Verwaltungsrecht

Umsetzung, Sachlicher Grund, Zahlreiche krankheitsbedingte Fehltage, Geschäftsleiter einer Gemeinde (BesGr A 13)

Aktenzeichen  3 CE 22.44

Datum:
21.2.2022
Rechtsgebiet:
Fundstelle:
BeckRS – 2022, 3148
Gerichtsart:
VGH
Gerichtsort:
München
Rechtsweg:
Verwaltungsgerichtsbarkeit
Normen:
VwGO § 123
VwGO § 146

 

Leitsatz

Verfahrensgang

RO 1 E 21.1860 2021-12-10 Bes VGREGENSBURG VG Regensburg

Tenor

I. Die Beschwerde wird zurückgewiesen.
II. Der Antragsteller trägt die Kosten des Beschwerdeverfahrens.
III. Unter Abänderung von Ziff. III des Beschlusses des Verwaltungsgerichts Regensburg vom 10. Dezember 2021 wird der Streitwert für beide Rechtszüge auf jeweils 5.000 € festgesetzt.

Gründe

Die zulässige Beschwerde des Antragstellers bleibt in der Sache ohne Erfolg. Das Verwaltungsgericht hat den Antrag zu Recht abgelehnt und einen Anordnungsanspruch verneint. Die von dem Antragsteller hiergegen fristgerecht vorgetragenen Beschwerdegründe, auf deren Prüfung der Senat nach § 146 Abs. 4 Satz 6 VwGO beschränkt ist, führen zu keiner anderen Beurteilung.
Das Verwaltungsgericht ist davon ausgegangen, dass die Umsetzung des mit A 13 besoldeten Antragstellers weder formellen noch materiellen Bedenken begegnet. Der erste Bürgermeister habe im Rahmen seiner sachlichen Zuständigkeit über die Umsetzung des Antragstellers entschieden. Die Umsetzungsverfügung vom 29. Juli 2021 sei auch materiell-rechtlich nicht zu beanstanden. Es liege der für die Umsetzung erforderliche sachliche Grund vor. Darüber hinaus sei der nunmehrige Aufgabenbereich des Antragstellers seinem Statusamt Besoldungsgruppe A 13 auch (amts-)angemessen. Ferner weise die Ermessensentscheidung der Antragsgegner nach summarischer Prüfung weder Ermessensfehler auf noch lägen Anhaltspunkte für eine willkürliche Umsetzung des Antragstellers vor. Die Krankheitstage des Antragstellers in den Jahren 2018, 2019, 2020 und 2021 seien bei einer Kernstelle der Verwaltung wie der Geschäftsleitung ein Aspekt, der einen sachlichen Grund für eine Umsetzung begründe. Der Antragsteller habe als geschäftsleitender Beamter, der zugleich mit den Aufgaben des Bauamts betraut gewesen sei, eine zentrale Position in der Verwaltung der Antragsgegnerin innegehabt. Diese Aufgaben seien im Krankheitsfall von dem damaligen Kämmerer R. übernommen worden, was wiederum zu einer erheblichen Arbeitsüberlastung des Kämmerers geführt habe. Dass die Antragsgegnerin die Ausfallzeiten des Antragstellers als Anlass gesehen habe, diesem Zustand durch eine entsprechende Umorganisation der Aufgaben und Zuständigkeiten entgegen zu treten, sei nicht zu beanstanden.
Die hiergegen in der Beschwerdebegründung vorgetragenen Argumente überzeugen sämtlich nicht:
1. Der Antragsteller meint, es verbiete sich, aus der Anzahl der krankheitsbedingten Fehltage in der Vergangenheit auf zukünftige Fehlzeiten zu schließen, sofern keine Informationen vorlägen, die eine diesbezügliche Prognose ermöglichten.
