Verwaltungsrecht

Untergeordnete Betätigung für eine äthiopische Exilorganisation

Aktenzeichen  B 7 K 17.30943

Datum:
30.5.2018
Rechtsgebiet:
Fundstelle:
BeckRS – 2018, 20064
Gerichtsart:
VG
Gerichtsort:
Bayreuth
Rechtsweg:
Verwaltungsgerichtsbarkeit
Normen:
RL 2011/95/EG Art. 4 Abs. 4
AsylG § 3 Abs. 1, § 4, § 4 Abs. 1 Nr. 3, § 28 Abs. 1a
AufenthG § 60 Abs. 5, Abs. 7

 

Leitsatz

Aufgrund der aktuellen Auskunftslage ist weiterhin nicht davon auszugehen, dass jede wie auch immer geartete Form der Betätigung für eine der zahlreichen exilpolitischen Gruppen in der äthiopischen exilpolitischen Szene im Ausland bei einer Rückkehr nach Äthiopien zu einer beachtlichen Verfolgungsgefahr führt. Für die Feststellung des relevanten Gefährdungsgrades kommt es grundsätzlich darauf an, ob eine Organisation von den äthiopischen Stellen etwa als terroristisch eingestuft wird und in welcher Art und in welchem Umfang der oder die Betreffende sich im Einzelfall exilpolitisch tatsächlich und wahrnehmbar betätigt hat. (Rn. 41 – 48) (redaktioneller Leitsatz)

Tenor

1. Die Klage wird abgewiesen.
2. Der Kläger trägt die Kosten des gerichtskostenfreien Verfahrens.
3. Die Kostenentscheidung ist vorläufig vollstreckbar.

Gründe

I.
Das Gericht konnte über die Klage verhandeln und entscheiden, ohne dass die Beklagte an der mündlichen Verhandlung am 30.05.2018 teilgenommen hat. Auf den Umstand, dass beim Ausbleiben eines Beteiligten auch ohne ihn verhandelt und entschieden werden kann, wurden die Beteiligten bei der Ladung ausdrücklich hingewiesen (§ 102 Abs. 2 VwGO).
II.
Die zulässige Klage bleibt ohne Erfolg. Der Kläger hat im maßgeblichen Zeitpunkt der gerichtlichen Entscheidung (§ 77 Abs. 1 AsylG) weder einen Anspruch auf Zuerkennung der Flüchtlingseigenschaft im Sinne des § 3 Abs. 1 AsylG noch einen Anspruch auf Anerkennung als Asylberechtigter nach Art. 16 a GG. Subsidiärer Schutzes nach § 4 Abs. 1 AsylG ist ebenfalls nicht zu gewähren. Es liegen auch keine Abschiebungsverbote nach § 60 Abs. 5 oder Abs. 7 Satz 1 AufenthG vor. Die Abschiebungsandrohung sowie die Befristung des Einreise- und Aufenthaltsverbotes sind nicht zu beanstanden. Der angefochtene Bescheid ist somit rechtmäßig und verletzt den Kläger nicht in seinen Rechten (§ 113 Abs. 1 Satz 1, Abs. 5 Satz 1 VwGO).
1. Die Voraussetzungen für die Zuerkennung der Flüchtlingseigenschaft nach § 3 Abs. 1 AsylG liegen nicht vor.
Nach § 3 Abs. 4 i.V.m. Abs. 1 AsylG besteht ein Anspruch auf Zuerkennung der Flüchtlingseigenschaft dann, wenn sich der Ausländer aus begründeter Furcht vor Verfolgung wegen seiner Rasse, Religion, Nationalität, politischen Überzeugung oder Zugehörigkeit zu einer bestimmten sozialen Gruppe außerhalb des Landes (Herkunftsland) befindet, dessen Staatsangehörigkeit er besitzt oder dessen Schutz er nicht in Anspruch nehmen kann oder wegen dieser Furcht nicht in Anspruch nehmen will und er keine Ausschlusstatbestände erfüllt. Eine solche Verfolgung kann nicht nur vom Staat ausgehen (§ 3c Nr. 1 AsylG), sondern auch von Parteien oder Organisationen, die den Staat oder einen wesentlichen Teil des Staatsgebiets beherrschen (§ 3c Nr. 2 AsylG) oder nicht staatlichen Akteuren, sofern die in Nrn. 1 und 2 genannten Akteure einschl. internationaler Organisationen erwiesenermaßen nicht in der Lage sind oder nicht willens sind, im Sinne des § 3d AsylG Schutz vor Verfolgung zu bieten, und dies unabhängig davon, ob in dem Land eine staatliche Herrschaftsmacht vorhanden ist oder nicht (§ 3c Nr. 3 AsylG). Allerdings wird dem Ausländer die Flüchtlingseigenschaft nicht zuerkannt, wenn er in einem Teil seines Herkunftslandes keine begründete Furcht vor Verfolgung oder Zugang zu Schutz vor Verfolgung nach § 3d AsylG hat und sicher und legal in diesen Landesteil reisen kann, dort aufgenommen wird und vernünftigerweise erwartet werden kann, dass er sich dort niederlässt (§ 3e Abs. 1 AsylG).
Für die richterliche Überzeugungsbildung im Sinne von § 108 Abs. 1 VwGO gilt folgendes:
Das Gericht muss sich die volle Überzeugung von der Wahrheit des behaupteten Verfolgungsschicksals und der Wahrscheinlichkeit der Verfolgungsgefahr bilden. Eine bloße Glaubhaftmachung in der Gestalt, dass der Vortrag lediglich wahrscheinlich sein muss ist nicht ausreichend (vgl. grundlegend BVerwG, U.v. 16.4.1985 – 9 C 109.84 – juris). Es ist vielmehr der asylrechtliche Prognosemaßstab der beachtlichen Wahrscheinlichkeit zu Grunde zu legen. Der Wahrscheinlichkeitsmaßstab setzt voraus, dass bei einer zusammenfassenden Würdigung des zur Prüfung gestellten Lebenssachverhaltes die für eine Verfolgung sprechenden Umstände ein größeres Gewicht besitzen und deshalb gegenüber den dagegen sprechenden Tatsachen überwiegen. Dabei ist eine „qualifizierende“ Betrachtungsweise im Sinne einer Gewichtung und Abwägung aller festgestellten Umstände und ihrer Bedeutung anzulegen. Hierbei darf das Gericht jedoch hinsichtlich der Vorgänge im Verfolgerland, die zur Zuerkennung der Flüchtlingseigenschaft oder der Feststellung eines Abschiebungsverbotes führen sollen, keine unerfüllbaren Beweisanforderungen stellen, sondern muss sich in tatsächlich zweifelhaften Fragen mit einem für das praktische Leben brauchbaren Grad von Gewissheit begnügen, auch wenn Zweifel nicht völlig auszuschließen sind (BVerwG, U.v. 16.4.1985 a.a.O.). Es kommt darauf an, ob in Anbetracht dieser Umstände bei einem vernünftig denkenden, besonnenen Menschen in der Lage des Betroffenen Furcht vor Verfolgung hervorgerufen werden kann (vgl. BVerwG, U.v. 20.2.2013 – 10 C 23/12 – juris; VG Augsburg, U.v. 11.7.2016 – Au 5 K 16.30604 – juris).
