Verwaltungsrecht

Verfahren zur Bestellung zum außerplanmäßigen Professor

Aktenzeichen  7 ZB 17.2460

Datum:
20.6.2018
Rechtsgebiet:
Fundstelle:
BeckRS – 2018, 14549
Gerichtsart:
VGH
Gerichtsort:
München
Rechtsweg:
Verwaltungsgerichtsbarkeit
Normen:
VwGO § 86 Abs. 1, § 124 Abs. 2 Nr. 1, Nr. 3, Nr. 5
BayHSchPG Art. 29, Art. 61

 

Leitsatz

1 Für die Verleihung des Ehrentitels eines außerplanmäßigen Professors oder außerplanmäßigen Professorin bedarf es keiner förmlichen Satzung, da es für die Verleihung keiner in der Regel das Studium abschließenden Hochschulprüfung iSv Art. 61 Abs. 1 BayHSchG bedarf und die Würdigung der wissenschaftlichen Arbeiten auch keinen prüfungsähnlichen Charakter aufweist. (Rn. 9) (redaktioneller Leitsatz)
2 Ein Gericht verletzt seine Pflicht zur erschöpfenden Sachverhaltsaufklärung gemäß § 86 Abs. 1 VwGO nicht, wenn es von einer sich nicht aufdrängenden Beweiserhebung absieht, die auch nicht ausdrücklich beantragt wurde (vgl. BVerwG BeckRS 2016, 50012). Eine Aufklärungsrüge gem. § 124 Abs. 2 Nr. 5 VwGO ist unbegründet, wenn andere Beweise vorgebracht werden als die, auf die sich das Urteil bezieht. (Rn. 12) (redaktioneller Leitsatz)
3 Ein Zulassungsgrund gem. 124 Abs. 2 Nr. 3 VwGO liegt nicht vor. Er erfordert die grundsätzliche Bedeutung der Rechtssache sowie die Darlegung klärungsbedürftigter, konkreter Tatsachen- oder Rechtsfragen, denen eine über den Einzelfall hinausgehende Bedeutung zukommt. Klärungsbedürftig sind nur Rechtsfragen, die nicht ohne Weiteres aus dem Gesetz zu lösen sind. (Rn. 13) (redaktioneller Leitsatz)

Verfahrensgang

M 3 K 16.301 2017-07-21 Urt VGMUENCHEN VG München

Tenor

I. Der Antrag auf Zulassung der Berufung wird abgelehnt.
II. Der Kläger trägt die Kosten des Zulassungsverfahrens.
III. Der Streitwert für das Zulassungsverfahren wird auf 10.000 Euro festgesetzt.

