Verwaltungsrecht

Unzulässige Beschwerde im Verfahren auf vorläufigen Rechtsschutz gegen Untersagung der Nutzung eines Ladens als Wettbüro

Aktenzeichen  1 CS 17.2072

Datum:
14.12.2017
Rechtsgebiet:
Gerichtsart:
VGH
Gerichtsort:
München
Rechtsweg:
Verwaltungsgerichtsbarkeit
Normen:
BayBO BayBO Art. 55 Abs. 1, Art. 76 Satz 2
VwGO VwGO § 146 Abs. 4 Satz 3, 4

 

Leitsatz

1 Die Beschwerdebegründung muss die Gründe darlegen‚ aus denen die Entscheidung abzuändern oder aufzuheben ist und sich mit der angefochtenen Entscheidung auseinandersetzen. Eine ordnungsgemäße Beschwerdebegründung liegt nur vor, wenn sich aus den fristgerecht dargelegten Gesichtspunkten die Rechtswidrigkeit des angefochtenen Beschlusses und die Notwendigkeit seiner Aufhebung ergeben. Ausgehend von der Entscheidung des Verwaltungsgerichts muss der Beschwerdeführer aufzeigen, in welchen Punkten und weshalb sie aus seiner Sicht nicht tragfähig ist. (Rn. 3) (redaktioneller Leitsatz)
2 Das setzt voraus, dass er den Streitstoff prüft, sichtet und rechtlich durchdringt und sich mit den Gründen des angefochtenen Beschlusses befasst. An der nötigen inhaltlichen Auseinandersetzung mit der angefochtenen Entscheidung fehlt es, wenn der Beschwerdeführer lediglich sein Vorbringen aus erster Instanz wiederholt oder sich mit pauschalen, formelhaften Rügen begnügt (hier unzureichende Beschwerdebegründung gegen Untersagung der Nutzung eines Ladens als Wettbüro). (Rn. 4) (redaktioneller Leitsatz)

Verfahrensgang

M 11 S 17.4070 2017-09-15 Bes VGMUENCHEN VG München

Tenor

I. Die Beschwerde wird verworfen.
II. Die Antragstellerin trägt die Kosten des Beschwerdeverfahrens.
III. Der Streitwert für das Beschwerdeverfahren wird auf 2.875 Euro fest-gesetzt.

