mitgliedschaft in der Ahrar al-Sham stützt, die Gefahrenlage demnach – anders als die Verurteilung, die dem Ausschlussgrund des § 60 Abs. 8 Satz 1 Alt. 2 AufenthG zugrunde liegt – schon vor der Zuerkennung der Flüchtlingseigenschaft bestanden haben soll. Auch insoweit hat die Beklagte aber zu Unrecht Ausschlussgründe angenommen.
2. Ein Ausländer ist gemäß § 3 Abs. 2 AsylG nicht Flüchtling, wenn aus schwerwiegenden Gründen die Annahme gerechtfertigt ist, dass er ein Verbrechen gegen den Frieden, ein Kriegsverbrechen oder ein Verbrechen gegen die Menschlichkeit begangen hat im Sinne der internationalen Vertragswerke, die ausgearbeitet worden sind, um Bestimmungen bezüglich dieser Verbrechen zu treffen (§ 3 Abs. 2 Satz 1 Nr. 1 AsylG), der Ausländer vor seiner Aufnahme als Flüchtling eine schwere nichtpolitische Straftat außerhalb des Bundesgebietes begangen hat, insbesondere eine grausame Handlung, auch wenn mit ihr vorgeblich politische Ziele verfolgt wurden (§ 3 Abs. 2 Satz 1 Nr. 2 AsylG), oder er den Zielen und Grundsätzen der Vereinten Nationen zuwider gehandelt hat (§ 3 Abs. 2 Satz 1 Nr. 3 AsylG). Dies gilt auch für Ausländer, die andere zu einer derartigen Straftat angestiftet oder sich in sonstiger Weise daran beteiligt haben (§ 3 Abs. 2 Satz 2 AsylG). Mit diesen Ausschlussgründen hat der deutsche Gesetzgeber Art. 12 Abs. 2 und 3 der Richtlinie 2004/83/EG umgesetzt (siehe nunmehr Art. 12 Abs. 2 und 3 der Richtlinie 2011/95/EU). Diese gemeinschaftsrechtliche Regelung geht ihrerseits auf die schon in Art. 1 F des Abkommens vom 28. Juli 1951 über die Rechtsstellung der Flüchtlinge (BGBl 1953 II, S. 559) – Genfer Flüchtlingskonvention – GFK – aufgeführten Ausschlussgründe zurück.
2.1 Die Ausschlussklausel des § 3 Abs. 2 Satz 1 Nr. 1 AsylG findet auf Handlungen Anwendung, die nach internationalem Recht als Kriegsverbrechen oder Verbrechen gegen die Menschlichkeit einzustufen sind. (Verbrechen gegen den Frieden können vorliegend außer Betracht bleiben, da diese das Tätigwerden eines Staates voraussetzen.) Welche Handlungen hierunter fallen, bestimmt sich gegenwärtig in erster Linie nach den im Römischen Statut des Internationalen Strafgerichtshofes vom 17. Juli 1998 (BGBl 2000 II S. 1394, nachfolgend: IStGH-Statut) ausgeformten Tatbeständen dieser Delikte, denn darin manifestiert sich der aktuelle Stand der völkerstrafrechtlichen Entwicklung bei Verstößen gegen das sog. Humanitäre Völkerrecht (Kriegsvölkerrecht oder Recht des bewaffneten Konflikts).
In Art. 8 Abs. 2 IStGH-Statut werden Kriegsverbrechen differenzierend zwischen Taten im internationalen (Buchst. a und b) und nichtinternationalen (Buchst. c bis f) bewaffneten Konflikt definiert. Für den nichtinternationalen (innerstaatlichen) bewaffneten Konflikt knüpft Buchstabe c an schwere Verstöße gegen den gemeinsamen Art. 3 der vier Genfer Konventionen vom 12. August 1949 an. Er stellt unter anderem Angriffe auf Leib und Leben hinsichtlich der Personen unter Strafe, die nicht unmittelbar an Feindseligkeiten teilnehmen, einschließlich der Angehörigen der Streitkräfte, welche die Waffen gestreckt haben, und der Personen, die durch Krankheit, Verwundung und Gefangennahme oder eine andere Ursache außer Gefecht befindlich sind. Buchstabe e erfasst andere schwere Verstöße gegen die innerhalb des feststehenden Rahmens des Völkerrechts anwendbaren Gesetze und Gebräuche im nichtinternationalen bewaffneten Konflikt (u.a. vorsätzliche Angriffe auf die Zivilbevölkerung und die meuchlerische Tötung gegnerischer Kombattanten).
Art. 8 Abs. 2 Buchst. d und f IStGH-Statut grenzen nichtinternationale bewaffnete Konflikte ab gegenüber Fällen innerer Unruhen und Spannungen wie Tumulten, vereinzelt auftretenden Gewalttaten oder anderen ähnlichen Handlungen. Buchstabe f setzt zudem voraus, dass zwischen „staatlichen Behörden“ (in der englischsprachigen Fassung „governmental authorities“) und organisierten bewaffneten Gruppen oder zwischen solchen Gruppen ein langanhaltender bewaffneter Konflikt besteht. Verlangt wird insoweit ein gewisses Maß an Intensität und Dauerhaftigkeit des Konflikts, um den Eingriff in die Souveränität des betroffenen Staates zu rechtfertigen (vgl. BVerwG, U.v. 24.11.2009 – 10 C 24/08 – juris Rn. 31 ff.).
Allein die aktive Teilnahme eines Kämpfers einer organisierten bewaffneten Gruppe an einem nichtinternationalen bewaffneten Konflikt im vorbeschriebenen Sinne erfüllt damit nicht schon den Tatbestand eines Kriegsverbrechens oder eines Verbrechens gegen die Menschlichkeit, denn das in § 3 Abs. 2 Satz 1 Nr. 1 AsylG rezipierte Völkerstrafrecht enthält – wie das dadurch sanktionierte Humanitäre Völkerrecht – hinsichtlich des nichtinternationalen bewaffneten Konflikts nur modale Regelungen für eine Auseinandersetzung, pönalisiert jedoch nicht die Gewaltanwendung gegen Kämpfer der gegnerischen Partei als solche (was aber die Zulässigkeit einer Strafbarkeit entsprechender Handlungen nach nationalem Recht unberührt lässt, siehe dazu unter 2.2).
