Verwaltungsrecht

Tierschutzrechtliche Anordnungen für Betrieb einer Hundezucht

Aktenzeichen  23 ZB 20.2291

Datum:
13.1.2021
Rechtsgebiet:
Fundstelle:
BeckRS – 2021, 2815
Gerichtsart:
VGH
Gerichtsort:
München
Rechtsweg:
Verwaltungsgerichtsbarkeit
Normen:
TierSchG § 2, § 16a Abs. 1 S. 1, S. 2 Nr. 1
VwGO § 124 Abs. 2 Nr. 1

 

Leitsatz

1. Bei der Frage, ob die Anforderungen des § 2 TierSchG erfüllt sind, kommt dem beamteten Tierarzt eine vorrangige Beurteilungskompetenz zu. (Rn. 18) (redaktioneller Leitsatz)
2. Anordnungen nach § 16a Abs. 1 Satz 1 und Satz 2 Nr. 1 TierSchG erfordern es nicht, dass Leiden eines Tieres sicher festgestellt werden; es genügt die Möglichkeit einer Leidensverursachung. (Rn. 24) (redaktioneller Leitsatz)

Verfahrensgang

RN 4 K 19.1105 2020-07-21 Urt VGREGENSBURG VG Regensburg

Tenor

I. Der Antrag auf Zulassung der Berufung wird abgelehnt.
II. Der Kläger trägt die Kosten des Zulassungsverfahrens.
III. Der Streitwert für das Zulassungsverfahren wird auf 5.000,- € festgesetzt.

