Verwaltungsrecht

Unzulässige Ablagerung von Abfall in Form von abgekipptem Pferdemist

Aktenzeichen  20 ZB 18.1219

Datum:
19.12.2018
Rechtsgebiet:
Fundstelle:
BeckRS – 2018, 34341
Gerichtsart:
VGH
Gerichtsort:
München
Rechtsweg:
Verwaltungsgerichtsbarkeit
Normen:
VwGO § 124 Abs. 2, § 124a Abs. 2, Abs. 4
KrWG § 2 Abs. 2, § 3 Abs. 1

 

Leitsatz

1 Ernstliche Zweifel an der Richtigkeit des Urteils sind begründet, wenn ein einzelner tragender Rechtssatz oder eine erhebliche Tatsachenfeststellung mit schlüssigen Argumenten in Frage gestellt wird und Zweifel an der Richtigkeit einzelner Begründungselemente auf das Ergebnis durchschlagen. (Rn. 2) (redaktioneller Leitsatz)
2 Ist eine konkrete Wiederverwendung nicht substantiiert vorgetragen, sondern nur die Möglichkeit, kompostierten Pferdemist in der Gartenverbesserung zu verwenden, dargestellt, ändert dies nichts an der von der Vorinstanz festgestellten Abfalleigenschaft des abgekippten Pferdemistes.  (Rn. 4) (redaktioneller Leitsatz)
3 Durch bloßes Bestreiten der Sachverhalts- und Beweiswürdigung des Verwaltungsgerichts werden ernstliche Zweifel an der Richtigkeit der Entscheidung nicht dargelegt. (Rn. 7) (redaktioneller Leitsatz)

Verfahrensgang

B 2 K 17.468 2018-04-19 Urt VGBAYREUTH VG Bayreuth

Tenor

I. Der Antrag auf Zulassung der Berufung wird abgelehnt.
II. Die Klägerin trägt die Kosten des Berufungszulassungsverfahrens.
III. Der Streitwert wird für das Zulassungsverfahren auf 2.800,- Euro festgesetzt.

