Verwaltungsrecht

Schließen von Türen und Fenstern während des Rauchens der Shishas

Aktenzeichen  AN 4 E 20.00313

Datum:
8.5.2020
Rechtsgebiet:
Fundstelle:
BeckRS – 2020, 10426
Gerichtsart:
VG
Gerichtsort:
Ansbach
Rechtsweg:
Verwaltungsgerichtsbarkeit
Normen:
VwGO § 43 Abs. 1, § 80 Abs. 2 S. 1 Nr. 4, § 123 Abs. 1 S. 1, Abs. 5, § 159 S. 2
BayVwFG Art. 37 Abs. 1
GastG § 2, § 5 Abs. 1
VwZwZVG Art. 19 Abs. 1 Nr. 1
VwZVG Art. 19 Abs. 1 Nr. 2, Art. 23 Abs. 1 Nr. 2, Art. 29 Abs. 1, Abs. 2 Nr. 1, Art. 31 Abs. 1, Abs. 3 S. 3, Art. 36 Abs. 1 S. 2, Abs. 3 S. 1, Art. 36 Abs. 5

 

Leitsatz

1. Die Fälligkeitsmitteilung ist kein mittels Anfechtungsklage angreifbarer Verwaltungsakt, sondern die Mitteilung eines Bedingungseintritts, gegen die sich der Betroffene mit der Klage auf Feststellung, dass das Zwangsgeld nicht fällig geworden ist, zur Wehr setzen kann.  (Rn. 18) (redaktioneller Leitsatz)
2.  Die Auflage, während des Rauchens der Shishas Türen und Fenster “grundsätzlich” geschlossen zu halten, ist hinreichend bestimmt und vollstreckungsfähig, auch wenn die Ausnahmen nicht aufgezählt werden.  (Rn. 27) (redaktioneller Leitsatz)

Tenor

1. Der Antrag wird abgelehnt.
2. Die Antragsteller tragen die Kosten des Verfahrens als Gesamtschuldner.
3. Der Streitwert wird auf 1.250,00 EUR festgesetzt.

Gründe

I.
Die Antragsteller wenden sich im Wege des einstweiligen Rechtsschutzes gegen die Fälligstellung eines Zwangsgeldes, das für den Fall der Zuwiderhandlung gegen eine Auflage der Gaststättenerlaubnis angedroht wurde.
Den Antragstellern wurde mit Bescheid vom 23. November 2016 die Erlaubnis nach § 2 GastG zum Betrieb einer Diskothek in … erteilt (Ziffer I). Die Gaststättenerlaubnis enthält unter Ziffer II u.a. folgende „Auflagen gemäß § 5 Abs. 1 GastG“:
4. Die beim Rauchen von Shishas (Wasserpfeifen) entstehenden Geruchsstoffe, einschließlich der geruchsbelasteten Raumluft und ggf. die Rauchgase sind mittels geeigneter Gastraumbe- und entlüftung zu erfassen und über Dachfirst der Umgebungsbebauung abzuführen. Dabei muss die Bebauung der Umgebung in der Weise berücksichtigt werden, dass die Bewohner des Betriebsgrundstückes und der Nachbargrundstücke nicht durch die abziehenden Gerüche erheblich belästigt werden (…).
5. Weiterhin sind die Zubereitungsstellen (Anzündestellen) der Shishas mit einer geeigneten Rauchabzugsanlage auszustatten. Die beim Entzünden von Shishas entstehenden rauchbelasteten Geruchsstoffe einschließlich der geruchsbelasteten Raumluft und ggf. die Rauchgase sind an den Emmissionsquellen [sic] mittels geeigneter Rauchgasabzugsanlage zu erfassen und ebenfalls über Dachfirst der Umgebungsbebauung abzuführen. Auch hier muss die Bebauung der Umgebung in der Weise berücksichtigt werden, dass die Bewohner des Betriebsgrundstücks und der Nachbargrundstücke nicht durch die abziehenden Gerüche erheblich belästigt werden (…).
