Verwaltungsrecht

Rücknahme eines Kleinen, Waffenscheins, Unterstützung des „Fränkischen, Heimatschutzes“, Unzuverlässigkeit nach § 5 Abs. 2 Nr. 3 Buchst. a WaffG

Aktenzeichen  B 1 K 19.277

Datum:
15.12.2020
Rechtsgebiet:
Fundstelle:
BeckRS – 2020, 50433
Gerichtsart:
VG
Gerichtsort:
Bayreuth
Rechtsweg:
Verwaltungsgerichtsbarkeit
Normen:
WaffG § 45 Abs. 1

 

Leitsatz

Tenor

1. Die Klage wird abgewiesen.
2. Der Kläger hat die Kosten des Verfahrens zu tragen.
3. Die Kostenentscheidung ist vorläufig vollstreckbar.

Gründe

I. Die zulässige Anfechtungsklage gegen den Bescheid der Stadt … vom 26. Februar 2019 ist unbegründet, da der Bescheid rechtmäßig ist und den Kläger nicht in seinen Rechten verletzt (§ 113 Abs. 1 Satz 1 VwGO). Das Gericht verweist zunächst auf die zutreffende Begründung des Bescheids und sieht insoweit von einer Begründung ab (§ 117 Abs. 5 VwGO).
Ergänzend ist auszuführen:
1. Maßgeblicher Zeitpunkt für die Beurteilung der Sach- und Rechtslage der Rücknahme des Kleinen Waffenscheins ist der Zeitpunkt der letzten Verwaltungsentscheidung, vorliegend des Bescheiderlasses (vgl. BVerwG, U.v. 16.5.2007 – 6 C 24.06 – juris Rn. 35 m.w.N.).
a) Die in der Nr. 1 des streitgegenständlichen Bescheids erfolgte Rücknahme der waffenrechtlichen Erlaubnis des Klägers ist rechtmäßig.
Gemäß § 45 Abs. 1 Waffengesetz – WaffG (in der Fassung vom 26. März 2008) ist eine Erlaubnis nach diesem Gesetz zurückzunehmen, wenn nachträglich bekannt wird, dass die Erlaubnis hätte versagt werden müssen.
Die Rücknahme beseitigt als „actus contrarius“ den seinerzeit erlassenen Verwaltungsakt, der sich nachträglich als fehlerhaft herausgestellt hat, wobei die Rücknahme in der Regel mit Wirkung für die Vergangenheit („ex tunc“) verfügt wird. Die Jahresfrist des Art. 48 Abs. 4 Satz 1 VwVfG ist nicht zu beachten, soweit die Behörde zur Rücknahme verpflichtet ist (Gerlemann in Steindorf, Waffenrecht, 10. Aufl. 2015, § 45 WaffG Rn. 5 – beck-online unter Berufung auf BVerwG, U.v. 30.4.1985 – 1 C 33/83 – DVBl. 1996, 1439, 1441 – juris; BayVGH BayVBl. 1987, 727). Die Rücknahme geschieht durch anfechtbaren Verwaltungsakt der für die Erlaubniserteilung zuständigen Behörde. Sie hat zu erfolgen, wenn nachträglich bekannt wird, dass bei der Erteilung gegen zwingendes Recht verstoßen worden ist; auf die Art des Entscheidungsfehlers – Tatsachen- oder Rechtsirrtum oder bewusste Fehlentscheidung – kommt es nicht an (BVerwGE 71, 248, 250 = NJW 1986, 2066; Meyer GewA 1998, 89, 96). So ist die Rücknahme geboten, wenn der obligatorische Versagungsgrund der Unzuverlässigkeit (§ 5 Abs. 1) oder der mangelnden persönlichen Eignung (§ 6) von Anfang an gegeben war (Gerlemann in Steindorf, Waffenrecht, 10. Aufl. 2015, § 45 WaffG Rn. 5. – beck-online).