Nach Art. 4 Abs. 4 der Richtlinie 2011/95/EG des Europäischen Parlaments und des Rates vom 13. Dezember 2011 ist hierbei die Tatsache, dass ein Kläger bereits verfolgt wurde oder einen sonstigen ernsthaften Schaden erlitten hat bzw. von solcher Verfolgung oder einem solchen Schaden unmittelbar bedroht war, ein ernsthafter Hinweise darauf, dass die Furcht des Klägers vor Verfolgung begründet ist bzw. dass er tatsächlich Gefahr läuft, ernsthaften Schaden zu erleiden, es sei denn, stichhaltige Gründe sprechen dagegen, dass der Kläger erneut von solcher Verfolgung und einem solchen Schaden bedroht wird. Diese Regelung privilegiert den von ihr erfassten Personenkreis bei einer Vorverfolgung durch eine Beweiserleichterung, nicht aber durch einen herabgestuften Wahrscheinlichkeitsmaßstab. Die Vorschrift begründet für die von ihr begünstigten Kläger eine widerlegbare Vermutung dafür, dass sie erneut von einem ernsthaften Schaden bei einer Rückkehr in ihr Heimatland bedroht werden. Dadurch wird der Kläger, der bereits einen ernsthaften Schaden erlitten hat oder von einem solchen Schaden unmittelbar bedroht war, von der Notwendigkeit entlastet, stichhaltige Gründe dafür darzulegen, dass sich die einen solchen Schaden begründenden Umstände bei Rückkehr in sein Herkunftsland erneut realisieren werden.
Als vorverfolgt gilt ein Schutzsuchender dann, wenn er aus einer durch eine eingetretene oder unmittelbar bevorstehende politische Verfolgung hervorgerufenen ausweglosen Lage geflohen ist. Die Ausreise muss das objektive äußere Erscheinungsbild einer unter dem Druck dieser Verfolgung stattfindenden Flucht aufweisen. Das auf dem Zufluchtsgedanken beruhende Asyl- und Flüchtlingsrecht setzt daher grundsätzlich einen nahen zeitlichen (Kausal-) Zusammenhang zwischen der Verfolgung und der Ausreise voraus. Es obliegt aber dem Schutzsuchenden, sein Verfolgungsschicksal glaubhaft zur Überzeugung des Gerichts darzulegen. Er muss daher die in seine Sphäre fallenden Ereignisse, insbesondere seine persönlichen Erlebnisse, in einer Art und Weise schildern, die geeignet ist, seinen geltend gemachten Anspruch lückenlos zu tragen. Dazu bedarf es – unter Angabe genauer Einzelheiten – einer stimmigen Schilderung des Sachverhalts. Daran fehlt es in der Regel, wenn der Schutzsuchende im Lauf des Verfahrens unterschiedliche Angaben macht und sein Vorbringen nicht auflösbare Widersprüche enthält, wenn seine Darstellungen nach der Lebenserfahrung oder auf Grund der Kenntnis entsprechender vergleichbarer Geschehensabläufe nicht nachvollziehbar erscheinen, und auch dann, wenn er sein Vorbringen im Laufe des Verfahrens steigert, insbesondere wenn er Tatsachen, die er für sein Begehren als maßgeblich bezeichnet, ohne vernünftige Erklärung erst sehr spät in das Verfahren einführt (VGH BW, U.v. 27.8.2013 – A 12 S 2023/11 – juris; HessVGH, U.v. 4.9.2014 – 8 A 2434/11.A – juris).
Gemessen an diesen Maßstäben hat der Kläger eine an den Merkmalen des § 3 Abs. 1 AsylG ausgerichtete Verfolgung nicht glaubhaft gemacht. Das Gericht folgt diesbezüglich zunächst vollumfänglich den Ausführungen im angefochtenen Bescheid (§ 77 Abs. 2 AsylG). Ergänzend ist Folgendes auszuführen:
Selbst unter Berücksichtigung der Schilderungen des Klägers im Klageverfahren besteht kein Anspruch auf Zuerkennung der Flüchtlingseigenschaft.
a) Der Kläger hat sein Herkunftsland nicht vorverfolgt verlassen.
aa) Die Ausführungen des Klägers sind in den entscheidenden Punkten vage, detailarm und widersprüchlich. Das Gericht schenkt der Fluchtgeschichte des Klägers daher keinen Glauben.
Nicht plausibel und zudem widersprüchlich sind die klägerischen Ausführungen zu den geschilderten behördlichen Kontrollen nach seiner Haftentlassung am 03.07.2011. Für das Gericht ist nicht nachvollziehbar dargelegt, warum er einerseits – aufgrund einer Bürgschaft seiner Mutter hin – aus dem Gefängnis freigelassen worden sein sollte, andererseits die Sicherheitsbehörden ihn regelmäßig beobachten sollten bzw. ihn intensiven Kontrollen unterziehen sollten. Hätte das äthiopische Regime ein ernsthaftes Verfolgungsinteresse, hätte es den Kläger nicht aus dem Gefängnis freigelassen. Selbst Krankheit ist grds. kein Grund für eine Entlassung. In diesen Fällen werden Gefangene aus dem Gefängnis in ein Krankenhaus gebracht und nach anschließender Genesung ins Gefängnis zurückverlegt.
Weiterhin sind die klägerischen Angaben zu den behördlichen Kontrollen nach seiner Haftentlassung höchst widersprüchlich. Bei der Anhörung beim Bundesamt am 22.02.2017 hat der Kläger noch angegeben, in zweieinhalb Jahren neun- bis zehnmal von der Polizei, insbesondere auf dem Arbeitsweg, befragt und kontrolliert worden zu sein. In der mündlichen Verhandlung äußerte sich der Kläger insoweit zunächst gegenüber dem Einzelrichter vage und detailarm. Aufgrund der gerichtlichen Nachfragen erklärte der Kläger letztlich, er sei in zweieinhalb Jahren ca. einmal monatlich kontrolliert worden, wobei die Kontrollen jeweils 30 bis 40 Minuten gedauert hätten. Bei den Kontrollen sei er durchsucht und gefragt worden, woher er komme bzw. wo er hingehe. Befragt zu den massiven Widersprüchen hinsichtlich der Kontrollintensität vermochte der Kläger dem Gericht keine plausible Erklärung liefern. Er berief sich vielmehr auf gerichtsbekannte Ausflüchte, nämlich insbesondere auf die Fehlerhaftigkeit des Anhörungsprotokolls und auf Probleme mit dem Sprachmittler bei der Anhörung beim Bundesamt. Auf weiterem Vorhalt, warum die Fehlerhaftigkeit des Protokolls bei der Rückübersetzung nicht moniert worden sei, vermochte der Kläger ebenfalls keine überzeugende Erklärung abzugeben. Er erklärte dem Gericht lediglich, er habe seinerzeit viel durchgemacht und die Übersetzung nicht richtig verstanden. Dieser pauschalisierten Einlassung schenkt das Gericht schon deswegen keinen Glauben, weil der Kläger gegenüber dem Bundesamt bestätigt hat, dass die Niederschrift rückübersetzt wurde und es keine Verständigungsschwierigkeiten gegeben hat. Ferner ist zu erwarten – falls es tatsächlich Unrichtigkeit im Protokoll geben sollte – dass der Asylbewerber zeitnah auf solche Unstimmigkeiten hinweist und nicht erst auf Vorhalt des Gerichts in der mündlichen Verhandlung. Weder im Rahmen der Frist des § 74 Abs. 2 AsylG, noch im Rahmen der vom Gericht mit der Ladung gesetzten Frist nach § 87b Abs. 3 VwGO wurden Fehler bei der Anhörung beim Bundesamt gerügt. Der Kläger bzw. seine Bevollmächtigte begründeten die Klage vielmehr überhaupt nicht. Im Rahmen der mündlichen Verhandlung versuchte der Kläger hingegen ein Verschulden seiner Bevollmächtigten zu konstruieren, indem er erklärte, er habe darauf gewartet, dass seine Anwältin ihn einbestelle und die Fehlerhaftigkeit des Anhörungsprotokolls vortrage. Da dies nicht passiert sei, habe er dies erst heute vortragen können. Auch die weiteren Einlassungen der Klägerbevollmächtigten führen nicht dazu, dass den pauschalen Behauptungen zur Fehlerhaftigkeit des Anhörungsprotokolls Glauben geschenkt werden könnte. Die Klägerbevollmächtigte führte gegenüber dem Gericht aus, der Kläger habe ihr „schon vor geraumer Zeit“ einen Zettel übergeben, der die Fehler beim Bundesamt beinhaltet habe. Dieser Zettel sei aber dem Gericht nicht vorgelegt worden, weil er in der Oromo-Sprache verfasst gewesen sei. Da sie den Zettel nicht habe lesen können, sei er dem Gericht nicht vorgelegt worden. Vielmehr sei beabsichtigt gewesen, diesen Sachvortrag in der mündlichen Verhandlung zu tätigen. Selbst wenn tatsächlich ein derartiger Zettel existiert haben sollte, wäre es zumindest angezeigt gewesen, generell auf die Unstimmigkeiten beim Bundesamt hinzuweisen. Hinzu kommt, dass der ominöse Zettel auch dem Gericht in der mündlichen Verhandlung nicht vorgelegt werden konnte.