9. Während der Zubereitung (Anzünden) sowie des Rauchens der Shishas sind sämtliche Türen u. Fenster grundsätzlich mit sofortiger Wirkung geschlossen zu halten.
Weiter findet sich in der Gaststättenerlaubnis folgender „Hinweise“: „2. Die Erteilung weiterer Auflagen zum Schutz der Anwohner aufgrund des Shisharauchs bleibt vorbehalten.“ Die sofortige Vollziehung der unter Ziffer II gestellten Auflagen wurde gemäß § 80 Abs. 2 Nr. 4 VwGO angeordnet (Ziffer III).
Mit Bescheiden vom 20. September 2018 wurde den Antragstellern ein Zwangsgeld in Höhe von 2.500,00 EUR für den Fall der Zuwiderhandlung gegen Auflage Nr. II.9 der Gaststättenerlaubnis vom 23. November 2016 angedroht.
Bei einer Kontrolle am 21. Oktober 2019 gegen 21:39 Uhr stellten zwei Streifenpolizisten der Polizeiinspektion … fest, dass die Tür der Gaststätte offenstand, während in der Gaststätte Shishas geraucht wurden. Die Polizeibeamten fertigten Lichtbilder (Bl. 310-312 Behördenakte) an. Auf einem Lichtbild ist eine Tür zu sehen, die mit Hilfe eines Keils offen gehalten wird (Bl. 310 Behördenakte). Ein anderes Lichtbild zeigt eine Gruppe von fünf Menschen, die um einen Tisch sitzen und Shisha rauchen (Bl. 312 Behördenakte).
Der Antragsteller zu 1) wurde mit Schreiben vom 22. Oktober 2019 zum Sachverhalt angehört. Er teilte schriftlich mit, dass unmittelbar vor der Kontrolle ein Kellner die Außenterrasse gesäubert und die dort befindlichen Gegenstände hineingetragen habe. Die Tür sei nur für eine sehr kurze Zeit offen gewesen, um die Aufräumarbeiten verrichten zu können.
Mit Schreiben an die Antragsteller vom 13. Januar 2020 stellte die Beklagte auf Grund der Zuwiderhandlung gegen Auflage Nr. II.9 der Gaststättenerlaubnis vom 23. November 2016 das angedrohte Zwangsgeld in Höhe von 2.500,00 EUR fällig. Zu Begründung führte sie aus, dass bei der Polizeikontrolle am 21. Oktober 2019 festgestellt worden sei, dass die Tür der Gaststätte während des Rauchens der Shishas geöffnet gewesen sei.
Der Prozessbevollmächtigte der Antragsteller hat am 21. Februar 2020 Klage erhoben mit dem Antrag festzustellen, dass das mit Schreiben vom 13. Januar 2020 fällig gestellte Zwangsgeld in Höhe von 2.500,00 EUR nicht fällig geworden ist und beantragt zugleich im Wege des einstweiligen Rechtsschutzes,
die Zwangsvollstreckung aus der Mitteilung der Antragsgegnerin vom 13. Januar 2020 wird einstweilen eingestellt.