Für eine Umsetzung ist ein dienstliches Bedürfnis erforderlich. Hierbei sind dem Dienstherrn grundsätzlich sehr weite Grenzen gesetzt. Daher kann der Dienstherr aus jedem sachlichen Grund den Aufgabenbereich eines Beamten verändern. Die Ermessensentscheidung des Dienstherrn kann bei einer Umsetzung im Allgemeinen nur darauf überprüft werden, ob sie maßgeblich durch einen Ermessensmissbrauch geprägt ist. Demnach beschränkt sich die gerichtliche Überprüfung darauf, ob ein sachlicher Grund für die Umsetzung vorlag oder ob sie aus anderen Gründen willkürlich ist (BVerwG, B.v. 8.2.2007 – 2 VR 1.07 – juris Rn. 4; BayVGH, B.v. 18.12.2019 – 3 CE 19.1884 – juris Rn. 15).
Zum Zeitpunkt der Umsetzungsverfügung (29.7.2021) war der Antragsteller einen Monat durchgehend erkrankt. Bereits ab Februar 2018 war der Antragsteller immer wieder krankheitsbedingt abwesend und musste vertreten werden. Fällt ein Mitarbeiter in einer für das Funktionieren der Verwaltung zentralen Position, wie hier der Antragsteller als geschäftsleitender Beamter, wiederholt und länger aus, ist für die Umsetzung ein sachlicher Grund gegeben. Denn durch die organisatorische Änderung wird ein reibungsloser Geschäftsablauf sichergestellt. Der Dienstherr kann aufgrund der in der Vergangenheit festgestellten Krankheitstage reagieren, ohne eine Zukunftsprognose anzustellen zu müssen.
Unerheblich ist in diesem Zusammenhang, dass der Antragsteller bis zur verfahrensgegenständlichen Umsetzung seine Aufgaben stets beanstandungsfrei erfüllt hatte. Denn die Antragsgegnerin hat dem Antragsteller keine fachlichen Mängel vorgehalten, sondern wollte mit seiner Umsetzung lediglich sicherstellen, dass die Verwaltungsabläufe aufgrund notwendiger Vertretung des Antragstellers und damit einer Doppelbelastung des Vertreters nicht weiter beeinträchtigt werden. Entgegen der Auffassung des Antragstellers war die Antragsgegnerin nicht gehalten, den Umfang der tatsächlichen Mehrbelastung des Vertreters darzulegen oder zu beweisen.
2. Unerheblich ist, dass der bisherige Kämmerer, der nunmehr die Aufgabe der Geschäftsleitung übernehmen soll, nicht offiziell zum Vertreter des Antragstellers bestimmt war. Fakt ist, dass er vertreten hat. Entgegen der Meinung des Antragstellers bedarf es auch keiner Empfehlung eines mit Organisationsuntersuchung beauftragten Büros für die hier verfahrensgegenständliche Umsetzung. Die Entscheidung über die Umsetzung unterfällt allein der Organisationshoheit des Dienstherrn.
3. Soweit in der verwaltungsgerichtlichen Entscheidung anklingt (BA S. 31), der Amtsangemessenheit stehe nicht entgegen, dass der Stellenplan der Gemeinde für den mit A 13 besoldeten Antragsteller nur eine Stelle des gehobenen Dienstes vorsieht, ist das für sich genommen unzutreffend. Ob der dem Beamten zugewiesene Aufgabenbereich in seiner Wertigkeit den abstrakten Merkmalen seines Statusamts entspricht, also nicht unterwertig ist, entscheidet sich danach, ob für die neue Tätigkeit im Haushalts- und Stellenplan eine dem statusrechtlichen Amt entsprechende Planstelle ausgewiesen ist oder nicht. Der Haushaltsgesetzgeber – hier der Gemeinderat – konkretisiert durch die Einrichtung von Planstellen den Amtsinhalt des jeweiligen statusrechtlichen Amtes und nicht die Verwaltung durch die Bewertung der Dienstposten (vgl. BVerwG, Urteil vom 2. April 1981 – 2 C 13.80 – BeckRS 1981, 31247486).