Gründe

I.
Der Kläger verfolgt mit dem Antrag auf Zulassung der Berufung seine in erster Instanz erfolglose Klage gegen eine Reihe von tierschutzrechtlichen Anordnungen im Zusammenhang mit dem Betrieb seiner Hundezucht weiter.
Der Kläger betreibt seit dem Jahr 1968 eine gewerbliche Hundezucht, für die er seit dem 3. August 1989 über eine Erlaubnis nach § 11 Abs. 1 TierSchG verfügt.
Am 22. Juni 2016 führten beamtete Tierärzte des zuständigen Landratsamtes und des Landesamtes für Gesundheit und Lebensmittelsicherheit eine Ortskontrolle bei dem Kläger durch. In der darauf beruhenden Fachlichen Stellungnahme des Landesamtes für Gesundheit und Lebensmittelsicherheit vom 27. September 2016 ist ein Bestand von 37 oder 38 Hunden (ohne Welpen), darunter zehn bis zwölf Zuchthündinnen, dokumentiert. Für diese standen der Kläger und seine Ehefrau als Betreuungspersonen zur Verfügung. Aus der Fachlichen Stellungnahme ergibt sich zusammengefasst, dass der Pflege- und Gesundheitszustand der Hunde mäßig bis schlecht war und diese in reizarmer Umgebung gehalten wurden. Im Einzelnen wurde eine Vielzahl von Mängeln festgestellt.
Mit Bescheid vom 29. Dezember 2016 gab der Beklagte dem Kläger – gestützt auf § 16a Abs. 1 Satz 1 und Satz 2 Nr. 1 TierSchG − Abhilfemaßnahmen auf. So verpflichtete er den Kläger, für jeweils zehn Zuchthunde und ihre Welpen eine Betreuungsperson mit nachgewiesener Sachkunde zur Verfügung zu stellen (Nr. 1.1). Erwachsene Hunde müssten mit diesen täglich mehrmals über insgesamt mindestens eine Stunde Umgang erhalten, Welpen seien von der dritten Lebenswoche bis zum Absetzen täglich mindestens drei Stunden in einem Welpenauslauf oder Spielzimmer zu beschäftigen (Nr. 1.2). Der Beklagte verpflichtete den Kläger, Zeit und Dauer des Kontakts zu dokumentieren (Nr. 1.3). Weiter gab er ihm auf, jedem Hund in Abhängigkeit von der Widerristhöhe eine näher definierte Bodenfläche zur Verfügung zu stellen (Nr. 1.4) und den Tieren in den Boxen der Hundehäuser Sichtkontakt nach außen zu gewähren (Nr. 1.5). Kein Hund dürfe einzeln ohne Sichtkontakt zu Artgenossen gehalten werden (Nr. 1.6). Der Beklagte verpflichtete den Kläger zudem, für jeden Hund in den Ausläufen einen witterungsgeschützten, wärmegedämmten Liegeplatz vorzuhalten (Nr. 1.7). Die Ausläufe müssten so strukturiert sein, dass die Hunde ihre Bedürfnisse nach Abwechslung, Beschäftigung und Erkundung befriedigen könnten (Nr. 1.8), und frei von einengenden oder verletzungsträchtigen Gegenständen sein (Nr. 1.9). Des Weiteren gab der Beklagte dem Kläger auf, den Hunden zweimal täglich Auslauf im Gesamtumfang von mindestens einer Stunde zu gewähren (Nr. 1.10) und dies zu dokumentieren (Nr. 1.11). Allen Hunden müsse ständig Beschäftigungsmaterial angeboten werden (Nr. 1.12); Welpen dürften erst nach acht Wochen vom Muttertier getrennt werden (Nr. 1.13). Daneben ordnete der Beklagte die Behandlung verletzter oder kranker Tiere (Nr. 1.14), eine regelmäßige Krallen- und Fellpflege (Nr. 1.15) sowie das Führen eines auf Verlangen vorzulegenden Bestandsbuchs an (Nr. 1.16 und 1.17). Hinsichtlich der einzelnen Verpflichtungen drohte der Beklagte in Nr. 3 des Bescheids Zwangsgelder an, wobei in Nr. 3.10, 3.11, 3.13, 3.14 und 3.15 eine Erfüllung ab Zustellung des Bescheids gefordert wurde. Nr. 3.13 sprach eine Zwangsgeldandrohung für jeden unter Verletzung der Nr. 1.13 vom Muttertier getrennten Hund aus. Zugleich erlegte der Kläger dem Kläger die Kosten des Verfahrens auf (Nr. 4.1), wobei er eine Gebühr von 650,12 EUR festsetzte (Nr. 4.2) und Auslagen von 2.462,85 EUR (davon 2.451,65 EUR für die Tätigkeit des Landesamtes für Gesundheit und Lebensmittelsicherheit) in Ansatz brachte (Nr. 4.3).