Der Prozessbevollmächtigte der Antragsteller führte aus, der Anordnungsanspruch ergebe sich daraus, dass die Zwangsvollstreckung des Zwangsgeldes mangels Fälligkeit unzulässig sei. In der Auflage Nr. II.9 der Gaststättenerlaubnis werde davon gesprochen, dass die Türen „grundsätzlich“ geschlossen zu halten seien. Grundsätzlich sei ein zweideutiger Begriff, der zum einen bedeuten könne, dass etwas ohne Ausnahme gelte, zum anderen, dass es Ausnahmen geben dürfe. Insoweit sei die Auflage missverständlich, verstoße der Verwaltungsakt gegen das Bestimmtheitsgebot und könne nicht zum Nachteil der Antragsteller ausgelegt werden. Sofern man davon ausgehe, dass Ausnahmen zugelassen seien, habe ein solcher Ausnahmefall vorgelegen. Bis 23 Uhr dürften sich Gäste auf der Terrasse der Gaststätte aufhalten und Getränke konsumieren, weshalb sich auf den Tischen Speisekarten, Aschenbecher und anderes befände. Gegen Ende des Betriebes im Außenbereich müssten die Tische abgeräumt, Gläser eingesammelt und Aschenbecher geleert werden. Die Tabletts mit den Gläsern, der große Ascheneimer und teilweise auch die Tische müssten in die Gaststätte getragen werden. Dies dauere ca. 15 Minuten. Das Hineintragen von Tabletts, Ascheneimer und Tischen erfordere den Einsatz beider Hände, da aber nur ein Mitarbeiter den Außenbereich aufräume, könne dieser nicht gleichzeitig tragen und die nach außen aufgehende Tür aufhalten. Deshalb müsse die Tür während der Aufräumarbeiten offen gehalten werden. So sei es auch am 21. Oktober 2019 gewesen. Zur Glaubhaftmachung dieser Tatsache benannte der Prozessbevollmächtigte vier Zeugen und legte eine Eidesstattliche Versicherung von Herrn … …, dem Sohn des Antragstellers zu 1), vor, laut der das Verkeilen der Tür für ca. 15 Minuten erfolgte, um dem Mitarbeiter Herrn … … das Aufräumen des Außenbereichs zu ermöglichen. Der Prozessbevollmächtigte führte weiter aus, dass die Polizeibeamten sich für die Erklärung, dass der Mitarbeiter gerade am Aufräumen sei, nicht interessiert hätten. Die Antragsteller hätten einen nachvollziehbaren Grund für die geöffnete Tür gehabt, nämlich die Ermöglichung des schnellen, reibungslosen und störungsfreien Aufräumens. Damit hätten sie nicht gegen die Auflage verstoßen und sei das Zwangsgeld nicht fällig geworden. Durch den streitgegenständlichen Vorgang sei es nicht zu den geringsten Beeinträchtigungen im Außenbereich gekommen.
Zum Anordnungsgrund trug der Prozessbevollmächtigte vor, dass eine Zwangsvollstreckung zum jetzigen Zeitpunkt die Antragsteller in einer wirtschaftlich schwierigen Situation treffe. Aufgrund der seit 20. März 2020 geltenden Ausgangssperre und Schließung der Lokale sei die Gaststätte der Antragsteller momentan geschlossen und könnten diese keinen Umsatz erzielen. Die monatlichen Fixkosten beliefen sich auf ca. 35.000,00 EUR. Rücklagen bestünden nicht. Es würden sich erhebliche Schulden anhäufen, da die Sozialversicherungsbeiträge und Steuervorauszahlungen nur gestundet seien. Die Vollstreckung des Zwangsgeldes erscheine unverhältnismäßig, zumal während der Schließung der Gaststätte keine erneuten Verstöße drohten. Zur Glaubhaftmachung der wirtschaftlich schwierigen Situation legte der Prozessbevollmächtigte die Betriebswirtschaftliche Auswertung für Dezember 2019 sowie eine Eidesstattliche Erklärung der Antragsteller vor, in der diese erklären, dass das Lokal seit 17. März 2020 geschlossen sei, sich die monatlichen Kosten für Miete, Personal usw. auf ca. 35.000,00 EUR beliefen, keine anderweitigen Einkünfte bestünden, die Rücklagen aufgebraucht seien und das Geschäftskonto überzogen sei.
