Verwaltungsrecht

Rückforderung von Beihilfe, Künstliche Befruchtung

Aktenzeichen  24 ZB 21.2493

Datum:
16.5.2022
Rechtsgebiet:
Fundstelle:
BeckRS – 2022, 13322
Gerichtsart:
VGH
Gerichtsort:
München
Rechtsweg:
Verwaltungsgerichtsbarkeit
Normen:
BayVwVfG Art. 48 Abs. 2 S. 3 Nr. 3
BayBhV § 43 Abs. 2 S. 2
BayBhV § 43 Abs. 2 S. 3 Nr. 2 c

 

Leitsatz

Verfahrensgang

W 1 K 21.750 2021-08-31 Urt VGWUERZBURG VG Würzburg

Tenor

I. Der Antrag auf Zulassung der Berufung wird abgelehnt.
II. Der Kläger trägt die Kosten des Berufungszulassungsverfahrens.
III. Der Streitwert wird auf 2.744,98 Euro festgesetzt.

Gründe

I.
Der Kläger wendet sich gegen die Rückforderung von Beihilfezahlungen, die ihm für die Kosten einer künstlichen Befruchtung gewährt wurden.
Der Kläger ist als bayerischer Beamter zu 50 Prozent beihilfeberechtigt.
Auf seinen Antrag auf Kostenübernahme für eine geplante künstliche Befruchtung teilte ihm das Landesamt für Finanzen (im Folgenden: Landesamt) mit Schreiben vom 18. Februar 2020 die Voraussetzungen hierfür mit, wobei es ausdrücklich darauf hinwies, dass sämtliche Aufwendungen, die für die Behandlung seiner gesetzlich krankenversicherten Ehefrau entstünden, nicht als beihilfefähig anerkannt werden könnten. Hierzu zählten auch extrakorporale Maßnahmen. Sämtliche Aufwendungen seien zudem nur zu 50 Prozent beihilfefähig. Auf seine entsprechenden Anträge hin gewährte das Landesamt dem Kläger für die Kosten einer künstlichen Befruchtung (hier: Intrazytoplasmatische Spermatozoeninjektion = ICSI) mit Bescheiden vom 4. März 2020 bzw. vom 11. August 2020 Beihilfe in Höhe von 2.066,53 Euro bzw. 1.108,67 Euro.
Mit dem verfahrensgegenständlichen Bescheid vom 24. Februar 2021 hob das Landesamt nach Anhörung des Klägers die Beihilfebescheide vom 4. März 2020 und vom 11. August 2020 gestützt auf Art. 48 Abs. 1 BayVwVfG auf, da die geltend gemachten Aufwendungen u.a. nach dem sog. Körperprinzip nicht dem Kläger, sondern dessen Ehefrau zuzurechnen seien, und forderte den Kläger zu einer Rückzahlung in Höhe von 2.744,98 € auf. Im Rahmen der bei der Rückforderung zu treffenden Billigkeitsentscheidung verzichtete das Landesamt auf 10 Prozent der Rückforderungssumme i.H.v. 3.048,98 Euro. Der hiergegen am 1. März 2021 eingelegte Widerspruch wurde vom Landesamt mit Widerspruchsbescheid vom 18. Mai 2021 zurückgewiesen.
Das Verwaltungsgericht Würzburg wies die entsprechende Klage mit Urteil vom 31. August 2021 ab. Die vom Landesamt zurückgenommenen Bescheide seien rechtswidrig, da die Aufwendungen für eine künstliche Befruchtung grundsätzlich gemäß § 43 Abs. 1 Satz 1 BayBhV nur zu 50 Prozent beihilfefähig seien, in den Beihilfebescheiden vom 4. März 2020 und vom 11. August 2020 die inmitten stehenden Rechnungsposten aber zu jeweils 100 Prozent als beihilfefähige Kosten anerkannt worden seien. Zudem habe die Anerkennung der Rechnungen vom 8. November 2019, vom 8. Januar 2020, vom 24. Februar 2020 und vom 23. Juli 2020 dem sog. Körperprinzip widersprochen. Mit den Rechnungen vom 24. Februar 2020 und vom 23. Juli 2020 seien Aufwendungen für sog. extrakorporale Maßnahmen im Zusammenhang mit der Zusammenführung von Eizellen und Samenzellen geltend gemacht worden, die gem. § 43 Abs. 2 Satz 2 und 3 BayBhV nicht dem Kläger, sondern dessen Ehefrau zuzuordnen seien. Bei