Im Rahmen eines Güterichterverfahrens schlossen die Beteiligten am 10. Mai 2017 eine Vereinbarung, wonach der Beklagte eine weitere angekündigte Ortskontrolle durchführen und hierbei noch kein Zwangsgeld fällig stellen sollte. Für den Fall der Nichtabstellung der gerügten Mängel bei nachfolgenden Ortskontrollen behielt sich der Beklagte indes die Zwangsvollstreckung vor. Am 25. Juli 2017 und am 28. Februar 2019 fanden weitere Ortskontrollen der Hundezucht statt. Dabei stellte ein beamteter Tierarzt des zuständigen Landratsamtes in dem zu der letztgenannten Ortskontrolle gehörigen Protokoll fest, dass eine Überdachung für die Auslaufflächen des Hundehauses weiterhin fehlte und der Kläger auch kein Bestandsbuch führte. Das Güterichterverfahren wurde am 25. Juni 2019 ohne weitere Ergebnisse abgeschlossen. Maßnahmen des Beklagten im Zusammenhang mit der Zwangsvollstreckung insoweit sind Gegenstand der Berufungszulassungsverfahren 23 ZB 20.2286 und 23 ZB 20.2287.
Mit angegriffenem Urteil vom 21. Juli 2020 (RN 4 K 19.1105) hat das Verwaltungsgericht die Nrn. 3.10, 3.11, 3.13, 3.14 und 3.15 des Bescheides des Beklagten vom 29. Dezember 2016 aufgehoben, die Nr. 4.2 insoweit, als darin Auslagen für die Tätigkeit des Landesamtes für Gesundheit und Lebensmittelsicherheit erhoben werden, und im Übrigen die Klage abgewiesen.
Mit Schriftsatz vom 7. Oktober 2020 hat der Kläger beantragt,
hiergegen die Berufung zuzulassen.
Zur Begründung trägt die Klägerseite – gestützt auf § 124 Abs. 2 Nr. 1 VwGO − im Wesentlichen vor, das Verwaltungsgericht habe die Rechtmäßigkeit des (verbleibenden) angegriffenen Bescheides zu Unrecht im Wesentlichen darauf gestützt, dass die beamteten Tierärzte festgestellt hätten, die Tiere seien nicht ausreichend sozialisiert gewesen. Der Kläger habe nicht nur pauschal bestritten, sondern auch dargelegt, warum diese Feststellung falsch sei. Sie sei insbesondere deshalb falsch, weil die Tiere mit Sicherheit allein deshalb verängstigt gewesen seien, weil wildfremde Menschen in Ganzkörperanzügen sie begutachtet hätten. Die Sachkunde des Klägers als Betreuungsperson liege vor. Dies ergebe sich schon daraus, dass dieser über mehrere Jahrzehnte die Hundezucht geführt habe, ohne dass es irgendwelche Beanstandungen gegeben habe, und daraus, dass es zum damaligen Zeitpunkt keine gesetzliche Grundlage dafür gegeben habe, einen Sachkundenachweis zu führen. Entgegen der Auffassung des Verwaltungsgerichts sei sehr wohl wesentlich, ob der Kläger Haltungsvorrichtungen benutzt habe oder nicht. Man habe den Eindruck, als hätte sonst eine Abrissverfügung erlassen werden müssen. Dem könne nicht zugestimmt werden. Der Witterungsschutz sei teilweise nicht vorhanden gewesen, es sei aber nicht verständlich, wie das Verwaltungsgericht dazu komme, die behördliche Entscheidung zu teilen, dass die Hundeausläufe den Hunden keine adäquate Befriedigung ihrer Abwechslungs-, Beschäftigungs- und Erkundungstriebs erlaubt hätten, zumal auch dargelegt worden sei, dass in den Freigeländebereichen abwechselnd Tiere gehalten worden seien. Ferner habe das Verwaltungsgericht nicht erkannt, dass eine wesentliche Änderung dahingehend eingetreten sei, dass die Hundezucht sich mehr auf ein privates Halten von Tieren reduziert habe. Die apostrophierte Verletzungsgefahr sei in einem so geringen Umfang gegeben gewesen, dass der Kläger sie sowieso freiwillig beseitigt habe. Die Zahnsteinbildung, die Entzündungszeichen und die zu langen Krallen seien für die Hunde nicht schmerzhaft gewesen. Dazu habe die Klägerseite auch Unterlagen vorgelegt. Entgegen der Auffassung des Verwaltungsgerichts hätte dieses der Frage weiter nachgehen müssen, ob das behördliche