Die Antragsgegnerin beantragt mit Schriftsatz vom 20. März 2020 Antragsabweisung und führte aus, die Tür der Gaststätte sei am 21. Oktober 2019 unstreitig nicht geschlossen gehalten worden, was einen Verstoß gegen Auflage Nr. II.9 der Gaststättenerlaubnis vom 23. November 2016 darstelle. Die Polizeibeamten hätten ausdrücklich betont, keine derartigen Aufräumarbeiten festgestellt zu haben. Die Beamten hätten zunächst Lichtbilder gefertigt und währenddessen hätten sie die angeblichen Aufräumarbeiten bemerken müssen. Der vom Prozessbevollmächtigten der Antragsteller geschilderte Sachverhalt könne keine Ausnahme von der „grundsätzlichen“ Verpflichtung begründen, insbesondere das Abräumen der Tische unter Verwendung eines Tabletts komme während des Terrassenbetriebes regelmäßig vor. Dürfte deshalb die Tür offengehalten werden, würde die Auflage zum Schutz vor Geruchsbelästigungen ins Leere laufen. Die Antragsteller müssten eine andere Lösung suchen, z.B. das Abräumen durch zwei Personen. Die Antragsgegnerin wies darauf hin, dass die Auflage in der Vergangenheit schon einmal für die Zeit bis 22 Uhr unter Bedingungen außer Vollzug gesetzt worden sei, dies jedoch rückgängig gemacht werden musste, da die Antragsteller die Bedingungen nicht eingehalten hätten. Die Antragsteller hätten sich daher Erleichterungen beim Terrassenbetrieb selbst verbaut. Weiter wies die Antragsgegnerin darauf hin, dass die Antragsteller bereits wiederholt die Auflage missachtet hätten (vgl. Bl. 120, 130, 166, 295 der Behördenakten).
Ergänzend wird auf die Gerichts- und die beigezogene Behördenakte Bezug genommen.
II.
1. Der zulässige Antrag ist unbegründet, da die Antragsteller einen Anordnungsanspruch nicht glaubhaft gemacht haben.
a) Der Antrag ist zulässig.
Der sachgerecht auszulegende Antrag auf einstweilige Verpflichtung der Antragsgegnerin zur Unterlassung der Zwangsvollstreckung des mit Schreiben vom 13. Januar 2020 fällig gestellten Zwangsgeldes ist gemäß § 123 Abs. 1 Satz 1 VwGO statthaft. Er tritt nicht nach § 123 Abs. 5 VwGO hinter einem Antrag nach § 80 Abs. 5 VwGO zurück, da in der Hauptsache die Feststellungsklage gemäß § 43 Abs. 1 VwGO die statthafte Klageart ist. Die Fälligkeitsmitteilung ist kein mittels Anfechtungsklage angreifbarer Verwaltungsakt, sondern nur die Mitteilung eines Bedingungseintritts, gegen die sich der Betroffene mit der Klage auf Feststellung, dass das Zwangsgeld nicht fällig geworden ist, zur Wehr setzen kann (BayVerfGH, E.v. 24.1.2007 – Vf. 50-VI-05 – juris Rn. 46; BayVGH, B.v. 20.10.2011 – 22 C 11.2440 – juris Rn. 4). Der damit korrespondierende Eilrechtsschutzantrag müsste zwar streng genommen auf vorläufige Feststellung der Nichtfälligkeit des Zwangsgeldes lauten (vgl. VG München, B.v. 9.9.2008 – M 22 E 08.3093 – juris Rn. 15), jedoch wird mit dem hier erhobenen Antrag dasselbe Ziel verfolgt, nämlich die vorläufige Abwendung der Zwangsvollstreckung des Zwangsgeldes.
b) Der Antrag ist mangels Glaubhaftmachung eines Anordnungsanspruchs unbegründet.
aa) Nach § 123 Abs. 1 Satz 1 VwGO kann das Gericht auf Antrag eine einstweilige Anordnung in Bezug auf den Streitgegenstand treffen, wenn die Gefahr besteht, dass durch eine Veränderung des bestehenden Zustands die Verwirklichung eines Rechts des Antragstellers vereitelt oder wesentlich erschwert werden könnte. Voraussetzungen für den Erlass einer einstweiligen Anordnung sind die Glaubhaftmachung (§ 123 Abs. 3 VwGO i.V.m. § 920 Abs. 2 ZPO) eines Anordnungsanspruchs und eines Anordnungsgrundes (BVerfG, B.v. 9.7.2007 – 2 BvR 206/07 – juris Rn. 20; BVerwG, B.v. 22.9.2015 – 6 VR 2/15 – juris Rn. 8).
bb) Die Antragsteller haben einen Anordnungsanspruch nicht glaubhaft gemacht.
