Verwaltungsrecht

Verfolgungsfahr wegen Homosexualität in Pakistan

Aktenzeichen  M 19 K 17.32415

Datum:
23.5.2017
Rechtsgebiet:
Fundstelle:
BeckRS – 2017, 160087
Gerichtsart:
VG
Gerichtsort:
München
Rechtsweg:
Verwaltungsgerichtsbarkeit
Normen:
AsylG § 3, § 4
AufenthG § 60 Abs. 5, Abs. 7

 

Leitsatz

1. Homosexuell veranlagte Menschen bilden in Pakistan eine soziale Gruppe im Sinne von § 3 Abs. 1 Nr. 1 AsylG, da  homosexuelle Personen in Pakistan als „andersartig“ betrachtet werden. (Rn. 17) (redaktioneller Leitsatz)
2. Der Erkenntnislage lässt sich nicht entnehmen, dass es regelmäßig zu strafrechtlichen Verurteilungen allein aufgrund von Homosexualität kommt.  (Rn. 23) (redaktioneller Leitsatz)

Tenor

I. Die Klage wird abgewiesen.
II. Der Kläger hat die Kosten des Verfahrens zu tragen.
III. Die Kostenentscheidung ist vorläufig vollstreckbar. Der Kläger darf die Vollstreckung durch Sicherheitsleistung oder Hinterlegung in Höhe des vollstreckbaren Betrags abwenden, wenn nicht die Beklagte vorher Sicherheit in gleicher Höhe leistet.