Vorgehen vor Erlass des Bescheides unverhältnismäßig gewesen sei. Denn es gehe nicht an, dass überfallartig eine Kontrolle durchgeführt werde, die zum einen, wie bereits ausgeführt, die Hunde mehr als verstört habe, zum anderen den Kläger derartig in seiner Gesundheit beeinträchtigt habe, dass er heute noch daran laboriere. Wenn eine Behörde einer Anzeige nachgehe, müsse sie sich daran messen lassen, inwieweit sie die Zweck-Mittel-Relation wahre. Dies sei in keiner Form der Fall gewesen. Dem Tierschutz unterliegende Beeinträchtigungen seien nicht gegeben.
Der Beklagte hat beantragt,
den Antrag auf Zulassung der Berufung abzulehnen.
Wegen der weiteren Einzelheiten wird auf die Gerichts- und Behördenakten des streitgegenständlichen Verfahrens sowie die beigezogenen Gerichts- und Behördenakten in den Berufungszulassungsverfahren 23 ZB 20.2286 und 23 ZB 20.2287 verwiesen.
II.
1. Der Antrag auf Zulassung der Berufung hat keinen Erfolg.
Der von dem Kläger geltend gemachte Zulassungsgrund der ernstlichen Zweifel an der Richtigkeit des Urteils gemäß § 124 Abs. 2 Nr. 1 VwGO liegt nicht vor beziehungsweise ist nicht in einer Weise dargelegt, die den gesetzlichen Substantiierungsanforderungen des § 124a Abs. 4 Satz 4 und Abs. 5 Satz 2 VwGO genügt.
a) Derartige Zweifel sind zu bejahen, wenn ein einzelner tragender Rechtssatz oder eine einzelne erhebliche Tatsachenfeststellung mit schlüssigen Gegenargumenten in Frage gestellt wird und die Zweifel an der Richtigkeit einzelner Begründungselemente auf das Ergebnis durchschlagen (vgl. BVerfG, B.v. 10.9.2009 – 1 BvR 814/09 – juris Rn. 11; B.v. 23.6.2000 – 1 BvR 830/00 – juris Rn. 15). Um ernstliche Zweifel entsprechend § 124a Abs. 4 Satz 4 VwGO darzulegen, muss sich die die Zulassung beantragende Partei zudem substantiiert mit dem angefochtenen Urteil auseinandersetzen (vgl. BayVGH, B.v. 4.9.2017 – 10 ZB 16.569 – juris Rn. 6).
b) Das Zulassungsvorbringen erfüllt die vorgenannten Anforderungen nicht.
Nicht durchdringen kann die Klägerseite mit dem Vorbringen, dass es an den Voraussetzungen für den Erlass von tierschutzrechtlichen Anordnungen im Sinne von § 16a Abs. 1 Satz 1 und Satz 2 Nr. 1 TierSchG fehle. Danach trifft die Behörde die zur Beseitigung festgestellter und zur Verhütung künftiger Verstöße notwendigen Anordnungen, ordnet insbesondere die zur Erfüllung des § 2 TierSchG erforderlichen Maßnahmen an. Nach § 2 TierSchG muss der Halter ein Tier unter anderem angemessen pflegen und verhaltensgerecht unterbringen und darf dessen Möglichkeit zu artgemäßer Bewegung nicht derart einschränken, dass Schmerzen oder vermeidbare Leiden oder Schäden entstehen.
Bei der Frage, ob die Anforderungen des § 2 TierSchG erfüllt sind, kommt dem beamteten Tierarzt eine vorrangige Beurteilungskompetenz zu (vgl. BayVGH, B.v. 4.7.2019 – 23 CS 19.754 – juris Rn. 7; B.v. 9.11.2018 – 9 CS 18.1002 – juris Rn. 7; Lorz/Metzger, TierSchG, 7. Aufl., 2019, § 15 Rn. 19 u. § 16a Rn. 41). Das Gutachten eines beamteten Tierarztes ist grundsätzlich ausreichend und maßgeblich dafür, einen Verstoß gegen die Grundpflichten zur artgerechten Tierhaltung nach § 2 TierSchG nachzuweisen (vgl. BVerwG, B.v. 2.4.2014 – 3 B 62.13 – juris Rn. 10). Es ist zwar möglich, die von dem beamteten Tierarzt getroffenen Feststellungen substantiiert durch fachliche Stellungnahmen von Amtstierärzten anderer Körperschaften oder dort beschäftigten Fachtierärzten in Frage zu stellen (vgl. NdsOVG, U.v. 20.4.2016 – 11 LB 29/15 – juris Rn. 39). Schlichtes Bestreiten des Halters vermag die Aussagekraft der amtstierärztlichen Beurteilung jedoch nicht zu entkräften (vgl. OVG Berlin-Bbg., B.v. 28.6.2010 – OVG 5 S 10.10 – juris Rn. 9). Anderes gilt nur, wenn das Gutachten selbst von unzutreffenden tatsächlichen Voraussetzungen ausgeht, unauflösbare Widersprüche aufweist, Zweifel an der Sachkunde und Unparteilichkeit aufwirft und im Hinblick auf die gutachterlich zu treffenden Feststellungen und deren Herleitung und Begründung unvollständig ist (vgl. Lorz/Metzger, TierSchG, 7. Aufl., 2019, § 15 Rn. 18).