Der Anordnungsanspruch ist der von den Antragstellern im Hauptsacheverfahren verfolgte materielle Anspruch (Schenke in Kopp/Schenke, VwGO, 24. Aufl. 2018, § 123 Rn. 25; Schoch in Schoch/Schneider/Bier, VwGO, 37. EL Juli 2019, § 123 Rn. 69 m.w.N.), hier also der Anspruch auf Feststellung, dass das mit Schreiben vom 13. Januar 2020 fällig gestellte Zwangsgeld in Höhe von 2.500,00 EUR nicht fällig geworden ist. Dieser Anspruch besteht nicht, denn die Antragsgegnerin geht zu Recht davon aus, dass das von ihr angedrohte Zwangsgeld fällig geworden ist.
Die Zwangsgeldforderung wird fällig (Art. 23 Abs. 1 Nr. 2 VwZVG), wenn die durch Grundverwaltungsakt auferlegte Pflicht nach Art. 31 Abs. 1 VwZVG bis zum Ablauf der Erfüllungsfrist nach Art. 36 Abs. 1 Satz 2 VwZVG nicht erfüllt ist (Art. 31 Abs. 3 Satz 3 VwZVG). Weiter müssen die allgemeinen (Art. 19 VwZVG) und besonderen (Art. 29 ff. VwZVG) Vollstreckungsvoraussetzungen gegeben sein und darf kein Vollstreckungshindernis nach Art. 22 VwZVG vorliegen (BayVGH, B.v. 4.7.2012 – 22 ZB 12.204 – juris Rn. 12; BayVGH, B.v. 11.7.2001 – 1 ZB 01.1255 – juris Rn. 14 f.; VG München, U.v. 12.1.2004 – M 8 K 01.6176 – juris Rn. 43). Die allgemeinen (1) und besonderen (2) Vollstreckungsvoraussetzungen liegen vor, Vollstreckungshindernisse bestehen keine und die Antragsteller haben die ihnen auferlegte Verpflichtung nach Nr. II.9 der Gaststättenerlaubnis vom 23. November 2016 nicht erfüllt (3).
(1) Die allgemeinen Vollstreckungsvoraussetzungen (Art. 19 VwZVG) liegen vor. Die Auflage Nr. II.9 der Gaststättenerlaubnis vom 23. November 2016, nach der während der Zubereitung (Anzünden) sowie des Rauchens der Shishas sämtliche Türen und Fenster grundsätzlich mit sofortiger Wirkung geschlossen zu halten sind, ist ein wirksamer und vollstreckbarer Verwaltungsakt mit vollstreckungsfähigem Inhalt. Die Vollstreckungsfähigkeit scheitert insbesondere nicht an der mangelnden Bestimmtheit der Auflage.
Die Auflage ist vollstreckbar, da die Gaststättenerlaubnis vom 23. November 2016 bereits zum Zeitpunkt der Zwangsgeldandrohung am 20. September 2018 bestandskräftig war (vgl. Art. 19 Abs. 1 Nr. 1 VwZVG), im Übrigen aber auch nach Ziffer III die sofortige Vollziehung der unter Ziffer II gestellten Auflagen gemäß § 80 Abs. 2 Satz 1 Nr. 4 VwGO angeordnet wurde (vgl. Art. 19 Abs. 1 Nr. 2 VwZVG). Die Auflage hat einen vollstreckungsfähigen Inhalt in Gestalt einer Verpflichtung der Antragsteller. Ob es sich bei der Verpflichtung, Türen und Fenster geschlossen zu halten, eher um eine Pflicht zu einer dauerhaften Handlung (des Geschlossenhaltens) oder eher um eine Pflicht zu einem Unterlassen (des Öffnens) handelt, kann dahinstehen, denn im Ergebnis ist beides im Wege des Verwaltungszwangs vollstreckungsfähig (vgl. Art. 18 Abs. 1, Art. 29 Abs. 1 VwZVG).