Am Rande sei bemerkt, dass eine Zuständigkeit des Internationalen Strafgerichtshofes für im Rahmen des syrischen Bürgerkriegs begangene Delikte derzeit nicht besteht, da Syrien dem Statut nicht beigetreten ist und auch keine Übertragung der Situation durch den UN-Sicherheitsrat nach Art. 13 Buchst. b, Art. 16 IStGH-Statut erfolgt ist. Für die rechtliche Beurteilung ist dies nicht von Belang. Maßgeblich für die Heranziehung der Regelungen des Statuts bei der Prüfung des § 3 Abs. 2 Satz 1 Nr. 1 AsylG ist wie bereits erwähnt der Umstand, dass dieses den aktuellen Stand der völkerstrafrechtlichen Entwicklung bei Verstößen gegen das Humanitäre Völkerrecht beschreibt.
2.2 Das Vorliegen des Ausschlussgrundes nach § 3 Abs. 2 Satz 1 Nr. 2 AsylG setzt voraus, dass schwerwiegende Gründe die Annahme rechtfertigen, dass der Betreffende vor seiner Einreise in das Bundesgebiet eine schwere nichtpolitische Straftat begangen, zu einer solchen Tat angestiftet oder sich in sonstiger Weise daran beteiligt hat. Als schwere Straftaten in diesem Sinne sind unter anderem terroristische Handlungen anzusehen, die durch ihre Gewalt gegenüber der Zivilbevölkerung gekennzeichnet sind, auch wenn mit ihnen vorgeblich politische Ziele verfolgt werden (vgl. EuGH, U.v. 9.11.2010 – C-57/09 und C-101/09 – juris Rn. 81). Allerdings rechtfertigt allein der Umstand, dass eine Person einer Organisation angehört, die terroristische Handlungen zu verantworten hat und sie den bewaffneten Kampf dieser Organisation aktiv unterstützt hat, nicht automatisch die Annahme eines Ausschlussgrundes nach dieser Vorschrift. Es bedarf vielmehr in jedem Einzelfall einer Würdigung der genauen tatsächlichen Umstände, um zu ermitteln, ob die von der Organisation begangenen Handlungen als schwere nichtpolitische Straftaten im Sinne des Ausschlussgrundes einzustufen sind und ob der betreffenden Person eine individuelle Verantwortung für die Verwirklichung dieser Handlungen zugerechnet werden kann (BVerwG, U.v. 7.7.2011 – 10 C 26/10 – juris Rn. 35).
Die in § 3 Abs. 2 Satz 1 Nr. 1 und 2 AsylG enthaltenen Ausschlussgründe sind in einem nichtinternationalen bewaffneten Konflikt nebeneinander anwendbar. Die Entstehungsgeschichte des Art. 1 F Buchst. a und b GFK zeigt, dass der Ausschluss wegen Asylunwürdigkeit zum einen von Kriegsverbrechern im weiteren Sinne und zum anderen von „gemeinen Straftätern“ auf unterschiedliche Quellen zurückzuführen und auf verschiedene Szenarien (Straftaten im Krieg und Straftaten im Frieden) zugeschnitten ist. Dieser historische Befund trägt aber nicht den Schluss, § 3 Abs. 2 Satz 1 Nr. 1 AsylG sei gegenüber Nr. 2 exklusiv oder speziell, denn auch in einem bewaffneten Konflikt können Kämpfer schwere nichtpolitische Straftaten begehen. Allerdings stehen die genannten Ausschlussgründe in einer solchen Konfliktsituation auch nicht isoliert nebeneinander. Vielmehr beeinflusst das Vorliegen eines nichtinternationalen bewaffneten Konflikts mit den dafür vorgesehenen Regelungen des Humanitären Völkerrechts und dessen völkerrechtlicher Sanktionierung auch die Maßstäbe, nach denen sich in Nr. 2 insbesondere die Verhältnismäßigkeit der Mittel beurteilt.
Zwar genießen Kämpfer aufständischer Gruppen im nichtinternationalen bewaffneten Konflikt – anders als Kombattanten im internationalen bewaffneten Konflikt – nach herrschender, wenn auch nicht unbestrittener Auffassung in Rechtsprechung und Literatur keine Kombattantenimmunität, d.h. sie haben völkerrechtlich kein Recht zur Vornahme bewaffneter Schädigungshandlungen. Aber das Völkerstrafrecht missbilligt wie oben bereits ausgeführt ihre Teilnahme an Kampfhandlungen auch nicht als solche, sondern enthält sich insoweit einer Regelung. Dieser Befund hat notwendig Auswirkungen auf die Bewertung einer Tat im Sinne des § 3 Abs. 2 Satz 1 Nr. 2 AsylG. Wenn Gewaltakte wie die Tötung gegnerischer Kämpfer in Kampfhandlungen keinen Tatbestand eines Kriegsverbrechens erfüllen und völkerstrafrechtlich nicht zu ahnden sind, dann kann eine solche Tat nicht ohne Wertungswiderspruch gleichsam automatisch zum Ausschluss von der Flüchtlingsanerkennung gemäß Nr. 2 führen. Werden Kampfhandlungen von Kämpfern in einem nichtinternationalen bewaffneten Konflikt nicht von § 3 Abs. 2 Satz 1 Nr. 1 AsylG erfasst, erfüllen sie danach in der Regel auch nicht den Ausschlussgrund der schweren nichtpolitischen Straftat (BVerwG, U.v. 24.11.2009 – 10 C 24/08 – juris Rn. 43).