Gründe

I.
Die Antragstellerin wendet sich im Verfahren des vorläufigen Rechtschutzes gegen den Bescheid der Antragsgegnerin vom 6. Juni 2017 in der Fassung vom 27. Juli 2017‚ mit dem die Nutzung eines Ladens als Wettbüro untersagt und der Antragstellerin aufgegeben wurde, die Werbeanlagen in den Fenstern und der Tür sowie über dem Eingang zu entfernen. Dagegen erhob die Antragstellerin Klage und beantragte ferner‚ die aufschiebende Wirkung ihrer Klage wiederherzustellen. Diesen Antrag lehnte das Verwaltungsgericht mit Beschluss vom 15. September 2017 ab.
Dagegen wendet sich die Antragstellerin mit ihrer Beschwerde, der der Antragsgegner entgegentritt.
II.
Die Beschwerde ist gemäß § 146 Abs. 4 Satz 4 VwGO als unzulässig zu verwerfen‚ weil sie nicht in einer den gesetzlichen Anforderungen genügenden Weise begründet wurde (§ 146 Abs. 4 Satz 3 VwGO). Nach dieser Vorschrift muss die Beschwerdebegründung einen bestimmten Antrag enthalten‚ die Gründe darlegen‚ aus denen die Entscheidung abzuändern oder aufzuheben ist und sich mit der angefochtenen Entscheidung auseinandersetzen. Eine ordnungsgemäße Beschwerdebegründung liegt nur vor, wenn sich aus den fristgerecht dargelegten Gesichtspunkten die Rechtswidrigkeit des angefochtenen Beschlusses und die Notwendigkeit seiner Aufhebung ergeben (vgl. Kopp/Schenke, VwGO, 23. Aufl. 2017, § 146 Rn. 41). Ausgehend von der Entscheidung des Verwaltungsgerichts muss der Beschwerdeführer aufzeigen, in welchen Punkten und weshalb sie aus seiner Sicht nicht tragfähig ist. Das setzt voraus, dass er den Streitstoff prüft, sichtet und rechtlich durchdringt und sich mit den Gründen des angefochtenen Beschlusses befasst. An der nötigen inhaltlichen Auseinandersetzung mit der angefochtenen Entscheidung fehlt es, wenn der Beschwerdeführer lediglich sein Vorbringen aus erster Instanz wiederholt oder sich mit pauschalen, formelhaften Rügen begnügt (vgl. Happ in Eyermann, VwGO, 14. Aufl. 2014, § 146 Rn. 22).
Diesen Anforderungen genügt die Beschwerdebegründung nicht. Das Verwaltungsgericht hat ausführlich begründet, dass die Untersagung der Nutzung des Ladens als Wettbüro voraussichtlich rechtmäßig ist, weil sie formell illegal erfolgt und in materieller Hinsicht jedenfalls nicht offensichtlich zulässig ist. Es stützt seine Auffassung, es liege eine gegenüber der genehmigten Ladennutzung nach Art. 55 Abs. 1 BayBO genehmigungspflichtige Nutzungsänderung vor, zum einen darauf, dass bei Annahme eines Wettbüros die Variationsbreite der genehmigten Ladennutzung überschritten wird, da das bisher charakteristische Nutzungsspektrum durch die Änderung erweitert wird und die Nutzungsänderung daher nicht nach Art. 57 Abs. 4 Nr. 1 BayBO verfahrensfrei ist. Das Verwaltungsgericht ist unter Zugrundelegung der Gesamtheit der Umstände, insbesondere der technischen Ausstattung, der Bewerbung, der Öffnungszeiten sowie der Ausstattung mit Stehtischen davon ausgegangen, dass die Räume jedenfalls bis zum Zeitpunkt der Nutzungsuntersagung für Live-Wetten genutzt wurden. Zugleich ist nach Auffassung des Verwaltungsgerichts – ungeachtet der nachträglichen (unverbindlichen) Hinweise der Antragstellerin zu Live-Wetten und zur Aufenthaltsdauer auf den Bildschirmen und gegenüber den Kunden – eine Nutzung für Live-Wetten auch noch für den Zeitraum nach der Nutzungsuntersagung festzustellen. Diese ist in einem allgemeinen Wohngebiet gebietsunverträglich und nach der Art der Nutzung nach § 4 BauNVO nicht genehmigungsfähig.
Mit diesen Gründen setzt sich die Beschwerdebegründung nicht auseinander. Sie wiederholt vielmehr pauschal den Inhalt der erstinstanzlich vorgelegten eidesstattlichen Erklärung als Argument dafür, die Antragstellerin habe alles unternommen, um eine Nutzung als (zulässige) Wettannahmestelle zu begründen.
Zum anderen hat das Verwaltungsgericht eine Überschreitung der Variationsbreite auch bei Annahme der Nutzung der Räume gegenüber der genehmigten Ladennutzung als gewerbliche Wettannahmestelle angenommen, ohne dass von einer offensichtlichen Genehmigungsfähigkeit ausgegangen werden kann. Neben den aufgrund der Gesamtumstände aufgeworfenen schwierigen Abgrenzungsfragen hat es auch auf die weiteren baurechtlichen Anforderungen, insbesondere im Hinblick auf Lärmschutzfragen nach Maßgabe des Rücksichtnahmegebots und ggf. Stellplatzfragen abgestellt.
Auch insoweit fehlen Darlegungen, warum die Nutzungsänderung offensichtlich genehmigungsfähig sein sollte. Die pauschale Behauptung, die Antragstellerin sei davon ausgegangen, dass es sich ihrer Meinung nach um eine nicht genehmigungspflichtige Nutzungsänderung im Sinn einer Umwandlung eines Ladengeschäfts in eine andere Nutzungsart gehandelt habe, die Nutzungsuntersagung sei ohne vorherige Aufforderung der Behörde auf Stellung eines Bauantrags bzw. eines Antrags auf Genehmigung einer Nutzungsänderung unverhältnismäßig, insbesondere weil eine Wettannahmestelle im vorliegenden Fall ohne Weiteres planungsrechtlich zulässig und genehmigungsfähig sei, lässt eine Auseinandersetzung mit den Ausführungen des Verwaltungsgerichts vermissen. Insoweit lag es in der Verantwortung der Antragstellerin, rechtzeitig vor Aufnahme der geänderten Nutzung einen vollständigen Bauantrag zu stellen, damit die in der jetzigen Form ausgeübte Wettvermittlung legalisiert werden kann. Von einer offensichtlichen Genehmigungsfähigkeit kann im vorliegenden Fall nicht die Rede sein. Die Nutzungsuntersagung ist daher auch nicht unverhältnismäßig (vgl. BayVGH, U.v. 19.5.2011 – 2 B 11.353 – BayVBl 2012, 86; B.v. 30.8.2007 – 1 CS 07.1253 – juris Rn. 18).
Die Antragstellerin hat die Kosten des Beschwerdeverfahrens zu tragen‚ weil ihr Rechtsmittel erfolglos geblieben ist (§ 154 Abs. 2 VwGO).
Die Streitwertfestsetzung beruht auf § 47 Abs. 1 Satz 1‚ § 52 Abs. 1‚ § 53 Abs. 2 Nr. 2 und § 63 Abs. 2 Satz 1 GKG. Sie orientiert sich an Nummern 9.4, 9.5 und 1.5 des Streitwertkatalogs für die Verwaltungsgerichtsbarkeit 2013 (vgl. Beilage 2/2013 zu NVwZ Heft 23/2013) und entspricht der Streitwertfestsetzung im erstinstanzlichen Verfahren.


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