Gründe

Das Gericht konnte trotz Ausbleibens eines Vertreters der Beklagten über die Sache verhandeln und entscheiden, da die Beklagte ordnungsgemäß geladen und in der Ladung auf diese Möglichkeit hingewiesen worden war (§ 102 Abs. 2 Verwaltungsgerichtsordnung – VwGO).
Die Klage ist zulässig, hat aber in der Sache keinen Erfolg.
Der Kläger hat keinen Anspruch darauf, die Beklagte unter entsprechender Aufhebung des streitgegenständlichen Bescheids zu verpflichten, ihn als Asylberechtigten im Sinne des Art. 16a Abs. 1 Grundgesetz (GG) anzuerkennen, ihm die Flüchtlingseigenschaft oder den subsidiären Schutzstatus zuzuerkennen oder zu seinen Gunsten das Vorliegen der Voraussetzungen nationaler Abschiebungsverbote nach § 60 Abs. 5 oder Abs. 7 Satz 1 AufenthG festzustellen. Auch an der Rechtmäßigkeit der Abschiebungsandrohung (Nr. 5) sowie der Befristungsentscheidung (Nr. 6) bestehen keine Zweifel.
1. Eine Anerkennung als Asylberechtigter nach Art. 16a GG scheitert bereits daran, dass der Kläger auf dem Landweg über die sogenannte „Balkanroute“ in die Bundesrepublik Deutschland eingereist ist, Art. 16a Abs. 2 Satz 1 GG.
2. Die Flüchtlingsanerkennung nach § 3 AsylG scheitert am Vorliegen einer innerstaatlichen Fluchtalternative. Nach § 3 AsylG ist ein Ausländer Flüchtling im Sinne des Abkommens über die Rechtsstellung der Flüchtlinge vom 28. Juli 1951 (Genfer Flüchtlingskonvention), wenn er sich
a) aus begründeter Furcht vor Verfolgung wegen seiner Rasse, Religion, Nationalität, politischen Überzeugung oder Zugehörigkeit zu einer bestimmten sozialen Gruppe
b) außerhalb des Landes befindet aa) dessen Staatsangehörigkeit er besitzt und dessen Schutz er nicht in Anspruch nehmen kann oder wegen dieser Furcht nicht in Anspruch nehmen will, oder bb) in dem er als Staatenloser seinen vorherigen gewöhnlichen Aufenthalt hatte und in das er nicht zurückkehren kann oder wegen dieser Furcht nicht zurückkehren will.
Weitere Einzelheiten zum Begriff der Verfolgung, den maßgeblichen Verfolgungsgründen sowie zu den in Betracht kommenden Verfolgungs- bzw. Schutzakteuren regeln die §§ 3a bis d AsylG.
Gemessen an diesen Kriterien liegen hinsichtlich des Klägers die Voraussetzungen des § 3 Abs. 1 AsylG nicht vor. Denn das Gericht ist nicht davon überzeugt, dass dem Kläger im Falle einer Rückkehr nach Pakistan wegen seiner Homosexualität Verfolgung droht. Für die Beurteilung dieser Frage gilt der Maßstab der beachtlichen Wahrscheinlichkeit. Dieser setzt voraus, dass bei zusammenfassender Würdigung des zur Prüfung stehenden Lebenssachverhalts die für eine Verfolgung sprechenden Umstände ein größeres Gewicht besitzen und deshalb gegenüber den dagegen sprechenden Tatsachen überwiegen. Dabei ist eine „qualifizierende“ Betrachtungsweise im Sinne einer Gewichtung und Abwägung aller festgestellten Umstände und ihrer Bedeutung vorzunehmen. Es kommt darauf an, ob in Anbetracht dieser Umstände bei einem vernünftig denkenden, besonnenen Menschen in der Lage des Betroffenen Furcht vor Verfolgung hervorgerufen werden kann (BVerwG, U.v. 1.6.2011 – 10 C 25/10 – juris Rn. 24; B.v. 7.2.2008 – 10 C 33/07 – juris Rn. 23; U.v. 5.11.1991 – 9 C 118/90 – juris Rn. 17).
Homosexuell veranlagte Menschen bilden in Pakistan eine soziale Gruppe im Sinne von § 3 Abs. 1 Nr. 1 AsylG. Denn es ergibt sich aus den dem Gericht vorliegenden Erkenntnismitteln unzweifelhaft, dass homosexuelle Personen in Pakistan als „andersartig“ betrachtet werden (Auswärtiges Amt, Bericht über die abschiebe- und asylrelevante Lage in der Islamischen Republik Pakistan (Lagebericht), Stand: Mai 2016, S. 21; Schweizerische Flüchtlingshilfe, Pakistan: Situation von Homosexuellen, Stand: 11.6.2016, S. 6). Das Merkmal der sexuellen Orientierung kann als verbindendes Element einer Gruppe im Sinne der genannten Vorschrift gelten (EuGH, U.v. 7.11.2013 – Rs. C-199/12 bis C-201/12 – juris Rn. 49; VGH BW, U.v. 7.3.2013 – A 9 S 1872/12 – juris Rn. 34 ff.).