Die Straflosigkeit der Aktivitäten von Kämpfern organisierter bewaffneter Gruppen in nichtinternationalen bewaffneten Konflikten nach den völkerstrafrechtlichen Regelungen, soweit diesen nicht überschießende Delikte nach dem IStGH-Statut vorzuwerfen wären, lässt die Strafbarkeit nach nationalem Recht wegen des fehlenden Kombattantenprivilegs für Kämpfer nichtstaatlicher bewaffneter Gruppen allerdings unberührt. Derartige Straftaten (Aktivitäten einer Bürgerkriegsmiliz im Kampf gegen Regierungskräfte oder andere Milizen) unterfallen nach den nationalen Strafrechtsordnungen auch regelmäßig dem Terrorismusbegriff und erfüllen nach deutschem Strafrecht den Tatbestand des § 129b StGB unabhängig davon, ob die jeweilige Gruppierung spezifisch terroristische Mittel anwendet oder sich an die Kampfregeln des Humanitären Völkerrechts hält. Das strafrechtliche Terrorismusverdikt folgt insoweit bereits aus der Bereitschaft ggf. Kombattanten bzw. Kämpfer der Gegenseite zu töten. Was den Konflikt in Syrien angeht, bedeutet dies, dass alle bewaffneten Milizen, die gegen das Assad-Regime kämpfen, auch die von westlichen Staaten unterstützten Milizen wie etwa die sog. Freie Syrische Armee, dem Grunde nach als terroristische Vereinigung im Sinne von § 129b StGB einzustufen sind (ausführlich zur Rechtfertigung von Straftaten im nichtinternationalen Konflikt unter Berücksichtigung gerade auch der Situation in Syrien Scheuß, ZStW 2018, 23).
Mit Blick auf die vorbeschriebene Wertung ist auch insoweit eine einschränkende Auslegung geboten. Wenn und soweit die im Rahmen einer strafrechtlichen Bewertung inmitten stehenden Handlungen nach den Regeln des Humanitären Völkerrechts nicht pönalisiert sind, muss es dabei verbleiben, dass diese auch dann nicht als schwere nichtpolitische Straftaten eingestuft werden können, wenn – wie im Fall des Klägers geschehen – durch den Staat, in dem der Betreffende Aufnahme gefunden hat, im Wege der stellvertretenden Strafrechtspflege (vgl. § 7 Abs. 2 Nr. 2 StGB) eine strafrechtliche Ahndung dieser Handlungen erfolgt (was, soweit es um § 129b StGB geht, bei Taten von Organisationen außerhalb der Mitgliedsstaaten der Europäischen Union weiter eine Verfolgungsermächtigung des Bundesministeriums der Justiz und für Verbraucherschutz voraussetzt, § 129b Abs. 1 Satz 3 StGB).
2.3 Was schließlich den Ausschlussgrund des § 3 Abs. 2 Satz 1 Nr. 3 AsylG (Zuwiderhandeln gegen Ziele und Grundsätze der Vereinten Nationen) angeht, der jedenfalls bei Handlungen des Terrorismus mit internationaler Dimension auch von Personen verwirklicht werden kann, die keine Machtposition in einem Staat oder einer staatsähnlichen Organisation haben, setzt der Tatbestand nicht notwendig die Begehung einer strafbaren Handlung voraus. In den einschlägigen UN-Resolutionen zu Antiterrormaßnahmen wird in Bekräftigung dessen, dass jede Handlung des internationalen Terrorismus eine Bedrohung des Weltfriedens und der internationalen Sicherheit darstellt, ausdrücklich erklärt, „dass die Handlungen, Methoden und Praktiken des Terrorismus im Widerspruch zu den Zielen und Grundsätzen der Vereinten Nationen stehen und dass die wissentliche Finanzierung und Planung terroristischer Handlungen sowie die Anstiftung dazu ebenfalls im Widerspruch zu den Zielen und Grundsätzen der Vereinten Nationen stehen“ (Resolution 1372/2001 des Sicherheitsrats vom 28. September 2001, Nr. 5). Daraus ergibt sich, dass Handlungen des internationalen Terrorismus allgemein und unabhängig von ihrer strafrechtlichen Relevanz in Widerspruch zu den Zielen und Grundsätzen der Vereinten Nationen stehen. Von diesem Ausschlussgrund können danach auch Personen erfasst werden, die im Vorfeld Unterstützungshandlungen zu Gunsten solcher terroristischer Aktivitäten vornehmen. Zusätzlich ist allerdings – um der Funktion des Ausschlussgrundes gerecht zu werden – in jedem Fall zu prüfen, ob der individuelle Beitrag ein Gewicht erreicht, das dem der Ausschlussgründe in § 3 Abs. 2 Satz 1 Nr. 1 und 2 AsylG entspricht (BVerwG, U.v. 7.7.2011 – 10 C 26/10 – juris Rn. 39).
2.4 Nach diesen Maßgaben kann nicht angenommen werden, dass in der Person des Klägers Ausschlussgründe nach § 3 Abs. 2 AsylG vorliegen.
In Bezug auf die Ausschlussgründe des § 3 Abs. 2 Satz 1 Nr. 1 und 2 AsylG ist zunächst festzustellen, dass der bewaffnete Aufstand in Syrien ab Anfang 2012 weite Teile des Landes erfasst hat, auch das Gebiet in dem der Kläger für die Ahrar al-Sham aktiv war, und sich zu einem großflächigen Bürgerkrieg ausgeweitet hat. Spätestens seit dieser Zeit ist Syrien Schauplatz eines nichtinternationalen bewaffneten Konflikts (vgl. BGH, B.v. 11.8.2016 – AK 43/16 – juris Rn. 7; B.v. 17.11.2016 – AK 54/16 – Rn. 23; zur Entwicklung des Kriegsgeschehens bis zum Frühjahr 2014 siehe Urteil des OLG München vom 19.9.2017 S. 33 ff. und BAMF, Syrien: Situation in den Provinzen, 04/2014). Weiter ist davon auszugehen, dass es sich bei der Ahrar al-Sham, die zeitweilig bis zu 20.000 Kämpfer unter Waffen gehabt haben soll, um eine organisierte bewaffnete Gruppe im Sinne von Art. 8 Abs. 2 Buchst. f IStGH-Statut handelt, da sie bereits im hier interessierenden Zeitraum über gefestigte Organisationsstrukturen verfügte und in der Lage war, koordinierte militärische Aktionen mit einer gewissen Schlagkraft auszuführen (zur Ahrar al-Sham siehe insbesondere die Ausführungen im Urteil des OLG München vom 19.9.2017 S. 37 ff. und Steinberg, SWP-Aktuell, April 2016, S. 1 ff.). Die Gruppe hat mittlerweile erheblich an Einfluss verloren. Es liegen auch Berichte vor, wonach sie sich mittlerweile weitgehend aufgelöst haben soll.