Die Widersprüchlichkeiten in den klägerischen Schilderungen und damit der Gesamteindruck der Unglaubwürdigkeit setzen sich sodann bei den Schilderungen des Klägers zu den Folgen der Demonstration vom 30.04.2014 fort. Beim Bundesamt erklärte der Kläger noch, es sei normal, dass vor Auflösung einer Demonstration die Behörden die Demonstranten fotografieren. Sein Freund, der beim Ordnungsamt arbeite, habe sein Foto im Amt gesehen. Daher habe er gewusst, dass nach Ihm gesucht werde. Dem Gericht erklärt der Kläger hingegen in der mündlichen Verhandlung, es seien überall Kameras gewesen, sodass die Sicherheitsbehörden ihn hätten erkennen können. Auch Journalisten hätten Bilder aufgenommen. Nach (mehrmaliger) Nachfrage des Gerichts erklärte der Kläger, er sei sich sicher, aufgenommen worden zu sein. Dies habe er auch von einer anderen Person erfahren. Im Rahmen dieses sehr zähen Vortrages erklärte der Kläger dann, er habe sich mit einem Beteiligten an der Demonstration unterhalten. Dieser habe ihm gesagt, dass er aufgenommen worden sei und auf einem Bild in der Zeitung zu sehen gewesen sei. Auf Vorhalt des Gerichts, wonach beim Bundesamt noch angegeben worden sei, dass er von einem Freund im Ordnungsamt erfahren habe, dass dort sein Foto hinterlegt sei, erklärte der Kläger lediglich wiederum pauschal, dies stimme nicht. Er sei insoweit vom Dolmetscher falsch verstanden worden. Eine plausible Erklärung hierfür lieferte der Kläger ebenfalls nicht. Insbesondere schenkt das Gericht einer Fehlübersetzung bzw. einem Missverständnis vorliegenden Zusammenhang keinen Glauben. Der Kläger hat bei seiner Anhörung beim Bundesamt (Blatt 37 der Behördenakte) ausführlich berichtet, wie er mit dem ominösen Freund vom Ordnungsamt in Kontakt getreten sei und von ihm von diesem Foto im Amt erfahren habe. Selbst bei den anschließenden Nachfragen des anhörenden Entscheiders hat der Kläger mehrfach auf die Informationen des Freundes aus dem Ordnungsamt hingewiesen.
bb) Im Übrigen – und ohne dass es noch entscheidungserheblich darauf ankommt – vermag das Gericht aufgrund der geschilderten Ereignisse zudem keine beachtliche Verfolgungswahrscheinlichkeit im Sinne des § 3 Abs. 1 AsylG zu erkennen.
Das Verfassen des Gedichtes im Jahre 2011 bzw. die anschließende vierzigtägige Haft steht in keinem zeitlichen Kausalzusammenhang mit der Ausreise im Jahr 2014. Der Kläger hat nach seiner Haftentlassung noch weit über zwei Jahre weitgehend unbehelligt in Äthiopien gelebt. Selbst wenn die stichpunktartigen Kontrollen des Klägers in diesem Zeitraum der Wahrheit entsprechen sollten, stellen diese keine flüchtlingsrelevante Verfolgungshandlung im Sinne des § 3 Abs. 1 AsylG dar. Als Verfolgung im Sinne des § 3 Abs. 1 AsylG gelten nur Handlungen, die aufgrund ihrer Art oder Wiederholung so gravierend sind, dass sie eine schwerwiegende Verletzung der grundlegenden Menschenrechte darstellen (§ 3a Abs. 1 Nr. 1 AsylG) oder Handlungen in einer Kumulierung unterschiedlicher Maßnahmen, einschließlich einer Verletzung der Menschenrechte, bestehen, die so gravierend sind, dass eine Person davon in ähnlicher Weise wie in der in § 3a Abs. 1 Nr. 1 AsylG beschriebenen Weise betroffen ist. Diese Voraussetzungen liegen in Anbetracht der kurzzeitigen Personenkontrollen schon im Ansatz nicht vor.
Im Übrigen ist davon auszugehen, dass – soweit der Kläger gegen Schmiergeld freigelassen wurde – keine ernsthafte Verfolgungsgefahr mehr besteht, was letztlich auch dadurch belegt ist, dass im unmittelbaren zeitlichen Anschluss an die Freilassung nicht mehr flüchtlingsrechtlich relevant verfolgt worden ist.
Von fehlender flüchtlingsrechtlicher Intensität ist ferner das geschilderte (kurzzeitige) Festhalten durch die Polizei im Zusammenhang mit dem Widerspruch gegen die Landenteignung. Der Kläger führt in diesem Zusammenhang selbst aus, sie seien mit der Auskunft der Polizei nicht einverstanden und seien daraufhin laut geworden, sodass das Gericht insoweit davon ausgeht, dass die Polizei eine normale Ordnungsmaßnahme vollstreckt hat. Im Übrigen ist der Kläger bei der Polizei nur fünf Tage festgehalten und dann ohne weitere Konsequenzen und Bedingungen auf freien Fuß gesetzt worden.
Auch die Teilnahme an der Demonstration am 30.04.2017 und das damit verbundene Einschreiten der Polizei begründen keinen Anspruch auf Zuerkennung der Flüchtlingseigenschaft. Selbst wenn der Kläger tatsächlich an der Demonstration teilgenommen haben sollte, ist ihm dort keine unmenschliche oder erniedrigende Behandlung widerfahren. Er hat nach eigenen Angaben problemlos fliehen können. Im Übrigen führte der Kläger gegenüber dem Gericht in der mündlichen Verhandlung aus, dass die Soldaten insbesondere deswegen massiv durchgegriffen hätten, da die Demonstration nicht angemeldet gewesen sei und die Teilnehmer sich geweigert hätten, die Demonstration zu beenden. Erst als die Teilnehmer sich gewehrt hätten und einige Demonstranten Steine auf die Polizisten warfen, habe die Polizei Tränengas eingesetzt und die Situation sei eskaliert. Dieses Vorgehen der Polizei aufgrund der Schilderungen des Klägers stellt ein übliches und insbesondere nicht flüchtlingsrechtlich relevantes Vorgehen der Sicherheitsbehörden dar. Dass er nach der Demonstration – obwohl er nach eigenen Angaben die Polizei nicht angegriffen hat – gezielt gesucht wurde, ist – wie unter a) ausgeführt – realitätsfern.
b) Auch auf den Nachfluchtgrund der exilpolitischen Betätigung kann sich der Kläger nicht mit Erfolg berufen. Zwar ermöglicht § 28 Abs. 1a AsylG die Zuerkennung der Flüchtlingseigenschaft auch dann, wenn die begründete Furcht vor Verfolgung im Sinn des § 3 Abs. 1 AsylG auf Ereignisse beruht, die eingetreten sind, nachdem der Ausländer sein Herkunftsland verlassen hat. Nach Überzeugung des Gerichts ist es aber auch zum gegenwärtigen Zeitpunkt nicht beachtlich wahrscheinlich, dass dem Kläger bei einer Rückkehr nach Äthiopien eine Verfolgung wegen seiner exilpolitischen Betätigung in der Bundesrepublik Deutschland drohen würde.