den Aufwendungen, die mit Rechnungen vom 8. November 2019 und vom 6. Februar 2020 abgerechnet worden seien, ergebe sich dies bereits aus der Rechnung selbst. Auf Vertrauensschutz gemäß Art. 48 Abs. 2 Satz 1 BayVwVfG könne sich der Kläger nicht berufen, da dieser vorliegend gem. Art. 48 Abs. 2 Satz 3 Nr. 3 BayVwVfG ausgeschlossen sei, nachdem dem Kläger grob fahrlässige Unkenntnis der Rechtswidrigkeit der Bescheide vorzuwerfen sei. Dem Kläger seien mit Schreiben des Landesamtes vom 18. Februar 2020 die Voraussetzungen für die Gewährung von Beihilfe für Maßnahmen der künstlichen Befruchtung im Einzelnen dargelegt und erläutert worden. Zudem hätte dieses Schreiben einen Hinweis darauf enthalten, dass die Aufwendungen grundsätzlich nur zu 50 Prozent beihilfefähig seien. Auch die Billigkeitsentscheidung gemäß Art. 15 Abs. 2 Satz 2 BayBesG sei nicht zu beanstanden.
Mit seinem Antrag auf Zulassung der Berufung verfolgt der Kläger sein Rechtsschutzziel auf Aufhebung des Rückforderungsbescheides vom 24. Februar 2021 weiter. Zur Begründung führte er aus, es bestünden ernstliche Zweifel an der Richtigkeit des Urteils, da das Verwaltungsgericht irrig grobe Fahrlässigkeit zu Lasten des Klägers angenommen und folglich einen der Rücknahme der begünstigenden Beihilfebescheide entgegenstehenden Vertrauensschutz des Klägers abgelehnt habe. Zudem habe die Rechtssache grundsätzliche Bedeutung, soweit in der Rücknahmeentscheidung und im erstinstanzlichen Urteil die Kosten nicht dem Kläger als beihilfefähige Aufwendungen zugeordnet worden seien. § 43 Abs. 2 Satz 3 BayBhV führe zu unsinnigen, widersprüchlichen und mit den Prinzipien des Beihilferechts nicht vereinbaren Teilregelungen, die dem Rechtsstaatsprinzip nicht genügten. Klärungsbedürftig sei die folgende Rechtsfrage: „(1.) Folgt aus § 43 Abs. 2 Satz 2 BayBhV, dass alle Kosten anlässlich einer künstlichen Befruchtung als beihilfefähige Aufwendungen der Person zuzuordnen sind, die anlässlich ihrer Fertilitätsbeeinträchtigung beraten und behandelt wird?“. Für den Fall, dass diese Frage verneint werde, stellten sich folgende weitere Fragen: „(2.) Sind die Kosten für die Beratung des Ehepaares nach Nr. 16 der Richtlinien über künstliche Befruchtung und die gegebenenfalls in diesem Zusammenhang erfolgte humangenetische Beratung (Zi. 10) statt dem Ehemann (so Zi. 1 c) generell dem Ehepartner zuzuordnen, anlässlich dessen Fertilitätsbeeinträchtigung eine Behandlung erfolgt – und wenn beide fertilitätskrank sind, dann beiden? Je zur Hälfte?“ und
„(3.) Sind die Kosten einer Beratung des Ehepaares nach Nr. 14 der Richtlinien über künstliche Befruchtung statt der Ehefrau (so Zi. 2 a) nach dem unter Zi. (2.) genannten Prinzip zuzuordnen?“
sowie
„(4.) Sind die Kosten für extrakorporale Maßnahmen ebenfalls nach dem unter (2.) genannten Prinzip zuzuordnen?“.
Er beantragt,
die Berufung gegen das Urteil des Bayerischen Verwaltungsgerichts Würzburg vom 31. August 2021 zuzulassen.
Der Beklagte tritt dem Zulassungsantrag entgegen und beantragt,
den Antrag auf Zulassung der Berufung abzulehnen.
Wegen der weiteren Einzelheiten wird auf die Gerichtsakten und die beigezogene Behördenakte Bezug genommen.
II.