Das Gericht hat bereits erhebliche Zweifel daran, dass der Kläger tatsächlich homosexuell veranlagt ist. So hat er im Rahmen seiner informatorischen Anhörung zu seiner sexuellen Orientierung nur ausweichende und eher pauschale Angaben gemacht. Dabei hat das Gericht nicht den Eindruck gewonnen, dass es dem Kläger aus Zurückhaltung oder Scham nicht möglich war, über seine sexuelle Ausrichtung genauer Auskunft zu geben. Vielmehr entstand der Eindruck, dass ihm hieran nicht gelegen war. Insbesondere die Angabe, dass es für ihn nichts Besonderes gewesen sei, seine homosexuelle Neigung entdeckt zu haben, erscheint zweifelhaft. Auch die Angabe, seine sexuellen Kontakte im Rahmen seiner Tätigkeit als Taxifahrer mit Kunden gegen Geld gehabt zu haben, überzeugt nicht. Denn es ist wenig nachvollziehbar, dass der Kläger in Pakistan, wo homosexuelle Handlungen nach eigenen Angaben strafbar und ehrenrührig sind, wildfremde Personen außerhalb einer besonderen „Homosexuellen-Szene“ anspricht. Vielmehr scheint es so, dass er zwar erste homosexuelle Erfahrungen mit einem Imam hatte. Ob sich daraus eine tatsächliche Homosexualität entwickelt hat, davon ist das Gericht auch mit Blick auf die Aussagen des Klägers zu seinem Interesse an Frauen nicht überzeugt.
Jedoch wird der Kläger, auch unterstellt er ist tatsächlich homosexuell (oder zumindest bisexuell) veranlagt, wie er im Rahmen seiner Anhörung vor dem Bundesamt und der mündlichen Verhandlung vorgetragen hat, in Pakistan nicht mit beachtlicher Wahrscheinlichkeit Opfer von Verfolgung im Sinne der §§ 3 ff. AsylG.
Ihm droht keine staatliche Verfolgung im Sinne von § 3c Nr. 1 AsylG, und zwar weder in Form einer Gruppen- noch einer Individualverfolgung.
Nach der Rechtsprechung des Europäischen Gerichtshofs (EuGH) kann das bloße Bestehen von Rechtsvorschriften, nach denen homosexuelle Handlungen unter Strafe gestellt sind, allein nicht als Verfolgungsmaßnahme qualifiziert werden. Dagegen kann eine Freiheitsstrafe, wie sie § 377 Pakistanisches Strafgesetzbuch (PCC) androht, für sich alleine eine Verfolgungshandlung sein. Allerdings gilt dies nur für den Fall, dass sie auch tatsächlich verhängt wird (EuGH, U.v. 7.11.2013 – Rs. C-199/12 bis C-201/12 – juris Rn. 55 f., 79). Denn nur dann ist sie eine unverhältnismäßige oder diskriminierende Bestrafung und damit Verfolgungshandlung.
Nach Auswertung der dem Gericht vorliegenden Erkenntnismittel stellt sich die strafrechtliche Situation für homosexuelle Männer in Pakistan wie folgt dar: Homosexualität ist gemäß § 377 PCC als „gewollter unnatürlicher Geschlechtsverkehr“ verboten. Für eine Verurteilung ist jedoch der Nachweis des Geschlechtsakts zwingend erforderlich. Das Strafmaß beträgt in der Regel zwei bis zehn Jahre Freiheitsstrafe, in besonders schweren Fällen lebenslange Freiheitsstrafe (Auswärtiges Amt, Lagebericht, a.a.O., S. 17). Dabei sind dem Auswärtigen Amt keine Strafverfahren gegen männliche Homosexuelle, die Beziehungen auf einvernehmlicher Ebene unterhalten, bekannt. Laut der Analyse der Schweizerischen Flüchtlingshilfe (Pakistan: Situation von Homosexuellen, Stand: 11.6.2016) sind seit der vorigen Auskunft (Stand Juni 2012) wenig neue Verhaftungen und Verurteilungen aufgrund von § 377 PCC bekannt geworden. Bezüglich der beiden noch in der Auskunft vom Juni 2012 erwähnten Personen, die 2011 in Multan angeklagt worden seien, seien die Klagen fallen gelassen worden. Auch andere Verfahren seien außergerichtlich geregelt worden. Amnesty International hat ebenfalls keine Fälle der Anwendung von § 377 PCC dokumentiert (Amnesty International an VG Wiesbaden zur Situation von Homosexuellen und Transgender, 2.10.2012). Nach der EASO Herkunftsländerinformation – Pakistan. Länderüberblick (Stand August 2015, S. 113) kommt § 377 PCC selten zum Einsatz. Berichte über verhängte Freiheitsstrafen finden sich nicht.
Damit kommt nach Einschätzung des Gerichts die von § 377 PCC angedrohte Freiheitsstrafe in der Praxis in Pakistan in einem Fall wie dem vorliegenden nicht beachtlich wahrscheinlich zur Anwendung. Es lässt sich den zitierten Quellen nicht entnehmen, dass es regelmäßig zu strafrechtlichen Verurteilungen allein aufgrund von Homosexualität kommt. Auch wenn in Einzelfällen Verhaftungen dokumentiert wurden, besteht noch keine beachtliche Wahrscheinlichkeit dafür, dass der Kläger allein aufgrund seiner angeblichen Homosexualität von ernsthaftem Schaden bedroht ist. Insoweit ist schon die Zahl der Referenzfälle, die sich aus den Erkenntnismitteln ergibt, im Verhältnis zur Gesamtzahl an homosexuellen Personen in Pakistan bei einer Gesamtbevölkerung von ca. 200 Millionen Menschen zu gering (VGH BW, U.v. 26.10.16 – A 9 S 908/13 – juris Rn. 42 ff. zu Gambia).
