Verwaltungsrecht

Unbegründete Beschwerde gegen die Ablehnung des PKH-Antrags mangels Erfolgsaussicht wegen Ablehnung einer Aufenthaltserlaubnis nach § 25a AufenthG

Aktenzeichen  10 C 17.1628

Datum:
11.12.2017
Rechtsgebiet:
Gerichtsart:
VGH
Gerichtsort:
München
Rechtsweg:
Verwaltungsgerichtsbarkeit
Normen:
VwGO VwGO § 166 Abs. 1
AufenthG AufenthG § 5 Abs. 1 Nr. 1 u. Nr. 4, § 25a Abs. 1 S. 1 Nr. 4

 

Leitsatz

1. Die Voraussetzungen für eine Aufenthaltserlaubnis nach § 25a AufenthG liegen unabhängig von einer fehlenden positiven Integrationsprognose bereits deshalb nicht vor, weil die Regelerteilungsvoraussetzungen des § 5 Abs. 1 Nr. 1 und 4 AufenthG, insbesondere aufgrund einer negativen Prognose der Lebensnunterhaltssicherung, nicht erfüllt sind. (Rn. 13 – 15) (redaktioneller Leitsatz)

Verfahrensgang

Au 6 S 17.940 2017-07-24 Bes VGAUGSBURG VG Augsburg

Tenor

I. Die Beschwerde wird zurückgewiesen.
II. Der Kläger trägt die Kosten des Beschwerdeverfahrens.

Gründe

I.
Mit seiner Beschwerde verfolgt der Antragsteller seinen in erster Instanz erfolglosen Antrag weiter, ihm für seinen Antrag auf Anordnung der aufschiebenden Wirkung (Au 6 S 17.940) seiner Klage gegen den Bescheid des Antragsgegners von 13. Januar 2017 (6 K 17.235) Prozesskostenhilfe zu bewilligen.
Mit Bescheid vom 13. Januar 2017 lehnte der Antragsgegner den Antrag des Antragstellers, seine Aufenthaltserlaubnis zu verlängern, ab. Er wurde verpflichtet, die Bundesrepublik Deutschland bis zum 28. Februar 2017 zu verlassen. Für den Fall der nicht fristgerechten Ausreise wurde seine Abschiebung in die islamische Republik Afghanistan angedroht.
Gegen diesen Bescheid erhob der Antragsteller Klage (6 K 17.235) zum Bayerischen Verwaltungsgericht Augsburg mit dem Antrag, den streitgegenständlichen Bescheid aufzuheben und den Antragsgegner zu verpflichten, die Aufenthaltserlaubnis zu verlängern. Zugleich beantragte er, die aufschiebende Wirkung der Klage gegen den Bescheid vom 13. Januar 2017 anzuordnen, ihm Prozesskostenhilfe zu bewilligen und einen Prozessbevollmächtigten beizuordnen.
Mit Beschluss vom 24. Juli 2017 (Au 6 S 17.940) lehnte das Verwaltungsgericht Augsburg den Antrag auf Anordnung der aufschiebenden Wirkung der Klage und auf Bewilligung von Prozesskostenhilfe für das Antragsverfahren ab. Die Bewilligung von Prozesskostenhilfe für das Antragsverfahren wurde abgelehnt, weil die Erfolgsaussichten derzeit nicht mehr offen seien. Die Klage werde aller Voraussicht nach keinen Erfolg haben. Der Antragsteller habe weder einen Anspruch auf Verlängerung seiner Aufenthaltserlaubnis noch auf erneute Verbescheidung seines Antrags. Es sei nicht gewährleistet, dass er sich in die Lebensverhältnisse der Bundesrepublik einfügen könne (§ 25a Abs. 1 Satz 1 Nr. 4 AufenthG). Die Integrationsprognose falle negativ aus. Ein Anspruch auf Verlängerung der Aufenthaltserlaubnis bzw. Neuverbescheidung bestehe auch deshalb nicht, weil der Antragsgegner die Regelerteilungsvoraussetzungen zutreffend verneint habe und ermessensfehlerfrei von ihrer Anwendung nicht nach § 5 Abs. 3 Satz 2 AufenthG abgesehen habe. Der Beschluss wurde dem Antragsteller am 31. Juli 2017 zugestellt.