Gründe

I.
Der Kläger ist Privatdozent und erstrebt zum wiederholten Mal, die Beklagte zu verpflichten, ein Verfahren zu seiner Bestellung zum außerplanmäßigen Professor einzuleiten.
Das Bayerische Verwaltungsgericht München hat seine auf entsprechende Verpflichtung der Beklagten gerichtete Klage mit Urteil vom 21. Juli 2017 abgewiesen. Der Kläger habe keinen Anspruch auf Einleitung und Durchführung eines solchen Verfahrens. Die Beklagte habe zutreffend ausgeführt, dass der Kläger keinen ausreichenden Nachweis wissenschaftlicher Publikationen erbracht habe und damit das ihr gemäß Art. 29 des Bayerischen Hochschulpersonalgesetzes (BayHSchPG) eingeräumte Ermessen, das sie durch ein Merkblatt konkretisiert habe, in rechtsstaatlich nicht zu beanstandender Weise ausgeübt.
Mit seinem Antrag auf Zulassung der Berufung verfolgt der Kläger sein Rechtsschutzziel weiter. Er macht geltend, an der Richtigkeit des verwaltungsgerichtlichen Urteils bestünden ernstliche Zweifel. Außerdem liege ein Verfahrensfehler vor und die Rechtssache habe grundsätzliche Bedeutung.
Die Beklagte ist dem Antrag entgegengetreten und verteidigt das erstinstanzliche Urteil.
Wegen der weiteren Einzelheiten wird auf den Inhalt der Gerichtsakten beider Instanzen und auf den vorgelegten Akt der Beklagten Bezug genommen.
II.
Der Antrag auf Zulassung der Berufung hat keinen Erfolg. Die geltend gemachten Zulassungsgründe gemäß § 124 Abs. 2 Nrn. 1, 3 und 5 VwGO liegen nicht vor.
1. Ernstliche Zweifel an der Richtigkeit des erstinstanzlichen Urteils (vgl. § 124 Abs. 2 Nr. 1 VwGO) bestehen nicht. Der Kläger hat keinen Anspruch auf Einleitung bzw. Durchführung eines Verfahrens zur Bestellung zum außerplanmäßigen Professor. Der Senat folgt den ausführlichen und zutreffenden Gründen des angefochtenen Urteils und nimmt gemäß § 122 Abs. 2 Satz 3 VwGO darauf Bezug. Lediglich ergänzend und zusammenfassend bleibt noch auf Folgendes hinzuweisen:
Zutreffend geht das Verwaltungsgericht in seinem angefochtenen Urteil insbesondere auch davon aus, dass weder das von der Beklagten bei Bestellung außerplanmäßiger Professoren oder Professorinnen angewandte Verfahren, noch ihre Ermessensausübung im konkreten Fall rechtlich zu beanstanden sind.
Die sinngemäß vorgebrachte Rüge des Klägers, das Verfahren genüge rechtsstaatlichen Anforderungen insbesondere im Hinblick auf den Vorbehalt des Gesetzes nicht, weil es „eindeutig Prüfungscharakter“ aufweise und deshalb entsprechend Art. 61 Abs. 2 des Bayerischen Hochschulgesetzes (BayHSchG) mittels einer Satzung förmlich zu regeln sei, überzeugt nicht. Denn mit der Verleihung des (reinen) Ehrentitels eines außerplanmäßigen Professors (vgl. dazu bereits: BayVGH, B.v. 14.11.2011 – 7 ZB 11.1686; B.v. 9.11.2016 – 7 CE 16.1446 – jeweils juris) wird zwar vor allem auch die kontinuierliche wissenschaftliche Tätigkeit eines Privatdozenten oder einer Privatdozentin gewürdigt (vgl. B.5 des Merkblatts des Dekanats der medizinischen Fakultät der Beklagten über die Voraussetzungen und den Verfahrensablauf zur Bestellung zum außerplanmäßigen Professor oder zur außerplanmäßigen Professorin, Stand 1. November 2010); sowohl diese als auch die dafür u.a. erforderliche Veröffentlichungspraxis (vgl. das Merkblatt der Beklagten a.a.O.) haben jedoch offensichtlich nicht den Charakter einer in der Regel das Studium abschließenden Hochschulprüfung i.S.v. Art. 61 Abs. 1 BayHSchG.
2. Die Berufung ist auch nicht gemäß § 124 Abs. 2 Nr. 5 VwGO zuzulassen, weil das Verwaltungsgericht den Sachverhalt – entgegen der Auffassung des Klägers – ausreichend ermittelt und somit nicht gegen § 86 Abs. 1 VwGO verstoßen hat.
Der Kläger macht insoweit geltend, das Verwaltungsgericht sei seiner Beweisanregung im Schriftsatz vom 12. Februar 2016 nicht nachgekommen, mit der er zum Nachweis einer keinesfalls unterdurchschnittlichen Publikationstätigkeit des Klägers eine Vorlage der Publikationsleistungen vergleichbarer Bewerber der letzten fünf Jahre gefordert habe.