Gemäß § 5 Abs. 2 Nr. 3 Buchst. a) WaffG in der Fassung vom 26. März 2008 besitzen die erforderliche Zuverlässigkeit Personen nicht, die einzeln oder als Mitglied einer Vereinigung Bestrebungen verfolgen oder unterstützen oder in den letzten fünf Jahren verfolgt oder unterstützt haben, die gegen die verfassungsmäßige Ordnung gerichtet sind.
aa) Zur Bestimmung des Begriffs „Bestrebungen gegen die verfassungsmäßige Ordnung“ kann auf die Rechtsprechung zu Art. 9 Abs. 2 GG zurückgegriffen werden. Nach der zweiten Tatbestandsvariante des Art. 9 Abs. 2 GG sind solche Vereinigungen verboten, die sich gegen die verfassungsmäßige Ordnung richten. Das Schutzgut der verfassungsmäßigen Ordnung im Sinne des Art. 9 Abs. 2 GG umfasst nach der Rechtsprechung des Bundesverfassungsgerichts die elementaren Grundsätze der Verfassung, namentlich die Menschenwürde nach Art. 1 Abs. 1 GG, das Demokratieprinzip und den Grundsatz der Rechtsstaatlichkeit (BVerwG, U.v. 19.6.2019 – 6 C 9/18 – juris Rn. 23 mit den entsprechenden Nachweisen zur Rechtsprechung des BVerfG). Das Bundesverwaltungsgericht führt zur Frage, wann sich eine Vereinigung gegen diese elementaren Grundsätze „richtet“, Folgendes aus: „Hierfür reicht es nicht aus, dass sie sich kritisch oder ablehnend gegen diese Grundsätze wendet oder für eine andere Ordnung eintritt. Anders als bei Art. 21 Abs. 2 GG, der fordert, dass eine Partei „darauf ausgeht“, die freiheitliche demokratische Grundordnung zu beseitigen, muss jedoch nicht bereits eine konkrete Gefahr für die freiheitliche demokratische Grundordnung eingetreten sein. Entscheidend ist, ob die Vereinigung als solche nach außen eine kämpferisch-aggressive Haltung gegenüber den elementaren Grundsätzen der Verfassung einnimmt (BVerfG, Urteil vom 17. Januar 2017 – 2 BvB 1/13 – BVerfGE 144, 20 Rn. 529 ff., 594 f.; Beschluss vom 13. Juli 2018 – 1 BvR 1474/12, 670/13, 57/14 – NVwZ 2018, 1788 Rn. 108 f.). Dazu genügt aber, dass sie die verfassungsmäßige Ordnung fortlaufend untergraben will, wie dies für eine mit dem Nationalsozialismus wesensverwandte Vereinigung kennzeichnend ist. Sie muss ihre Ziele hingegen nicht durch Gewaltanwendung oder sonstige Rechtsverletzungen zu verwirklichen suchen“ (BVerwG, U.v. 19.6.2019 – 6 C 9/18 – juris Rn. 23).
Die Unterstützung einer Gruppierung, die sich gegen elementare Grundsätze der Verfassung richtet oder die Teilnahme an Veranstaltungen einer Gruppierung, bei denen zum Ausdruck kommt, dass sich die Veranstaltung gegen elementare Grundsätze der Verfassung richtet, oder an solchen Veranstaltungen einer gegen die verfassungsmäßige Ordnung gerichteten Gruppierung, die die öffentliche Wahrnehmung dieser Gruppierung stärken, eignet sich für die Annahme, dass der Teilnehmer einzeln Bestrebungen unterstützt, die gegen die verfassungsmäßige Ordnung gerichtet sind. Soweit die Veranstaltungen der Öffentlichkeit zugänglich sind, sind sie dazu geeignet, öffentliche Aufmerksamkeit zu generieren, den Geltungsanspruch der Gruppierung zu unterstreichen und dadurch auch ihr Aktions- und Rekrutierungspotenzial zu stärken. Selbiges gilt, wenn Veranstaltungen zur programmatischen Zielverfolgung oder zumindest zur Festigung der innerparteilichen Strukturen beitragen bzw. dem persönlichen Zusammenhalt von Mitgliedern und Sympathisanten dienen (VG München, U.v. 13.11.2013 – M 7 K 12.2797 – juris Rn. 33).