Daran gemessen war es zulässig und auch geboten, dass der Beklagte und das Verwaltungsgericht die Feststellungen der beamteten Tierärzte, insbesondere die Fachliche Stellungnahme vom 27. September 2016, herangezogen haben. Diese sind die maßgeblichen Sachverständigen in dem Verfahren (s.o.). Dass die getroffenen Feststellungen im vorgenannten Sinne für sich nicht tragfähig wären, kann der Senat nicht erkennen. Das Vorbringen der Klägerseite ist auch nicht geeignet, sie in Zweifel zu ziehen. Auch wenn sich der Kläger der Sachkunde berühmt, so ist er doch kein Veterinär, noch dazu kein Veterinär, der eine der vorgenannten Institutionen repräsentiert. Auf den geltend gemachten Umstand, dass die bisherige Hundehaltung beanstandungsfrei gewesen sei, kommt es insoweit nicht an. Abgesehen davon scheint dies auch nicht der Fall gewesen zu sein (vgl. UA S. 2: „Vorgefundene Kratz- und Nagespuren wiesen auf Verhaltensstörungen hin, wie sie bereits bei Kontrollen in den Jahren 2011 und 2004 festgestellt worden seien“). Dazu ist das Vorbringen der Klägerseite selbst – angesichts der getroffenen Feststellungen, aber auch für sich genommen – pauschal, unsubstantiiert und widersprüchlich.
Die Klägerseite fasst die Urteilsgründe des Verwaltungsgerichts unzutreffend und verkürzt zusammen. Das Verwaltungsgericht hat seine Urteilsgründe nicht im Wesentlichen darauf gestützt, dass die Hunde nicht ausreichend sozialisiert gewesen seien (vgl. u.a. UA S. 2: „Der Bericht hält fest, dass der Pflege- und Gesundheitszustand der Tiere mäßig bis schlecht gewesen sei und die Hunde in reizarmer Umgebung gehalten würden“). Tatsächlich hat das Verwaltungsgericht eine Vielzahl von einen Verstoß gegen § 2 TSchG indizierenden Umständen und Mängeln aufgeführt (vgl. UA S. 2: „hätten sich ängstlich verhalten und Beschwichtigungsgesten, Angststarre und Zittern gezeigt, was auf fehlenden Kontakt zu Betreuungspersonen hindeute“, „Boxen seien zu klein gewesen und ließen keine Sicht nach außen zu“, „verletzungsträchtige Gegenstände“, „Die Ausläufe der Hundehäuser seien mit einer Ausnahme aus Beton, nicht weiter strukturiert und besäßen keine Liegeflächen“, „Nur in drei Ausläufen seien einzelne Spiel- und Beschäftigungsgegenstände vorhanden“, „witterungsgeschützte Liegeplätze gebe es dort nur zum Teil“. „Mehrere Tiere hätten an Zahnstein und zu langen Krallen gelitten sowie Entzündungssymptome gezeigt“) und bei der rechtlichen Würdigung in Bezug auf die (noch) angegriffenen Nummern des streitbefangenen Bescheides konkret berücksichtigt (vgl. UA S. 12 ff.). Dazu hat das Verwaltungsgericht seine Ausführungen zu der Sozialisierung der Hunde mit dem Wort „insbesondere“ eingeleitet hat (vgl. UA S. 12). Abgesehen davon setzt die Klägerseite den insoweit herangezogenen Umständen und der daraus gezogenen Einschätzung in Bezug auf die fehlende Sozialisierung auch nichts an Substanz entgegen. Dies ist insbesondere nicht dadurch geschehen, dass die Klägerseite behauptet, das Verhalten der Hunde beruhe „mit Sicherheit“ auf der vorgenommenen Ortskontrolle. Dies ist eine pauschale Vermutung, die angesichts des dokumentierten tierischen Verhaltens, der Erfahrung von beamteten Tierärzten im Umgang mit zu kontrollierenden Tieren sowie der übrigen Umstände im vorliegenden Fall unplausibel erscheint.