Die Beteiligungshandlungen, aufgrund derer der Kläger wegen Mitgliedschaft in einer terroristischen Vereinigung nach § 129b StGB und wegen Verstoßes gegen das Kriegswaffenkontrollgesetz verurteilt wurde (die Mitgliedschaft in der Gruppe als solche und insbesondere die bewaffneten Wachdienste vor Krankenhäusern und am Belagerungsring um den Flughafen Kuwairis sowie dem ISIS-Stützpunkt in Manbij nebst dem Einsatz in Vorbereitung der Eroberung der Stadt Maskana), die er im Strafverfahren auch eingeräumt hat, sind aber ausschließlich solche, die nach den Regelungen des internationalen Strafrechts nicht pönalisiert sind, weil der Kläger insoweit im Rahmen eines nichtinternationalen bewaffneten Konflikts als Mitglied einer organisierten bewaffneten Gruppe gehandelt hat und die Tathandlungen weder dem Art. 7 noch Art. 8 Abs. 2 Buchst. c und e IStGH-Statut unterfallen. Damit fehlt es in Bezug auf diese Handlungen für sich betrachtet an schwerwiegenden Gründen für die Annahme, dass ein Ausschlussgrund nach § 3 Abs. 2 Satz 1 Nr. 1 und auch nach Nr. 2 AsylG gegeben ist. Da die abgeurteilten Handlungen sich weder als Kriegsverbrechen noch als Verbrechen gegen die Menschlichkeit darstellen, können sie auch nicht als schwere nichtpolitische Straftat eingestuft werden.
Der Umstand, dass der Gruppierung Ahrar al-Sham als solcher gravierende Menschrechtsrechtsverletzungen vorgeworfen werden, die sich als Kriegsverbrechen darstellen dürften bzw. als terroristische Straftaten und damit auch als schwere nicht-politische Straftat zu werten wären (zur Offensive gegen alawitische Dörfer in der Provinz Latakia im August 2013 und zum Beschuss der Orte Nubul und Zahra zwischen Juli 2013 und September 2015 und die Entführung von Zivilisten aus Zahra vgl. Urteil des OLG München vom 19.9.2017, S. 44 f.) rechtfertigt nach den Umständen des Falles gleichfalls keinen Ausschluss des Klägers von der Flüchtlingseigenschaft nach Maßgabe des § 3 Abs. 2 Satz 1 Nr. 1 und 2 AsylG und des Weiteren auch nicht nach Nr. 3 der Bestimmung.
In Bezug auf die Aktivitäten des Klägers bei der Ahrar al-Sham folgt die Kammer den Feststellungen im Urteil des OLG München vom 19. September 2017. Anhaltspunkte dafür, dass er über die eingestandenen Geschehnisse hinaus an weiteren für die Beurteilung relevanten Aktivitäten der Gruppe beteiligt gewesen sein könnte, haben sich im Verfahren nicht ergeben. Es ist auch nichts dafür ersichtlich, dass hier weitere Sachaufklärungsmaßnahmen in Betracht gekommen wären.
Für eine konkrete Beteiligung des Klägers an Kriegsverbrechen, Verbrechen gegen die Menschlichkeit bzw. schweren nichtpolitischen Straftaten in eigener Person, die einen Ausschluss der Flüchtlingseigenschaft nach § 3 Abs. 2 Satz 1 Nr. 1 und 2 AsylG zur Folge hätten, fehlt es danach an hinreichenden tatsächlichen Anhaltspunkten. Die allgemeine Förderung der Ziele und Aktivitäten der Gruppe (auch durch Belagerungs- und Wacheinsätze) während der mehrmonatigen aktiven Mitgliedschaft in dieser reicht hierfür nicht aus, zumal der Kläger nach seinen unwiderlegten Angaben aus seinem Gewehr nur Probeschüsse abgegeben und nicht auf Personen geschossen hat. Weiter verbietet sich auch die Einschätzung, eine individuelle Verantwortung für von der Gruppe begangene den Flüchtlingsschutz ausschließende Straftaten könne vermutet werden, weil dies voraussetzen würde, dass der Kläger entweder eine herausgehobene Position in der Gruppe inne gehabt hat oder sonst Hinweise für eine Beteiligung an einschlägigen Handlungen vorliegen müssten (vgl. EuGH, U.v. 9.11.2010 – C-57/09 und C-101/09 – NVwZ 2011, 285 Rn. 87 ff.). Auch dafür ist aber nichts ersichtlich. Insbesondere ist in diesem Zusammenhang festzustellen, dass der Kläger nach den tatsächlichen Feststellungen des OLG München eindeutig ein nur rudimentär ausgebildeter, einfacher Kämpfer in der Miliz war, dem ausschließlich für Zeiten konkreter Aufträge eine „Standardkampfausrüstung“ überlassen wurde und der keinerlei Führungsverantwortung hatte. Die gegenteilige Darstellung in der Klageerwiderung ist für die Kammer nicht nachvollziehbar und findet auch in den Sachverhaltsfeststellungen im Urteil des OLG München vom 19. September 2017 keine Stütze. Es liegen im Übrigen auch keine Erkenntnisse dazu vor, dass die Einheiten, denen der Kläger angehört hat, während des Zeitraums der Mitgliedschaft des Klägers in der Gruppe an relevanten Straftaten im Sinne des Internationalen Strafrechts beteiligt waren.
Was den Ausschlussgrund des § 3 Abs. 2 Satz 1 Nr. 3 AsylG angeht, ist zunächst darauf hinzuweisen, dass die Ahrar al-Sham nach den vorliegenden Informationen nur in Syrien aktiv ist und es daher an einem Bezug zum internationalen Terrorismus fehlen dürfte. Aber auch wenn man davon ausgehen wollte, dass auch nichtinternationale terroristische Aktivitäten von dem Ausschlussgrund erfasst werden können, verhält es sich vorliegend doch so, dass ungeachtet des Umstandes, dass dieser Ausschlussgrund nicht notwendig die Begehung einer Straftat zur Voraussetzung hat, für einen hinreichend gewichtigen individuellen Beitrag des Klägers zu terroristischen Handlungen, der ein Gewicht erreichen würde, das dem der Ausschlussgründe im § 3 Abs. 2 Satz 1 Nr. 1 und 2 AsylG entspricht, nichts ersichtlich ist und daher auch die Voraussetzungen des § 3 Abs. 2 Satz 1 Nr. 3 AsylG nicht festgestellt werden können. Hierzu wird ergänzend, insbesondere im Hinblick auf die Frage des Vorliegens von Anhaltspunkten für eine individuelle Verantwortlichkeit in Bezug auf einschlägige Handlungen, auf die vorstehenden Ausführungen verwiesen.