bb) Der Kläger hat an folgenden Veranstaltungen teilgenommen: JN-Demo „Wir sind Scharia“ in … am 20. Oktober 2012, Nationaler Frankentag in … am 8. September 2012 (T-Shirt mit der Aufschrift „Fränkischer Heimatschutz“), „Heldengedenken“ in … im Jahr 2012 (mit Banner „Fränkischer Heimatschutz“), Naziaufmarsch in … am 1. Mai 2013 (mit Banner „Fränkischer Heimatschutz“), „Heldengedenken“ in … am 16. November 2013 und Volkstrauertag in … am 17. November 2013 (mit Banner „Fränkischer Heimatschutz“).
Die Teilnahme an diesen Veranstaltungen räumte der Kläger mit Schriftsatz seines Bevollmächtigten vom 3. Dezember 2020 ein. Dass der Kläger dabei bei einigen Veranstaltungen entweder Kleidung oder Banner mit dem Aufdruck „Fränkischer Heimatschutz“ trug, ist den Lichtbildern zu entnehmen, die der Zeuge L. dem Gericht mit Schreiben vom 18. September 2020 und 27. November 2020 vorlegte. In der mündlichen Verhandlung hat der Zeuge die Lichtbilder den jeweiligen Veranstaltungen zugeordnet und ausgeführt, dass es sich hierbei um für jedermann zugängliches im Internet recherchierbares Material handelt.
Insbesondere die Heldengedenkveranstaltungen weisen rechtsextremistische Inhalte auf. Das Gericht zieht diesen Schluss aus dem Verfassungsschutzbericht Bayern 2017 (Seite 140), der ausführt, dass bei rechtsextremistischen „Heldengedenk“-Aktionen in der Regel ausschließlich der gefallenen deutschen Soldaten in den beiden Weltkriegen gedacht wird, die als Helden für Volk und Vaterland dargestellt werden.
Durch die Teilnahme an den Veranstaltungen, die rechtsextremistische Inhalte aufweisen, und dem Tragen von Kleidung oder Banner des „Fränkischen Heimatschutz“ bei diesen und anderen öffentlichkeitswirksamen Veranstaltungen hat der Kläger zum Zeitpunkt der Erteilung der waffenrechtlichen Erlaubnis bereits einzeln Bestrebungen unterstützt, die sich gegen die verfassungsmäßige Ordnung gerichtet haben. Durch die Teilnahme an der JN-Demo „Wir sind Scharia“ hat er zudem einzeln die Bestrebungen der JN unterstützt, bei der es sich ebenfalls um eine gegen die verfassungsmäßige Ordnung gerichtete Gruppierung handelt. Die Werbung für den „Fränkischen Heimatschutz“ hat zudem die Gruppierung „Freies Netz Süd“ unterstützt. Eine weitere Unterstützung ist darin zu sehen, dass der Kläger an zumindest einer öffentlichkeitswirksamen Veranstaltung des „Freien Netzes Süd“ teilgenommen hat.