In der äthiopischen exilpolitischen Szene gibt es zahlreiche Gruppierungen. Den verfahrensgegenständlichen Erkenntnisquellen ist zweifelsohne zu entnehmen, dass die äthiopische Regierung die Aktivitäten der äthiopischen Exilorganisationen genau beobachtet bzw. durch die Auslandsvertretungen beobachten lässt. Aufgrund der Auskunftslage, die auch die Entwicklungen während der Massenproteste 2015/2016, den Ausnahmezustand 2016 und die aktuelle politischen Entwicklungen im Frühjahr 2018 berücksichtigt, geht das Gericht jedoch weiterhin nicht davon aus, dass jede, wie auch immer geartete Form der Betätigung für eine der zahlreichen exilpolitischen Gruppen in der äthiopischen exilpolitischen Szene im Ausland bei einer Rückkehr nach Äthiopien zu einer beachtlichen Verfolgungsgefahr führt. Vielmehr kommt es – auch nach der aktuellen Lage – für die Feststellung des relevanten Gefährdungsgrades grundsätzlich darauf an, ob eine Organisation von den äthiopischen Stellen etwa als terroristisch eingestuft wird und in welcher Art und in welchem Umfang der oder die Betreffende sich im Einzelfall exilpolitisch tatsächlich und wahrnehmbar betätigt hat (VG Regensburg, U.v. 24.1.2018 – RO 2 K 16.32411 – juris; VG Regensburg U.v. 8.3.2018 – RO 2 K 16.30643 – juris; VG Ansbach, U.v. 14.2.2018 – AN 3 K 16.31836 – juris; VG Bayreuth, U.v. 20.11.2017 – B 2 K 16.31139 – juris; vgl. auch VG Kassel, U.v. 22.2.2018 – 1 K 302/17.KS.A – juris; VG Kassel, U.v. 5.9.2017- 1 K 2320/17.KS.A – juris; a.A. VG Würzburg, U.v. 15.9.2017 – W 3 K 17.31180 – juris).
Dem Auswärtigen Amt liegen auch nach dem aktuellen Bericht über die asyl- und abschieberelevante Lage in Äthiopien vom 22.3.2018 keine Erkenntnisse darüber vor, dass allein die Betätigung für eine oppositionelle Partei im Ausland bei Rückkehr nach Äthiopien zu staatlichen Repressionen führt. Maßgeblich ist danach vielmehr der konkrete Einzelfall, also beispielsweise, ob eine Organisation von der äthiopischen Regierung als Terrororganisation angesehen wird oder um welche politische Tätigkeit es sich handelt (z.B. nachweisliche Mitgliedschaft, führende Position, Organisation gewaltsamer Aktionen). Von Bedeutung ist auch, ob und wie sich die zurückgeführte Person anschließend in Äthiopien politisch betätigt. Die bloße Asylantragstellung im Ausland bleibt – soweit bekannt – ohne Konsequenzen (AA, Lagebericht Äthiopien vom 22.3.2018, S. 18; VG Gießen, U.v. 11.7.2017 – 6 K 4787/15.GI.A – juris; VG Regensburg, U.v. 24.1.2018 – RO 2 K 16.32411 – juris; VG Regensburg U.v. 8.3.2018 – RO 2 K 16.30643 – juris). Der Lagebericht vom 22.3.2018 geht insbesondere auch auf die innenpolitischen Entwicklungen im Frühjahr 2018 und auf den am 16.2.2018 ausgerufen (neuerlichen) Ausnahmezustand ein (AA, Lagebericht Äthiopien vom 22.3.2018, S. 6). Unter Berücksichtigung der aktuellen Entwicklungen hält das Auswärtige Amt hinsichtlich der Gefährdungseinschätzung bei Rückkehr von im Ausland exilpolitisch tätigen Äthiopiern an den Ausführungen im Lagebericht vom 6.3.2017 fest (vgl. AA, Lagebericht Äthiopien vom 6.3.2017, S. 16; AA, Lagebericht Äthiopien vom 22.3.2018, S. 18).
Die Auskunft des Leibniz-Instituts (GIGA an VG Gießen vom 30.1.2017 in der Sache 6 K 4787/15.GI.A) – zum Fall einer exilpolitischen Tätigkeit für die EPPFG – stellt ebenfalls nur fest, dass eine Verhaftung für den Fall der Rückkehr nicht ausgeschlossen werden könne. Diese Feststellung erreicht aber schon nicht den Maßstab der notwenigen beachtlichen Verfolgungswahrscheinlichkeit (VG Regensburg, U.v. 8.3.2018 – RO 2 K 16.30643 – juris).
Günter Schröder geht in seiner Stellungnahme vom 15.2.2017 an das VG Gießen in der dortigen Streitsache 6 K 4787/15.GI.A davon aus, dass eine Verfolgungsprognose anhand bestimmter Merkmale nicht abgegeben werden könne, weil das Handeln der äthiopischen Sicherheits- und Justizbehörden gegenüber allen wirklichen und putativen Gegnern von einem hohen Maß an Willkürlichkeit geprägt sei. Unter diesem Gesichtspunkt sei generell die Unterscheidung zwischen unbedeutender und exponierter Stellung in einer Oppositionsorganisation als nicht relevant für die Beurteilung der Wahrscheinlichkeit einer Verfolgungsgefahr anzusehen. Dies gelte in besonderem Maß seit dem Erlass der Anti-Terrorismusgesetze und gerade auch unter dem Ausnahmezustand. Weiter führt er aus, dass mit „hoher Wahrscheinlichkeit“ eine längere Inhaftierung – verbunden mit intensiver Befragung – auch unter dem jetzigen Ausnahmezustand als Minimum anzunehmen sei. Es bleibt jedoch offen, wie Schröder trotz der Prognoseunsicherheit zu dieser Annahme kommt. So belegt er diese Annahme nicht mit konkreten Beispielen für ein Einschreiten äthiopischer Stellen gegen Rückkehrer, obwohl er angibt, dass diese häufig verhaftet würden (Rn. 214 der Stellungnahme vom 15.2.2017). Dies dürfte dem Umstand geschuldet sein, dass kaum Abschiebungen nach Äthiopien stattfinden, was die Grundlage dieser Aussage allerdings fraglich erscheinen lässt. Das Gericht verkennt dabei nicht, dass es seit Mitte 2015 im Zusammenhang mit dem „Masterplan“ der Regierung vor allem in der Provinz Oromia zu Massenprotesten kam und es im Zusammenhang mit diesen Protesten und dem Einschreiten der Sicherheitskräfte zu Todesfällen und Verhaftungen gekommen ist. So sollen nach dem Gutachten von Günter Schröder im Rahmen der Unruhen 2016 unter Geltung des Ausnahmezustandes über 11.000 Menschen verhaftet worden sein. Diese Verhaftungen fanden jedoch im Zusammenhang mit – zumindest teilweise – gewaltsamen Protesten in Äthiopien statt. Sie sind kein Beleg dafür, dass auch Rückkehrer alleine wegen ihrer exilpolitischen Betätigung nun einem beachtlichen Verfolgungsrisiko ausgesetzt sind. Dies belegen auch die Ausführungen in der Stellungnahme Schröders nicht hinreichend. Dieser führt zwar nachvollziehbar aus, dass im Zusammenhang mit den Unruhen in Äthiopien selbst die äthiopische Diaspora – auch im Hinblick auf eine Strafbarkeit nach dem äthiopischen Anti-Terrorismusgesetz von 2009 – verstärkt überwacht wird (Rn. 134 der Stellungnahme vom 15.2.2017). Ein konkretes Beispiel für eine Verfolgung allein auf Grund einer exilpolitischen Tätigkeit unterbleibt jedoch. Auffällig ist hierbei auch, dass Schröder zum einen zwar deutliche Aussagen trifft (Bestrafung jedes Mitglieds einer exilpolitischen Gruppe, die mit einer als terroristisch eingestuften Gruppe zusammenarbeitet [Rn. 232 der Stellungnahme vom 15.2.2017]; häufige Verhaftungen [Rn. 214 der Stellungnahme vom 15.2.2017]; längere Inhaftierung verbunden mit intensiver Befragung und mit hoher Wahrscheinlichkeit inhumaner Haftbedingungen [Rn. 237 der Stellungnahme vom 15.2.2017]), gleichzeitig aber äußert, dass sich angesichts der Willkürlichkeit die konkreten Verfolgungshandlungen im Einzelnen schwer vorhersagen ließen und er an anderer Stelle (Rn. 226 der Stellungnahme vom 15.2.2017) angibt, dass im heutigen Äthiopien, die eine staatliche Verfolgung auslösenden Momente in der Regel vielschichtig seien und sich nur selten auf ein bestimmtes Merkmal reduzieren ließen (vgl. ausführlich: VG Regensburg, U.v. 24.1.2018 – RO 2 K 16.32411 – juris; VG Gießen, U.v. 11.7.2017 – 6 K 4787/15.GI.A – juris).