Gründe

Der Antrag auf Zulassung der Berufung gegen das Urteil des Verwaltungsgerichts wird abgelehnt, da unter Zugrundelegung des Vorbringens im Antrag auf Zulassung der Berufung, welches keinen Zulassungsgrund nach § 124 Abs. 2 VwGO ausdrücklich benennt, bereits zum Teil die Darlegungsvoraussetzungen des § 124a Abs. 4 Satz 4 VwGO nicht vorliegen und auch bei wohlwollender Auslegung der Begründung des Zulassungsantrags kein durchgreifender Zulassungsgrund entnommen werden kann.
1. Aus dem Vorbringen der Klägerin in ihrem Zulassungsantrag ergeben sich insbesondere keine ernstlichen Zweifel an der Richtigkeit des angefochtenen Urteils (§ 124 Abs. 2 Nr. 1 VwGO). Ernstliche Zweifel an der Richtigkeit des erstinstanzlichen Urteils liegen vor, wenn die angegriffene Entscheidung mit überwiegender bzw. hoher Wahrscheinlichkeit unrichtig ist. Dabei kommt es grundsätzlich nicht auf einzelne Elemente der Urteilsbegründung an, sondern auf das Ergebnis der Entscheidung, also auf die Richtigkeit des Urteils nach dem Sachausspruch in der Urteilsformel (vgl. BVerwG, B.v. 10.3.2004 – 7 AV 4.03 – DVBl 2004, 838 = juris Rn. 9; BayVGH, B.v. 19.3.2013 – 20 ZB 12.1881 – juris Rn. 2). Ernstliche Zweifel an der Richtigkeit des Urteils sind begründet, wenn ein einzelner tragender Rechtssatz oder eine erhebliche Tatsachenfeststellung mit schlüssigen Argumenten infrage gestellt wird (vgl. BayVGH, B.v. 5.7.2011 – 20 ZB 11.1146 – juris; BVerfG, B.v. 16.7.2013 – 1 BvR 3057/11 – BVerfGE 134, 106 = juris Rn. 36; B.v. 9.6.2016 – 1 BvR 2453/12 – NVwZ 2016, 1243 = juris Rn. 16) und die Zweifel an der Richtigkeit einzelner Begründungselemente auf das Ergebnis durchschlagen (vgl. BVerwG, B.v. 10.3.2004 – 7 AV 4.03 – NVwZ-RR 2004, 542). Schlüssige Argumente sind nicht erst dann gegeben, wenn bei der im Zulassungsverfahren allein möglichen summarischen Überprüfung der Erfolg des Rechtsmittels wahrscheinlicher ist als der Misserfolg (vgl. BVerfG, B.v. 3.3.2004 – 1 BvR 461/03 – BVerfGE 110, 77/83; B.v. 16.1.2017 – 2 BvR 2615/14 – IÖD 2017, 52 = juris Rn. 19). Schlüssige Gegenargumente liegen dann vor, wenn der Rechtsmittelführer substantiiert rechtliche oder tatsächliche Anhaltspunkte aufzeigt, aus denen sich die gesicherte Möglichkeit ergibt, dass die erstinstanzliche Entscheidung im Ergebnis nicht richtig ist (BVerfG, B.v. 20.12.2010 – 1 BvR 2001/10 – NVwZ 2011, 546; BVerfG, B.v. 20.12.2010 – 1 BvR 2011/10 – NVwZ 2011, 546/548 = juris Rn. 19; BayVGH, B.v. 12.10.2017 – 14 ZB 16.280 – juris Rn. 2 m.w.N.). Mit Wiederholung des erstinstanzlichen Vorbringens und der hier im Stil einer Berufungsbegründung vorgebrachten Kritik an dem angefochtenen Urteil wird dem Gebot der Darlegung im Sinn von § 124 a Abs. 4 Satz 4 VwGO ebenso wenig genügt wie mit der Darstellung der eigenen Rechtsauffassung.
Das Verwaltungsgericht hat in seinem Urteil (Seiten 6 und 7) ausgeführt, dass es sich bei dem abgelagerten Pferdemist um Abfall gehandelt habe, denn die Klägerin habe sich hiervon entledigen wollen. Der Pferdemist sei hier – unstreitig – über mehrere Jahre eine steile Böschung im Bereich eines bewaldeten Grundstücks hin abgekippt worden. Bereits dieses Vorgehen zeige deutlich auf, dass der Pferdemist habe beseitigt werden sollen. Der Umstand, dass der Pferdemist nach längerer Zeit der Lagerung zu Humus werde, sei dabei unerheblich. Die konkrete Ablagerungssituation, das bloße Abkippen an einer steilen Böschung, spreche schon gegen eine Wiederverwertungsabsicht. Nach der allgemeinen Verkehrsauffassung sei von einem unmittelbaren neuen Verwendungszweck nicht auszugehen, die abstrakte Wiederverwendungsfähigkeit genüge nicht. Damit handele es sich um eine unzulässige Ablagerung von Abfällen, welche beseitigt werden müsse. Dem setzt die Klägerin in ihrem Zulassungsantrag im Wesentlichen entgegen, dass diese Rechtsanwendung unzutreffend sei, weil die Ablagerung eine Kompostierung von Pferdemist darstelle. Andere Teilflächen der Ablagerung seien längst bewachsen, sodass von Abfällen nicht die Rede sein könne. Die Klägerin habe nicht vorgehabt, sich von den Exkrementen ihrer Pferde zu trennen, sondern diese wie in althergebrachten Zeiten zu wertvollem Humus zu kompostieren. Damit führe die Klägerin den Pferdemist einer Wiederverwendung zu. Der Vorwurf, die Klägerin wolle sich des Pferdemistes entledigen, sei eine unbewiesene Behauptung.