3. Der Widerruf bzw. die Rücknahme kann auch nicht darauf gestützt werden, dass die Voraussetzungen für die Zuerkennung der Flüchtlingseigenschaft (obwohl der Kläger Flüchtling im Sinne von § 3 Abs. 1 AsylG ist) bereits zum Zeitpunkt der Zuerkennung nicht vorgelegen hätten bzw. später entfallen wären, weil der Kläger aus schwerwiegenden Gründen als eine Gefahr für die Sicherheit der Bundesrepublik Deutschland anzusehen wäre oder eine Gefahr für die Allgemeinheit bedeuten würde, weil er wegen eines Verbrechens oder besonders schwerwiegenden Vergehens rechtskräftig zu einer Freiheitsstrafe von mindestens drei Jahren verurteilt worden ist (§ 3 Abs. 4 AsylG i.V.m. § 60 Abs. 8 Satz 1 AufenthG). Entgegen der Auffassung der Beklagten liegen die Voraussetzungen des § 60 Abs. 8 Satz 1 AufenthG nicht vor.
3.1 Die Regelung des § 60 Abs. 8 Satz 1 AufenthG stellt die Umsetzung von Art. 33 Abs. 2 GFK ins nationale Recht dar, der die Ausnahmen vom flüchtlingsrechtlichen Abschiebungsverbot abschließend regelt. Als Ausnahmeregelung, die potenziell die Abschiebung in die Verfolgungsgefahr ermöglicht, ist die Bestimmung im Einklang mit den unionsrechtlichen und völkerrechtlichen Vorgaben an hohe Anforderungen gebunden und restriktiv auszulegen. Obwohl Abs. 8 S. 1 weitgehend an in der Vergangenheit liegende Vorgänge anknüpft, greift die Vorschrift nur dann ein, wenn von dem Betroffenen zukünftig weiterhin die Gefahren ausgehen, die sich in seinem früheren Verhalten manifestiert haben (vgl. hierzu etwa BVerwG, U.v. 5.5.1998 – 1 C 17/97 – juris Rn. 32). Dies ergibt sich bereits aus dem Wortlaut der Vorschrift, nachdem es auf eine Gefahr für die Sicherheit bzw. Allgemeinheit ankommt. Die Abschiebung politisch Verfolgter ist deshalb nach Abs. 8 Satz 1 – ausnahmsweise – nur dann zulässig, wenn in Zukunft entweder die Sicherheitsgefährdung mit besonders hoher Wahrscheinlichkeit (Alternative 1) oder eine Wiederholungsgefahr hinsichtlich eines Verbrechens oder eines besonders schweren Vergehens und infolgedessen eine Gefahr für die Allgemeinheit (Alternative 2) konkret zu besorgen sind. Letzteres ist der Fall, wenn in Zukunft neue vergleichbare Straftaten ernsthaft drohen (vgl. zu dem im Rahmen des § 60 Abs. 8 Satz 1 Alt. 1 und 2 jeweils anzulegenden Gefahrenmaßstab BVerwG, U.v. 5.5.1997 – 1 C 17.97 – juris Rn. 31 ff. sowie U.v. 16.11.2000 – 9 C 6/00 – juris Rn. 14).
Dem Begriff der Gefahr ist dabei der prognostische Charakter immanent. In beiden Alternativen des § 60 Abs. 8 Satz 1 AufenthG hat im Rahmen einer Prognoseentscheidung eine individuelle Prüfung der tatsächlichen Gefährlichkeit des Betroffenen für die Aufnahmegesellschaft zu erfolgen, in die dessen Verhalten und die gesamten Gegebenheiten einzubeziehen sind. Gegebenenfalls ist auch die resozialisierende, individualwie generalpräventive Wirkung verhängter und verbüßter Strafen zugunsten des Betroffenen zu berücksichtigen. Dies gilt auch für die der Aussetzung der Vollstreckung eines Strafrestes zur Bewährung zugrunde liegende günstige Sozialprognose. Sie spricht – auch wenn die Verwaltungsgerichte insoweit eine eigenständige Prognose anzustellen haben – als Indiz gegen eine Wiederholungsgefahr. Zu würdigen sind außerdem die konkreten Umstände der der Verurteilung zugrunde liegenden Straftat. Eine Wiederholungsgefahr besteht umso weniger, je mehr es sich dabei um eine auf einem singulären Konflikt beruhende Tat handelt (vgl. Möller in Hofmann, Ausländerrecht, 2. Auflage 2016, § 60 AufenthG Rn. 39).
Unter Zugrundelegung dieser Maßstäbe ist im Entscheidungszeitpunkt eine Verwirklichung einer der beiden Tatbestandalternativen des § 60 Abs. 8 Satz 1 AufenthG nicht gegeben.
3.2 Das durch die 1. Alternative des Abs. 8 Satz 1 geschützte Rechtsgut ist die Sicherheit der Bundesrepublik Deutschland. Unter der Sicherheit der Bundesrepublik Deutschland im Sinne dieser Bestimmung ist dabei nicht der – weitere – Begriff der öffentlichen Sicherheit im Sinne des allgemeinen Polizeirechts zu verstehen, sondern die innere und äußere Sicherheit des Staates (BVerwG, U.v. 5.5.1998 – 1 C 17/97 -, BVerwGE 106, 351 ff. – juris, zu § 51 Abs. 3 AuslG 1990). Mit der hier allein in Betracht kommenden inneren Sicherheit werden Bestand und Funktionsfähigkeit des Staates und seiner Einrichtungen geschützt. Diese können insbesondere auch durch Gewaltanschläge und Gewaltandrohungen ausländischer Terrororganisationen im Bundesgebiet gefährdet werden (vgl. BVerwG, U.v. 30.3.1999 – 9 C 31-98 – NVwZ 1999, 1346, zu § 51 Abs. 3 AuslG 1990). Davon, dass der Kläger in Zukunft mit besonders hoher Wahrscheinlichkeit (vgl. BVerwG, U.v. 5.5.1998 – 1 C 17/97 -, BVerwGE 106, 351 ff. – juris Rn. 31) eine derartige auf die innere Ordnung der Bundesrepublik Deutschland gerichtete Tat ausüben könnte, ist im maßgebenden Zeitpunkt der gerichtlichen Entscheidung aber nicht auszugehen.