Diese Verpflichtung ist auch inhaltlich hinreichend bestimmt i.S.d. Art. 37 Abs. 1 BayVwVfG. Ein inhaltlich nicht hinreichend bestimmter Verwaltungsakt ist nicht vollstreckungsfähig (Lemke in Fehling/Kastner/Störmer, Verwaltungsrecht, 4. Aufl. 2016, § 6 VwVG Rn. 33; Müller in Huck/Müller, VwVfG, 2. Aufl. 2016, § 37 Rn. 10; VGH BW, U.v. 10.1.2013 – 8 S 2919/11 – juris Rn. 22). Wird dem Adressaten durch den Verwaltungsakt ein Handeln, Dulden oder Unterlassen aufgegeben, muss der Inhalt des Verwaltungsakts so klar, vollständig und unzweideutig erkennbar sein, dass er sein Verhalten danach ausrichten kann (BVerwG, U.v. 2.7.2008 – 7 C 38/07 – BVerwGE 131, 259 – juris Rn. 11; BayVGH, U.v. 17.7.2007 – 8 BV 06.1765 – juris Rn. 55; Ramsauer in Kopp/Ramsauer, VwVfG, 19. Aufl. 2018, § 37 Rn. 5; Weber in Dirnberger u.a., PdK Bayern, VwZVG, Art. 19, 7.4.1). Zur Wahrung der Bestimmtheit ist es ausreichend, wenn sich die hinreichende Klarheit für den Adressaten im Wege einer an den Grundsätzen von Treu und Glauben orientierten Auslegung unter Berücksichtigung des gesamten Inhalts des Verwaltungsakts und aus dem Zusammenhang, v.a. aus der Begründung der Entscheidung und den den Beteiligten näher bekannten Umständen gewinnen lässt (BVerwG, U.v. 25.4.2001 – 6 C 6/00 – BVerwGE 114, 160 – juris Rn. 13; BayVGH, B.v. 4.7.2012 – 22 ZB 12.204 – juris Rn. 17; BayVGH, B.v. 13.8.2009 – 22 ZB 07.1835 – juris Rn. 7; Ramsauer in Kopp/Ramsauer, VwVfG, 19. Aufl. 2018, § 37 Rn. 7, 12).
Die streitgegenständliche Auflage genügt den Anforderungen an die hinreichende Bestimmtheit gemäß Art. 37 Abs. 1 BayVwVfG. Das in der Auflage verwendete Wort „grundsätzlich“ bedeutet im juristischen Sprachgebrauch, dass Ausnahmen von der Regel unter Berücksichtigung besonderer Umstände des Einzelfalls und/oder in bestimmten Fallgruppen möglich sind (BSG, U.v. 19.6.2018 – B 1 KR 39/17R – juris Rn. 19; vgl. auch OVG NRW, U.v. 26.5.2000 – 19 A 2015/99 – juris Rn. 32; vgl. auch Contag/Summa in Heiermann/Zeiss/Summa, jurisPK-Vergaberecht, 5. Aufl., Stand: 27.03.2018, § 10 VSVgV, Rn. 23). Diese Ausnahmen sind in der streitgegenständlichen Auflage zwar nicht aufgelistet, lassen sich aber durch Auslegung unter Berücksichtigung des mit der Auflage verfolgten Zwecks hinreichend sicher ermitteln. Das Gebot, Türen und Fenster während des Anzündens und Rauchens der Shishas geschlossen zu halten, soll die Bewohner des Betriebs- und der Nachbargrundstücke vor Geruchsbelästigungen schützen. Dieser Zweck wird zum einen daraus erkennbar, dass die Verpflichtung zeitlich nur während des Anzündens und Rauchens der Shishas besteht und damit eindeutig auf die dabei entstehenden Gerüche und ggf. den Rauch Bezug nimmt, zum anderen aus einer Zusammenschau mit den Auflagen Nr. II.4 und II.5 sowie dem Hinweis Nr. 2 der Gaststättenerlaubnis. Die Auflage Nr. II.4 gibt den