Damit kann die Klägerin ernstliche Zweifel an dem Urteil des Verwaltungsgerichts nicht begründen. Tatsächlich setzt sie sich mit den Ausführungen des Verwaltungsgerichts nicht auseinander. Der Senat hat auf der Grundlage der Feststellungen des Verwaltungsgerichts und insbesondere aufgrund der sich in den Akten befindlichen Lichtbildaufnahmen keinen Zweifel, dass sich die Klägerin des Pferdemistes entledigen wollte und tatsächlich entledigt hat. An der Abfalleigenschaft des Pferdemistes ändert der Vortrag der Klägerin, es sei bei der Ablagerung bereits teilweise eine Kompostierung eingetreten, nichts, denn hierbei handelt es sich um einen Nebeneffekt. Auch in ihrem Antrag auf Zulassung der Berufung hat die Klägerin keine konkrete Wiederverwendungsabsicht substantiiert vorgetragen. Insoweit führt sie lediglich die abstrakte Möglichkeit an, kompostierten Pferdemist in der Gartenverbesserung und gegebenenfalls für eine Veräußerung zu verwenden. Dies ist nicht ausreichend, um eine konkrete Wiederverwendung zu dokumentieren.
Dass der Pferdemist unter die Bereichsausnahmen des § 2 Abs. 2 Nr. 2 KrWG (tierisches Nebenprodukt, welches nicht zur Deponierung bestimmt ist) oder § 2 Abs. 2 Nr. 4 KrWG fällt, hat die Klägerin in ihrem Antrag auf Zulassung der Berufung nicht vorgetragen (§ 124 Abs. 4 Satz 4 VwGO). Dem kann der Senat deshalb nicht weiter nachgehen.
2. Soweit die Klägerin sinngemäß meint, die fehlerhafte rechtswidrige Einordnung von Pferdemist als Abfall sei grundsätzlich bedeutsam, liegen die Voraussetzungen des Zulassungsgrundes der grundsätzlichen Bedeutung (§ 124 Abs. 2 Nr. 3 VwGO) nicht vor. Grundsätzliche Bedeutung kommt einer Rechtssache zu, wenn eine konkrete Rechts- oder Tatsachenfrage für die Entscheidung des Rechtsstreits erheblich, bislang höchstrichterlich oder obergerichtlich nicht geklärt und über den zu entscheidenden Einzelfall hinaus bedeutsam ist; die Frage muss ferner im Interesse der Einheitlichkeit der Rechtsprechung oder der Fortentwicklung des Rechts einer berufungsgerichtlichen Klärung zugänglich sein und dieser Klärung auch bedürfen (vgl. BVerfG, B.v. 9.6.2016 – 1 BvR 2453/12 – NVwZ 2016, 1243 = juris Rn. 20; BVerwG, B.v. 4.8.2017 – 6 B 34.17 – juris Rn. 3; BayVGH, B.v. 10.4.2017 – 15 ZB 16.673 – juris Rn. 33 jeweils m.w.N.). Diese Voraussetzungen sind hier nicht erfüllt, weil es bei der rechtlichen Einordnung von Festmist aufgrund der verschiedenen rechtlichen Regelungen auf die konkreten Umstände des Einzelfalls ankommt.
3. Die Klägerin lässt noch vortragen, das Verwaltungsgericht wäre verpflichtet gewesen, der Frage nachzugehen, dass die Ablagerung auf dem Grundstück der Klägerin zum übergroßen Teil bereits reine Humuserde darstelle. Damit ist ein Verfahrensfehler (§ 124 Abs. 2 Nr. 5 VwGO) als Berufungszulassungsgrund nicht dargetan. Eine Aufklärungsrüge gemäß § 86 Absatz 1 VwGO kann nur Erfolg haben, wenn substantiiert dargetan wird, hinsichtlich welcher tatsächlichen Umstände Aufklärungsbedarf bestanden hat, welche für geeignet und erforderlich gehaltenen Aufklärungsmaßnahmen hierfür in Betracht gekommen wären, welche tatsächlichen Feststellungen bei der Durchführung der vermissten Sachverhaltsaufklärung voraussichtlich getroffen worden wären und inwiefern das unterstellte Ergebnis zu einer für den Rechtsmittelführer günstigeren Entscheidung hätte führen können (BayVGH B.v. 11.10.2017 – 1 ZB 15.1773, BeckRS 2017, 133169). Diesen Anforderungen genügt die Begründung der Klägerin im Antrag auf Zulassung der Berufung offensichtlich nicht. Tatsächlich wendet sich die Klägerin damit durch bloßes Bestreiten gegen die Sachverhalts- und Beweiswürdigung durch das Verwaltungsgericht. Ernstliche Zweifel an der Richtigkeit der Entscheidung des Verwaltungsgerichts werden dadurch nicht dargelegt.
4. Da der Antrag auf Zulassung der Berufung abgelehnt wird, trägt die Klägerin gemäß § 154 Abs. 2 VwGO die Kosten des Zulassungsverfahrens.
Durch diesen Beschluss wird das angefochtene Urteil rechtskräftig, § 124a Abs. 5 Satz 4 VwGO.


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