Anders könnte dies zu beurteilen sein für Fälle, in denen homosexuelle Personen in Pakistan ihre Neigung besonders offensichtlich und exponiert – auch und gerade in der Öffentlichkeit und für jeden erkennbar und bemerkbar und damit in besonderem Maße anstößig im Sinne der pakistanischen Gesellschaftsordnung ausleben. Für diese ist möglicherweise die Gefahr, angeklagt und verurteilt zu werden, erhöht. Im vorliegenden Fall hält der Kläger seine sexuelle Orientierung nach seinen Angaben in der mündlichen Verhandlung jedoch absolut privat und lebt diese auch nur im geschützten Umfeld aus. Die behauptete Homosexualität wird also nicht öffentlich bemerkbar bzw. sogar heimlich gelebt. Das gilt für die Vergangenheit in Pakistan ebenso wie aktuell hier in Deutschland. Sogar der vom Klägerbevollmächtigten benannte Zeuge hatte nach Angaben des Klägers in der mündlichen Verhandlung keine Kenntnis von dessen sexueller Orientierung. Nach der Auskunftslage geht das Gericht daher davon aus, dass in solchen Fällen allein in der Strafandrohung des § 377 PCC nicht beachtlich wahrscheinlich eine Verfolgungshandlung im Sinne von § 3a Abs. 2 Nr. 2 AsylG liegt (a.A. VG Augsburg, U.v. 31.10.2014 – Au 3 K 14.30222 – juris Rn. 59 ff., allerdings noch unter Zugrundelegung der Auskunft der Schweizerischen Flüchtlingshilfe vom Juni 2012).
Dem Kläger droht jedoch Verfolgung durch nichtstaatliche Akteure in Form seiner Familie. Er hat vorgetragen, dass sein Vater ihn umbringen werde, weil er nicht akzeptieren könne, dass sein Sohn homosexuell sei und damit die Familienehre beschmutzt habe. Er habe sogar eine Anzeige in der örtlichen Presse geschaltet, dass eine Prämie an den bezahlt werde, der den Kläger zurück nach Hause bringe. Dies hat der Zeuge R. S. in der mündlichen Verhandlung bestätigt. Eine solche Verfolgung durch nichtstaatliche Akteure ist jedoch nur dann relevant, wenn der Staat erwiesenermaßen nicht in der Lage oder nicht willens ist, im Sinne des § 3d AsylG Schutz vor Verfolgung zu bieten. Diese Voraussetzung liegt hier vor. Denn nach Auswertung der vorliegenden Erkenntnismittel hat das Gericht die Überzeugung gewonnen, das homosexuelle Personen sich nicht mit Erfolg an Polizei oder sonstige staatliche Einrichtungen wenden können, um Schutz vor Verfolgung z.B. durch ihre Familie zu erlangen. Das Gericht geht danach davon aus, dass die staatlichen Behörden in solchen Fällen eher eine Praxis des „Wegsehens“ betreiben und die Entscheidung über das Wohl und Wehe von homosexuellen Personen deren Familien überlassen.
Nach den Erkenntnissen des Auswärtigen Amts (Lagebericht, a.a.O., S. 17) werden Homosexuelle leicht Opfer von Erpressungen seitens der Polizeibehörden. Die Schweizerische Flüchtlingshilfe (Pakistan: Situation von Homosexuellen, Stand 11.6.2015, S. 3) berichtet, dass bei Ermordungen von LGBTs (Lesbian, Gay, Bisexual, Transgender) kein Untersuchungswille des Staates besteht. Täter kommen deshalb ungestraft davon. Laut der EASO Herkunftsländerinformation – Pakistan. Länderüberblick (Stand August 2015, S. 115, 118) können sich von ihren Familien verfolgte LGBT nicht auf wirksamen staatlichen Schutz verlassen. Die Polizei trete eher als Komplize und weniger als Beschützer auf. Im Allgemeinen würden familiäre Konflikte und durch sie entstehende Gewalt innerhalb der Familie beigelegt, ohne dass die Polizei gerufen wird oder das Opfer Anzeige erstattet. Durch Bestechung von Polizeibeamten oder das Unterlassen einer Anzeige vermeiden pakistanische Familien die „Entehrung“, die mit der Festnahme eines Familienmitglieds wegen einer auf sexueller Orientierung beruhenden Straftat einhergehen würde. Daraus folgt für das Gericht, dass eine Schutzwilligkeit des Staates zu Gunsten von homosexuellen Menschen, die durch ihre Familien bedroht werden, nicht gegeben ist.
