Verwaltungsrecht

Rückwirkende Feststellung des Todestags

Aktenzeichen  S 11 R 869/16

Datum:
22.9.2017
Rechtsgebiet:
Fundstelle:
BeckRS – 2017, 153602
Gerichtsart:
SG
Gerichtsort:
München
Rechtsweg:
Sozialgerichtsbarkeit
Normen:
BGB § 1911
SGB VI § 49, § 102, § 300

 

Leitsatz

Feststellung des Todeszeitpunktes Verschollener durch den Rentenversicherungsträger.

Tenor

I. Die Klage gegen den Bescheid vom 01.12.2015 in der Fassung des Widerspruchsbescheides vom 27.04.2016 wird abgewiesen.
II. Außergerichtliche Kosten sind nicht zu erstatten.

Gründe

Das Sozialgericht München ist sachlich und örtlich zuständig. Die form- (§ 90 SGG) und fristgerecht (§ 87 SGG) erhobene Klage ist zulässig.
Der vorliegende Rechtsstreit kann durch Gerichtsbescheid entschieden werden, da die Sache keine Schwierigkeiten tatsächlicher oder rechtlicher Art aufweist und der Sachverhalt hinreichend geklärt ist (§ 105 Abs. 1 Sozialgerichtsgesetz – SGG).
Die Klage ist jedoch sachlich nicht begründet. Der Bescheid der Beklagten vom 01.12.2015 in der Fassung des Widerspruchsbescheides vom 27.04.2016 ist nicht zu beanstanden.
Gemäß § 102 Abs. 6 Satz 1 SGB VI werden Renten an Verschollene längstens bis zum Ende des Monats geleistet, in dem sie nach Feststellung des Rentenversicherungsträgers als verstorben gelten; § 49 gilt entsprechend.
Damit kann der Rentenversicherungsträger den Todeszeitpunkt feststellen. Die Regelung des § 102 Abs. 6 SGB VI ist an das Beamtenversorgungsgesetz angelehnt und berechtigt den Rentenversicherungsträger, den mutmaßlichen Todeszeitpunkt wie nach § 49 Satz 3 SGB VI festzustellen und die Rentenzahlung zu beenden. Die Regelung dient dem Schutz der Versichertengemeinschaft vor unberechtigten Zahlungen und Rückforderungsausfällen sowie der Vermeidung von Rechtsstreitigkeiten (vgl. hierzu auch Bundestagdrucksache 18/3699). Weder der Wortlaut des § 102 Abs. 6 SGB VI noch der Regelungszweck schließen dabei eine rückwirkende Festlegung des Todeszeitpunkts aus.
Die Klägerin hat am 04.10.2008 ihre Wohnung verlassen und ist ab diesem Zeitpunkt nicht mehr aufgetaucht. Sie hat sich weder bei Verwandten gemeldet noch sind Hinweise ersichtlich, dass die Klägerin noch am Leben ist. Die Beklagte hat alle vorliegenden Erkenntnisse umfassend geprüft und den 04.10.2008 als Todestag festgestellt. Diese Feststellung ist nicht zu beanstanden, zumal keine Anhaltspunkte für einen späteren Todeszeitpunkt vorliegen. Gemäß § 102 Abs. 6 SGB VI endet eine Rentenleistung nach wirksamer Feststellung des Todestages mit Ablauf des mutmaßlichen Sterbemonates, ohne dass es eines besonderen Entziehungsbescheides bedarf (Kassler Kommentar/Kater, SGB VI, § 102 Rn. 27). Im Übrigen stellt § 300 Abs. 1 SGB VI klar, dass neues Recht vom Zeitpunkt des Inkrafttretens unabhängig davon anzuwenden ist, ob der betreffende Sachverhalt oder Anspruch vor oder nach dessen Inkrafttreten entstanden ist (vgl. hierzu näher Kassler Kommentar/Kater, SGB VI, § 300 Rn. 4ff).
Die Beklagte war gemäß § 102 Abs. 6 SGB VI berechtigt, den mutmaßlichen Todestag bzw. den wahrscheinlichsten Zeitpunkt des Todes festzustellen. Mangels näherer Anhaltspunkte ist von einem mutmaßlichen Todestag am 04.10.2008 auszugehen. Die Rentenzahlung war damit ab dem mutmaßlichen Todeszeitpunkt einzustellen (§ 102 Abs. 6 i.V.m. § 49 SGB VI).
Die Klage war daher abzuweisen.
Die Kostenfolge ergibt sich aus § 193 SGG.


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