Verwaltungsrecht

Verfolgung von Yeziden im Irak

Aktenzeichen  13a ZB 16.30604

Datum:
9.1.2017
Rechtsgebiet:
Fundstelle:
BeckRS – 2017, 100333
Gerichtsart:
VGH
Gerichtsort:
München
Rechtsweg:
Verwaltungsgerichtsbarkeit
Normen:
AsylG § 3, § 78 Abs. 3 Nr. 1

 

Leitsatz

Ist das Gericht aufgrund der Auswertung aktueller Erkenntnisse zu der Überzeugung gelangt, dass die Provinz Dohuk derzeit von den Kämpfen in den Nachbarprovinzen nicht unmittelbar betroffen ist, müssen die Kläger dem substantiiert entgegentreten, um die grundsätzliche Bedeutung iSv § 78 Abs. 3 Nr. 1 AsylG begründen zu können. (redaktioneller Leitsatz)

Verfahrensgang

Au 5 K 16.31366 2016-10-06 Urt VGAUGSBURG VG Augsburg

Tenor

I.
Der Antrag wird abgelehnt.
II.
Die Kläger haben die Kosten des Verfahrens zu tragen. Gerichtskosten werden nicht erhoben.

Gründe

Der Antrag der Kläger auf Zulassung der Berufung gegen das Urteil des Verwaltungsgerichts Augsburg vom 6. Oktober 2016 ist unbegründet, weil die Voraussetzungen des § 78 Abs. 3 Nr. 1 AsylG nicht vorliegen.
Die Rechtssache hat keine grundsätzliche Bedeutung im Sinn von § 78 Abs. 3 Nr. 1 AsylG. Dieser Zulassungsgrund setzt voraus, dass die im Zulassungsantrag dargelegte konkrete Rechts- oder Tatsachenfrage für die Entscheidung des Verwaltungsgerichts von Bedeutung war, ihre Klärung im Berufungsverfahren zu erwarten und zur Erhaltung der Einheitlichkeit der Rechtsprechung oder zur Weiterentwicklung des Rechts geboten ist und ihr eine über den Einzelfall hinausgehende Bedeutung zukommt (vgl. Happ in Eyermann, VwGO, 14. Aufl. 2014, § 124 Rn. 36).
Die Kläger halten für klärungsbedürftig, „ob Yeziden in der Provinz Dohuk vor einer Verfolgung durch den IS ausreichend geschützt sind“. Unter Bezugnahme auf das Verwaltungsgericht Hannover (U. v. 15.8.2014 – 6 A 9853/14 – Asylmagazin 2014, 296) tragen sie vor, dass in den kurdischen Autonomiegebieten eine tatsächliche Sicherheit vor Verfolgung nicht prognostiziert werden könne. Yeziden unterlägen insbesondere in der Nachbarprovinz Ninive, wo es derzeit extrem gefährlich sei, einer Gruppenverfolgung. Im Fall des Vorrückens der irakischen Kräfte auf die Stadt Mosul sei mit einem Ausweichen des IS in die Nachbarprovinz Dohuk zu rechnen. Ohne nachvollziehbaren Grund werde von der Beklagten die Flüchtlingseigenschaft nicht mehr zuerkannt.
Das Verwaltungsgericht ist nach Auswertung der aktuellen Erkenntnismittel zur Einschätzung gelangt, dass Minderheiten in der Region Kurdistan-Irak weitgehend vor Verfolgung und Gewalt durch die Terrormiliz IS geschützt seien. Die Region sei derzeit von den Kämpfen in den Nachbarprovinzen nicht unmittelbar betroffen, auch wenn die Sicherheitslage angespannt sei. Die Provinzen Dohuk, Erbil und Sulaymaniyah gehörten nicht zu den umkämpften und von Verfolgung durch die Terrormiliz IS betroffenen Gebieten.
Dem sind die Kläger nicht substantiiert entgegengetreten. Sie verweisen nur pauschal darauf, dass es in der Nachbarprovinz Ninive derzeit extrem gefährlich und mit einem Ausweichen des IS nach Dohuk zu rechnen sei. Hierbei berufen sie sich auf eine Entscheidung des Verwaltungsgerichts Hannover aus dem Jahr 2014 (U. v. 15.8.2014 a. a. O.). Dieses Urteil vermag jedoch die vorliegende Entscheidung des Verwaltungsgerichts Augsburg nicht in Frage zu stellen. Zum einen ging es in der dortigen Entscheidung um einen Angehörigen der yezidischen Glaubensgemeinschaft aus der Provinz Ninive (Mosul). In diesem Fall hat das Verwaltungsgericht Hannover eine allein an den Glauben anknüpfende Verfolgung in der Gestalt von Gefahren für Leib und Leben sowie in der Gestalt von Vertreibung angenommen. Auch in anderen Gebieten des irakischen Staatsgebiets, insbesondere im Nordirak, könnten Yeziden keinen ausreichenden internen Schutz erlangen. Zum anderen datiert die genannte Entscheidung aus dem Jahr 2014. Nach Auswertung der aktuellen Erkenntnismittel ist hingegen das Verwaltungsgericht Augsburg vorliegend zum Ergebnis gelangt, dass die Region derzeit von den Kämpfen in den Nachbarprovinzen nicht unmittelbar betroffen sei. Hiermit setzen sich die Kläger nicht auseinander und nennen auch keine anderen, neueren Quellen, die darauf hindeuten, dass die vom Verwaltungsgericht zugrunde gelegten Erkenntnisse unrichtig wären.
Die Kostenentscheidung beruht auf § 154 Abs. 2 VwGO, § 83b AsylG.


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