Verwaltungsrecht

Teilweises Verbot der Führung der Dienstgeschäfte

Aktenzeichen  B 5 K 18.668

Datum:
10.12.2019
Rechtsgebiet:
Fundstelle:
BeckRS – 2019, 53038
Gerichtsart:
VG
Gerichtsort:
Bayreuth
Rechtsweg:
Verwaltungsgerichtsbarkeit
Normen:
BBG § 37 Abs. 1 S. 2
BPolBG § 2

 

Leitsatz

Tenor

1.    Die Klage wird abgewiesen.
2.    Der Kläger trägt die Kosten des Verfahrens.
3.    Die Kostenentscheidung ist vorläufig vollstreckbar.

Gründe

1. Die Klage ist bereits unzulässig. Dem Kläger fehlt das erforderliche Fortsetzungsfeststellungsinteresse.
Das streitige Verbot entfaltet keine Rechtswirkungen mehr. Mit der fristlosen Entlassung des Klägers aus dem Beamtenverhältnis auf Widerruf mit Ablauf des 18.07.2017 durch Verfügung vom 10.07.2017 ist das teilweise Verbot der Führung der Dienstgeschäfte gegenstandslos geworden. Der Kläger ist im gegen die Entlassung gerichteten Eil- und Klageverfahren erfolglos geblieben, sodass die Entlassungsverfügung nach wie vor Wirkung entfaltet. Statthafte Klageart ist insofern die Fortsetzungsfeststellungsklage nach § 113 Abs. 1 Satz 4 VwGO analog. Die besondere Zulässigkeitsvoraussetzung einer Fortsetzungsfeststellungsklage – das Bestehen eines berechtigten Interesses an der begehrten Feststellung (Fortsetzungsfeststellungsinteresse), für das verschiedene Fallgruppen anerkannt sind (Decker in: Posser/Wolff, BeckOK VwGO, Stand 01.10.2019, § 113 Rn. 86 ff.) – ist vorliegend jedoch nicht erfüllt.
a) Der Kläger besitzt insbesondere kein Rehabilitationsinteresse. Ein Rehabilitationsinteresse begründet ein Feststellungsinteresse dann, wenn es bei vernünftiger Würdigung der Verhältnisse des Einzelfalles als schutzwürdig anzusehen ist. Das kann der Fall sein, wenn die angefochtene Verwaltungsmaßnahme bei objektiver Betrachtungsweise, auch aufgrund der Begleitumstände, diskriminierenden Charakter hatte (vgl. BVerwG, U.v. 21.11.1980 – 7 C 18/79 – BVerwGE 61, 164). Dafür reicht es nicht aus, dass der Betroffene die von ihm beanstandete Maßnahme als diskriminierend empfunden hat. Maßgebend ist vielmehr, ob bei objektiver und vernünftiger Betrachtungsweise abträgliche Nachwirkungen der Maßnahme fortbestehen, denen durch eine gerichtliche Feststellung der Rechtswidrigkeit des Verwaltungshandelns wirksam begegnet werden könnte (st. Rspr., vgl. BVerwG, U.v. 21.3.2013 – 3 C 6/12 – juris Rn. 15). Zwar kann ein Verbot der Führung der Dienstgeschäfte nach § 66 BBG grundsätzlich das Ansehen eines Beamten mindern und diskriminierende Wirkung entfalten (vgl. HessVGH, U.v. 30.1.1974 – I OE 18/73 – Leitsatz 2, juris), weil es in der Regel als Notmaßnahme des Dienstherrn im Hinblick auf ein eingeleitetes oder einzuleitendes Disziplinar- oder Entlassungsverfahren verhängt wird. Allerdings hat das (teilweise) Verbot der Führung der Dienstgeschäfte dann keinen eigenständigen diskriminierenden Gehalt mehr, wenn es durch die Entlassung aus dem Beamtenverhältnis überholt ist. Die Entlassung ist, soweit sie sich auf dieselben Gründe stützt, die dem Verbot der Führung der Dienstgeschäfte zugrunde liegen, nämlich die weiter reichende Maßnahme. Über die Entlassung hinaus reichende Nachwirkungen, die durch eine gerichtliche Feststellung der Rechtswidrigkeit beseitigt werden könnten, entfaltet das (teilweise) Verbot der Führung der Dienstgeschäfte nicht. Hat sich der Kläger bereits erfolglos gegen die Entlassung an sich gewandt, hat er kein berechtigtes Interesse mehr daran, sich zusätzlich isoliert gegen die der Entlassung vorgeschaltete und weniger eingreifende Eilmaßnahme zu wenden.