(1) Im Einzelnen: Das Gericht geht davon aus, dass der „Fränkische Heimatschutz“ gegen die freiheitlich demokratische Grundordnung gerichtet ist: Der Verfassungsschutzbericht Bayern 2015 führt auf Seite 140 Folgendes aus:
„Neonazismus ist eine besonders menschenverachtende Erscheinungsform des Rechtsextremismus: Er umfasst alle Aktivitäten und Bestrebungen, die sich offen zur Ideologie des Nationalsozialismus bekennen. Ziel der Neonazis ist die Abschaffung der freiheitlichen demokratischen Grundordnung und die Errichtung eines vom Führerprinzip bestimmten autoritären bzw. totalitären Staates. Neonazis betreiben revisionistische Vergangenheitsverfälschung, indem sie die Geschichtsschreibung über die Zeit des Dritten Reichs ändern wollen und die Gewaltherrschaft des nationalsozialistischen Regimes rechtfertigen oder verharmlosen. In Bayern sind wie in den Vorjahren rund 700 Personen der Neonazi-Szene zuzuordnen. „Moderne“ Neonazis thematisieren aktuelle sozialoder gesellschaftspolitische Fragen und liefern vermeintlich einfache Antworten. Bei Demonstrationen greifen sie tagespolitische Themen auf und fordern beispielsweise die „Todesstrafe für Kindermörder“ oder „Arbeitsplätze zuerst für Deutsche“. Ihre Thesen stützen Neonazis auf rassistische und antisemitische Argumentationsmuster. Um die Behörden im Hinblick auf Veranstaltungsanmeldungen oder eventuelle Verbotsüberlegungen zu täuschen, schließen sich Neonazis in informellen Gruppen zusammen, die weitgehend ohne feste Strukturen auskommen oder solche zu verschleiern versuchen. Zu beobachten ist eine Zusammenarbeit dieser informellen Gruppen in überregional tätigen Netzwerken. Die Vernetzung erfolgt heute weitgehend über moderne Kommunikationsmittel wie das Internet.“
Im Verfassungsschutzbericht Bayern 2013 wird auf Seite 115 Folgendes ausgeführt: „Innerhalb der bayerischen Szene spielt das neonazistische Netzwerk Freies Netz Süd (FNS) die bedeutendste Rolle.“ und auf Seite 119: „Ziel des FNS ist die Vernetzung der gesamten bayerischen Neonazi-Szene.“
Laut Verfassungsschutzbericht Bayern 2015 (Seite 144) handelt es sich bei dem „Fränkischen Heimatschutz“ um ein Internetportal, das von September 2010 bis Frühjahr 2013 von einer Gruppe Rechtsextremisten aus dem Raum … betrieben wurde, auf dem Presseartikel rassistisch und geschichtsrevisionistisch kommentiert und szeneinterne Veranstaltungen beworben wurden. Seite 109 des Verfassungsschutzberichts Bayern 2012: „Der Fränkische Heimatschutz unterstützt Aktionen des Freien Netzes Süd.“ Schließlich der Verfassungsschutzbericht Bayern 2013 (Seite 89): „Daneben nutzen Rechtsextremisten auch soziale Netzwerke wie Facebook und Google. Dort gründen sie geschlossene Foren und Chatrooms zur szeneinternen Kommunikation. Der hohe Verbreitungsgrad macht soziale Netzwerke für Rechtsextremisten zudem als Propagandaplattform attraktiv.“
Nach diesen Ausführungen steht fest, dass die Bestrebungen des „Fränkischen Heimatschutzes“ – auch wenn es sich um ein Internetportal handelt – gegen die verfassungsmäßige Ordnung gerichtet sind. Wenn auf Veranstaltungen Kleidung oder Banner getragen werden, die Werbung für den „Fränkischen Heimatschutz“ machen, so werden diese verfassungsfeindlichen Bestrebungen unterstützt.
(2) Dies allein genügt bereits für die Annahme der waffenrechtlichen Unzuverlässigkeit. Beim Kläger liegen darüber hinaus noch weitere Unterstützungshandlungen vor. Diese werden nur vollständigkeitshalber ausgeführt. Durch die Teilnahme an der Veranstaltung Nationaler Frankentag am 8. September 2012 wurden Bestrebungen des Freien Netzes Süd (FNS) unterstützt. Hierzu Verfassungsschutzbericht Bayern 2012 (Seite 100):
„Der Bund Frankenland e.V. ist eine reine Funktionärsgruppe ohne festen Mitgliederstamm, die seit einiger Zeit als Anmelder von Veranstaltungen des FNS auftritt. Am 8. September veranstaltete der Bund Frankenland e.V. zum fünften Mal den Nationalen Frankentag in … An der Veranstaltung nahmen 150 Rechtsextremisten teil. Der Nationale Frankentag ist eine Gegenveranstaltung der Neonnazi-Szene zu den „Bayerntagen“ der NPD.“
Durch die Teilnahme an der Veranstaltung „Wir sind Scharia“ wurde die Jugendorganisation der NPD unterstützt. Die JN (Junge Nationaldemokarten) sieht ihren Schwerpunkt im „vorpolitischen Raum“ und stellt eine Bindegliedfunktion zur Neonazi-Szene dar (Verfassungsschutzbericht Bayern 2015, Seite 123).