Die von ihm in der Vergangenheit begangenen, durch Urteil des OLG München abgeurteilten Taten belegen schon keine vom Kläger ausgehenden gefährlichen Aktivitäten auf deutschem Boden. Insoweit fehlt es also an einer einschlägigen Anlasstat mit Bezug zur Bundesrepublik Deutschland. Der anderweitig nicht vorbestrafte Kläger wurde ausschließlich für eine in Syrien im Zusammenhang mit einer außereuropäisch agierenden Vereinigung begangene Straftat verurteilt, die wie ausgeführt für die Feststellung der Flüchtlingseigenschaft unschädlich ist und keine spezifisch terroristischen Handlungen (insbes. Angriffe auf die Zivilbevölkerung) zum Gegenstand hatte. Der nach § 129b Abs. 1 Satz 2 StGB für die Verurteilung erforderliche Deutschlandbezug basiert ausschließlich darauf, dass sich der Kläger nach Begehung der abgeurteilten Taten nach Deutschland begeben hat. Ein weitergehender Bezug zu Deutschland ist nicht gegeben. Die Ahrar al-Sham, der sich der Kläger angeschlossen hatte, ist nach den Urteilsfeststellungen des OLG München, die die erkennende Kammer teilt, eine Organisation, die – im Unterschied etwa zum ISIS – den bewaffneten Kampf gegen den syrischen Machthaber Bashar al-Assad nicht als zentrale Glaubenspflicht zu Errichtung eines weltweiten Kalifats der sunnitischen Muslime ansieht, sondern als Mittel zur Beseitigung des syrischen Regimes und zur Etablierung eines großsyrischen Nationalstaats auf der Grundlage des islamischen Rechts der Scharia. Die Gruppierung war bislang auch nur in Syrien aktiv. Eine Ausrichtung dahingehend, allgemein den Kampf gegen Ungläubige außerhalb Syriens, also in Europa oder gar weltweit zu führen, ist bei der Ahrar al-Sham nicht gegeben. Dementsprechend entsendet sie auch keine Mitglieder ins Ausland, wie in das Bundesgebiet, und entfaltet hier auch keinerlei Tätigkeiten.
Darüber hinaus ist es für das Gericht im Zeitpunkt der gerichtlichen Entscheidung auf der Grundlage der vorliegenden Erkenntnisse weder beachtlich wahrscheinlich, dass der Kläger die (nur in Syrien agierende) Ahrar al-Sham erneut unterstützen wird, noch, dass er sich einer dschihadistische Vereinigung mit Bezügen zu Europa anschließen wird. Hinzuweisen ist hier insbesondere auf die Feststellungen des OLG München im Beschluss vom 11. Februar 2019 (vgl. dort S. 7), mit dem der Strafrest des Klägers zu Bewährung ausgesetzt wurde. Laut diesem Beschluss bestehen keine Anhaltspunkte dafür, dass der Kläger – abgesehen vom damaligen Mitangeklagten R. – gegenwärtig weiterhin Kontakt zu Mitgliedern seiner Katiba oder zu der Organisation Ahrar al-Sham hätte. Er hat die Katiba im Gegenteil nach den Ausführungen im Urteil des OLG München vom 19. September 2017 (vgl. dort S. 17 und S. 58) im Januar 2014 nach der Eroberung der Stadt Manbij durch den ISIS – ungeachtet der verwandtschaftlichen Beziehung zu einem Führungsmitglied und des damit einhergehenden sozialen Drucks – aus eigenem Entschluss verlassen. Er hat sich dabei nicht etwa – was bei einer radikal-islamischen Ausrichtung des Klägers nahegelegen hätte – dem obsiegenden ISIS angeschlossen, sondern beschlossen, ohne seinen Freund R., der sich zusammen mit dem Cousin des Klägers nach Azaz begab, in den Libanon zu flüchten. Der Kläger bezeichnet den Anschluss an die Ahrar al-Sham mittlerweile auch als seinen größten Fehler (vgl. S. 5 des Beschlusses des OLG München vom 11.2.2019). Beleg dafür, dass diese Aussage kein bloßes Lippenbekenntnis ist – wovon im Übrigen auch das Bayerische Landeskriminalamt anlässlich mit dem Kläger mit dem Ziel einer Deradikalisierung geführter Gespräche auszugehen scheint (vgl. insoweit S. 6 des Beschlusses des OLG München vom 11.2.2019) – und der Kläger der Ahrar al-Sham seit längerem nicht mehr loyal und unterstützend gegenübersteht, ist in den Augen des Gerichts dabei gerade auch der (einzig bekannte) telefonische Kontakt, den der Kläger nach seiner Ankunft in Deutschland mit Führungspersönlichkeiten der Ahrar al-Sham gehabt haben soll (vgl. S. 39 der Anklageschrift des Generalbundesanwalts vom 2. November 2016). Bei diesem Kontakt soll die Ahrar al-Sham nach Angaben des Zeugen H. ihr Missfallen darüber zum Ausdruck gebracht haben, dass der Kläger und Herr R. den von der Ahrar al-Sham zur Verfügung gestellten elektrischen Rollstuhl verkauft haben, ohne der Ahrar al-Sham den Verkaufserlös dafür von rund 1.000 US-Dollar zukommen lassen zu wollen (vgl. S. 40 der Anklageschrift des Generalbundesanwalts vom 2. November 2016).