Auch die Stellungnahme Günter Schröders vom 18.2.2018 in der Streitsache W 3 K 16.30383 an das VG Würzburg überzeugt das Gericht nicht von einer beachtlichen Verfolgungsgefahr für Rückkehrer alleine wegen jeder – wie auch immer gearteter – Form der exilpolitischen Betätigung. Zwar kommt Günter Schröder zu dem Ergebnis, dass mit hoher Wahrscheinlichkeit davon auszugehen sei, dass unter dem wiedereingeführten Ausnahmezustand exilpolitisch tätige Äthiopier bei einer Rückführung einem sehr hohen Risiko ausgesetzt seien, als Unterstützer einer „terroristischen Organisation“ verfolgt und äußerst bestraft zu werden (Rn. 83 der Stellungnahme vom 18.2.2018), während in der Stellungnahme vom 15.2.2017 an das VG Gießen noch ausgeführt wurde, angesichts der Willkürlichkeit im Handeln der Sicherheitsorgane und der mangelnden Rechtsstaatlichkeit in Äthiopien lasse sich im Einzelnen nicht vorhersagen, was Rückkehrer zu befürchten hätten. Eine längere Inhaftierung verbunden mit intensiver Befragung und mit hoher Wahrscheinlichkeit inhumanen Haftbedingungen sei jedoch als Minimum anzunehmen (Rn. 237 der Stellungnahme vom 15.2.2017; dieser Passus befindet sich im Übrigen auch noch unter Rn. 82 der Stellungnahme vom 18.2.2018). Anderseits führt Schröder in Rn. 17 der Stellungnahme vom 18.2.2018 aus, aufgrund es neuerlichen Ausnahmezustandes vom 16.2.2018 scheinen die gleichen Bestimmungen wie beim Ausnahmezustand 2016 zu gelten. Für das Gericht ist daher weder nachvollziehbar noch plausibel dargelegt, warum nunmehr (allein) aufgrund des Ausnahmezustand 2018 exilpolitisch tätige Äthiopier bei einer Rückführung einem sehr hohen Risiko ausgesetzt sein sollen, als Unterstützer einer „terroristischen Organisation“ verfolgt und äußerst bestraft zu werden, wenn keine anderen Bestimmungen wie beim Ausnahmezustand 2016 gelten.
Bei einer Gesamtwürdigung der vorliegenden Auskunftslage nimmt das Gericht daher auch weiterhin nicht an, dass äthiopischen Asylbewerbern, die sich zu einer Exilorganisation (hier: TBOJ/UOSG) – welche einer vom äthiopischen Staat als terroristisch eingestuften Vereinigung nahesteht – bekennen und für diese Exilorganisation nur ein Mindestmaß an Aktivität vorweisen, für den Fall der Rückkehr nach Äthiopien bereits mit beachtlicher Wahrscheinlichkeit eine Verfolgung im Sinne des § 3 Abs. 1 AsylG erwartet (VG Regensburg, U.v. 24.1.2018 – RO 2 K 16.32411 – juris; VG Regensburg U.v. 8.3.2018 – RO 2 K 16.30643 – juris; VG Ansbach, U.v. 14.2.2018 – AN 3 K 16.31836 – juris; VG Bayreuth, U.v. 6.3.2018 – B 7 K 17.32889 – juris; vgl. auch VG Bayreuth, U.v. 20.11.2017 – B 2 K 16.31139 – juris; VG Kassel, U.v. 5.9.2017 – 1 K 2320/17.KS.A – juris; VG Gießen, U.v. 11.7.2017 – 6 K 4787/15.Gl.A – juris, a.A. VG Würzburg, U.v. 15.9.2017 – W 3 K 17.31180 – juris). Vielmehr müssen nach Überzeugung des Gerichts bei einer Rückkehr nach Äthiopien nur solche Personen mit politisch motivierten Verfolgungsmaßnahmen rechnen müssen, die sich in der Bundesrepublik Deutschland derart exponiert politisch betätigt haben, dass die äthiopischen Behörden sie als ernsthafte Oppositionsangehörige einstufen (VG Regensburg, U.v. 24.1.2018 – RO 2 K 16.32411 – juris; VG Ansbach, U.v. 14.2.2018 – AN 3 K 16.31836 – juris; VG Bayreuth, U.v. 6.3.2018 – B 7 K 17.32889 – juris; vgl. auch BayVGH, B.v. 14.7.2015 – 21 B 15.30119 – juris; BayVGH, U.v. 25.2.2008 – 21 B 07.30363 und 21 B 05.31082 – juris). Erforderlich für einen beachtlichen Nachfluchtgrund aufgrund exilpolitischer Betätigung ist nämlich eine „beachtliche Wahrscheinlichkeit“ der Verfolgung im Falle einer Rückkehr. Nicht ausreichend ist hingegen, dass eine solche möglich ist oder nicht ausgeschlossen werden kann. Eine solche beachtliche Wahrscheinlichkeit im Falle einer nicht exponierten Stellung kann – wie bereits ausgeführt – auch den oben genannten aktuellen Stellungnahmen nicht entnommen werden. Die Kammer und der erkennende Einzelrichter gehen daher weiterhin davon aus, dass Asylbewerber, die sich vor allem im Hinblick auf einen positiven Ausgang des Asylverfahrens einer exilpolitischen Gruppe anschließen und sich dort nicht exponiert betätigen, im Falle einer Rückkehr nach Äthiopien nicht mit beachtlicher Wahrscheinlichkeit mit politisch motivierten Verfolgungsmaßnahmen zu rechnen haben. Dem steht auch nicht der Beweisbeschluss des BayVGH vom 26.03.2018 zu den Folgen der exilpolitischen Tätigkeit in Deutschland entgegen, insbesondere war dem BayVGH zum Zeitpunkt des Beschlusses der aktuelle Lagebericht des Auswärtigen Amtes vom 22.03.2018 noch nicht bekannt. Gerade wegen der intensiven Beobachtung exilpolitischer Auslandsaktivitäten durch äthiopische Stellen muss davon ausgegangen werden, dass auch den äthiopischen Behörden klar ist, dass eine große Zahl äthiopischer Asylbewerber nicht wegen ihrer politischen Überzeugung an exilpolitischen Veranstaltungen teilnimmt, sondern weil sie sich davon Vorteile im Asylverfahren erwartet. Im Hinblick darauf ist es nicht wahrscheinlich, dass die äthiopischen Behörden derartige Personen als „gefährlich“ erachten.