(3) Ein Wertungswiderspruch dazu, dass die bloße Mitgliedschaft in einer Partei noch nicht ausreicht, die Unzuverlässigkeit nach § 5 Abs. 2 Nr. 3 Buchst. a) WaffG anzunehmen, besteht nicht. Zum einen handelt es sich bei der Unterstützung des „Fränkischen Heimatschutzes“ nicht um bloße Mitgliedschaft, sondern um ein aktives Werben für das Internetportal durch Tragen von Kleidung oder Banner. Das Bundesverwaltungsgericht hat im Urteil vom 19. Juni 2019 (6 C 9/18 – BVerwGE 166, 45-64 – juris Rn. 30) selbst zur Parteimitgliedschaft ausgeführt, dass „von einer Unterstützung auch dann auszugehen ist, wenn jemand bei Wahlen als Bewerber einer verfassungsfeindlichen Partei, auch wenn hierbei kein Mandat errungen wird auftritt (vgl. VGH Kassel, Urteil vom 12. Oktober 2017 – 4 A 626/17 – NVwZ 2018, 1813 Rn. 19). Auch in diesen Fällen ist von einer besonders intensiven Identifikation mit den gegen die verfassungsmäßige Ordnung gerichteten Bestrebungen der Partei auszugehen. Zudem wird das Erscheinungsbild der Partei in der Öffentlichkeit von dem Auftreten ihrer Kandidaten bei Wahlen und ihrer Vertreter in Parlamenten und kommunalen Vertretungen maßgeblich bestimmt. Es kommt deshalb entgegen der Auffassung der Revision nicht auf die konkreten Wirkungsmöglichkeiten des jeweiligen Mandatsträgers oder die Art der Sachprobleme an, mit denen er befasst ist.“
Dass bei dem Kläger eine besondere Identifikation mit dem „Fränkischen Heimatschutz“ vorliegt, kann dem Bildmaterial eindeutig entnommen werden. Durch die Werbung für den „Fränkischen Heimatschutz“ ist eine besondere Wirkung auf die Öffentlichkeit anzunehmen.
Zum anderen hat der Kläger an öffentlichkeitswirksamen Aktionen für das FNS und die JN teilgenommen und damit ebenfalls nach außen den Eindruck vermittelt, dass er hinter den Zielen dieser Vereinigung/Gruppierung steht. Das Kriterium der Außenwirkung ist nach der Rechtsprechung des Bundesverwaltungsgerichts ein wichtiges Abgrenzungskriterium zur bloßen Mitgliedschaft oder passiven Teilnahme an Parteiveranstaltungen (vgl. U.v. 19.6.2019 – 6 C 9/18 – juris Rn. 29). So führt auch das Sächsische Oberverwaltungsgericht im Urteil vom 16. März 2018 (3 A 556/17 – juris Rn. 52) aus: „Wer beispielsweise nicht nur einmalig, sondern des Öfteren wiederholt an Veranstaltungen der Vereinigung teilnimmt, gibt ebenfalls nach außen zu erkennen, dass er hinter den Zielen der Vereinigung steht. Auch damit unterstützt er die Vereinigung, denn je mehr Mitglieder und sonstige Interessenten an einer Veranstaltung der Vereinigung teilnehmen, desto mehr Gewicht kommt ihr in der Wahrnehmung der Öffentlichkeit im Rahmen der politischen Willensbildung zu.“ (ebenso VG München, U.v. 13. 11.2013 – M 7 K 12.2797 – juris Rn. 33).