Der Antrag auf Zulassung der Berufung bleibt ohne Erfolg. Aus der Antragsbegründung, auf die sich gemäß § 124a Abs. 5 Satz 2 VwGO die Prüfung im Zulassungsverfahren beschränkt (Happ in Eyermann, VwGO, 15. Aufl. 2019, § 124a Rn. 54), ergibt sich weder der geltend gemachte Berufungszulassungsgrund der ernstlichen Zweifel an der Richtigkeit des angefochtenen Urteils (§ 124 Abs. 2 Nr. 1 VwGO) noch die grundsätzliche Bedeutung der Rechtssache (§ 124 Abs. 2 Nr. 3 VwGO).
1. Der Zulassungsgrund der ernstlichen Zweifel an der Richtigkeit des Urteils (§ 124 Abs. 2 Nr. 1 VwGO) wurde nicht entsprechend den Anforderungen des § 124 Abs. 4 Satz 4 VwGO dargelegt und liegt auch nicht vor.
Ernstliche Zweifel an der Richtigkeit des Urteils (§ 124 Abs. 2 Nr. 1 VwGO) liegen (nur) vor, wenn der Rechtsmittelführer einen tragenden Rechtssatz oder eine erhebliche Tatsachenfeststellung mit schlüssigen Gegenargumenten in Frage stellt (stRspr, vgl. BVerfG, B.v. 9.6.2016 – 1 BvR 2453/12 – NVwZ 2016, 1243 Rn. 16; B.v. 18.6.2019 – 1 BvR 587/17 – DVBl 2019, 1400 Rn. 32 m.w.N.). Der Rechtsmittelführer muss mit schlüssigen Gegenargumenten darlegen, warum die angegriffene Entscheidung aus seiner Sicht im Ergebnis mit überwiegender Wahrscheinlichkeit unrichtig ist (Happ in Eyermann, VwGO, § 124a Rn. 61). Schlüssige Gegenargumente liegen vor, wenn der Rechtsmittelführer substantiiert rechtliche oder tatsächliche Umstände aufzeigt, aus denen sich die gesicherte Möglichkeit ergibt, dass die erstinstanzliche Entscheidung unrichtig ist (Kuhlmann in Wysk, VwGO, 3. Aufl. 2020, § 124 Rn. 15 m.w.N.). Dem wird die Antragsbegründung nicht gerecht.
Der Kläger macht geltend, er habe entgegen der Ansicht des Verwaltungsgerichts nicht dadurch grob fahrlässig gehandelt, dass er die Ausgangsbescheide als ordnungsgemäß hingenommen habe. Der Beihilfeberechtigte dürfe grundsätzlich darauf vertrauen, dass die Beihilfestelle pflichtgemäß und sorgfältig arbeite und müsse daher auch nicht jede Entscheidung in allen Einzelheiten überprüfen bzw. hinterfragen. Auch habe sich dem Kläger bei einer Prüfung der einschlägigen Normen – der §§ 2, 7 und 43 BayBhV – nicht aufgedrängt, dass die Beihilfebescheide rechtswidrig gewesen seien, zumal die Regelung in § 43 BayBhV so undurchsichtig sei, dass deren Nichtverstehen nicht grobe Fahrlässigkeit begründen könne.
Dieser Vortrag verhilft dem Kläger nicht zur Zulassung der Berufung. Denn das Verwaltungsgericht hat im angegriffenen Urteil in zulassungsrechtlich nicht zu beanstandender Weise ausgeführt, dass der Kläger sich vorliegend deswegen nicht auf Vertrauensschutz nach Art. 48 Abs. 2 Satz 2 BayVwVfG berufen könne, da ihm mit Schreiben des Landesamtes vom 18. Februar 2020 die Voraussetzungen für die Gewährung von Beihilfe für Maßnahmen der künstlichen Befruchtung im Einzelnen dargelegt und erläutert worden seien. Er könne sich damit gerade nicht auf Unkenntnis und Unverständnis der Regelungen berufen, zumal durch Unterstreichung darauf hingewiesen worden sei, dass nur die beim Kläger selbst entstandenen Aufwendungen genehmigt würden. Sollte dieses Schreiben für den Kläger nicht verständlich gewesen sein, wäre seine Unkenntnis grob fahrlässig, weil es dann seine Obliegenheit gewesen wäre, sich etwa durch Nachfragen Gewissheit zu verschaffen (UA Seite 15). Der Senat folgt den zutreffenden Gründen des angefochtenen Urteils und nimmt gemäß § 122 Abs. 2 Satz 3 VwGO hierauf Bezug.