So liegt es hier. Der Kläger ist mit seiner Klage gegen die Entlassung erfolglos geblieben. Die fristlose Entlassung aus dem Beamtenverhältnis auf Widerruf stützte sich ebenso wie das Verbot der Führung der Dienstgeschäfte auf den Vorfall vom 01.09.2016 sowie das Persönlichkeits- und Leistungsbild des Klägers. Aus dem teilweisen Verbot der Führung der Dienstgeschäfte vom 12.06.2017, das im Hinblick auf die – rechtmäßige – Entlassung ausgesprochen wurde, sind dem Kläger keine bis heute fortbestehenden, abträglichen Nachwirkungen entstanden.
b) Weil der Kläger seit dem 18.07.2017 fristlos aus der Bundespolizei und dem Beamtenverhältnis auf Widerruf entlassen ist, scheidet auch ein berechtigtes Fortsetzungsfeststellungsinteresse aufgrund von Wiederholungsgefahr aus.
c) Ein schwerwiegender Grundrechtseingriff war mit dem partiellen Verbot der Führung der Dienstgeschäfte ebenfalls nicht verbunden. Ein Fortsetzungsfeststellungsinteresse kann sich grundsätzlich unabhängig von fortbestehenden, abträglichen Nachwirkungen aus der Art des durch den erledigten Verwaltungsakt bewirkten Grundrechtseingriffs, verbunden mit dem verfassungsrechtlich garantierten Anspruch auf effektiven Rechtsschutz ergeben (BVerwG, U.v. 21.11.1980 – 7 C 18/79 – juris Rn. 13; BVerfG, B.v. 13.6.1979 – 1 BvR 699/77 – BverfGE 51, 268/279). Dazu ist aber zum einen erforderlich, dass der Grundrechtseingriff von erheblichem Gewicht ist, und zum anderen, dass sich der Verwaltungsakt typischerweise kurzfristig erledigt, sodass effektiver Rechtsschutz vor Erledigung kaum zu erlangen ist (Schenke/Schenke in: Kopp/Schenke, VwGO, 24. Auf. 2018, § 113 Rn. 146). Jedenfalls ist ein schwerwiegender Grundrechtseingriff durch das partielle Verbot der Führung der Dienstgeschäfte nicht erfolgt. Zwar hat das Verbot in das Recht des Klägers zur Dienstausübung nach Art. 33 Abs. 5 des Grundgesetzes (GG) eingegriffen. Der Eingriff war allerdings nicht erheblich, weil das Verbot nur zeitlich beschränkt, nämlich bis zur Entlassung am 18.07.2017, Wirkung entfaltete und inhaltlich auf die Einheiten Schießausbildung, Einsatz- und Situationstraining begrenzt war. Zudem handelt es sich beim Verbot der Führung der Dienstgeschäfte nicht um einen typischerweise kurzfristig erledigten Verwaltungsakt, sondern einen Verwaltungsakt von gewisser Dauer.
d) Dass sich ein Fortsetzungsfeststellungsinteresse aus der Präjudizialität des Verfahrens für Amtshaftungsansprüche ergäbe, ist nicht ersichtlich.
2. Die Kostenentscheidung ergibt sich aus § 154 Abs. 1 VwGO. Als unterliegender Beteiligter hat der Kläger die Kosten des Verfahrens zu tragen. Die Entscheidung hinsichtlich der vorläufigen Vollstreckbarkeit beruht auf § 167 VwGO i.V.m. § 708 Nr. 11 der Zivilprozessordnung (ZPO). Der Einräumung von Vollstreckungsschutz bedurfte es angesichts der allenfalls geringen vollstreckbaren Kosten der Beklagten nicht.
Rechtsmittelbelehrung:
Nach § 124 und § 124a Abs. 4 VwGO können die Beteiligten gegen dieses Urteil innerhalb eines Monats nach Zustellung die Zulassung der Berufung beim Bayerischen Verwaltungsgericht Bayreuth,
Hausanschrift: Friedrichstraße 16, 95444 Bayreuth oder Postfachanschrift: Postfach 110321, 95422 Bayreuth,
beantragen. In dem Antrag ist das angefochtene Urteil zu bezeichnen.