Hiermit hat der Kläger nicht in einer den Anforderungen des § 124a Abs. 4 Satz 4 VwGO entsprechenden Weise einen Verfahrensrespektive Aufklärungsmangel gemäß § 124 Abs. 2 Nr. 5 VwGO geltend gemacht. Die Aufklärungsrüge setzt u.a. die hinreichend konkrete Darlegung voraus, welches Ergebnis die Beweisaufnahme voraussichtlich erbracht hätte und inwiefern das angefochtene Urteil auf der unterlassenen Beweisaufnahme beruhen kann (vgl. z.B. Happ in Eyermann, VwGO, 14. Aufl. 2014, § 124a Rn. 75). Das Verwaltungsgericht hat sich jedoch ausweislich der Gründe seines Urteils (dort S. 18 ff.) nicht an der Publikationsleistung anderer Bewerber, sondern an den Vorgaben des zitierten Merkblatts der Beklagten (dort B.3) orientiert, wonach ein zur Titelvergabe vorgeschlagener Bewerber das „von ihm vertretene Fach in seiner Gesamtheit überdurchschnittlich repräsentieren muss“ und insoweit „mindestens ein bis zwei Originalarbeiten pro Jahr seit der Habilitation“ von ihm zu fordern sind, eine Leistung, die der Kläger indes nicht erbracht hat. Damit hat sich der Kläger mit Blick auf § 124a Abs. 2 Nr. 5 i.V.m. § 86 Abs. 1 VwGO nicht hinreichend mit der Entscheidungserheblichkeit der von ihm als unterlassen angeprangerten Sachverhaltsermittlung bzw. Beweisaufnahme auseinandergesetzt. Im Übrigen hat der anwaltlich vertretene Kläger im erstinstanzlichen Verfahren, wie er selbst einräumt, keinen förmlichen Beweisantrag gestellt, sondern es bei einer bloßen „Anregung“ belassen. Ein Gericht verletzt seine Pflicht zur erschöpfenden Sachverhaltsaufklärung gemäß § 86 Abs. 1 VwGO aber dann nicht, wenn es von einer sich nicht aufdrängenden Beweiserhebung absieht, die – wie vorliegend – ein anwaltlich vertretener Beteiligter nicht ausdrücklich beantragt hat (vgl. BVerwG, B.v. 21.7.2016 – 10 BN 1.15 – juris Rn. 3; BayVGH, B.v. 23.8.2016 – 15 ZB 15.2668 – juris Rn. 26).
3. Auch der Zulassungsgrund des § 124 Abs. 2 Nr. 3 VwGO wurde nicht in einer den Anforderungen des § 124a Abs. 4 Satz 4 VwGO genügenden Weise dargelegt. Um den Zulassungsgrund der grundsätzlichen Bedeutung der Rechtssache zu begründen, muss der Rechtsmittelführer u.a. eine klärungsbedürftige konkrete Tatsachen- oder Rechtsfrage, der eine über den Einzelfall hinausgehende Bedeutung zukommt, formulieren (Happ in Eyermann, VwGO, 14. Aufl. 2014, § 124a Rn. 270). Klärungsbedürftig sind nur Rechtsfragen, die nicht ohne weiteres aus dem Gesetz zu lösen sind (Happ in Eyermann, VwGO, 14. Aufl. 2014, § 124, Rn. 38). Vorliegend hat der Kläger zum einen lediglich eine aus seiner Sicht fehlerhafte Auslegung des Begriffs der „kontinuierlichen Publikationstätigkeit“ (der indes in dem streitgegenständlichen Merkblatt der Beklagten in dieser Form nicht vorkommt) durch das Verwaltungsgericht beanstandet. Damit wird keine über den Einzelfall hinausgehende Rechts- oder Tatsachenfrage formuliert. Die vom Kläger überdies als grundsätzlich bedeutsam angesehene Frage, ob es für die Festlegung der Voraussetzungen für die Eröffnung des Verfahrens zum außerplanmäßigen Professor einer Satzungsregelung bedarf oder ob dies durch Verwaltungsvorschriften der Fakultät geregelt werden kann, lässt sich – wie bereits ausgeführt – ohne weiteres aus dem Gesetz dahingehend beantworten, dass ersteres nicht der Fall ist.
4. Die Kostenentscheidung ergibt sich aus § 154 Abs. 2 VwGO. Die Festsetzung des Streitwerts beruht auf § 52 Abs. 1, § 47 Abs. 1 und 3 GKG und entspricht der Streitwertfestsetzung im erstinstanzlichen Verfahren.
5. Dieser Beschluss ist unanfechtbar (§ 152 Abs. 1 VwGO). Mit der Ablehnung des Zulassungsantrags wird das Urteil des Verwaltungsgerichts rechtskräftig (§ 124a Abs. 5 Satz 4 VwGO).


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