Antragstellern auf, die beim Rauchen von Shishas entstehenden Geruchsstoffe und ggf. Rauchgase mittels einer Entlüftungsanlage über das Dach abzuführen, wobei die Bewohner des Betriebs- und der Nachbargrundstücke durch die abziehenden Gerüche nicht erheblich belästigt werden dürfen. Nr. II.5 trifft eine ähnliche Anordnung bezüglich Rauchabzugsanlagen für die Anzündestellen der Shishas ebenfalls unter Verweis auf den Schutz der Bewohner des Betriebs- und der Nachbargrundstücke vor abziehenden Gerüchen. Weiter findet sich im Bescheid der Hinweis, dass die Erteilung weiterer Auflagen zum Schutz der Anwohner aufgrund des Shisharauchs vorbehalten bleibt. Diese weiteren Bestandteile der Gaststättenerlaubnis zeigen deutlich, dass die Nachbarn der Gaststätte vor erheblichen Belästigungen durch Geruchsstoffe und Rauchgase bewahrt werden sollen. Da der Zweck der Auflage Nr. II.9 klar ist, lässt sich – auch ohne eine abschließende Aufzählung der Ausnahmefälle – hinreichend sicher ermitteln, in welchen Fällen ein Öffnen der Türen während des Anzündens und Rauchens von Shishas ausnahmsweise gestattet ist. Sowohl die Anlässe für das Öffnen der Türen als auch die Dauer des Öffnens sind in Anbetracht des verfolgten Schutzzwecks auf das notwendige Maß zu beschränken. Ausreichender Anlass zum Öffnen der Türen ist das Ein- und Auslassen von Gästen, Personal, Lieferanten und anderen Personen. Natürlich ist auch in Notfällen das Öffnen der Türen erlaubt, z.B. im Fall eines Feuers oder einer lebensbedrohlich hohen Konzentration von Kohlenstoffmonoxid im Gastraum, die durch die vorgeschriebenen CO-Warnmelder angezeigt wird. In diesen Fällen ist jedoch der Gaststättenbetrieb in der Regel sowieso sofort einzustellen und das Gebäude zu räumen. Die Dauer des Öffnens der Türen ist auf das Maß zu beschränken, das zum Ein- und Auslassen der Personen unbedingt erforderlich ist. Sobald der Durchgang erfolgt ist, ist die Tür wieder zu schließen. Enthielte die Auflage das Wort „grundsätzlich“ nicht, wäre sie unverhältnismäßig, da dann dem Wortlaut nach nicht einmal das kurzfristige Öffnen der Türen zum Ein- und Auslassen von Personen gestattet wäre. Die Verwendung des Wortes „grundsätzlich“ macht es aber nicht zwingend erforderlich, gleichzeitig alle Ausnahmefälle explizit aufzuzählen, wenn diese – wie vorliegend – durch Auslegung ermittelt werden können.
(2) Die besonderen Vollstreckungsvoraussetzungen (Art. 29 ff. VwZVG) sind ebenfalls gegeben. Das Zwangsgeld ist ein zulässiges Zwangsmittel zur Vollstreckung eines Verwaltungsakts, mit dem eine Handlung oder Unterlassung gefordert wird (Art. 29 Abs. 1, Abs. 2 Nr. 1, Art. 31 Abs. 1 VwZVG). Mit Bescheiden vom 20. September 2018 wurde ein bestimmtes Zwangsmittel (Art. 36 Abs. 3 Satz 1 VwZVG), nämlich das Zwangsgeld, in bestimmter Höhe (Art. 36 Abs. 5 VwZVG), nämlich 2.500,00 EUR angedroht.