Mit weiterem Beschluss vom 28. Juli 2017 (Au 6 K 17.235) lehnte das Bayerische Verwaltungsgericht Augsburg auch den Antrag auf Bewilligung von Prozesskostenhilfe für das Klageverfahren ab. Dieser Beschluss ist nicht Gegenstand des Beschwerdeverfahrens.
Mit Schriftsatz vom 14. August 2017, eingegangen beim Bayerischen Verwaltungsgericht Augsburg am 14. August 2017, erhob der Antragsteller gegen den Beschluss vom 24. Juli 2017 bzw. vom 31. Juli 2017 Beschwerde.
Zur Begründung bringt er vor, dass die Voraussetzungen für die Erteilung einer Aufenthaltserlaubnis nach § 25a AufenthG vorlägen, weil er sich in die Lebensverhältnisse der Bundesrepublik Deutschland einfügen könne. Das Gericht stütze sich bei seiner negativen Prognose nur auf den Zeitraum im Jahr 2015/2016, nicht berücksichtigt würden die erheblichen positiven Integrationsleistungen, die der Antragsteller bis dahin und danach erbracht habe. Es sei zwar richtig, dass er den Integrationskurs, den er im November 2016 begonnen habe, im Februar 2017 abgebrochen habe. Seit Mai besuche er aber wieder einen Integrationskurs und mache erhebliche Fortschritte. Auch habe er eine Pflegefamilie gefunden, die sich intensiv um ihn kümmere. Die Erteilungsvoraussetzungen des § 5 AufenthG lägen vor. Der Antragsteller habe sich um die Ausstellung eines Reisepasses bemüht. Er habe beim Generalkonsulat vorgesprochen. Welche konkreten Schritte er noch hätte ausführen sollen, um einen Reisepass zu erhalten, sei unklar gewesen und ihm von der Ausländerbehörde auch nicht mitgeteilt worden.
Der Beklagte beantragt die Zurückweisung der Beschwerde.
Das Erstgericht habe richtig entschieden.
Ergänzend wird auf die vorgelegten Behördenakten und die Gerichtsakten verwiesen.
II.
Die Beschwerde hat keinen Erfolg. Das Verwaltungsgericht ist zu Recht davon ausgegangen, dass die Voraussetzungen für die Bewilligung von Prozesskostenhilfe nach § 166 Abs. 1 Satz 1 VwGO i.V.m. § 114 Abs. 1 Satz 1 ZPO nicht vorliegen, weil der Antrag nach § 80 Abs. 5 VwGO auf Anordnung der aufschiebenden Wirkung der Klage im maßgeblichen Zeitpunkt der Bewilligungsreife des Prozesskostenhilfeantrags keine hinreichende Aussicht auf Erfolg hatte.
Maßgeblich für die Beurteilung der Erfolgsaussichten ist der Zeitpunkt der Bewilligungs- und Entscheidungsreife des Prozesskostenhilfeantrags (stRspr; vgl. z.B. BayVGH, B.v. 20.12.2016 – 10 C 16.312 – juris Rn. 14 m.w.N.). Die Entscheidungsreife tritt regelmäßig nach Vorlage der vollständigen Prozesskostenhilfeunterlagen sowie Anhörung der Gegenseite mit angemessener Frist zur Stellungnahme oder Abgabe einer Stellungnahme (§ 166 Abs. 1 Satz 1 VwGO i.V.m. § 118 Abs. 1 Satz 1 ZPO; vgl. BVerwG, B.v. 12.9.2007 – 10 C 39.07 u.a. – juris Rn. 1; BayVGH, B.v. 10.1.2016 – 10 C 15.724 – juris Rn. 14). Danach ist die Entscheidungsreife am 18. Juli 2017 mit Vorlage der Erklärung über die wirtschaftlichen und persönlichen Verhältnisse eingetreten. Der Antragsgegner hatte sich schon vorher zu den Erfolgsaussichten des Antrags nach § 80 Abs. 5 VwGO geäußert.