Über die Zulassung der Berufung entscheidet der Bayerische Verwaltungsgerichtshof.
Vor dem Bayerischen Verwaltungsgerichtshof müssen sich die Beteiligten durch Prozessbevollmächtigte vertreten lassen. Dies gilt auch für die Stellung des Antrags auf Zulassung der Berufung beim Verwaltungsgericht erster Instanz. Als Prozessbevollmächtigte zugelassen sind neben Rechtsanwälten und Rechtslehrern an den in § 67 Abs. 2 Satz 1 VwGO genannten Hochschulen mit Befähigung zum Richteramt die in § 67 Abs. 4 Sätze 4 und 7 VwGO sowie in den § 3 und § 5 des Einführungsgesetzes zum Rechtsdienstleistungsgesetz bezeichneten Personen und Organisationen.
Innerhalb von zwei Monaten nach Zustellung dieses Urteils sind die Gründe darzulegen, aus denen die Berufung zuzulassen ist.
Die Begründung ist, soweit sie nicht bereits mit dem Antrag vorgelegt worden ist, bei dem Bayerischen Verwaltungsgerichtshof, Hausanschrift in München: Ludwigstraße 23, 80539 München oder Postfachanschrift in München: Postfach 340148, 80098 München, Hausanschrift in Ansbach: Montgelasplatz 1, 91522 Ansbach,
einzureichen.
Es wird darauf hingewiesen, dass die Berufung nur zuzulassen ist,
1.wenn ernstliche Zweifel an der Richtigkeit des Urteils bestehen,
2.wenn die Rechtssache besondere tatsächliche oder rechtliche Schwierigkeiten aufweist,
3.wenn die Rechtssache grundsätzliche Bedeutung hat,
4.wenn das Urteil von einer Entscheidung des Bayerischen Verwaltungsgerichtshofs, des Bundesverwaltungsgerichts, des Gemeinsamen Senats der obersten Gerichtshöfe des Bundes oder des Bundesverfassungsgerichts abweicht und auf dieser Abweichung beruht oder
5.wenn ein der Beurteilung des Berufungsgerichts unterliegender Verfahrensmangel geltend gemacht wird und vorliegt, auf dem die Entscheidung beruhen kann.
Beschluss
Der Streitwert wird bis zur Verbindung mit den Verfahren B 5 K 18.662 und B 5 K 18.670 auf 5.000,00 EUR festgesetzt,
ab der Verbindung wird der Streitwert auf 13.673,15 EUR festgesetzt.
Die Streitwertfestsetzung folgt bis zur Verbindung aus § 52 Abs. 2 des Gerichtskostengesetzes (GKG).
Ab Verbindung der Verfahren mit verschiedenen Streitwerten gibt es für das verbundene Verfahren nur einen Streitwert, der sich aus der Summe der Einzelstreitwerte zusammensetzt.
Rechtsmittelbelehrung
Gegen diesen Streitwertbeschluss steht den Beteiligten die Beschwerde an den Bayerischen Verwaltungsgerichtshof zu, wenn der Wert des Beschwerdegegenstandes 200,00 EUR übersteigt oder die Beschwerde zugelassen wurde.
Die Beschwerde ist innerhalb von sechs Monaten, nachdem die Entscheidung in der Hauptsache Rechtskraft erlangt oder das Verfahren sich anderweitig erledigt hat, beim Bayerischen Verwaltungsgericht Bayreuth,
Hausanschrift: Friedrichstraße 16, 95444 Bayreuth, oder Postfachanschrift: Postfach 110321, 95422 Bayreuth,
einzulegen. Ist der Streitwert später als einen Monat vor Ablauf dieser Frist festgesetzt worden, so kann die Beschwerde noch innerhalb eines Monats nach Bekanntgabe dieses Beschlusses eingelegt werden.
Die Frist ist auch gewahrt, wenn die Beschwerde innerhalb der Frist beim Bayerischen Verwaltungsgerichtshof, Hausanschrift in München: Ludwigstraße 23, 80539 München, oder Postfachanschrift in München: Postfach 340148, 80098 München, Hausanschrift in Ansbach: Montgelasplatz 1, 91522 Ansbach,
eingeht.


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