Lediglich ergänzend ist im Hinblick auf das Zulassungsvorbringen zu bemerken, dass der Kläger den Zulassungsgrund der ernstlichen Zweifel an der Richtigkeit des Urteils gem. § 124 Abs. 2 Nr. 1 VwGO bereits nicht entsprechend den Anforderungen des § 124a Abs. 4 Satz 4 VwGO dargelegt hat. Die von § 124a Abs. 4 Satz 4 VwGO geforderte Darlegung des Zulassungsgrundes der ernstlichen Zweifel an der Richtigkeit des Urteils erfordert eine konkrete fallbezogene und hinreichend substantiierte Auseinandersetzung mit den tragenden Gründen der angefochtenen Entscheidung, durch die der Streitstoff entsprechend durchdrungen und aufbereitet wird (Schenke in Kopp/Schenke, VwGO, 27. Aufl. 2021 § 124a Rn. 49); es muss dargelegt werden, dass und weshalb das Verwaltungsgericht entscheidungstragende Rechts- und Tatsachenfragen unrichtig entschieden hat (vgl. BayVGH, B.v. 24.1.2019 – 10 ZB 17.1343 – juris Rn. 4; B.v. 5.10.2021 – 23 ZB 21.2024 – juris Rn. 3).
Daran fehlt es hier. So geht der Kläger in seiner Antragsbegründung, in der er darlegt, aus welchen Gründen er der Ansicht ist, dass ihm keine grobe Fahrlässigkeit hinsichtlich der Rechtswidrigkeit der Ausgangsbescheide vorgeworfen werden könne, in keiner Weise auf die Ausführungen des Verwaltungsgerichts und insbesondere nicht auf das mehrfach im Verfahren erwähnte Schreiben des Landesamts vom 18. Februar 2020 ein, sondern wiederholt und vertieft im Wesentlichen seinen erstinstanzlichen Vortrag. Eine Auseinandersetzung mit den Erwägungen des erstinstanzlichen Urteils kann hierin nicht gesehen werden. Gerade das Schreiben vom 18. Februar 2020 ist aber in der Argumentation des Verwaltungsgerichts ebenso wie der des Beklagten der wesentliche Grund dafür, eine grobe Fahrlässigkeit i.S.d. Art. 48 Abs. 2 Satz 3 Nr. 3 BayVwVfG des Klägers in vorliegendem Fall anzunehmen.
Unabhängig davon ist das Verwaltungsgericht zu Recht zu dem Ergebnis gekommen, dass sich der Kläger vorliegend nicht auf Vertrauensschutz berufen kann. Grobe Fahrlässigkeit liegt vor, wenn der Begünstigte die erforderliche Sorgfalt in besonders schwerem Maße verletzt hat. Die erforderliche Sorgfalt wird dann in besonders schwerem Maße verletzt, wenn der Adressat einfachste, ganz naheliegende Überlegungen nicht anstellt, erkannten Unklarheiten oder bestehenden Zweifeln an der Richtigkeit eines Verwaltungsaktes nicht nachgeht (vgl. NdsOVG, B.v. 10.1.2008 – 4 LB 560/07 – juris Rn. 29), aber auch, wenn sich für ihn Zweifel nur deswegen nicht ergeben haben, weil er grob pflichtwidrig eine kritische Prüfung des Bescheides nicht vorgenommen hat (Stelkens/Bonk/Sachs, VwVfG, 9. Aufl. 2018, § 48 Rn. 161). Dabei sind auch individuelle Fähigkeiten des Betroffenen und persönliche Umstände zu berücksichtigen (Müller in BeckOK, VwVfG, Stand: 1.1.2021, § 48 Rn. 79). So liegt der Fall hier. Dem Kläger wurde mit Schreiben des Landesamtes vom 18. Februar 2020 ausführlich erläutert, unter welchen Voraussetzungen die Aufwendungen für künstliche Befruchtungen von der Beihilfestelle übernommen werden. Dem Kläger hätten mit diesem Wissenstand bereits wegen des (falschen) Beihilfebemessungssatzes Zweifel an der Richtigkeit der Bescheide kommen müssen. Darüber hinaus hätte er auch im maßgeblichen Zeitpunkt des Erlasses des Rückforderungsbescheides Kenntnis davon haben müssen, dass die Rechnungen des Zentrums für