Die Außenwirkung ist im Übrigen auch für die Unterstützung des „Fränkischen Heimatschutzes“ anzunehmen, da der Kläger bei Aktionen, die von der Öffentlichkeit wahrgenommen wurden, offensiv für das Internetportal geworben hat.
cc) Es sind keine atypischen Umstände ersichtlich, die geeignet sein könnten, die Regelvermutung des § 5 Abs. 2 Nr. 3 lit. a) WaffG zu widerlegen. Strafrechtlich und waffenrechtlich beanstandungsfreies Verhalten in der Vergangenheit genügt zur Widerlegung der Vermutung der Unzuverlässigkeit allein nicht (BVerwG, U.v. 19.6.2019 – 6 C 9/18 – juris Rn. 34). Aber auch im Rahmen der vom Bundesverwaltungsgericht geforderten Einzelfallentscheidung, ob die Regelvermutung der waffenrechtlichen Unzuverlässigkeit widerlegt ist, weil der vom Gesetzgeber typisierend vorausgesetzte Zusammenhang zwischen der relevanten Unterstützung verfassungsfeindlicher Bestrebungen und dem Schutzzweck des Waffengesetzes ausnahmsweise fehlt (BVerwG, U.v. 19.6.2019, a.a.O., Rn. 34), ergeben sich keine Umstände, die zugunsten des Klägers die Regelvermutung widerlegen. Dies wäre nur bei einer unmissverständlichen Distanzierung des Klägers vom rechtsextremistischen Gedankengut der Fall (vgl. BVerwG, U.v. 19.6.2019, a.a.O., Rn. 36). Eine solche Distanzierung nahm der Kläger weder im Verwaltungsverfahren noch im Gerichtsverfahren in Anspruch.
dd) Zur Beurteilung der Frage, ob einer der absoluten Unzuverlässigkeitsgründe vorliegt, ist auf der Grundlage der festgestellten Tatsachen eine Prognose zu erstellen und der allgemeine Zweck des Gesetzes zu berücksichtigen, beim Umgang mit Waffen und Munition die Belange der öffentlichen Sicherheit und Ordnung zu wahren (§ 1 Abs. 1 WaffG). Die Risiken, die mit jedem Waffenbesitz verbunden sind, sind nur bei solchen Personen hinzunehmen, die nach ihrem Verhalten Vertrauen darin verdienen, dass sie mit Waffen und Munition jederzeit und in jeder Hinsicht ordnungsgemäß umgehen. Dabei ist in Anbetracht des vorbeugenden Charakters der gesetzlichen Regelungen und der erheblichen Gefahren, die von Waffen und Munition für hochrangige Rechtsgüter ausgehen, für die gerichtlich uneingeschränkt nachprüfbare Prognose nach § 5 Abs. 1 Nr. 2 WaffG keine an Sicherheit grenzende Wahrscheinlichkeit erforderlich, sondern es genügt vielmehr eine hinreichende, auf der Lebenserfahrung beruhende Wahrscheinlichkeit, wobei ein Restrisiko nicht hingenommen werden muss (vgl. BayVGH, B.v. 22.12.2014 – 21 ZB 14.1512 – juris Rn. 12; B.v. 4.12.2013 – 21 CS 13.1969 – juris Rn. 14 mit Hinweis auf stRspr. des BVerwG z.B. B.v. 31.1.2008 – 6 B 4/08 – juris, sowie B.v. 2.11.1994 – 1 B 215/93 – juris).