Darauf kommt es hier aber nicht streitentscheidend an, da mit der Beschwerdeerwiderung vom 8. Februar 2022 (S. 4) dezidiert vorgetragen wurde, dass die aktuelle Stelle des Antragstellers im Stellenplan mit der Besoldungsgruppe A 13 ausgewiesen ist. Dem ist der Antragsteller nicht entgegengetreten.
4. Der Antragsteller rügt, die Umsetzungsverfügung gebe keinerlei Aufschluss über die Ermessenserwägungen. Das ist nicht richtig. Aus der Umsetzungsverfügung ergibt sich, worauf auch das Verwaltungsgericht hingewiesen hatte (UA S. 35), dass die Verdienste und Leistungen des Antragstellers sowie sein dienstliches Verhalten und seine Leistungsfähigkeit in die Abwägung zur internen Stellenorganisation und -besetzung eingestellt worden sind. Auch die tatsächlichen Auswirkungen der Umsetzung auf seinen beruflichen Werdegang und sein Herkommen oder seine private Lebensführung sind bei den Ermessenserwägungen eingestellt und berücksichtigt worden. Die Antragsgegnerin hat sowohl das dienstliche Interesse an der Umsetzung als auch die entgegenstehenden Belange des Antragstellers in die Abwägung eingestellt und gewichtet.
5. Mit Art. 42 Abs. 2 GO wird die Verpflichtung der Gemeinden, ausreichend fachlich geeignetes Personal einzustellen, näher konkretisiert und gleichzeitig die Personalhoheit der Gemeinden beschränkt, indem die Vorschrift Gemeinden verpflichtet, Beamte mit einer bestimmten Qualifikation einzustellen. Einen Vertrauensschutz gewährleistet diese Bestimmung nicht. Entgegen der Auffassung des Antragstellers ist schließlich ein besonderer Vertrauensschutz auch nicht dadurch entstanden, dass er als geschäftsleitender Beamte eingestellt worden ist und davon ausging, diese Stelle bis zu seiner Pensionierung besetzen zu können. Ein Beamter kann, ungeachtet seiner persönlichen Erwartungen, bei Vorliegen eines sachlichen Grundes stets umgesetzt werden.
6. Die Kostenentscheidung beruht auf § 154 Abs. 2 VwGO.
Die Streitwertfestsetzung folgt dem Beschluss des Verwaltungsgerichts und beruht auf § 47, § 53 Abs. 2 Nr. 1, § 52 Abs. 2, § 63 Abs. 3 GKG. Eine Halbierung, wie vom Verwaltungsgericht vorgenommen, kommt nicht in Betracht, weil der Antragsteller in der Sache eine Vorwegnahme der Hauptsacheentscheidung begehrt (NdsOVG, B.v. 3.12.2021 – 5 ME 92/21 – juris Rn. 15; BayVGH, B.v. 29.6.2021 – 6 CE 21.896 – juris Rn. 16).
Dieser Beschluss ist unanfechtbar (§§ 152 Abs. 1 VwGO, 68 Abs. 1 Satz 5, 66 Abs. 3 Satz 3 GKG).


Ähnliche Artikel

Bankrecht

Schadensersatz, Schadensersatzanspruch, Sittenwidrigkeit, KapMuG, Anlageentscheidung, Aktien, Versicherung, Kenntnis, Schadensberechnung, Feststellungsziele, Verfahren, Aussetzung, Schutzgesetz, Berufungsverfahren, von Amts wegen
Mehr lesen

IT- und Medienrecht

Abtretung, Mietobjekt, Vertragsschluss, Kaufpreis, Beendigung, Vermieter, Zeitpunkt, Frist, Glaubhaftmachung, betrug, Auskunftsanspruch, Vertragsurkunde, Auskunft, Anlage, Sinn und Zweck, Vorwegnahme der Hauptsache, kein Anspruch
Mehr lesen


Nach oben