Reproduktionsmedizin vom 24. Februar 2020 und vom 23. Juli 2020 nach den Regelungen der Bayerischen Beihilfeverordnung nicht ihm, sondern seiner Frau zuzurechnen sind und dass eine Kostenübernahme der Beihilfestelle insoweit nicht in Betracht kommt. Anders als der Kläger vorgibt, wurde dabei von ihm weder eine Prüfung der einschlägigen Gesetzestexte der Bayerischen Beihilfeverordnung, insbesondere des nach Ansicht des Klägers „undurchsichtigen“ § 43 BayBhV, noch eine detaillierte Begutachtung jeder einzelnen Rechnung verlangt. Vielmehr lag die Fehlerhaftigkeit der Bescheide für einen Beihilfeempfänger, der die Erläuterungen in dem Schreiben des Landesamtes vom 18. Februar 2021 gelesen und zur Kenntnis genommen hat (vgl. zu dieser Pflicht BSG, U.v. 8.2.2001 – B 11 AL 21 /00 Rjuris Rn. 2) auf der Hand. Sein Vertrauen auf den Bestand der rechtswidrigen Begünstigungen ist daher vorliegend nicht schutzwürdig.
2. Die Rechtssache hat auch keine grundsätzliche Bedeutung im Sinne von § 124 Abs. 2 Nr. 3 VwGO. Insoweit erfüllt auch dieses Vorbringen des Klägers nicht die Darlegungsvoraussetzungen des § 124a Abs. 4 Satz 4 VwGO und liegt auch nicht vor.
Grundsätzliche Bedeutung hat eine Rechtssache dann, wenn mit ihr eine grundsätzliche, bisher höchstrichterlich und obergerichtlich nicht beantwortete Rechtsfrage oder eine im Bereich der Tatsachenfeststellungen bisher obergerichtlich nicht geklärte Frage von allgemeiner Bedeutung aufgeworfen wird, die sich in dem erstrebten Berufungsverfahren stellen würde und im Interesse der Einheitlichkeit der Rechtsprechung oder der Fortentwicklung des Rechts berufungsgerichtlicher Klärung bedarf. Um den auf die grundsätzliche Bedeutung der Rechtssache gestützten Zulassungsantrag zu begründen, muss der Rechtsmittelführer daher eine konkrete Rechts- oder Tatsachenfrage formulieren, ausführen, weshalb diese Frage für den Rechtsstreit entscheidungserheblich (klärungsfähig) ist, erläutern, weshalb die formulierte Frage klärungsbedürftig ist und darlegen, weshalb der Frage eine über den Einzelfall hinausgehende Bedeutung zukommt (Happ in Eyermann, VwGO, § 124a Rn. 72).
Diese Anforderungen erfüllt die Zulassungsbegründung nicht. Der Kläger hält die Rechtsfrage für klärungsbedürftig, ob aus den §§ 7, 43 Abs. 2 Satz 2 BayBhV folge, dass „alle Kosten anlässlich einer künstlichen Befruchtung als beihilfefähige Aufwendungen der Person zuzuordnen sind, die anlässlich ihrer Fertilitätsbeeinträchtigung beraten und behandelt wird“. Diese Frage ist bereits nicht entscheidungserheblich, da sie bereits höchstgerichtlich insoweit geklärt ist, als das Bundesverwaltungsgericht mit Urteil vom 24. Februar 2011 (Az. 2 C 40/09) entschieden hat, dass eine Kostenzuordnung bei Aufwendungen für eine künstliche Befruchtung nach dem sogenannten Körperprinzip und nicht nach dem sogenannten Verursacherprinzip erfolgt. Die Gesamtkosten einer Behandlung zur künstlichen Befruchtung sind danach regelmäßig auf zwei Personen und auf die für diese jeweils zuständigen Beihilfeträger aufzuteilen (BVerwG, U.v. 24.2.2011 a.a.O. juris Rn. 8).