Der Kläger hat in der Vergangenheit zwar auch – wie im Urteil des OLG München festgestellt wird – radikal-islamische und insbesondere antischiitische Ansichten geäußert und Videobotschaften eines dschihadistischen Predigers „geliked“, das Gericht sieht es jedoch auch eingedenk dessen nicht als beachtlich wahrscheinlich an, dass beim Kläger (weiterhin) eine Affinität zu dschihadistischem Gedankengut besteht und er insoweit den Anwerbeversuchen islamischer Vereinigungen mit terroristischen Zielen im Bundesgebiet beachtlich wahrscheinlich erliegen könnte. Wie das OLG München in seinem fundierten Beschluss vom 11. Februar 2019 auf der Grundlage verschiedener Stellungnahmen, dem in der Hauptverhandlung vom Kläger gewonnenen Eindruck sowie nach Einholung und Anhörung eines psychiatrischen Sachverständigengutachtens nachvollziehbar und überzeugend ausgeführt hat, stellten die im Nachgang dazu geäußerten antischiitischen Ansichten des Klägers nicht das beherrschende Motiv für seinen Anschluss an die Katiba und somit den Tatentschluss zu der abgeurteilten Tat dar. Vielmehr dürften singuläre, situative Momente, wie seine damalige kriegsbedingt perspektivlose Lebenssituation, die Angriffe des syrischen Regimes auf die eigene Zivilbevölkerung (unter anderem mit Giftgas) und seine daraus resultierende Befürchtung, dass er selbst oder seine Familie Opfer der Brutalität des Regimes werden könnten, die entscheidende Rolle für seinen Anschluss gespielt haben. Dass sich der Kläger gerade der Katiba Ibad al-Rahman und damit der Ahrar al-Sham angeschlossen hat, ist dabei – auch nach Ansicht der erkennenden Kammer – weniger als Akt einer religiös motivierten Entscheidung zu werten, denn in der Tatsache begründet zu sehen, dass sein Cousin Anführer dieser Katiba war und er über diesen zufällig in Kontakt mit dieser Katiba und jungen Leuten kam, die alle das Ziel verfolgten, das alawitisch und mithin aus ihrer Sicht schiitisch dominierte, als ungerecht empfundene syrische Regime zu bekämpfen. Dass vom Kläger in diesem Zusammenhang auch der Antagonismus zwischen Schiiten und Sunniten zum Feindbild stilisiert wurde, dürfte insoweit wesentlich der Situation und dem der Katiba geschuldeten Chorgeist, denn einer tief verwurzelten radikalen religiösen Prägung geschuldet sein. Auch wenn der Kläger in der mündlichen Verhandlung vor der erkennenden Kammer (wie auch schon in der Hauptverhandlung vor dem OLG) zu einer gewissen Bagatellisierung seiner (früheren) antischiitischen Äußerungen neigte, spricht gegen eine (während seiner Zeit bei der Ahrar al-Sham angeeignete) tiefer greifende und aktuell noch bestehende radikale oder dschihadistische Grundeinstellung des Klägers aber doch, dass die antischiitischen „Posts“ des Klägers auf „Facebook“ wie auch seine durch
„Likes“ zum Ausdruck gebrachte Wertschätzung für dschihadistische Botschaften Anfang bzw. Mitte 2015 endeten, zu einer Zeit also als der Kläger sich gemeinsam mit dem schwerverletzten … auf den Weg nach Europa machte. Dieser Zeitraum stellt eine Zäsur dar. Der Kläger hat sich – nach Aussagen den Belastungszeugen H. – während der gemeinsamen Zeit in der Unterkunft in Bamberg auch nie radikal über Europa oder Christen geäußert (vgl. S. 39 der Anklageschrift des Generalbundesanwalts vom 2.11.2016). Das Verhalten des Klägers in der Haft war ebenfalls beanstandungsfrei. Es haben sich nach den Feststellungen des OLG München auf Seite 5 des Beschluss vom 11. Februar 2019 auf der Basis der eingeholten Stellungnahmen keine Anhaltspunkte dafür ergeben, dass der Kläger (weiterhin) einem salafistisch geprägten Weltbild anhängen würde. Der Kläger hat in der Justizvollzugsanstalt zwar seinen Glauben gelebt, aber keinen erkennbar islamistisch ausgeprägten Lebenswandel geführt. Er hat in der Haft aus eigenem Antrieb Deutsch gelernt und sich – was nicht mit den strengen Handlungsanweisungen salafistisch geprägter Muslime vereinbar wäre – die Zeit auch mit Brettspielen, Fernsehen und Musikhören vertrieben (S. 5 und 6 des Beschlusses des OLG München vom 11.2.2019). Auch beim psychologischen Dienst der Justizvollzugsanstalt (vgl. hierzu die Bezugnahmen auf Seite 29 des psychiatrischen Gutachtens vom 28.1.2019) und bei der Exploration durch den psychiatrischen Sachverständigen Prof. Dr. med. F. haben sich keine relevanten Anhaltspunkte dafür ergeben, dass beim Kläger, der sich inzwischen von einer Gewaltanwendung jedweder Art klar distanziert, die bei der abgeurteilten Tat und seinen Äußerungen potentiell zutage getretene Gefährlichkeit fortbestehen würde. Zugunsten des Klägers ist neben seinem Nachtatverhalten (die seine eigene Lebensführung nachhaltig einschränkende Pflege des querschnittsgelähmten … nebst dessen kräftezerrendem Transport auf der Balkanroute nach Deutschland) auch zu berücksichtigen, dass der Kläger über einen gewachsenen und stabilisierenden Sozialkontakt zu der Flüchtlingshelferin Frau Peters verfügt und er sich zudem bereit erklärt hat, seine Vergangenheit zweimal monatlich in Beratungsgesprächen mit Mitarbeitern des Violence Prevention Network e.V. aufzuarbeiten (wozu er in der Folge für die Dauer von zwei Jahren auch vom OLG München verpflichtet wurde). Das OLG München hat sich insoweit auch dem übereinstimmenden Antrag des Vertreters des Generalbundesanwalts (siehe hierzu S. 9 des Beschlusses vom 11.2.2019) und des Klägers angeschlossen und die weitere Vollstreckung der Reststrafe zur Bewährung ausgesetzt sowie darüber hinaus auch die Unterstellung unter die Aufsicht und Leitung eines Bewährungshelfers nicht für erforderlich gehalten.