Soweit die Klägerseite rügt, das Verwaltungsgericht habe berücksichtigen müssen, ob der Kläger Haltungseinrichtungen benutzt oder nicht benutzt habe, dürfte dies auf einem Missverständnis beruhen. Das Verwaltungsgericht hat bei seiner Prüfung der Rechtmäßigkeit der Nr. 1.4 des streitbefangenen Bescheides gemessen an den Anforderungen an die Zwingerhaltung des § 6 Abs. 2 Satz 1 Nr. 1 TierSchHuV ausdrücklich allein auf die zum Zeitpunkt der Kontrolle mit Hunden belegten Boxen abgestellt (vgl. UA S. 13: „Diese Feststellung bezog sich … zweifelsfrei auf Boxen, die zum Zeitpunkt der Kontrolle … belegt waren“). Das Zulassungsvorbringen weckt an der Vorgehensweise des Verwaltungsgerichts insofern auch in der Sache keine Zweifel. Des Weiteren kann die Klägerseite nichts aus dem Zulassungsvorbringen in Bezug auf den Witterungsschutz herleiten. Sie konzediert selbst, dass dieser nicht umfänglich den Anforderungen entsprach.
Das Zulassungsvorbringen zu den Hundeausläufen und der nicht adäquaten Befriedigung des Abwechslungs-, Beschäftigungs- und Erkundungstriebs ist pauschal und unsubstantiiert. Diese von dem Beklagten und dem Verwaltungsgericht gezogene Einschätzung erschließt sich ohne Weiteres aus den getroffenen Feststellungen (s.o.). Die Klägerseite setzt sich auch nicht mit den von dem Verwaltungsgericht angeführten Fotoaufnahmen auseinander. Falls mit dem Zulassungsvorbringen gemeint sein sollte, dass ein Hund nicht stets an demselben Ort gehalten worden sei beziehungsweise seinen Auslauf gehabt habe, kann die Klägerseite damit nicht durchdringen, da die Hundezucht eine große Zahl von Hunden − bei gleichzeitig nur sehr wenigen Betreuungspersonen − einschloss, in nur drei Ausläufen überhaupt einzelne Reizgegenstände vorgehalten wurden und die übrigen Orte reizlos ausgestaltet waren (s.o.). Nähere Angaben der Klägerseite zu einem etwaigen Durchwechseln fehlen gänzlich.
Die Klägerseite erkennt zwar in der Zulassungsschrift die Verletzungsgefahr der Hunde an, redet sie dann aber letztendlich ohne Angabe von Gründen klein. Dazu ist widersprüchlich, dass der Kläger eine freiwillige Einhaltung der Vorgaben des § 2 TierSchG für sich reklamiert, sich hierzu jedoch erst unter dem Druck eines Verwaltungsaktes bereitgefunden hat. Von Freiwilligkeit kann insoweit keine Rede sein.
Auch das Zulassungsvorbringen zu dem Zahnstein, den Entzündungssymptomen und den zu langen Krallen der Hunde ist unsubstantiiert und unplausibel. Diese Zustände indizieren ohne Weiteres Verstöße gegen die Anforderungen des § 2 TierSchG. Anordnungen nach § 16a Abs. 1 Satz 1 und Satz 2 Nr. 1 TierSchG erfordern es nicht, dass Leiden eines Tieres sicher festgestellt werden. Es genügt die Möglichkeit einer Leidensverursachung (vgl. BayVGH, B.v. 9.8.2017 – 9 ZB 15.2487 − juris Rn. 10). Abgesehen davon geht das schlichte Bestreiten der Klägerseite insofern erkennbar an der Sache vorbei (vgl. Behördenakte, Bl. 149: „Zahnstein führt zu einer chronischen Entzündung des Zahnfleischs“ u. „Die entzündlichen Veränderungen führen neben einer chronischen Schmerzsymptomatik … zum Verlust der Zähne“ u. Behördenakte, Bl.149 Rückseite: „Druckverteilung bei überlangen Krallen auf die Pfote kann bei Hunden primär zu Schmerzen führen“, „Ein Krallenabriss ist mit erheblichen Schmerzen verbunden“, „Der CKC hatte einen … solchen Abriss“, „Infektionen des Ohres sind … sehr schmerzhaft. Einer der Hunde zeigte eine deutliche Schmerzsymptomatik“). Die Klägerseite erwähnt zwar entgegenstehende Unterlagen, ohne diese jedoch im Berufungszulassungsverfahren zu erläutern oder vorzulegen.