Das Verwaltungsgericht ist zu Recht davon ausgegangen, dass der Antrag auf Anordnung der aufschiebenden Wirkung voraussichtlich keinen Erfolg haben wird, weil jedenfalls die für die Erteilung einer Aufenthaltserlaubnis nach § 25a Abs. 1 AufenthG erforderlichen Regelerteilungsvoraussetzungen des § 5 Abs. 1 Nr. 1 und Nr. 4 AufenthG nicht vorliegen und die Ermessenserwägungen des Antragsgegners zum Absehen von den Regelerteilungsvoraussetzungen nicht zu beanstanden sind.
Ob die vom Antragsteller bis zum Eintritt der Bewilligungsreife des Prozesskostenhilfeantrags gezeigten Integrationsleistungen die Annahme einer positiven Integrationsprognose rechtfertigen, kann offen bleiben. Zu seinen Lasten fällt insbesondere ins Gewicht, dass es ihm trotz des fast sechsjährigen Aufenthalts im Bundesgebiet nicht gelungen ist, Sprachkenntnisse zu erwerben, die ihm die Aufnahme einer Berufsausbildung ermöglichen würden und er sich nicht um eine Erwerbstätigkeit bemüht hat. Auch wenn sich der Antragsteller nach Ergehen des streitgegenständlichen Bescheides im Rahmen eines Integrationskurses erneut bemüht, seine Sprachkenntnisse zu verbessern, bedeutet dies noch nicht, dass ihm in absehbarer Zeit eine Integration in den Arbeitsmarkt tatsächlich gelingen wird.
Jedenfalls liegen die Regelerteilungsvoraussetzungen des § 5 Abs. 1 Nr. 1 und Nr. 4 AufenthG unstreitig nicht vor. Die Entscheidung des Antragsgegners, vom Vorliegen der Erteilungsvoraussetzungen des § 5 Abs. 1 Nr. 1 und 4 AufenthG nicht abzusehen, weil der Antragsteller seinen Mitwirkungs- und Initiativpflichten zur Klärung seiner Identität bzw. zur Erfüllung der Passpflicht nicht nachgekommen ist und nicht zu erwarten ist, dass er in absehbarer Zeit von Sozialleistungen unabhängig sein wird, erweist sich nicht als ermessensfehlerhaft. Der Antragsgegner hat zu Recht darauf verwiesen, dass er den Antragsteller auf die Wichtigkeit der Klärung der Identität sowie der Passpflicht und auf seine diesbezüglichen Mitwirkungspflicht hingewiesen hat (vgl. Schreiben vom 4.8.2014, 374 ff. der Behördenakten). Dieser Mitwirkungspflicht ist er nicht nachgekommen, weil er sich, obwohl er Kontakt zu seinen Verwandten hat, nicht um eine Beschaffung der für die Beantragung eines Passes erforderlichen Unterlagen (Tazkira im Original) bemüht hat. Er hat lediglich einmal, am 25. September 2014, nach dem Vergleich vor dem Verwaltungsgericht beim Generalkonsulat vorgesprochen und sich danach nicht weiter um die Ausstellung eines Passes bemüht. Auch die Erwägungen des Antragsgegners zur negativen Prognose bezüglich der Sicherung des Lebensunterhalts sind nicht zu beanstanden. Nach dem Abschluss der Berufsschule im Juli 2015 hat sich der Antragsteller nicht um eine Erwerbstätigkeit bemüht und auch keine Anstrengungen unternommen, seine Deutschkenntnisse zu verbessern, um seine Chancen auf einen Ausbildungsplatz zu verbessern. Auch neben dem Integrationskurs wäre es ihm möglich, zumindest eine Teilzeitbeschäftigung auszuüben, um auf diese Weise den Sozialleistungsbezug einzuschränken.
Die Kostenentscheidung beruht auf § 154 Abs. 2 VwGO.
Einer Streitwertfestsetzung bedarf es nicht, weil nach Nr. 5502 des Kostenverzeichnisses (Anlage 1 zu § 2 Abs. 2 GKG) eine streitwertunabhängige Gebühr anfällt.
Dieser Beschluss ist unanfechtbar (§ 152 Abs. 1 VwGO).


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