Angesichts dessen fehlt es zur Überzeugung der Kammer an schwerwiegenden Gründen für die Annahme, dass sich der Kläger mit hoher Wahrscheinlichkeit einer islamistischen Organisation anschließen und Gewaltanschläge innerhalb Deutschlands begehen würde, wovon die Beklagte in ihrer Klageerwiderung unter Bezugnahme auf den Ausweisungsbescheid der Regierung von Mittelfranken – Zentralstelle für Ausländerextremismus Nordbayern – vom 6. Juni 2018 auszugehen scheint.
3.3 Auch die Voraussetzungen des § 60 Abs. 8 Satz 1 Alt. 2 AufenthG liegen nicht vor.
Der Kläger wurde zwar vom OLG München eines Verbrechens für schuldig befunden und zu einer Gesamtfreiheitsstrafe von vier Jahren verurteilt, in die Einzelstrafen von mindestens drei Jahren Eingang gefunden haben (zu diesem Erfordernis vgl. BVerwG, U.v. 31. 1. 2013 – 10 C 17/12 – juris Rn. 16 f). Jedoch handelt es sich bei der vom OLG München abgeurteilten Tat um keine Tat, die Anlass gibt, von Gefahren für den Aufnahmestaat auszugehen. Der anderweitig nicht vorbestrafte Kläger wurde ausschließlich für die aktive Teilnahme an einem innerstaatlichen bewaffneten Konflikt in Syrien im Zusammenhang mit einer außereuropäisch agierenden Vereinigung verurteilt, die wie oben ausgeführt keinen Ausschluss von der Flüchtlingseigenschaft nach § 3 Abs. 2 Satz 1 Nr. 2 AsylG (entspricht Art. 1 F Buchst. b GFK) zur Folge hat. Insoweit sprechen bereits gute Gründe dafür, die abgeurteilte Straftat auch nicht als schwerwiegenden Grund im Sinne des § 60 Abs. 8 Satz 1 Alt. 2 AufenthG genügen zu lassen (vgl. hierzu Lauterpracht/Bethlehem in: Refugee Protection in International Law: UNHCR`s Global Consultations on International Protection, 2003, S. 87 ff., insbesondere S. 139, die davon ausgehen, dass Art. 32 Abs. 2 GFK nur anwendbar ist, soweit es um Verurteilungen geht in Bezug auf Straftaten, die im Zufluchtsstaat oder jedenfalls nach Zuerkennung der Flüchtlingseigenschaft begangen wurden). Jedenfalls aber fehlt es an einer konkreten Gefahr für die Allgemeinheit in der Bundesrepublik Deutschland, was als zweite Voraussetzung neben der Verurteilung zu einer Mindeststrafe auch im Rahmen der 2. Alternative gesondert zu prüfen ist. Nur bei konkreter Wiederholungsgefahr kann angesichts des Ausnahmecharakters der Vorschrift und der geforderten Mindestverurteilung eine Gefahr für die Allgemeinheit bejaht werden. Aus den bereits im Rahmen der Prüfung der ersten Alternative des § 60 Abs. 8 Satz 1 AufenthG angeführten Gründen, auf die verwiesen wird, stellt sich auch insoweit zur Überzeugung der Kammer die Situation so dar, dass schwerwiegende Gründe, die darauf schließen ließen, dass vom Kläger eine konkrete, ernsthaft drohende Gefahr für die Allgemeinheit (in Bezug auf die Begehung von Taten in Deutschland, die der abgeurteilten Tat vergleichbar wären) ausgehen würde, nicht vorliegen. Die auf eine mögliche Gefahrenlage hinweisenden Indizien rechtfertigen in der Gesamtschau weder im Hinblick auf das Beweismaß noch in Bezug auf das Gefahrenmaß eine den Ausschlusstatbestand zur Anwendung bringende Bewertung.
4. Der Vollständigkeit halber ist abschließend darauf hinzuweisen, dass ein Widerruf bzw. eine Rücknahme der Zuerkennung der Flüchtlingseigenschaft hier schließlich auch nicht im Hinblick auf eine Veränderung der Verhältnisse in Syrien bzw. in Ansehung der gegenwärtigen Verhältnisse in dem Land in Betracht käme. Ein Widerruf nach § 73 Abs. 1 Satz 1 und 2 AsylG setzt wie ausgeführt eine Veränderung der Verhältnisse voraus, eine Rücknahme nach § 73 Abs. 2 Satz 2 i.V.m. Satz 1 AsylG kommt nur in Betracht, wenn der Ausländer nicht aus anderen Gründen anzuerkennen wäre. Nach den vorliegenden Erkenntnissen zur Situation in Syrien liegt aber auf der Hand, dass dem Kläger als ehemaligem Rebellenkämpfer für den Fall der Rückkehr nach Syrien – bezogen auf den Zeitpunkt der Zuerkennung wie auch auf den Zeitpunkt der mündlichen Verhandlung – mit beachtlicher Wahrscheinlichkeit Verfolgungsmaßnahmen im Sinne von § 3 Abs. 1 Nr. 1 AsylG drohten bzw. weiter drohen (zur aktuellen Situation in Syrien siehe insbesondere Auswärtiges Amt, Bericht über die Lage in der Arabischen Republik Syrien, Stand: November 2018, zur Menschenrechtslage S. 14 ff. und zu Rückkehrfragen S. 21 ff.).
5. Die Widerrufsentscheidung (Bescheidtenor Nr. 1) kann nach alledem keinen Bestand haben und war antragsgemäß aufzuheben. Damit fehlt es auch an einer Rechtsgrundlage für die zum subsidiären Schutz getroffene negative Folgeentscheidung (Bescheidtenor Nr. 2) so dass auch diese Regelung aufzuheben war.
Da der Klage mithin im Hauptantrag vollumfänglich stattzugeben war, bedarf es keiner Entscheidung über den hilfsweise gestellten Antrag zur Zuerkennung des subsidiären Schutzes.
4. Die Kostenentscheidung folgt aus § 154 Abs. 1 VwGO. Der Ausspruch zur vorläufigen Vollstreckbarkeit im Kostenpunkt beruht auf § 167 VwGO i.V.m. § 708 ff. ZPO.


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