Vorliegend muss sich der Kläger jedoch auf die Möglichkeiten inländischer Fluchtalternativen verweisen lassen. Ein Anspruch auf die Zuerkennung des Flüchtlingsschutzes entsteht auch im Fall der nichtstaatlichen Verfolgung für den Kläger nur, wenn er nicht innerhalb seines Landes anderswo sicher leben kann (§ 3e AsylG). Nach der aktuellen Erkenntnislage (Auswärtiges Amt, Lagebericht, a.a.O., S. 21) können potentiell Verfolgte in den Großstädten Rawalpindi, Lahore, Peshawar oder Multan aufgrund der dortigen Anonymität unbehelligt leben. Vor diesem Hintergrund geht das Gericht davon aus, dass der Kläger nach einer Wiedereinreise nach Pakistan in einer dieser Millionenstädte sicher vor dem Zugriff seiner Familie wäre.
Die Möglichkeit, von einer inländischen Fluchtalternative Gebrauch zu machen, gilt auch vor dem Hintergrund, dass der Kläger möglicherweise tatsächlich homosexuell ist. Denn es ist auch insoweit eine konkrete Verfolgungsprognose unter Gesamtwürdigung des Einzelfalls, der Person des Klägers, seinem gesellschaftlichen Leben und einer individuellen Gefahrenprognose anzustellen. Dabei ist davon auszugehen, dass je mehr ein Schutzsuchender mit seiner sexuellen Orientierung in die Öffentlichkeit tritt, und je wichtiger dieses Verhalten für seine Identität ist, desto mehr dies die Wahrscheinlichkeit einer Verfolgung erhöht (VGH BW, U.v. 7.3.2013 – A 9 S 1872/12 – juris Rn. 55). Nach Auskunftslage können homosexuelle Menschen in Großstädten wie Lahore, Karatschi und Islamabad, wo sich viele LGBT aufhalten, relativ unbehelligt leben. Zwar könne man sich in Pakistan nicht offen dazu bekennen, homosexuell zu sein, diese Großstädte seien aber liberaler und aufgeschlossener (EASO Herkunftsländerinformationen – Pakistan. Länderüberblick, August 2015, S. 114). Es darf nach der Rechtsprechung des EuGH (U.v. 7.11.2013 – Rs. C-199/12 bis C-201/12 – juris Rn. 65 ff.) von einem Asylbewerber nicht erwartet werden, dass er seine Homosexualität im Heimatland geheim hält oder sich beim Ausleben seiner sexuellen Ausrichtung zurückhält, um eine Verfolgung zu vermeiden. Das Gericht ist jedoch nach dem Eindruck der mündlichen Verhandlung davon überzeugt, dass, sollte der Kläger tatsächlich homosexuell sein, er diese Veranlagung nicht öffentlich bemerkbar gelebt hat und dies auch in Zukunft nicht tun will. Er hat betont, dass niemand über seine sexuelle Orientierung Bescheid wisse. Er gehe davon aus, dass man seine sexuelle Orientierung nicht erkennen könne, weder in Deutschland noch in Pakistan. Seine sexuelle Ausrichtung sei seine Privatsache und bei ihm, anders als beispielsweise bei Transvestiten, nicht nach außen hin bemerkbar. Daher kommt das Gericht zu dem Ergebnis, dass ein „nach-außen-Tragen“ seiner Homosexualität, also ein offensives Ausleben auch gerade in der Öffentlichkeit für den Kläger gerade kein wesentlicher Bereich seiner Identität ist. Er muss also bei einer Rückkehr nach Pakistan nichts, was ein wesentlicher Aspekt seiner Gesamtpersönlichkeit wäre, verheimlichen. Er kann grundsätzlich seine sexuelle Neigung in Pakistan genauso ausleben, wie er es bisher getan hat. Die Gefahr, dass er deshalb einen ernstlichen Schaden erleidet, ist vor diesem Hintergrund in einer der genannten Metropolen für das Gericht nicht beachtlich wahrscheinlich.
3. Auch das Vorliegen der Voraussetzungen für eine Zuerkennung des subsidiären Schutzes hat die Beklagte zutreffend verneint. Dabei hat sie die Erkenntnisse über die aktuelle Situation in Pakistan umfassend zu Grunde gelegt. Das Gericht schließt sich diesen Ausführungen an (§ 77 Abs. 2 AsylG). Änderungen der Sachlage haben sich zwischen dem Erlass des Bescheids und der mündlichen Verhandlung nicht ergeben.
4. Die Voraussetzungen für ein nationales Abschiebungsverbot nach § 60 Abs. 5 oder 7 AufenthG liegen ebenfalls nicht vor. Der Kläger ist ein junger, offenbar gesunder und arbeitsfähiger Mann mit Arbeitserfahrung, von dem zu erwarten ist, dass er seinen Lebensunterhalt in Pakistan wird sichern können. Daran ändert auch der Vortrag des Klägers nichts, dass er keine Papiere habe und sich, ohne dass seine Familie davon Kenntnis erhalte, solche auch nicht verschaffen könne. Denn das Gericht ist davon überzeugt, dass der Kläger auch ohne solche Papiere seine Existenzgrundlage wird sichern können.
Die Klage war daher mit der Kostenfolge des § 154 Abs. 1 VwGO abzuweisen. Der Ausspruch über die vorläufige Vollstreckbarkeit der Kostenentscheidung beruht auf § 167 VwGO i.V.m. §§ 708 ff. Zivilprozessordung (ZPO).


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