Dies gilt im Übrigen auch dann, wenn der betreffenden Person eine auf den ersten Blick exponiert erscheinende Position übertragen worden ist, ohne dass diese dann auch aktiv ausgefüllt wird. Im Hinblick auf die nach der Auskunftslage intensive Überwachung der äthiopischen exilpolitischen Szene im Bundesgebiet durch den äthiopischen Staat, führte das Gericht bereits mit Urteil vom 26.8.2013 (B 3 K 12.30096 – juris) aus, dass auch den äthiopischen Behörden klar ist, „dass die zuletzt immer mehr zu beobachtenden, inflationär entstehenden und wie Pilze aus dem Boden schießenden Vorstandsfunktionen für sich alleine betrachtet den jeweiligen Asylbewerber, wenn er sich ansonsten […] im Heimatland als unpolitisch erwiesen hat, nicht zu einem aus dem Kreis der bloßen Mitläufer herausragenden, ernsthaften und damit aus Sicht des äthiopischen Staates zu verfolgenden Oppositionellen machen. Vielmehr ist ausschlaggebend, ob der jeweilige Funktionsträger nicht nur durch das Innehaben eines Amtes, sondern durch sein davon unabhängiges politisches Engagement im Heimatland und im Bundesgebiet sich als eine von der Masse der äthiopischen Asylbewerber abhebende und nach außen erkennbar politisch interessierte und aktive Person darstellt.“ Diese Ausführungen gelten gegenwärtig (erst recht) uneingeschränkt fort.
Unter Heranziehung der vorstehenden Maßstäbe des Gerichts gehört der Kläger nicht zu dem gefährdeten Personenkreis, der im Falle der Abschiebung wegen exilpolitischer Tätigkeit im Ausland mit beachtlicher Wahrscheinlichkeit befürchten müsste, von den äthiopischen Behörden in flüchtlingsrechtlich relevanter Weise belangt zu werden. Der Kläger ist ausweislich der Bescheinigung vom 02.02.2017 seit 09.05.2015 Mitglied der TBOJ/UOSG und hat in den Jahren 2015 und 2016 an vier Veranstaltungen der Organisation in … teilgenommen. Dem Gericht erklärte der Kläger hingegen in der mündlichen Verhandlung, er habe an sieben Veranstaltungen der Organisation teilgenommen (* …*). Daneben war er nicht einmal in der Lage, gegenüber dem Gericht anzugeben, welche die letzte von ihm besuchte Veranstaltung gewesen ist. Erst nach mehrmaligen Nachfragen erklärte der Kläger, dies sei wohl im Jahr 2017 bei einer Veranstaltung in … gewesen. Der Kläger hatte bzw. hat nach eigenen Angaben auch keine exponierte Stellung und keine besondere Funktion unter den Oppositionellen. Er ist nur einfaches Mitglied und war jeweils nur einer von „sehr vielen Leuten“ bei den Veranstaltungen. Der Einschätzung des Gerichts, dass der Kläger lediglich ein Mitläufer unter den Oppositionellen ist, steht auch der Vortrag der Klägerbevollmächtigten in der mündlichen Verhandlung nicht entgegen, dass der Kläger wegen seiner psychischen Probleme die Tätigkeit für die TBOJ/UOSG hat ruhen lassen. Insoweit handelt es sich lediglich um eine bloße Behauptung, zumal auch keine Nachweise für eine psychische Erkrankung des Klägers vorgelegt wurden. Es ist auch nicht ersichtlich, dass der Kläger sein Engagement für die Vereinigung hätte vertiefen wollen, sodass er über die Stellung eines einfachen Mitglieds hinausgekommen wäre. Die exilpolitische Tätigkeit des Klägers führt daher nach Überzeugung des Gerichts nicht dazu, dass er von den äthiopischen Behörden als „gefährlicher Oppositioneller“ angesehen wird, weshalb es nicht beachtlich wahrscheinlich ist, dass er allein aufgrund seiner exilpolitischen Betätigung mit Verfolgungsmaßnahmen zu rechnen hat.
c) Im Übrigen macht das Gericht von seinem Ermessen Gebrauch und weist das Vorbringen hinsichtlich der exilpolitischen Tätigkeit des Klägers gem. § 74 Abs. 2 Satz 2 AsylG i. V. m. § 87b Abs. 3 VwGO als präkludiert zurück, soweit dies über die Bescheinigung vom 02.02.2017 hinausgeht.
Nach § 74 Abs. 2 Satz 1 AsylG hat der Kläger die zur Begründung seiner Klage dienenden Tatsachen und Beweismittel binnen einer Frist von einem Monat nach Zustellung der Entscheidung anzugeben. Nach § 87b Abs. 3 Satz 1 VwGO kann das Gericht Erklärungen und Beweismittel, die erst nach Ablauf der obigen Frist vorgebracht werden, zurückweisen und ohne weitere Ermittlungen entscheiden, wenn ihre Zulassung nach der freien Überzeugung des Gerichts die Erledigung des Rechtsstreits verzögern würde, der Beteiligte die Verspätung nicht genügend entschuldigt und der Beteiligte über die Folgen der Fristversäumung belehrt worden ist. Der Kläger wurde sowohl von der Beklagten im Bescheid vom 06.03.2017 als auch vom Gericht in der Klageeingangsmitteilung darauf hingewiesen, dass die zur Begründung dienenden Tatsachen und Beweismittel innerhalb eines Monats nach Zustellung des Bescheids anzugeben sind. Die über die vier Veranstaltungen in Nürnberg hinausgehende exilpolitische Tätigkeit des Klägers wurde aber erstmals in der mündlichen Verhandlung am 30.05.2018 vorgetragen. Weiterhin wurde der Kläger noch mit der Ladung zur mündlichen Verhandlung – unter Hinweis auf § 87b Abs. 3 VwGO – aufgefordert, bis zum 24.05.2018 evtl. Nachfluchtaktivitäten vorzutragen. Auch innerhalb dieser Frist erfolgte kein entsprechender Vortrag zum Besuch von Veranstaltungen in Frankfurt und Bayreuth. Es wäre dem anwaltlich vertretenen Kläger daher ohne weiteres zuzumuten gewesen, fristgerecht die (vollständige) exilpolitische Tätigkeit des Klägers vorzubringen. Entschuldigungsgründe sind weder dargetan noch anderweitig ersichtlich. Letztlich würde die Berücksichtigung des verspäteten Vortrags nach Überzeugung des Gerichts – wenn man der vorstehenden Auffassung des Gerichts nicht (mehr) folgt und ein „Mindestmaß an exilpolitischer Betätigung“ in der TBOJ/UOSG für die Zuerkennung der Flüchtlingseigenschaft ausreichen lassen würde (vgl. z.B. VG Würzburg, U.v. 15.9.2017 – W 3 K 17.31180 – juris) – zur Verzögerung der Erledigung des Rechtsstreits führen, da in diesem Fall das Gericht weitere Ermittlungen zum Umfang der Tätigkeit des Klägers in der TBOJ/UOSG anstellen müsste.
d) Im Ergebnis bleibt festzustellen, dass dem Kläger unter keinem Gesichtspunkt ein Anspruch auf Zuerkennung der Flüchtlingseigenschaft zusteht.
2. Der Kläger hat auch keinen Anspruch auf Anerkennung als Asylberechtigter nach Art. 16a GG, da nicht einmal die weitergefassten Voraussetzungen des § 3 AsylG vorliegen.