Ins Leere geht auch der Einwand, das Verwaltungsgericht habe den Wechsel hin zu einer privaten Tierhaltung nicht erkannt. Das Verwaltungsgericht hat dies im Rahmen der Verhältnismäßigkeitsprüfung durchaus berücksichtigt. Zum einen hat es auf den Zeitpunkt des Erlasses der tierschutzrechtlichen Anordnungen abgestellt, zum anderen die Hundehaltung des Klägers als Hundezucht qualifiziert (vgl. UA S. 14: „in der Hundezucht“). Dies ist in der Sache nicht zu beanstanden. Zur Beurteilung der materiellen Rechtmäßigkeit der nach § 16a Abs. 1 TierSchG getroffenen tierschutzrechtlichen Anordnungen ist auf den Zeitpunkt der letzten Behördenentscheidung abzustellen (vgl. NdsOVG, B.v. 29.11.2019 − 11 LB 642/18 – juris Rn. 28 f. m.w.N.). Nachträgliche Änderungen der Sachlage und Verbesserungen der Haltung bleiben somit unberücksichtigt.
Gewerbsmäßig züchtet, wer Tiere durch Auslese mittels Vermehrung zielbewusst formt und diese Tätigkeit selbständig, planmäßig, fortgesetzt und mit der Absicht der Gewinnerzielung vornimmt (vgl. Lorz/Metzger, TierSchG, 7. Aufl. 2019, § 11 Rn. 22). Dass und wie die Klägerseite die insoweit einschlägige Regelvermutung (vgl. BayVGH, B.v. 11.4.2013 – 9 CS 13.20 – juris Rn. 21) von Nr. 12.2.1.5.1 der Allgemeinen Verwaltungsvorschrift zur Durchführung des Tierschutzgesetzes (v. 9.2.2000, BANz. Nr. 36a v. 22.2.2000, im Folgenden: AVV) widerlegt haben will, wonach von einem gewerbsmäßigen Züchten regelmäßig dann auszugehen ist, wenn „drei oder mehr fortpflanzungsfähige Hündinnen“ gehalten werden, wo der Kläger nunmehr sechs Hündinnen und drei Rüden hält (vgl. VG Regensburg, Gerichtsakte, Bl. 72), hat sie nicht dargelegt. Dies ist auch nicht anderweitig ersichtlich.
Das Zulassungsvorbringen zu der geltend gemachten Unverhältnismäßigkeit der Durchführung der Ortskontrolle ist ebenfalls nicht substantiiert. Das Verwaltungsgericht ist davon ausgegangen, dass sich dies gemäß Art. 46 BayVwVfG nicht auf die Entscheidung ausgewirkt haben kann, da diese allein auf den festgestellten Haltungsmängeln beruht (vgl. UA S. 14). Damit setzt sich die Klägerseite nicht auseinander. Abgesehen davon bleibt im Dunkeln, was mit dem „behördlichen Vorgehen“ beziehungsweise „überfallartig“ gemeint sein soll, woraus sich gegebenenfalls eine Pflicht des Beklagten zu der Ankündigung einer Ortskontrolle und vice versa ein Anspruch des Klägers hierauf ergeben sollen und welche gesundheitlichen Beeinträchtigungen des Klägers bestehen. Sollte die Klägerseite die Ermessensfehlerhaftigkeit der getroffenen tierschutzrechtlichen Anordnungen in Form einer unzureichenden Sachverhaltsaufklärung rügen, ist das Zulassungsvorbringen ebenfalls unsubstantiiert. Die Klägerseite berücksichtigt nicht, dass § 16a Abs. 1 Satz 1 und Satz 2 Nr. 1 TierSchG bei Vorliegen der Tatbestandsvoraussetzungen auf der Rechtsfolgenseite Ermessen nicht hinsichtlich des behördlichen Einschreitens als solchen, sondern nur hinsichtlich der Auswahl und der Ausgestaltung der Mittel vorsieht. Die Klägerseite hat zu alternativen Mitteln nichts vorgetragen. Der Beklagte und auch das Verwaltungsgericht haben nicht nur einen einzelnen, sondern eine Vielzahl von Verstößen gegen § 2 TierSchG verwertet und zur Grundlage der Entscheidung gemacht (s.o.). Im Übrigen gelten die vorstehenden Erwägungen entsprechend (s.o.).
2. Aus den genannten Gründen ist der Antrag auf Zulassung der Berufung daher mit der Kostenfolge des § 154 Abs. 2 VwGO abzulehnen.
3. Die Streitwertfestsetzung beruht auf § 47 Abs. 1 und 3 GKG in Verbindung mit § 52 Abs. 2 GKG (vgl. BayVGH, B.v. 18.12.2015 – 9 C 15.2235 – juris Rn. 3 m.w.N.).
4. Mit der Ablehnung des Antrags auf Zulassung der Berufung wird die Entscheidung des Verwaltungsgerichts nach § 124a Abs. 5 Satz 4 VwGO rechtskräftig.


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