Von einem solchen Restrisiko ist hier auszugehen, da durch die nach außen dargestellte Nähe zu rechtsextremistischem Gedankengut durch Teilnahme an den genannten Veranstaltungen und Werbung für den „Fränkischen Heimatschutz“ Zweifel bleiben, ob der Kläger zum Zeitpunkt der Erteilung der waffenrechtlichen Erlaubnis mit Waffen und Munition jederzeit und in jeder Hinsicht ordnungsgemäß umgegangen wäre.
b) Die begleitende Anordnung in Nr. 2 des Bescheids erweist sich ebenfalls als rechtmäßig. Die Aufforderung, den Kleinen Waffenschein zurückzugeben, basiert auf § 46 Abs. 1 Satz 1 WaffG.
c) Die Zwangsgeldandrohung in der Nr. 3 des Bescheids wurde auf der Grundlage der Art. 18 Abs. 1, 19 Abs. 1 Nr. 3, 29, 30, 31, 36 Bayerisches Verwaltungszustellungs- und Vollstreckungsgesetz (VwZVG) rechtmäßig erlassen.
2. Gegen das gemäß § 41 Abs. 1 Nr. 2 WaffG ausgesprochene Erwerbs- und Besitzverbot erlaubnisfreier Waffen bestehen auch im hier maßgeblichen Zeitpunkt der mündlichen Verhandlung keine Bedenken. Hierfür ist es regelmäßig ausreichend, dass sich ein Waffenbesitzer als waffenrechtlich unzuverlässig im Sinne von § 5 Abs. 1 WaffG erwiesen hat. Gesteigerte qualitative Anforderungen an das zur Unzuverlässigkeit führende Verhalten sind nicht erforderlich (vgl. VG München, B.v. 26.03.2012 – M 7 S 11.4931 – juris Rn. 25; Gerlemann in Steindorf, Waffenrecht, 10. Auflage 2015, § 41 WaffG Rn. 5 m.w.N. – beck-online).
3. Auch gegen die Kostenentscheidung und die Kostenfestsetzung in dem streitgegenständlichen Bescheid auf der Grundlage von Art. 1 Abs. 1, Art. 2 Abs. 1, Art. 5, Art. 6 KG i.V.m. Tarifnummer 2.II.7/37 und 39 des Kostenverzeichnisses bestehen keine rechtlichen Bedenken.
Gemäß Tarifnummer 2.II.7/39 des Kostenverzeichnisses ist der Gebührenrahmen für ein Waffenbesitzverbot 50 bis 400 EUR, gemäß Nr. 37 ist für die Rücknahme der waffenrechtlichen Erlaubnis das Doppelte der Höhe für die Vornahme der zurückgenommenen Amtshandlung (somit das Doppelte des Gebührenrahmens von 30 bis 150 EUR) anzunehmen. Die Gebühr in Höhe von 200 EUR bewegt sich somit im mittleren Bereich. Es kann dahingestellt bleiben, ob es grob unbillig wäre und gegen den Verhältnismäßigkeitsgrundsatz verstoßen würde, wenn die Beklagte schon bei Erteilung des Kleinen Waffenscheins verkannt haben sollte, dass der Kläger waffenrechtlich unzuverlässig ist. Selbst wenn man der Argumentation des Klägerbevollmächtigten folgt, dass die Behörde bereits bei Erteilung des Waffenscheins Kenntnis von den Veranstaltungsteilnahmen gehabt haben sollte, wäre zumindest die Gebühr für ein Waffenbesitzverbot angefallen. Die festgesetzten 200 EUR bewegen sich auch im mittleren Bereich dieses Gebührenrahmens und erscheinen somit nicht unverhältnismäßig.
II. Der Kläger trägt als unterliegender Beteiligter die Kosten des Verfahrens gemäß § 154 Abs. 1 VwGO.
III. Der Ausspruch über die vorläufige Vollstreckbarkeit der Kostenentscheidung basiert auf § 167 Abs. 1 Satz 1, Abs. 2 VwGO i.V. m. § 708 Nr. 11 Zivilprozessordnung (ZPO). Der Einräumung einer Abwendungsbefugnis bedurfte es angesichts der – wenn überhaupt anfallenden – jedenfalls geringen, vorläufig vollstreckbaren Aufwendungen der Beklagten nicht, zumal diese auch die Rückzahlung garantieren kann, sollte in der Sache eine Entscheidung mit anderer Kostentragungspflicht ergehen.


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