Soweit der Kläger die weitere Frage aufwirft, ob die „Kosten für extrakorporale Maßnahmen ebenfalls nach dem unter Ziffer 2 genannten Prinzip“ – die Kosten sind der Person zuzuordnen, die beraten und behandelt wird – „zuzuordnen seien“, ist diese Frage in ihrer allgemein gehaltenen Formulierung ebenfalls nicht entscheidungserheblich. Denn verfahrensgegenständlich sind vorliegend allein die Rechnungen des Zentrums für Reproduktionsmedizin vom 24. Februar 2020 (Bl. 68 BA) und vom 23. Juli 2020 (Bl. 77 BA), in denen extrakorporale Maßnahmen im Zusammenhang mit der Zusammenführung von Eizellen und Samenzellen abgerechnet wurden. In § 43 Abs. 2 Satz 3 Nr. 2 Buchst. c BayBhV ist aber bereits gesetzlich geregelt, dass die Aufwendungen für extrakorporale Maßnahmen im Zusammenhang mit der Zusammenführung von Eizellen und Samenzellen der Ehefrau zugeordnet werden. Der Kläger hat im Übrigen nicht infrage gestellt, dass es sich bei den abgerechneten Maßnahmen um solche nach § 43 Abs. 2 Satz 3 Nr. 2 Buchst. c BayBhV handelt.
Soweit der Kläger beanstandet, dass Satz 3 des § 43 Abs. 2 BayBhV aufgrund des Rechtsstaatsprinzips und der Normenklarheit nicht zu einer Einschränkung der grundsätzlichen Regelung in Satz 2 führen könne, weist der Senat darauf hin, dass nach dem Grundsatz „lex specialis derogat lege generali“ die Bestimmung des § 43 Abs. 2 Satz 3 BayBhV als lex specialis der allgemeinen Zuordnungsregelung des § 43 Abs. 2 Satz 2 BayBhV vorgeht, ohne dass es hierdurch zu einer angeblichen Widersprüchlichkeit oder Unklarheit der Regelung kommt. Um schwierige Zuordnungsfragen zu vermeiden, hat der Gesetzgeber bestimmte Aufwendungen, die bei einer künstlichen Befruchtung entstehen können und bei denen die Zuordnung Schwierigkeiten bereiten kann, von Gesetzes wegen ausdrücklich entweder dem Ehemann oder der Ehefrau zugeordnet. Liegt demgemäß ein Tatbestand der Nr. 1 oder Nr. 2 des § 43 Abs. 2 Satz 3 BayBhV vor, verdrängt er als Bestandteil der spezielleren Norm nach allgemeinen Auslegungsgrundsätzen („lex specialis derogat lege generali“) die allgemeine Regel, wie sie in Satz 2 des § 43 Abs. 2 BayBhV enthalten ist (vgl. hierzu BayVGH, U.v. 15.5.1996 – 3 B 95.3521 – juris LS 1). Dementsprechend erfolgt die Zuordnung der Kosten für die in Satz 3 dargelegten extrakorporalen Maßnahmen nicht nach Satz 2, also nach der Person anlässlich deren Beratung und Behandlung die Kosten entstehen, sondern werden der Ehefrau zugeordnet.
Soweit der Kläger geklärt haben will, wie eine Kostenzuordnung bei extrakorporalen Maßnahmen, die nicht von § 43 Abs. 2 Satz 3 Nr. 2 Buchst. c BayBhV erfasst werden, erfolgt, wäre diese Frage bereits nicht entscheidungserheblich.
Die vom Kläger unter Ziffern 2 und 3 aufgeworfenen Fragen über die Kostenzuordnung einer Beratung des Ehepaares nach Nr. 16 und Nr. 14 der Richtlinien über künstliche Befruchtung sind bereits nicht entscheidungserheblich, da Kosten über eine entsprechende Beratung nicht streitgegenständlich waren und folglich die Durchführung eines Berufungsverfahren nicht zu der Klärung dieser Fragen beitragen würde.
3. Die Kostenentscheidung beruht auf § 154 Abs. 2 VwGO. Die Streitwertfestsetzung ergibt sich aus §§ 47 Abs. 3 und 1, 52 Abs. 3 GKG und entspricht der nicht infrage gestellten Streitwertfestsetzung im erstinstanzlichen Verfahren.
Dieser Beschluss ist unanfechtbar (§ 152 Abs. 1 VwGO). Mit der Ablehnung des Zulassungsantrags wird das Urteil des Verwaltungsgerichts rechtskräftig (§§ 124a Abs. 5 Satz 4 VwGO).


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