3. Dem Kläger steht kein Anspruch auf subsidiären Schutz gem. § 4 AsylG zu. Er kann sich weder auf § 4 Abs. 1 Satz 2 Nr. 1 und 2 AsylG noch auf § 4 Abs. 1 Satz 2 Nr. 3 AsylG berufen.
a) Es gibt – insbesondere im Hinblick auf die obigen Ausführungen zum Flüchtlingsschutz – keine konkreten Anhaltspunkte dafür, dass dem Kläger bei einer Rückkehr in sein Herkunftsland ein ernsthafter Schaden (Todesstrafe, Folter, unmenschliche oder erniedrigende Behandlung oder Bestrafung) im Sinne des § 4 Abs. 1 Satz 2 Nr. 1 und Nr. 2 AsylG droht.
b) Der Kläger hat auch keinen Anspruch auf subsidiären Schutz nach § 4 Abs. 1 Satz 2 Nr. 3. Nach dieser Vorschrift gilt als ernsthafter Schaden im Sinne des § 4 Abs. 1 Satz 1 AsylG eine ernsthafte individuelle Bedrohung des Lebens oder der Unversehrtheit einer Zivilperson in Folge willkürlicher Gewalt im Rahmen eines internationalen oder innerstaatlichen bewaffneten Konflikts. Der Begriff des internationalen oder innerstaatlichen bewaffneten Konfliktes in § 4 Abs. 1 Satz 2 Nr. 3 AsylG ist unter Berücksichtigung des humanitären Völkerrechts auszulegen (vgl. BVerwG, U.v. 24.6.2008 – 10 C 43/07 – juris). Danach müssen die Kampfhandlungen von einer Qualität sein, wie sie unter anderem für Bürgerkriegssituationen kennzeichnend sind und über innere Unruhen und Spannungen, wie Tumulte, vereinzelt auftretende Gewalttaten und ähnliche Handlungen, hinausgehen. Bei innerstaatlichen Krisen, die zwischen diesen beiden Erscheinungsformen liegen, scheidet die Annahme eines bewaffneten Konfliktes im Sinne des Art. 15 c QualRL nicht von vornherein aus. Der Konflikt muss aber jedenfalls ein bestimmtes Maß an Intensität und Dauerhaftigkeit aufweisen, wie sie typischerweise in Bürgerkriegsauseinandersetzungen und Guerillakämpfen zu finden sind. Ein solcher innerstaatlicher bewaffneter Konflikt kann landesweit oder regional bestehen und muss sich nicht auf das gesamte Staatsgebiet erstrecken (vgl. BVerwG, U.v. 24.6.2008 a.a.O.). Der Grad willkürlicher Gewalt, der vorliegen muss, kann aber umso geringer sein, je mehr der Schutzsuchende möglicherweise belegen kann, dass er aufgrund von in seiner persönlichen Situation liegenden Umständen spezifisch betroffen ist (vgl. EuGH, U.v. 17.2.2009 – C-465.7 – juris).
Ein innerstaatlicher Konflikt im obigen Sinne ist im Herkunftsland des Klägers nicht ersichtlich (vgl. nur VG Ansbach, U.v. 19.9.2017 – AN 3 K 16.30505 – juris; VG Ansbach, U.v. 14.2.2018 – AN 3 K 16.31836 – juris; VG Bayreuth, U.v. 6.3.2018 – B 7 K 17.32889 – juris).
4. Nationale Abschiebungsverbote nach § 60 Abs. 5 AufenthG oder § 60 Abs. 7 Satz 1 AufenthG sind ebenfalls nicht gegeben. Insoweit wird zunächst auf den streitgegenständlichen Bescheid Bezug genommen (§ 77 Abs. 2 VwGO).
a) Hervorzuheben ist insbesondere, dass eine Abschiebung trotz schlechter humanitärer Verhältnisse nur in sehr außergewöhnlichen Einzelfällen als unmenschliche oder erniedrigende Behandlung bewertet werden kann und die Voraussetzung des § 60 Abs. 5 AufenthG i.V.m. Art. 3 EMRK erfüllt. Die derzeitigen humanitären Bedingungen in Äthiopien führen nicht zu der Annahme, dass bei einer Abschiebung des Klägers eine Verletzung des Art. 3 EMRK vorliegt. Der Kläger ist jung und erwerbsfähig. Er hat bereits vor seiner Ausreise in der Landwirtschaft der Familie mitgearbeitet und war zudem in einem kleinen Supermarkt tätig. Es ist nicht ersichtlich, dass der Kläger bei einer Rückkehr nach Äthiopien an diese Verhältnisse nicht anknüpfen könnte. Zudem ist der Kläger auf sämtliche, auch schlichte, Hilfstätigkeiten in seiner Heimat zu verweisen, um seine Existenzgrundlage zu sichern. Darüber hinaus ist von einer existenzsichernden Unterstützung des Klägers im Rahmen des Familienverbundes auszugehen. Er verfügt noch über eine Mutter und einen Bruder sowie über eine Großfamilie in Äthiopien, sodass die hohen Voraussetzungen des § 60 Abs. 5 AufenthG nicht vorliegen.
b) Dem Kläger droht auch keine individuelle Gefahr für Leib oder Leben, die zur Feststellung eines Abschiebungsverbotes nach § 60 Abs. 7 Satz 1 AufenthG führen würde.
Nach § 60 Abs. 7 Satz 1 AufenthG soll von der Abschiebung eines Ausländers in einen anderen Staat abgesehen werden, wenn dort für diesen eine erhebliche konkrete Gefahr für Leib, Leben oder Freiheit besteht. Dabei erfasst diese Regelung nur solche Gefahren, die in den spezifischen Verhältnissen im Zielstaat begründet sind, während Gefahren, die sich aus der Abschiebung als solche ergeben, nur von der Ausländerbehörde als inlandsbezogenes Vollstreckungshindernis berücksichtigt werden können. Ein zielstaatsbezogenes Abschiebungshindernis kann sich aus der Krankheit eines Ausländers ergeben, wenn diese sich im Heimatstaat wesentlich verschlimmert, weil die Behandlungsmöglichkeiten dort unzureichend sind. Darüber hinaus kann sich – trotz an sich verfügbarer medikamentöser und ärztlicher Behandlung – das Abschiebungsverbot aber auch aus sonstigen Umständen im Zielstaat ergeben, die dazu führen, dass der betroffene Ausländer diese medizinische Versorgung tatsächlich nicht erlangen kann. Denn eine zielstaatsbezogene Gefahr für Leib und Leben besteht auch dann, wenn die notwendige Behandlung oder Medikation zwar allgemein zur Verfügung steht, dem betroffenen Ausländer individuell jedoch aus finanziellen oder sonstigen Gründen nicht zugänglich ist. In die Beurteilung mit einzubeziehen und bei der Gefahrenprognose zu berücksichtigen sind sämtliche zielstaatsbezogenen Umstände, die zu einer wesentlichen Verschlimmerung der Erkrankung führen können. Für die Annahme einer „konkreten Gefahr“ genügt jedoch nicht die bloße theoretische Möglichkeit, Opfer von Eingriffen in Leib, Leben oder Freiheit zu werden. Vielmehr entspricht der Begriff der Gefahr im Sinne von § 60 Abs. 7 Satz 1 AufenthG dem asylrechtlichen Prognosemaßstab der „beachtlichen Wahrscheinlichkeit“, wobei allerdings das Element der Konkretheit der Gefahr für „diesen Ausländer“ das zusätzliche Erfordernis einer einzelfallbezogenen, individuell bestimmten oder erheblichen Gefährdungssituation statuiert (vgl. zum Ganzen: BayVGH, B.v. 23.11.2012 – 13a B 12.30061 – juris).