(3) Die Antragsteller haben die Pflicht zum grundsätzlichen Geschlossenhalten der Türen und Fenster nach Nr. II.9 der Gaststättenerlaubnis vom 23. November 2016 nicht erfüllt (vgl. Art. 31 Abs. 3 Satz 3 VwZVG), da bei einer Kontrolle am 21. Oktober 2019 gegen 21:39 Uhr festgestellt wurde, dass die Tür der Gaststätte offenstand, während im Innenbereich der Gaststätte Shishas geraucht wurden. Dieser Sachverhalt ist durch die Ordnungswidrigkeitenanzeige vom 21. Oktober 2019 mit den beigefügten Lichtbildern dokumentiert und wurde von den Antragstellern auch eingeräumt. Ein von ihnen geltend gemachter Ausnahmefall für das Offenhalten der Tür liegt nicht vor. Die Antragsteller berufen sich darauf, dass während der Kontrolle der Terrassenbereich durch einen Mitarbeiter aufgeräumt worden sei und während des Aufräumens die Tür mit einem Keil offen gehalten werden musste, da der aufräumende Mitarbeiter für das Hineintragen von Tischen, Tabletts und Ascheneimer beide Hände benötigt habe. Dieser Aufräumvorgang habe ca. 15 Minuten gedauert. Angesichts des mit der Auflage verfolgten Zwecks, Bewohner des Betriebs- und Nachbargrundstücks vor unnötigen Geruchsbelästigungen zu schützen, verstößt das Offenhalten der Tür für ca. 15 Minuten zur Erleichterung der Aufräumarbeiten auf der Terrasse gegen die streitgegenständliche Auflage. Das Hineintragen von Tabletts, Tischen und Ascheneimer von der Terrasse in den Innenbereich stellt an sich einen triftigen Grund zum Öffnen der Tür dar, jedoch muss das Öffnen der Tür auf den zum Hineintragen erforderlichen Zeitraum beschränkt bleiben. Sobald der Mitarbeiter mit dem Tablett, Tisch usw. die Tür durchschritten hat, ist diese wieder zu schließen. Es ist nicht davon auszugehen, dass der Mitarbeiter während der 15 Minuten permanent die Tür durchschritten hat, denn die Tabletts, Tische usw. müssen nach dem Hineintragen in der Gaststätte weggeräumt werden. Während dieses Wegräumens steht die Tür offen, ohne dass tatsächlich ein Durchgang erfolgt und können die durch das Anzünden und Rauchen der Shishas im Innenraum entstehenden Geruchsstoffe und ggf. Rauchgase durch die Tür nach außen ziehen. Sofern es einem Mitarbeiter allein nicht möglich seien sollte, gleichzeitig mit beiden Händen zu tragen und die Tür offen zu halten, kann ein zweiter Mitarbeiter zum Aufräumen hinzugezogen werden oder kann der Keil nach Durchschreiten der Tür wieder entfernt werden. Wäre allein das gelegentliche Hineintragen eines Tabletts ausreichend, um die Tür über einen längeren Zeitraum verkeilen zu dürfen, könnte auch im laufenden Betrieb die Tür längere Zeit am Stück offen gehalten werden, sofern hin und wieder ein Mitarbeiter mit einem Tablett raus und rein läuft. Dies würde aber die Erreichung des mit der Auflage verfolgten Zwecks erheblich einschränken. Eine Erfüllungsfrist nach Art. 36 Abs. 1 Satz 2 VwZVG musste nicht bestimmt werden, da der Verpflichtung „mit sofortiger Wirkung“ nachzukommen war.
cc) Eine Prüfung des Anordnungsgrundes erübrigt sich, da die Begründetheit des Antrags bereits am fehlenden Anordnungsanspruch scheitert.
2. Die Kostenentscheidung folgt aus § 154 Abs. 1, § 159 Satz 2 VwGO.
3. Die Festsetzung des Streitwerts beruht auf § 53 Abs. 2 Nr. 1 i.V.m. § 52 Abs. 1 GKG und folgt den Empfehlungen Nr. 1.1.3 HS. 2, Nr. 1.5 Satz 1 und Nr. 1.7.1 Satz 1 des Streitwertkatalogs für die Verwaltungsgerichtsbarkeit 2013.


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