Erforderlich, aber auch ausreichend für das Vorliegen der Voraussetzungen des § 60 Abs. 7 Satz 1 AufenthG ist daher, dass sich die vorhandene schwerwiegende Erkrankung des Ausländers aufgrund zielstaatsbezogener Umstände in einer Weise verschlimmert, die zu einer erheblichen konkreten Gefahr für Leib oder Leben führt, d.h. dass eine wesentliche Verschlimmerung der Erkrankung alsbald nach der Rückkehr des Ausländers droht. Von einer wesentlichen Verschlechterung des Gesundheitszustandes kann nicht schon bei jeder befürchteten ungünstigen Entwicklung des Gesundheitszustandes gesprochen werden, sondern nur bei außergewöhnlichen schweren physischen oder psychischen Schäden oder Zuständen. Dies stellt nunmehr auch § 60 Abs. 7 Satz 2 AufenthG klar, wonach eine erhebliche konkrete Gefahr aus gesundheitlichen Gründen nur bei lebensbedrohlichen oder schwerwiegenden Erkrankungen, die sich durch die Abschiebung wesentlich verschlechtern würden, vorliegt. Insbesondere ist es gemäß § 60 Abs. 7 Satz 3 AufenthG nicht erforderlich, dass die medizinische Versorgung im Herkunftsland mit der der Versorgung in Deutschland vergleichbar ist (vgl. zum Ganzen auch VG Gelsenkirchen, B.v. 08.11.2016 – 6a L 2452/16.A – juris).
Dies zugrunde gelegt besteht für den Kläger keine erhebliche konkrete Gefahr für Leib, Leben oder Freiheit im Sinne des § 60 Abs. 7 Satz 1 AufenthG. Es ist nicht ersichtlich, dass eine wesentliche Verschlechterung einer schwerwiegenden oder lebensbedrohlichen Erkrankung alsbald nach der Rückkehr nach Äthiopien droht.
Der Kläger legte während des gesamten Verfahrens keinerlei ärztliche Bescheinigungen vor. Bei der Anhörung beim Bundesamt verwies der Kläger auf das Medikament Ibuflam 800 mg, welches ihm ein Arzt verschrieben haben soll. Es fehlen aber ärztliche Unterlagen dahingehend, welche Symptomatik mit dem Medikament behandelt wird. Im Übrigen handelt es sich bei Ibuflam (Wirkstoff Ibuprofen) um ein absolutes Standardschmerzmittel, so dass das Medikament keinen Rückschluss auf die (Schwere der) angeblichen Erkrankung zulässt.
Sofern in der mündlichen Verhandlung bzw. unmittelbar vor der mündlichen Verhandlung nunmehr psychische Probleme bzw. sogar eine posttraumatische Belastungsstörung (PTBS) vorgetragen wird, führt dieser Vortrag ebenfalls nicht zur Zuerkennung eines zielstaatsbezogenen Abschiebungsverbotes. Der Kläger erklärte in der mündlichen Verhandlung, es gehe ihm gesundheitlich nicht besonders gut. Er habe Kopfschmerzen. Die Klägerbevollmächtigte führte ergänzend aus, eine Flüchtlingshelferin habe ihr sogar mitgeteilt, dass der Kläger an Weihnachten Suizidgedanken gehegt hätte. Wegen der angeblichen psychischen Probleme war der Kläger jedoch – nach eigenen Angaben in der mündlichen Verhandlung – bislang nicht in ärztlicher Behandlung. Eine plausible Erklärung hierfür konnte der Kläger dem Gericht ebenfalls nicht liefern. Er erklärte dem Gericht vielmehr, dies sei Kopfsache und es könne ihm dabei auch der Arzt nicht helfen.
Soweit die Flüchtlingshelferin … mit Schreiben vom 24.05.2018 an das Gericht ausführt, der Kläger leide an einer posttraumatischen Belastungsstörung, fehlt es insoweit schon an jeglicher medizinischen und fachlichen Diagnose. Zur Substantiierung eines Vorbringens einer Erkrankung an PTBS gehört angesichts der Unschärfen des Krankheitsbildes sowie seiner vielfältigen Symptomatik regelmäßig die Vorlage eines gewissen Mindestanforderungen genügenden fachärztlichen Attests. Aus diesem muss sich nachvollziehbar ergeben, auf welcher Grundlage der Facharzt seine Diagnose gestellt hat und wie sich die Krankheit im konkreten Fall darstellt. Dazu gehören etwa Angaben darüber, seit wann und wie häufig sich der Patient in ärztlicher Behandlung befunden hat und ob die von ihm geschilderten Beschwerden durch die erhobenen Befunde bestätigt werden. Des Weiteren sollte das Attest Aufschluss über die Schwere der Krankheit, deren Behandlungsbedürftigkeit sowie den bisherigen Behandlungsverlauf (Medikation und Therapie) geben. Wird das Vorliegen einer PTBS auf traumatisierende Erlebnisse im Heimatland gestützt und werden die Symptome erst längere Zeit nach der Ausreise aus dem Heimatland vorgetragen, so ist in der Regel auch eine Begründung dafür erforderlich, warum die Erkrankung nicht früher geltend gemacht worden ist. Diese Anforderungen an die Substantiierung ergeben sich aus der Pflicht des Beteiligten, an der Erforschung des Sachverhalts mitzuwirken (§ 86 Abs. 1 Satz 1 Halbs. 2 VwGO), die in besonderem Maße für Umstände gilt, die in die eigene Sphäre des Beteiligten fallen (vgl. hierzu BVerwG, U. v. 11.09.2007 – 10 C 17/07 – juris).
Vorliegend wurde weder ein entsprechendes fachärztliches Attest vorgelegt, noch ist für das Gericht anderweitig ersichtlich und nachvollziehbar, dass der Kläger an einer posttraumatischen Belastungsstörung leidet.
Ferner vermag das Gericht auch keine „sonstigen psychischen Probleme“, die ein zielstaatsbezogenes Abschiebungsverbot begründen würden, zu erkennen. Zwar war die Psychologin des …, Frau … in der mündlichen Verhandlung zugegen und wurde informatorisch befragt. Diese erklärte jedoch nur, dass sie von den psychischen Problemen des Klägers wisse und sie sich bemüht habe, einen Termin bei der Psychiatrie in … zu bekommen, was ihr jedoch nicht gelungen sei. Mangels geeigneter und aussagekräftiger fachlicher Beurteilung (vgl. § 60a Abs. 2c AufenthG sowie VG Bayreuth, U.v. 3.8.2017 – B 3 K 17.31531 – juris), ist unter den vorstehenden Umständen nicht davon auszugehen, dass der Kläger an einer schwerwiegenden oder gar lebensbedrohlichen Erkrankung leidet, die sich im Fall einer Abschiebung wegen der spezifischen Verhältnisse im Zielstaat wesentlich verschlechtern würde.
5. Es bestehen auch gegen die Rechtmäßigkeit der Abschiebungsandrohung einschl. der Zielstaatbestimmung im Hinblick auf § 34 Abs. 1 AsylG i.V.m. § 59 AufenthG keine Bedenken. Zum Zeitpunkt der gerichtlichen Entscheidung, auf den gemäß § 77 Abs. 1 AsylG abzustellen ist, sind Gründe, die dem Erlass der Abschiebungsandrohung gegenüber dem Kläger entgegenstünden, nicht ersichtlich. Denn er ist, wie oben ausgeführt, nicht als Flüchtling bzw. Asylberechtigter anzuerkennen. Ihm steht auch kein subsidiärer Schutz oder ein zielstaatsbezogenes Abschiebungsverbot nach § 60 Abs. 5 und 7 AufenthG zu. Er besitzt zudem keine asylunabhängige Aufenthaltsgenehmigung (§ 34 Abs. 1 AsylG i.V.m. § 59 Abs. 1 und 2 AufenthG).
6. Gründe, die gegen die Rechtmäßigkeit der von der Beklagten festgesetzten Befristung des Einreise- und Aufenthaltsverbots sprechen, liegen nicht vor.
7. Die Kostenentscheidung beruht auf § 154 Abs. 1 VwGO. Gerichtskosten werden gem. § 83b AsylG nicht erhoben. Der Gegenstandswert bestimmt sich nach § 30 RVG. Die Entscheidung über die vorläufige Vollstreckbarkeit stützt sich auf § 167 VwGO i.V.m. §§ 708 ff. ZPO.


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